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Ausgabe:

1891

Spalte:

441-443

Titel/Untertitel:

Philonis De aeternitate mundi edidit et prolegomenis instruxit Franciscus Cumont 1891

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack. Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Kiel.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 18. 5. September 1891. 16. Jahrgang.

Philonis De aeternitate mundi ed. Cumont
(Schürer).

Eine neue Handfchrift zum Daniel-Commentar

des Hippolytos (Meyer).
Georgii Cyprii descriptio orbis romani ed.

Geizer (Krüger).
Patzig, De Nonnianis in IV orationes Gregorii

Nazianzeni commentariis (Krüger).
Thikötter, Giordano Bruno und das hierar-

chifche Syftem Roms (Härtung).
Herold, Alt-Nürnberg in feinen Gottesdienften

(Köftlin).

Löfche, Die Kirchen-, Schul- und Spital-Ordnung
von Joachimsthal (Derf.).

Beck, Philipp Adolf von Münchhaufen der
Aeltere (Eck).

Die ruffifchen Sektierer (Eck).

Rundle-Charles, Drei Märtyrer des 19. Jahrhunderts
(Eck).

Woltersdorf, Zur Gefchichte und Verfaffung
der evangelifchen Landeskirche in Preufsen
(Koehler).

Wolfrum, Die Entftehung und erfte Entwicke-

lung des deutfchen evangelifchen Kirchenliedes
in mufikalifcher Beziehung (Köftlin).
Kneifet, Die Weltgefchichte ein Zufall? (Härtung
).

Mofapp, Karl Gerok (Lindenberg).
Braun, Erinnerungen an Karl Gerok (Derf.)
Gerok, Troff und Weihe (Derf.)
Ohly, Emil Ohly (Kühn).

Bärthold , Die Frömmigkeit in den Gefchichten
des Alten Teftaments (Kühn).

Walther, Defiderien betreffend den Religionsunterricht
(Fay).

Philonis De aeternitate mundi edidit et prolegomenis in-
struxit Franciscus Cumont, Dr. phil. Berlin, G.
Reimer, 1891. (XXIX, 76 S. gr. 8.) M. 4. —

Die unter Philo's Werken flehende Schrift liegt
ttcp&agotag x.6<J(tov ift in neuerer Zeit namentlich von
Bernays eingehend unterfucht worden. Nachdem er
in überzeugender Weife dargethan hatte, dafs der Text
durch Blätterverfetzung in Unordnung gerathen ift (Monatsberichte
der Berliner Akademie 1863, S. 34—40),
hat er den griechifchen Text mit deutfcher Üeberfetzung,
nach der von ihm wiederhergeftellten Ordnung, herausgegeben
(Abhandlungen der Berliner Akademie 1876)
und einen Commentar ausgearbeitet, der freilich nur
unvollendet aus feinem Nachlafs von Ufener veröffentlicht
werden konnte (Abhandlungen der Berliner Akademie
1882). Durch Bernays' Arbeiten ift auch die
Aufmerkfamkeit Anderer auf die Schrift gelenkt worden.
Zuletzt hat H. von Arnim die Quellen derfelben nach-
zuweifen verfucht (Quellenftudien zu Philo von Alexandria
1888, S. 1—52, f. Theol. Litztg. 1888, 492).

Während Bernays für feine Ausgabe nur eine Handfchrift
, den Laurentianus plut. X cod. 20 saec. XIII, benützt
hatte, wird uns nun durch Cumont eine Ausgabe
geboten, für welche nicht nur der Laurentianus
neu verglichen, fondern auch noch drei weitere Hand-
fchriften herangezogen worden find, nämlich: 1) ein
Petropoliianus saec. XIII—XIV, 2) Venetus Marciamis
40 saec. XIV, 3) Vaticanus 381 saec. XIII—XIV. In
allen vier Handfchriften ift die Anordnung des Textes
diefelbe; fie gehen alfo alle auf denfelben Archetypus
zurück, in welchem durch Blätterverfetzung die Verwirrung
entftanden war. In diefem Urtheile ftimmt Cumont
ganz mit Bernays überein. In der Schätzung des Laurentianus
dagegen weicht er von ihm ab. Zwar hält
auch C. denfelben für die befte Handfchrift; er findet
aber, dafs nicht feiten die Petersburger und Venezianer
Handfchrift, welche nahe verwandt find, beffere Lesarten
bieten, dafs aufserdem auch die Auszüge in der pfeudo-
philonifchen Schrift negt xfo/tov für die Textkritik heranzuziehen
feien, und dafs endlich zuweilen auch durch
Conjectur zu helfen fei. In allen diefen Beziehungen
habe Bernays gefehlt, indem er dem Laurentianus viel
zu einfeitig gefolgt fei. Im Wefentlichen wird dem neuen
Herausgeber darin beizuftimmen fein. Dem nach diefen
Grundfätzen forgfältig hergeftellten Texte ift nicht nur
der textkritifche Apparat, fondern auch zahlreiche Sach-
Parallelen und ein fehr ausführliches Wort-Regifter beigegeben
.

Die Prolegomena geben nicht nur Auffchlufs über
die Handfchriften (S. XXV—XXVIII). fondern verbreiten
fich auch fehr eingehend über den Verfaffer der Schrift
(S. II—XXIV). Während man nämlich feit Bernays es für
ausgemacht hielt, dafs fie nicht von Philo herrühre,
tritt Cumont überrafchender Weife für die Autorfchaft
Philo's ein. Ref. bezweifelt fehr, ob er damit durchdringen
wird. Eine Reihe von Bedenken, welche Bernays
geltend gemacht hat, find zwar von C. als nicht ent-
fcheidend nachgewiefen worden. Es bleiben aber auch
nach feinen Ausführungen noch folche übrig, welche
Ref. für entfeheidend halten mufs. Es ift C. nicht gelungen
, die Bezeichnung der Welt als lleog ogarüg aus
dem Gedankenkreife Philo's zu rechtfertigen oder gar
einen Beleg für jenen Ausdruck aus Philo beizubringen.
Namentlich aber ift der Grundgedanke der Schrift, dafs
die Welt ewig, dyevrjrog xtu Itcptragtog fei, entfehieden
unphilonifch. Der Verfuch Cumont's, diefen Gedanken
als philonifch zu erweifen, kann nur als mifslungen bezeichnet
werden. Von gleichem Gewichte fcheint mir
aber ein Argument, welches C. gar nicht beachtet hat:
der Mangel einer alten Bezeugung und die ifolirte hand-
fchriftliche Ueberlieferung der Schrift. Schon Mangey,
der die Schrift für echt hielt, bemerkt (II, 487 Anm.):
deest in maxivia parte codicutn, nec reecnsetur in indiculis
Eusebii Hieronymi Pliotii et Suidae. Die Schrift ift nicht
von Alters her zu den philonifchen gerechnet worden.
Das wird fchon durch das fehr fpärliche Auftreten derfelben
in Philo-Handfchriften wahrfcheinlich. Entfeheidend
dürfte aber das Schweigen des Eufebius fein.
Diefer giebt uns in feiner Kirchengefchichte II, 18 ein
vollftändiges Verzeichnifs der Schriften Philo's. Allerdings
find fchon ihm einzelne Bücher Philo's nicht mehr
bekannt gewefen, fo die beiden Bücher neg diad-nvuöv
und die Biographien des Ifaak und Jakob (f. meine
Gefch. des jüd. Volkes II, 845, 849). Aber man darf
fagen: alles was zur Zeit des Eufebius an Schriften
Philo's noch exiftirt hat, ift von ihm an der genannten
Stelle verzeichnet worden. Denn es läfst fich keine
Schrift Philo's nachweifen, welche in nach-eufebianifcher
Zeit noch exiftirt hätte und die nicht von ihm verzeichnet
worden wäre (wegen der Schrift de opificin mundi und
der vita Mosis vgl. meine Gefch. des jüd. Volkes II,
847 u. 855). Das Fehlen der Schrift negi dcptragalag
■/.oofinv im Katalog des Eufebius ift alfo mehr als verdächtig
. Vielleicht geht fogar unfere ganze handfehrift-
liche Ueberlieferung fämmtlicher Werke Philo's auf diefelbe
Quelle zurück, aus welcher auch Eufebius gefchöpft
hat, nämlich auf die Bibliothek des Pamphilus zu Cae-

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