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Ausgabe: | 1891 Nr. 15 |
Spalte: | 382-384 |
Autor/Hrsg.: | Hille Ris Lambers, Cornelis |
Titel/Untertitel: | De kerkhervorming op de Veluwe. 1523-1578 1891 |
Rezensent: | Kawerau, Gustav |
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Theologifche Literaturzeitung. 1891. Nr. 15.
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gegen Luther mit verflochten wurde, und die fehr feltene
,Eckii dcdolati ad cacsarcam maiestatem magistralis oratio'
von 1530. Befonderes Intereffe erregt die Einleitung des
Herausgebers, der betreffs beider Schriften die Verfaffer-
frage abweichend von den herkömmlichen Anfchauungen
beantwortet. Den Eckius dcdolatus fpricht er gegen eine
mehr als hundertjährige faft einmüthige Annahme dem
berühmten Nürnberger ab, und erklärt (mit A. Jung und
Goedeke) den Verfaffer der ,dcfcnsio Christianorum' und
des ,Murnarus Leviat/tan', Matth. Gnidius, alias Petrus
Francifci, alias Raph. Mufäus — die Identität diefer Pas-
quillenfchreiber vorausfetzend— für den Autor; die Satire
von 1530 dagegen fpricht er zuverfichtlich dem Nürnberger
zu. Was zunächfl letztere Annahme betrifft, fo
glaube ich aus doppeltem Grunde widerfprechen zu
müffen. 1) Sz. identificirt die Oratio von 1530 mit den
Propositiones de vino, vettere et balneo', deren Cochleus
am 30. Mai 1530 in einem Briefe an Pirkheimer als von
diefem verfafst und damals in Augsburg curfirend Erwähnung
thut. Von denfelben redet Melanchthon am
22. Mai 1530 [Corp. Ref. II 61) als ,propositioncs Jactas
contra Eccii calutnnias'. Aber da beide Männer unabhängig
von einander von propositiones' reden, können
fle m. E. unmöglich jene Oratio meinen. Cochleus redet
conflant drei Mal nach einander von propositiones (Neu-
vtanni Docutn. Itter, p. 80); er mufs alfo Thefen, aber
nicht eine Rede vor fleh gehabt haben. Und da fie
Melanchthon genau ebenfo nennt, wird der Titel der
kleinen Schrift fie auch mit diefem Namen genannt haben.
Dafs diefe Thefen verfchollen find, giebt kein Recht, fie
in diefer Oratio wiederentdecken zu wollen. 2) Die Oratio
hat die lange erwartete, endlich erfolgte Ankunft des
Kaifers in Augsburg zur Vorausfetzung. Danach ift es
höchft unwahrfcheinlich, dafs fie fchon drei Wochen vor
diefem Ereignifs gedruckt gewefen fein follte. — Aber
auch der Widerfpruch gegen Pirkheimer als Verfaffer des
Eckius dcdolatus fcheint mir nicht genügend begründet
zu fein. Riederer hat mit vollem Recht geltend gemacht,
dafs diefe Schrift genaue Bekanntfchaft mit den Nürnberger
Verhältnifsen vorausfetzt; fie verweift ebenfo deutlich
nach Nürnberg, wie jene Schriften des Gnidius refp.
Mufäus nach Strafsburg weifen. Der fcharfe Ausfall
gegen Scheurl erklärt fich nur aus perfönlichen Reibungen
und Antipathien, wie fie eben zwifchen Pirkheimer und
Scheurl beftanden. Wohl hat Pirkheimer gelegentlich die
Verfafferfchaft geleugnet, meift aber ausweichend und
mit halber, mehrdeutiger Rede geantwortet: man werde
nicht wagen, öffentlich gegen ihn diefe Anfchuldigung
zu erheben; ob nicht auch andere Leute als er folche
Poffen gefchrieben haben könnten und dgl. Wer Pirkheimer
näher kennt, wird auf feine halben oder ganzen
Ableugnungen nicht viel geben, da man doch aus der
Correfpondenz Adelmann's mit ihm fleht, dafs er das
Manufcript der Satire nicht nur hat und Freunden mittheilt
, fondern dafs auch allein von feiner Erlaubnifs abhängt
, ob das Manufcript endlich zum Druck kommen
foll oder nicht. Pur Gnidius fpricht m. E. nichts, als
dafs feine Pasquille Ton und Verfahren des Eckius dcdolatus
gegenüber Murner u. A. fortfetzen und auf ihr
Vorbild oft anfpielen; aber damit erweift er fich nur als
Imitator, nicht als Autor jener Schrift. Man wird betreffs
Pirkheimer's fich freilich bei der moralifchen Ueberzeug-
ung, dafs er der Verf. gewefen, beruhigen müffen; ein
directer urkundlicher Beweis ift nicht zu führen. Ich bekenne
, dafs gerade die Durchficht fämmtlicher Aeufser-
ungen Pirkh. in mir diefe Ueberzeugung neu befeftigt hat.
Der Vergleich mit den Windungen, unter welchen Pirkheimer
feine Autorfchaft an den Nürnberger Thefen de
digaiuia ableugnete (vgl. meine Schrift De digamia epi-
scoporum, Kiel 1889 S. 18 ff.), mufs diefe Ueberzeugung
beftärken. Betreffs der Frage nach dem Originaldruck
verweift Sz. den von Riederer und von Böcking bevorzugten
Druck an 3. Stelle; es fcheint mir, dafs er dabei
im Rechte ift. Doch wünfehte ich, er hätte feine Ermittlung
aus textkritifchen Gründen zugleich bibhogra-
phifch gefichert durch die Frage nach den Druckereien,
aus denen die Ausgaben flammen. Wir wiffen ja aus
Luther (Enders II 432), dafs der Eckius dcdolatus in Er-
furtzum Druck gelangte; Riederer dagegen erklärt die
von ihm benutzte Ausgabe für einen Druck Froben's
oder Anshelm's. Es mufs fich ja leicht feftftellen laffen,
welchen diefer Druckereien die drei bekannten Drucke
zugehören. Uebrigens müfste wohl auch unterfucht
werden, ob a und b einerfeits, und c andererfeits untereinander
Nachdrucke find, oder ob fie felbftändige Veröffentlichungenaus
verfchiedenencirculirenden Abfchriften
find. Die noch von Enders II 347 auf den 1. Druck bezogene
Stelle aus Adelmann's Brief an Pirkh. 11. Juli 1520
(Heumann p. 202) hat m. E. mit dem Eckius dcdolatus
gar nichts zu thun; denn wie follte Adelmann, nachdem
er Monate lang mit Pirkheimer über den Eckius dcdolatus
und deffen Drucklegung correfpondirt hat, jetzt noch
fchreiben: ,Audio dialogutn editum esse in Eckium, in
quo ob tnulta mira quae perpetraverit, canonizatur: non
tauten legi'i — Ungern vermifst man die bei Schriften
diefer Art unentbehrlichen fachlich erläuternden Anmerkungen
. In diefer Beziehung behaupten die Ausgaben
von Riederer und Böcking (Huttcni opp. IV 517 ff.) ihren
Werth, wenn fle auch einen textkritifch weniger voll-
fländig bearbeiteten Text bieten.
Kiel. G. Kawerau.
Hille Ris Lambers, Predikant Cornelis, De kerkhervorming
op de Veluwe. 1523—1578. Bijdrage tot de geschie-
denis van het Protestantisme in Noord-Nederland.
Academisch proefschrift. Barneveld, G. W. Boonstra,
1890. (VIII, 209 u. 405 S. gr. 8.)
Mit dem Namen Veluwe bezeichnet man den zwifchen
Rhein, Yffel und Zuider See belegenen Theil der Graf-
fchaft Geldern, mit den Städten Elburg, Harderwyk,
Arnhem u. A. Für diefes begrenzte Gebiet liefert der
Verf., Pred. zu Ooflvoorne, zum Zweck feiner Promotion
als D. theol. in Utrecht eine auf umfänglichen archiva-
lifchen Forfchungen beruhende Darfteilung der Fort-
fchritte und Gefährdungen des Proteftantismus von feinen
erften Regungen an bis zu der Vereinigung diefes
Theils Gelderns mit den Generalftaaten. Zugleich aber
giebt er daneben einen Urkundenband als Beilage, der
an Umfang erheblich (tärker ift, als der darftellende
Theil. Letzteren hat er in Capp. geordnet: Cap. I
behandelt die evangelifche Bewegung während der Regierung
des Herzogs Karl von Egmond (—1538). Was
er hier verarbeitet hat, ift wefentlich dasfelbe, was auch
fchon von de Hoop-Scheffer in den betr. Abfchnitten
feiner Ref.Gefch. der Niederlande benutzt worden ift.
(Ich erinnere daran, dafs wir einen Widmungsbrief des
Cochleus an Herzog Karl befitzen, vgl. Burkhardt,
Briefw. Luthers S. 46; ferner fei auf Luther's Brief an
den ,in Gelria' gefangenen Steph. Zwels de Wette III 327
hingewiefen.) Cap. 2 ift den befferen Zeiten gewidmet,
die für die Anhänger der neuen Lehre unter Wilhelm
v. Jülich (1538—43) anbrachen. Freilich ftanden .Wiedertäufer
und Sacramentiften' auch jetzt noch unter dem Zorn
derReichsgefetze; doch ift nur von drei Wiedertäufern bekannt
, dafs die Strenge des Gefetzes gegen fie angewendet
wurde; Geldern wird in diefer Zeit Zufluchtsftätte
für viele anderwärts flüchtig gewordene Taufgefinnte.
Es wird gegen diefen Zuzug Fremder dann wohl be-
fchloffen, fortan derartige Gälte auszuweiten, aber auch
das nicht einmal ernfthaft durchgeführt. Aber diefe
günftige Zeit fchwindet mit der habsburgifchen Verwaltung
(Cap. 3). Doch ift hervorzuheben, dafs Kaifer Karl's
Regiment hier milder verfährt, als zu fürchten gewefen,
indem einestheils Geldftrafen den Strafen an Leib und