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Ausgabe:

1891 Nr. 12

Spalte:

300-301

Autor/Hrsg.:

Nikel, Johs.

Titel/Untertitel:

Die Lehre des Alten Testaments über die Cherubim und Seraphin 1891

Rezensent:

Gunkel, Hermann

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299 Theologifche Literaturzeitung. 1891. Nr. 12. 300

Arbeiten zur griechifchen Chronographie, namentlich
die Recenfionen über Schoene's Ausgabe der Chronik
des Eufebius, die wichtige Unterfuchung De temporum
notis, quibus Eusebius utitur in Chronicis Canonibus, und
die Unterfuchung über die fyrifche Epitome der Eufebi-
fchen Canones.

Wenn fchon diefer erfte Band manches enthält, was
für den Theologen von Wichtigkeit ift, fo gilt dies in
noch erhöhtem Mafse von dem zweiten. Er enthält die
Arbeiten zur Gefchichte der femitifchen Völker
und zur älteften Kirchengefchichte, und damit faft
lauter Stücke, die von unmittelbarem theologifchem
Intereffe find. Den Anfang machen Nr. I und II die Recenfionen
über Movers' Phönizier und über Baudiffin's
Studien zur femitifchen Religionsgefchichte. Als Nr. III
folgt der bisher ungedruckte deutfehe Originaltext
des Artikels ,Phoenicia' in der Encyclopaedia
Britannica (S. 36—80). Da bei der Uebertragung in's Eng-
lifche vieles Itark gekürzt wurde, fo ift die Veröffentlichung
des deutfehen Textes befonders willkommen
zu heifsen. Wir erhalten dadurch eine vortreffliche, den
gegenwärtigen Stand der Forfchung darftellende gedrängte
Ueberficht über Religion, Urfprung, Induftrie,
Handel, Gefchichte und Verfaffung der Phönizier bis zum
Ende der perfifchen Zeit. Die griechifch-römifche Zeit
ift leider nicht mehr behandelt. Die wichtigfte Literatur
über die behandelten Gegenftände ift theils am Schluffe,
theils in den Anmerkungen unter dem Texte angegeben.
Obwohl dabei nur das wichtigfte hervorgehoben werden
follte, ift mir doch aufgefallen, dafs zwei werthvolle Abhandlungen
nicht genannt und,wiees fcheint,auch nicht benützt
find: Six, Observations sur les monnaies pheniciennes
(Numismatic Chronicle 1877, S. 177—241), und Ols-
haufen, Ueber die Umgeftaltung einiger femitifcher
Ortsnamen bei den Griechen (Monatsberichte der Berliner
Akademie 1879, S. 555—586), [bef. über die Frage,
wie fich griech. Tvqog zu femit. Qor verhält].

Die folgenden Nummern (IV, V, VI) beziehen fich
auf die Gefchichte der Karthager, Babylonier und Affyrer.
— Für die Auslegung des Buches Daniel ift werthvoll der
nicht allgemein bekannte kleine Auffatz Nr. VII: Der
zehnte Griechenkönig im Buche Daniel (aus dem Rhei-
nifchen Mufeum 1860), welcher die bei Daniel 7, 8 erwähnten
,drei Hörner', die von dem ,kleinen Horn' d. h.
Antiochus Epiphanes ausgerottet wurden, in der Gefchichte
nachweift. — Nr. VIII bilden die durch Freudenthals
Studien veranlafsten Auffätze über Alexander
Polyhiftor und die von ihm excerpirten jüdifchen Helle-
niften Demetrius und Eupolemus. — Nr. IX: Ein Beitrag
zu den Fragmenten der griechifchen Hiftoriker (aus
den Neuen Jahrbüchern für Philologie und Pädagogik
1860) befchäftigt fich mit den Autoritäten für das Alter
des Mofes, welche von Tatian. c. 38, Clemens Alex.
Strom. I, 21, 101, Julius Africanus bei Euseb. Praep. X,
10, 16 und Pseudo-lustin. Cokortatio c. 9 angeführt werden
. Gutfchmid's Zurückführung diefer Citate auf eine
Quelle, welche älter fein müffe als Juftin, ift deshalb
nicht überzeugend, weil die Cohortatio weder von Juftin,
noch auch, wie Gutfchmid annimmt, ,ziemlich gleichzeitig
' verfafst ift (vgl. dagegen meine Gefch. des jüdifchen
Volkes II, 780). — Unter Nr. X find die werthvollen
Arbeiten über das vierte Buch Efra zufam'men-
geftellt, unter Nr. XI Recenfionen und Anzeigen zur
jüdifchen Gefchichte und Literatur.

Die Reihe der Abhandlungen zur älteren Kirchengefchichte
eröffnet Nr. XII die Abhandlung über ,Die
Königsnamen in den apokryphen Apoftelgefchichten' (aus
dem Rheinifchen Mufeum 1864), welche zu zeigen fucht,
dafs viele diefer Königsnamen wirklich hiftorifch find. —
Bisher ungedruckt ift Nr. XIII das ,Verzeichnifs
der Patriarchen von Alexandrien' (S.395—525), zugleich
eines der umfangreichften Stücke des ganzen
Bandes. Das Verzeichnifs reicht, wenn auch mit grofsen

Lücken, welche durch den Mangel an Quellen bedingt
find, bis ins fiebzehnte Jahrhundert n. Chr. Es ift von
Gutfchmidt nicht vollendet und nicht druckfertig hinter-
laffen worden. Immerhin enthält es eine folche Fülle
gelehrten Materiales in knapper Zufammenftellung, dafs
feine Veröffentlichung den Fachmännern hochwillkommen
fein wird. Ich möchte hier noch befonders darauf hin
weifen, dafs S. 427—449 auch die Chronologie des
Athauafius eingehend behandelt wird.— UnterNr.XIV
find Recenfionen und Anzeigen zur älteren Kirchengefchichte
zufammengeftellt, darunter auch die umfangreiche
über Harnack, Die Zeit des Ignatius, aus der
Theolog. Literaturzeitung 1880. — Nr. XV handelt über
die Chronik des Jofua Stylites, aus Anlafs von Martin's
Ausgabe derfelben 1876. — Nr. XVI bringt die grundlegende
Abhandlung über ,Die Nabatäifche Landwirth-
fchaft' aus der Zeitfchr. der DMG. 1860. Sie ift ver-
anlafst durch Chwolfon's Schrift ,Ueber die Ueberrefte
der altbabylonifchen Literatur in arabifchen Ueberfetzun-
gen' 1859. Chwolfon hatte hier die Anficht ausgefprochen,
dafs einige angeblich altaramäifche d. h. altbabylonifche
Schriften, welche der arabifche Schriftfteller Ibn Wah-
fhijjah aus dem Aramäifchen ins Arabifche überfetzt
haben will, wirklich uralt feien. Speciell die Schrift über
die Landwirthfchaft fetzte Chwolfon ins vierzehnte Jahrhundert
v. Chr. Gutfchmid weift überzeugend nach, dafs
fie eine Fälfchung des Ibn Wahfhijjah felbft ift, alfo um
mehr als zweitaufend Jahre jünger als Chwolfon angenommen
hatte. — Zur Ergänzung diefer Abhandlung
dient die folgende Nr. XVII: War Ibn Wahfhijjah ein
nabatäifcher Herodot? (aus den Berichten der fächfifchen
Gefellfchaft der Wiffenfch. 1862). — Den Schlufs des
Bandes bilden unter Nr. XVIII die beiden Recenfionen
über Wüftenfeld's Gefchichte der Fatimiden-Chalifen und
Aug. Müller's Gefchichte des Islam (letztere aus der
Theol. Literaturzeitung 1886).

Möchte diefe knappe Inhaltsangabe dazu dienen,
dafs den ,Kleinen Schriften' Gutfchmid's auch in theo-
logifchen Kreifen diejenige Aufmerkfamkeit gefchenkt
wird, welche ihnen im Intereffe der Sache zu wün-
fchen ift.

Kiel. E. Schür er.

Nikel, Dr. Johs., Die Lehre des Alten Testamentes über
die Cherubim und Seraphim. Würzburger Inaug.-Diff.
Breslau, 1890. (Leipzig, Fock.) (101 S. gr. 8.) M. 1.50.

Die Vorausfetzungen des Verfaffers find folgende:
j Die Bibel ift ,vom Standpunkt des pofitiven Offenbarungsglaubens
' zu beurtheilen 76; da die Schrift von
Cherubim und Seraphim als realen Wefen fpricht, fo
mufs man auch an ihrer Realität fefthalten 39f. 65.68.74.
Daher ift auch ,die ganz extreme Anfchauung' ,der
Entwicklungstheoretiker', dafs die Cherubim aus affyri-
fcher Mythologie übernommen feien, fchlechterdings unmöglich
64; zumal ,die mofaifchen Gotteseinrichtungen'
,auf Reinhaltung des Monotheismus hinzielten' und ,alles
Heidnifche perhorrescierten' 23. 64. 81. Vielmehr ,ftammt
die Cherubsidee des A. T. aus der Uroffenbarung' 82,
j woher auch die von dem Verf. durchaus zugegebene
i Kenntnifs der Affyrer von diefen Wefen herrühren mufs
81 f. Anders ift die Geftalt diefer Wefen zu beurtheilen.
Selbftverftändlich find Cherubim und Seraphim ,rein
geiftige Wefen', ohne jede ,ftoffliche Zufammenfetzung',
haben alfo an fich überhaupt keine äufsere Geftalt 43.
| 65. 98. Wenn fie überhaupt in einer äufseren Geftalt den
Propheten erfcheinen, fo gefchieht das nur, um ,dem
Menfchen ihre Anwesenheit kenntlich zu machen'; ,die
{ befondere Ausftattung der jeweiligen Geftalt aber verfolgt
befondere fymbolifche Zwecke' 65. — Die Prägen,
welche den Verf. vornehmlich befchäftigen, find demnach
: in welcher Geftalt diefe Wefen erfcheinen;