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Ausgabe:

1891 Nr. 11

Spalte:

278-280

Autor/Hrsg.:

Albers, Eman.

Titel/Untertitel:

Die Quellenberichte in Josua I-XII. Beitrag zur Quellenkritik des Hexateuchs 1891

Rezensent:

Hollenberg, Joh.

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277 Theologifche Literaturzeitung. 1891. Nr. II. 278

Die hinzugekommenen Literaturangaben find ziemlich
zahlreich. Sie betreffen nicht nur die feit 1881 erfchie-
nenen Arbeiten, fondern auch häufig ältere Werke, die
in der erften Auflage noch nicht verzeichnet waren. Ich 1
zweifle nicht, dafs wir Jüngeren daraus manchen lehrreichen
Wink für die Arbeit früherer Generationen entnehmen
können. Für die neuefle Zeit find die Nachweife
nicht immer vollftändig. S. 81 fehlt die zweite Auflage
von Kuenen's Onderzock und ihre deutfche Ueberfetzung,
S. 76 AI. Weflphal's Sources du Pentateuque 1888, S. 325
Budde's Auffatz zu Jef. 7 in Stüdes dediees a Mr. le
Dr. Leemans 1885. Der Name Phul ift neuerdings in-
fchriftlich nachgewiefen worden (S. 287). Die Exiftenz
eines Vafallenflaates im ephraimitifchen Lande nach dem
Fall Samariens S. 325 ifl doch wohl jetzt allgemein auf- I
gegeben worden; vgl. z. 13. Schräder in Riehm's Hand-
wörterb. 1347. Statt .Würdter4 S. 287 1. Mürdter. Doch
ich will über folche kleine Verfehen mit dem Verf. nicht
weiter rechten. R. hat reichlich dafür geforgt, dafs die
Ruhe, die Schönheit und der reiche, warm empfundene
Inhalt feiner Darftellung den Lefer auf das Angenehmfte
feffeln und ihn von äufserlichen Kleinigkeiten auf die
Sache felbft hinweifen. Für die innige Theilnahme, durch j
die der Verf. fich mit feinem Gegenftande verbindet und
diefen dem Lefer lieb macht, ift R.'s Buch ein fchönes
Denkmal. Defshalb wird gewifs auch der zweiten Auflage
der verdiente Erfolg zu Theil werden, dafs eine grofse
Zahl von Lefern fich dankbar des Buches freut und
daraus neue Antriebe und Gefichtspunkte zu einem ge-
wiffenhaften Studium des A. T.'s empfängt. —

Jetzt, wo ich die Correctur diefer Anzeige lefe, habe
ich hinzuzufügen, dafs der hochbetagte Verfaffer am
15. April d. J. in die ewige Heimath abberufen worden
ift. Sein langes Leben hat reiche Früchte getragen. Seine
Wirkfamkeit war eine einzigartige: durch feine Schriften
und durch feine Stellung hat er die proteftantifche Theologie
Frankreichs und Deutfchlands beeinflufst. Bei den
deutfehen Theologen wird das ehrenvolle Gedächtnifs
feines Namens vor Allem gewifs an dem oben befpro-
chenen Buche, feiner ,Lieblingsarbeit', haften bleiben.

Leipzig. H. Guthe.

Tappehorn, Ehrendomhr. Landdech. Pfr. Ant., Erklärung
der Genesis. Paderborn, F. Schöningh, 1888. (XI,
493 S. gr. 8.) M. 7. -

Diefer Commentar, für deflen verfpätete Anzeige ich
leider allein die Schuld trage, ift der Anerkennung werth,
wenn man in Betracht zieht, dafs fein Verf., in einem
kleinen Landftädtchen unweit der holländifchen Grenze
wohnhaft, früher aus eigenem Antrieb unter Anleitung
eines Rabbiners hebräifch gelernt und dann Jahre lang
mit befchränkten Hülfsmitteln an der Erklärung der
Genefis gearbeitet hat. Das Buch ift ein beredtes Zeug-
nifs feines Fleifses und feiner Sorgfalt, mit der er bemüht
gewefen ift, .zunächft den Literarfinn der Schriftworte
feftzuftellen und dann, auf diefer gewonnenen feften
Grundlage, wo thunlich, den tropologifchen, allegorifchen
und anagogifchen Sinn nach dem Vorgange der heiligen
Väter und kirchlichen Schrifterklärer vorzulegen' (S. IV).
Der Erklärung ift die Vulgata, ,die Bibel des katholifchen
Theologen', zu Grunde gelegt; jedoch wird faft ftets auf
den Grundtext Rückficht genommen. Der Verf., ein
Schüler von fL. Reinke in Münfter, zeigt fich in der
älteren und neuen Literatur ziemlich bewandert und hat |
die proteftantifchen Exegeten, namentlich Baumgarten,
Keil und Delitzfch4, fleifsig benutzt.

Frägt man jedoch nach den Ergebnifsen, fo zeigt
fich deutlich die dogmatifche Gebundenheit des Verf.'s. i
Die Glaubwürdigkeit des Pentateuchs (wie der Bibel über-
haupt) ift ein Poftulat der kath. Kirche; fie mufs daher
gefchichtlich aufgewiefen werden. Die Schöpfung ift

Adam von Gott geoffenbart worden; bis Noah geht die
mündliche Ueberlieferung. ,Von da ab, wenn nicht fchon
früher, beginnen wohl die fchriftlichen Aufzeichnungen.
Denn der Bericht über die Sündfluth trägt ganz den
Charakter eines geführten Tagebuches'. Die mündlichen
und fchriftlichen Nachrichten gingen durch Sem und
Abraham auf die Patriarchenfamilie über und /konnten'
von Mofe zu Grunde gelegt werden. Andere Nachrichten
.konnte' Mofe aus anderen zuverläffigen Quellen fchöpfen.
Trotz diefes wiederholten .konnte' fchliefst der Verf.:
,Somit ift die Glaubwürdigkeit des Pentateuchs auf das
vollkommenfte verbürgt'! Vgl. S. 22. Daraus erhellen
die befcheidenen Anfprüche des Verf.'s an einen wiffen-
fchaftlichen Beweis. Man wird fich nun nicht mehr
wundern, wenn die .Echtheit des Pentateuchs', d. h. feine
mofaifche Herkunft, S. 3 ff. in vollkommenem Umfange
feftgehalten wird.

Der Fehler ift alt und auch bei uns noch nicht aufser
Uebung gekommen: Möglichkeiten aufzufinden, nicht
aber die Wirklichkeit aufzufinden, gilt als Aufgabe und
Ziel der Wiffenfchaft. Jedoch ift es immerhin beffer, fich
zur Mitarbeit zu entfchliefsen, als theilnahmslos Andere
arbeiten zu laffen. Infofern ift der Fleifs und der Eifer
des Verf.'s zu loben fowie zu wünfehen, dafs fein gutes
Beifpiel unter feinen Collegen recht viele Nachfolger
finden möge.

Leipzig. H. Guthe.

Albers, Lic. Eman., Die Quellenberichte in Josua I—XII.

Beitrag zur Quellenkritik des Hexateuchs. Bonn, Otto
Paul, 1890. (150 S. gr. 8.) M. 3. —

Im Jofua ift bekanntlich die literarifche Analyfe
noch lange nicht zu der Sicherheit gelangt wie im Pen-
tateuch, obgleich es auch hier an eindringender For-
fchung nicht gefehlt hat. Die vorliegende Erftlings-
fchrift des Verf.'s bringt einen fehr gründlichen Beitrag
hierzu. Der Reihenfolge der Erzählung fich anfchliefsend
fucht er in gefchickter, methodifch geführter Unter-
fuchung zu erkennen, ob Parallelberichte vorliegen, ob
fich aus folchen einzelnen Berichten eine zufammen-
hängende Erzählung herftellen Iäfst, ob diefe einzelnen
Erzählungsfchichten einer der im Pentateuch vorliegenden
Quellenfchriften zugewiefen werden können und ob
fich auch Anhaltspunkte für die Art ihrer Zufammen-
arbeitung und Zeitfolge auffinden laffen. Sein Ergebnifs
I ift im wefentlichen dies: In J unterfcheidet er zwei
Erzählungsfchichten, eine ältere und eine jüngere, auch
in E an einer Stelle. Zwei Bearbeitungen im deutero-
! nomifchen Sinne find vorhanden, aber kein eigener
deuteronomifcher Erzählungsbericht. Ob die verfchiedent-
lich verftreuten Stücke von P in einem eigenen Zu-
j fammenhang geftanden haben, läfst fich nicht ficher be-
urtheilen. Doch erfcheint es wegen der vorkommenden
Beziehung eines Stückes auf ein vorhergehendes als das
Wahrfcheinlichere. Bei der Zufammenarbeitung von J
und E erfcheint ihm in mehreren Capiteln die Erzählung
von J zu Grunde gelegt, J und E hat fchon vor der
deuteronomifchen Bearbeitung eine Einheit gebildet. Die
deuteronomifchen Eingriffe liegen nur in J E, nicht in P
vor." Wenn es in der Natur der Sache liegt, dafs der
Verfuch, die Quellenfcheidung bis in die feinften Ver-
äftelungen durchzuführen, im Einzelnen öfters unficher
bleibt — der befcheidene Verf. verhehlt fich das am
wenigften —, fo ift es doch dem Verf. gelungen, in einer
Reihe von Capiteln einleuchtende Gefichtspunkte für die
Durchführung der Quellenfcheidung zu finden, die auch
bei anderer Löfung der Aufgabe im Einzelnen ihren durch-
fchlagenden Werth behalten. Ueberall ruht die Abhandlung
auf gründlicher Kenntnifs der Vorarbeiten und führt
mit feiner und forgfältiger Beobachtung die Forfchungs-
arbeit weiter. Befonders gut beobachtet fcheint mir die