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Ausgabe:

1891

Spalte:

234-236

Autor/Hrsg.:

Clark, Jacobus

Titel/Untertitel:

De successione apostolica necnon missione et jurisdictione hierarchiae anglicanae et catholicae 1891

Rezensent:

Reusch, Franz Heinrich

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233 Theologifche Literaturzeitting. 1891. Nr. 9. 3,4

der That eine Periode dargeftellt, in der fie, foweit ihr
das Leben verftattet war, gefchlafen hat wie die heiligen
fieben Schläfer der Legende' (S. 132). Gewifs find diefe
Zeiten fehr trübe und dunkle gewefen, folche, wie fie
wohl kein Culturvolk durchgemacht hat. Es war aber
gerade die Kirche, die nicht fchlief. Sofort nach Einnahme
der Stadt hat Patriarch Gennadios die alte hohe
Schule in Conft. neu organifirt, und fie ift ftets ein Gegen-
ftand der Pflege für die Patriarchen gewefen. In den
Eparchien ging die Neuentwicklung des Schulwefens
gerade von der Geiftlichkeit aus. Die Kirche nahm auch
fofort die Leitung des Volkes an fich. Der Patriarch
umgab fich mit einem Laiencollegium, die Bifchöfe mit
dem Rath der Demogeronten. Das Rechtscompendium
des Armenopulos gab die Norm der Rechtspflege ab,
foweit diefe dem Volk geblieben. Auch die Buch-
druckerkunft machte fich die Kirche fofort zu Nutzen.
Die liturgifchen Werke wurden bald gedruckt. In der
Lawra auf dem Athos find Menäen von 1522. Ein
Pfalterium von 1481 nennt Papadopulos Brctos (XsoiXX.
<piXoX. 1854 S. I), Der Diakonos Damaskinos 6 Ezovöizrjg
war der erfte, der ein Erbauungsbuch in der Volks-
fprache herausgab, den berühmten ,&}jOavQog' 1528, 1589
und dann oft. Dorotheos von Monembalia fchrieb die
erfte Weltgefchichte für das Volk 1629, die fogar in der
Gefchichte der lateinifchen Herrfchaften noch einigen
Quellenwerth hat. Seit 1650 aber beginnt ein allgemeineres
Wiederaufleben des griechifchen Volkes. Welchen An-
theil daran die Geiftlichkeit hatte, mag man aus EaÜag,
JVeoeXXrjvix?} (piXoXoyia Athen 1868 fehen. Es verhält
fich in der That fo, dafs ohne die Erhaltung und Hebung
des Nationalitätsbewufstfeins durch die Kirche der
griechifche Freiheitskampf nicht möglich war. Der
Verf. unterfchätzt auch die Bedeutung des griechifchen
Theils der anatolifchen Kirche in der Gegenwart. Ein
Volk mit fo ausgefprochenem Talent zu nationalifiren
wird fich auch kirchlich niemals an ein anderes anlehnen.
Die Griechen find m. E. das bedeutendfte Culturvolk
des Orients.

Bei der Darftellung der Beziehungen zwifchcn der
anatolifchen und der proteftantifchen Kirche hätte als
Beginn der Anknüpfungsverfuche der zwifchen Griechen
und Böhmen im Jahre 1451 erwähnt werden können.
Derfelbe fcheint mir nirgends genannt. Ich befitze einen
Wittenberger Druck vom Jahre 1564, der ein Unionsanerbieten
der Kirche von Conflantinopel in griechifchem
und lateinifchem Text enthält, das an die xoivöxrjq rrjc
JtoXemq ÜQäyfjg gerichtet ift. Die Urkunde unterzeichnen
aufser einigen Unbekannten Silvefter Syropulos und
Gennadios. Der Sitz des Patriarchen war damals vacant.
Erwähnt wird die Thatfache auch von Konftantinos
Oekonomos opp. I. S. 501. Wenn ferner der Verf. die
Unionsverhandlungen zwifchen der anatolifchen und eng-
lifchen Kirche zur Zeit Peter's des Grofsen, deren Urkunden
Gedeon in feinen xozq. öiazagetg II, 428 ff. theil-
weife wieder herausgegeben, während der mir bekannte
Hauptdruck aus Petersburg vom Jahre i840ftammt, wieder
übergeht, fo mag das der beabfichtigten Kürze (S. 141)
zugeftanden werden dürfen, die Berührung aber zwifchen
der Kirche des Orients und dem Proteftantismus, die in der
erften Hälfte diefes Jahrhunderts durch die Evangelifations-
beftrebungen entftand, durfte m. E. als die wichtigfte
von allen nicht verfchwiegen werden. Nachdem Wenger
in feinen .Beiträgen' 1839 fchon einiges Material gebracht
, find die höchft bedeutfamen Haupturkunden
griechifcherfeits von Gedeon in feinem ebengenannten
Werke ans Licht gefördert. Die heutige, im Ganzen kühle
Stellung zwifchen Proteftanten und den griechifchen
Orthodoxen entflammt jenen zwar gut gemeinten, aber
ganz unverftändigen Evangelifationsbeftrebungen.

Ich freue mich, dafs auch der Verf. eine Union oder
Conföderation mit den Griechen für einen Traum anfleht
. Die griechifche Kirche mufs auf ihren Grundlagen

fortbauen. Es find diefelben, fofern Chriftus der Eine
ift, aber der Orient ift eine andere Welt. Darum wird
man dort das Evangelium Chrifti ftets anders verliehen
und anwenden. Die griechifche Kirche hat feit Jahrhunderten
den fteinernen Wall gegen das Heidenthum
gebildet. Ich zweifle nicht, dafs die Zeit kommt, wo Gott
diefen Steinen Leben einhauchen wird. Es wird fein,
wenn der Islam dort feine Miffion vollendet hat.

Das fechfte Capitel fpricht von der gegenwärtigen Ge-
ftaltung der orthodoxen Kirche. Zur Entwicklung der fer-
bifchen Kirche ift zu ergänzen (S. 178), dafs im Jahre 1831
der Patriarch Konftantios den Serben folgendes bewilligte:
Die Bifchöfe follten aus der ferbifchen Geiftlichkeit von
dem Volk gewählt werden, die Beftätigung derfelben
dem Patriarchen bleiben, wie auch kein Bifchof ohne
Wiffen des Patriarchen abgefetzt werden durfte. Der
Name des Patriarchen follte im Kirchengebet genannt
werden. Vergl. Gedeon IJarg. Jlivaxeg S. 691.

Ueber die neuefte Kirchenverfaffung Rumäniens berichte
ich nach einer intereflanten Urkundenfammlung,
betitelt: 'ExxXrjOiaOxix?) fitgiftva vjcIqzcöv aylmv kxxXrjOtcöv
BXayiag xal MoXöaviaq etc. Conft. 1866. Sie enthält die
neuen Grundlagen der Verfaffung, wie diefelben vom
Fürften Cufa entworfen und hernach im Allgemeinen
nicht dürften verändert fein. Darnach ift die Kirche
Rumäniens ävegaQZJjZog. Ihre Einheit wird vertreten durch
eine allgemeine Synode. Diefe befteht aus den beiden
Metropoliten, den 6 Bifchöfen der Eparchien, aus den
rumänifchen Erzprieftern, aus Vertretern der Weltgeift-
lichkeit, nämlich aus jeder Eparchie deren 3, endlich aus
Lehrern der theologifchen Schulen von Jaffy und Bukareft.
Den Vorfitz führt der firjzQOJtoXizrjg o igagyog (Primas).
Die Rechte der Synode beziehen lieh nur auf geiftliche
Angelegenheiten, doch darf fie die Freiheit des Gewiffens
und die Rechte Andersgläubiger nicht antaften. Die
Befchlüffe der Synode bedürfen der Beftätigung des
Fürften. Diefer ernennt auch die Metropoliten und
Bifchöfe. Diefer Verfaffungsentwurf, von dem ich nur
die Grundlinien angegeben, wurde von allen Patriarchen,
auch von den Synoden Rufslands und Griechenlands mit
lebhaften Proteften beantwortet.

Ein ficheres, jetzt geltendes Verzeichnifs über die
Gebiete, die noch mit Conflantinopel zufammenhängen,
bringt der fchon erwähnte Auffatz in der ExxXijö. AX?'j&.
Jahrgang VIII S. iii—113 und 151 —152.

An einzelnen Druckfehlern oder Verfehen notire ich:
Petrus des Macia für de Macia, wenigftens fchreibt Verf.
fonft de (S. 80). Patriarch Samuel o Xavz^Egrjg (S. 163)
regierte nicht 1764—1780, fondern zum erften Male
1763—68, dann 1773—74 (vergl. Gedeon I7«rp. jtiv.
S. 657 ff.). Statt Gregor XX mufs es heifsen V. Griechifchem
Brauche nach nennt man die Patriarchen beffer
nach ihrem Beinamen. Diefer Gregor heifst d <Lto Xfivgvrjg.
Erichsburg. Ph. Meyer.

Clark, Jacobus, Archidiaconus Antiguensis, De successione
apostolica neenon missione et jurisdictione hierarchiae ang-
licanae et catholicae, unacum appendieibus et indi-
eibus. Gregoriopoli in Guiana Britannica, (London,
Williams & Norgate), 1890. (6 Bl. XIV, 509 u. CXI
S. 8.)

Von römifch-katholifchen und von anglicanifchen
Theologen ift bekanntlich oft und eingehend die Frage
erörtert worden, ob die englifche Staatskirche die ,apo-
ftolifche Succeffion', d. h. nach katholifchen Grundfätzen
gültig confecrirte Bifchöfe (und gültig geweihte Priefter)
habe. Es handelt fich bei diefer Controverfe hauptfächlich
um die Frage, ob der 1559 von der Königin
Elifabeth zum Erzbifchof von Canterbury ernannte Matthäus
Parker von gültig confecrirten Bifchöfen in einer
als gültig anzufeilenden Form confecrirt worden ift. Die