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Ausgabe:

1890 Nr. 7

Spalte:

178-179

Autor/Hrsg.:

Hasenclever, Adf.

Titel/Untertitel:

Aus Geschichte und Kunst des Christenthums. Abhandlungen zur Belhrung für gebildete Gemeindeglieder. 1. Reihe 1890

Rezensent:

Achelis, Hans

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Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 7

178

verr Ganze auch in Buchform herauszugeben. Er
j Pr'cht in der Vorrede zweierlei. Er will einmal
brief (.°ncrete' gefchichtliche Beleuchtung des Philipper-

e s die Bedeutung und die Tragweite der darin be-
^"gten Gedanken und Thatfachen ermeffen. Das fcheint
Auf Kgl-" diefe Zeitu"g XiV> 22 SP- 55 0 die eigentliche
fei g e jedes tüchtigen theologifchen Commentars zu
nöHV V ^oden bat für Laien gefchrieben; er hatte nicht
cjes ]?' auf die Schwierigkeiten der Lesart, des Ausdrucks,
er ^atzbaues u. dergl. einzugehen: um fo fchöner hat
S h •? Hauptaufgabe eines Erklärers neuteftamentlicher
au h gelöd" Ich möchte das Büchlein aber deshalb

cn denen dringend empfehlen, die einen wiffenfchaft-
° 1v 90mmentar zu fchreiben beabfichtigen.
U Weiterhin wollte v. Soden an der Hand des Phi-
"PerBriefs einen Einblick in die paulinifche Gedanken-

t und Miffionsgefchichte feinen Lefern verfchaffen.
j e e3C »erfprechen könnte fürs erfte einen beunruhigen-
V nfL-ndruck machen. Aber die Ausführung zeigt den
Mar 'm Recnt- Hr hat die fchöne Kunft verftanden,

ts zu halten. Auch wo er weiter ausgreift, verliert
au n"^ends den Zweck der Erklärung des Philipperbriefs
s dem Auge. Im Gegentheil gewinnt er regelmäfsig
Urcn folche fcheinbare Abfchweifung nur neue Gefichts-
Punkte zur Erklärung des Briefs.

Oh Hinzeinen ift natürlich Manches zu bemerken.
au ne.Weiteres fetzt v. Soden die Abfaffung in Rom vor-
j.S '*?• Das gefchieht ja ziemlich allgemein. Aber
wiffen wir nichts von einer Ueberfiedlung des Timo-
üeus (i, !) „ach Rom; 2) ift die Bitterkeit gegen die
A'daiften 3, 2 viel eher verftändlich, wenn die Act. 21 ff.
C a ten Jeru^alemer Vorgänge noch in frifchem
edächtnifse ftanden; 3) erklärt lieh das fiälioxa 4, 22
TUr dann verftändlich, wenn 01 ix xftg Kaioagog olxiag die
«cV-te, m des Paulus nächfter Umgebung find, d. h. wenn
' !c"OttQoc oixt'a =10 ngaiiwomv 1, 13 = 10 irQaixo'jQiov
p?1' Hqtödov Act. 23, 35 gefetzt wird. Wollte Paulus den
"Uippern von Rom aus mittheilen, dafs das Chriften-
, Urn im Kaiferpalaft Eingang gefunden hatte (S. 95),
' War ein folcher Grufs ein feltfames Mittel der Mitfitze
gottgleichen Seins; das loa tttifi ilvai wird ihm erft
infolge feiner Gehorfamsthat zu Theil. Auch der Ausdruck
ägnayfibg wird S. 38 wohl nicht richtig erklärt.
Nicht die Menfchen find als Object der Beraubung gedacht
, fondern Gott, dem auch das Gegenftück — der
Gehorfam — zu Theil wird. — Das Reich Gottes ift für
Jefus und Paulus ein eschatologifcher Begriff; alfo deckt
(ich der Gedanke Jefu vom Reiche Gottes nicht fachlich
mit des Paulus Gedanken von der Gemeinde Gottes
(S. 51). Ich glaube nicht, dafs Paulus deshalb den
corinthifchen Frauen die Verfchleierung und das Schweigen
in der Gemeinde gebot, weil er die Gemeinfchaft
mit der Jerufalemer Gemeinde erleichtern wollte (S. 52).
Wer weifs doch, ob Paulus bei feiner arabifchen Reife
fich in die Einfamkeit zurückzog? (S. 59). Die falfchen
Brüder Gal. 2, 4 find in der Gemeinde des Paulus zu
fuchen (;cao£ioij?.t>or xaxaoxorr^oai), nicht in Jerufalem
(S. 60 vgl. Gal. 2, 12). Die Darftellung der Rechtfertigungslehre
S. 66 entfpricht mehr dem reformatorifchen Lehr-
begriff, als den Gedankengängen des Philipperbriefs:
v. Soden wird Stellen wie 1, 6. 11. 2, 13. 3, 12. 21. 4,
7. 19 nicht ganz gerecht. S. 73 wird behauptet, der
Glaube an die Wiederkunft fei durch die Thatfachen der
Gefchichte als unzutreffende Einkleidung einer in anderer
Weife nur um fo glänzender bewährten Wahrheit er-
wiefen: wer vermag das zu fagen? Wenn S. 83 zu
lefen ift, bei Paulus werde nirgends reglementirt, fo
fcheint S. 52 vergeffen zu fein. Die apoftolifche Würde
wird S. 91. 92 mehr betont, als des Paulus fchlichter
Charakter zuläfst. Philp. 4, 15 fchreibt Paulus xai uti«s
indem er eine den Philippern mit ihm felbft gemeinfame
Erinnerung auffrifcht (S. 96). — Schade ift, dafs die
deutfehe Ueberfetzung nicht am Schluffe noch einmal
zufammenhängend gegeben ift.

Das ift das Wichtigfte, was mir auffiel. Dem reichen
Inhalt der kleinen Schrift gegenüber kommt es
kaum in Betracht. Das Befte an ihr ift aber das
Intereffe, das fie zu erwecken weifs. Das hat der Ver-
faffer hauptfächlich erftrebt und in vollem Mafse erreicht.
Hier wäre nun ein Feld für die vviffenfehaftliche Thätigkeit

^Heilung. Oder follten fich die Philipper gefchmeichelt der praktischen Geiftlichen. v. Soden hat ein Mufter er

baulicher Auslegung einer neuteltamentlichen Schrift geliefert
. Möge er tüchtige Nachfolger finden und mögen
diefe Nachfolger von ihm namentlich die Kunft lernen,
Mafs zu halten!

Giefsen. Oscar Holtzmann. .

'uhlen'&'dafs"fie von Leuten aus d« kaifers Gefinde
ganz befonders gegrüfst wurden? Ich fchwe.ge von
der S. 95 ausgeirolhlncn Vermuthung: ,v.efleicht ftand
Einzelnen derselben in Ausficht, m der rom.fchen Colon.e-
ftadt Phihppi bald eine Verfolgung zu finde" .

Angeflehte von Gal. 1, 2 wird aus Ph.lp. 1,1 zuraten

gefolgert, dafs Timotheus der Schreiber des Brieies Hasenc|ever) Pafi Dr. Adf., Aus Geschichte und Kunst des
gewefen fei (S. 1.5). Hin innerer Kampf des Christenthums. Abhandlungen zur Belehrung für ge-

emer Ueberfahrt nach'«^^14 bildete Gemeindeglieder. I.Reihe. Braunfchweig,

SS Apoftel erft Schwetfchke & Sohn, 1890. (VII, 214 S. 8). M. 2. -;

in Rom vo„bder Anklage auf Aufruhr /reigelorochen geb M _

worden fei, fleht im Widerspruch rnrt ^.2lf ü.^ ^ ^ der Veff ^ zum Theü
f a" fich nicht wohl ^ VW Ct aus Vorträgen erwachfene, Auffätze, die er ,zur Besuch
mit dem Apoltel tritt v. Soden S. 17, *e°" khr für gebildete Gemeindeglieder' beftimmt. Die
behauptet, es fei immer verwerflich, wenn man nur einer lenrung ur e römifche Staat die Chriften
AuffXS Raum g.ebt, fi™"^^«,^*^ J^JJ fr lttzte Reaction der antiken Welt unter
abfohit richtige fei'. Dazu ^SL'^^ed« Feind Julianus dem Abtrünnigen, 3. Paulus und Petrus in Rom)
nichts Schlimmes, wenn das wirk lieh Befoe er J ^ ^ ^ ^ ^ % folgenden ( Altchrift.
.es relativ Guten ift? S. 33 ^ ^vl-{!n 0 und liehe Infchriften, 5. Die Stellung der alten Chriften zur
felbft im Widerspruch, Die Kunft) aus der chriftlichen Archäologie gewählt; nur der
diekuber diefe Seite^"^«^5b™_ letzte tritt aus diefem Rahmen heraus, indem er eine

«chfÄ ^vSw&W^SF* 'nicht c"e- Frag-e de/ Gegenwart-(6' Gottesdienft und

uvvvu^iuwll. UHU

Wirkunt? feines Kunft) behandelt. Im übrigen fucht H. den jetzigen
nur als Lohn, fondern als .um?1" , Stand der wiffenfehaftlichen Forfchung über die von

Erdenlebens' erfcheinen foll J|> ""X" p , an ihm behandelten Fragen feinen Lefern vor Augen zu
fcheint mir die Ableitung ddrsm°g.Uuk"bak ftand rücken, und man wird ihm gern zugeftehen, dafs diefer

Chrtfti Pracxiftenz S. 37)- ^J^l^ vorweltliche Sein Zweck als gelungen bezeichnet werden mufs, auch wenn
fchon langft vor femer «ekehr""g man in einigen Schulmeinungen nicht mit ihm überein-

des Mefiias feft. Das Neue war ihm ™J^g*£g ftirnmt. H. erzählt intereffant; er hat Gefchick zu popu-
mli^^Se^^^^V^ btrer Darfteilung; feine Sprache ift gut, wenn auch