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Ausgabe:

1890

Spalte:

154-156

Autor/Hrsg.:

Köhler, Karl

Titel/Untertitel:

Die Simultankirchen im Grossherzogthum Hessen, ihre Geschichte und ihre Rechtsverhältnisse 1890

Rezensent:

Rieker, Karl

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]f°nd"n Pastor ecclesiael Wer pädagogifch verfährt, ift
vo a ^'n'e Rcctor. Es liegt eben eine Anfchauung

n dem Verhältnifs der Gemeinde zu den Amtsträgern
könti211 ^runc^e' me vv'r nicht als evangelifch anerkennen
In dem letzten Abfchnitt: ,Die leitenden Gedanken
füh Clne pa^orale Berufsethik' wird in der Kürze ausge-
ethT'uda^S es cine f°icne nicnt gebe- In den angeführten

niichen Gedanken ift das richtig: es fragt fich nur, ob
nicht aus der Stellung des Paftors zu feinem Amt und
leiner Gemeinde eine andersartige Beleuchtung und
CffenendUng ethifcher Gedanken fich hätten gewinnen
a Blicken wir auf das ganze zurück, fo fehlt es nicht
ab Clner Reihe nützlicher Notizen und Ausführungen;

•er .es fehlt an einer einheitlichen Auffaffung und an
urincipiellerDurchführung der Anfchauung. DasBeftreben,
senum lutherifch zu fein, wird ftets durchkreuzt durch
vas. andere, wiffenfchaftliche Unbefangenheit nicht zu

rleugnen, und beides fteht unvermittelt neben einander.

|e eigentlichen Probleme, z. B. bei der Lehre von der
■ ""che über Identität oder Nichtidentität des Subjectes
er üchtbaren und der unfichtbaren Kirche; bei der Lehre
de1? f?eiftlichen Amt uber das Verhältnifs des Urfprungs

sielben aus dem allgemeinen Priefterthum zu dem
und a^ ^er Gemeinde, die Frage nach dem divinum jus
S dem kumanttm jus desfelben und dergleichen in allen
v,i'rCj!P^ne,n werden entweder nicht berührt, oder ver-
vo t ^ '.rbez weifein nicht, dafs der mündliche Katheder-
nQf,raS dies und vieles Andere ergänzen wird; allein
zu AVendig war es doch nicht, in dem ,Grundrifs' es nicht
ur Sprache zu bringen,
j. Bchliefslich fei auf eine Anzahl ftörender Druckfehler
. n.Sewiefen, die befonders in den Namen unangenehm
Plrken; fo A. H. Franke ft. Francke, Hüffel ft. Hüffell,

Croc* ft. Gerok, Ahlfeldt ft. Ahlfeld, Tholuk ft. Tholuck.
Marbarg- E. Chr. Achelis.

Dafs J. Neander nicht 1640, fondern 1650 geboren ift
und nur 30 Jahre alt wurde, follte ebenfalls jetzt wirklich
bekannt fein. Luther's Lied Aus tiefer Noth fteht
4ftrophig zuerft im fogenannten Achtliederbuch und im
Erf. Enchiridion, fünfftrophig zuerft in J. Walther's Chorgefangbüchlein
. Nie. Decius hat feine beiden Lieder
1526 zuerft niederdeutfeh herausgegeben. P. Gerhardt's
O Haupt voll Blut und Wunden erfchien nicht 1659,
fondern 1656, ebenfo Befiehl du deine Wege u. f. w.
u. f. w. Für die, welche fich eingehend mit dem evan-
gelifchen Kirchenliede befchäftigen wollen, aber eigentliches
Quellenftudium zu betreiben nicht in der Lage
find, fei hingewiefen aufser dem umfangreichen Wackernagel
auf Mützell: Geiftl. Lieder des 16. Jahrh.; Bunfen-
Fifcher: Allg. evang. Gefang- und Gebetbuch (1881);
A. Fifcher: Kirchenlieder-Lexikon 1878 nebft Supplementband
; Fifcher und Linke: Blätter für Hymnologie
feit 1883. -

Marburg. E. Chr. Achelis.

'•""in, Pfr. Joh. Wilh., 80 der schönsten und gebräuchlichsten
evangelischen Kirchenlieder. Lebensbilder der
dichter, Gefchichten und Erläuterungen, für Kirche,
Schule und Haus erzählt und ausgearbeitet. Caffel,
Freyfchmidt, 1889. (IV, 168 S. gr. 8.) M. 1. 20;
geb. M. 1. 60.

j. Aus eigenem pfarramtlichen Bedürfnifs und aus
ehöner Liebe zu unteren herrlichen Kirchenliedern hat
er Herr Verf. feit längeren Jahren das Büchlein nach
u°d nach zufammengeftellt. Den Text der Lieder fetzt
er Verf. als bekannt voraus; aber von den meiften
Indern giebt er in einfacher Weife den Gedankengang
wieder. Die Hauptfache ift ihm das Lebensbild der Dich-
^r und eine grofse Reihe von Erzählungen, welche theils
. Ie Veranlaffung der Lieder, theils die Wirkung derfelben
Jj der evangelifchen Gemeinde kennzeichnen. Ueberall
' erkt man die Sinnigkeit des Gemüthes und die Her-
ensfreude an dem koftbaren Gut, das die evangel. Kirche
n ihrem Liederfchatz befitzt. Allein es ift zu beklagen,
oals der Herr Verf. fich vor Drucklegung feines Buchs
•cht mit einem Sachverftändigen in Verbindung gefetzt
dat- Das ift augenfeheinlich nicht gefchchen. So hat
lafr • durchweg von veralteten und ganz unzuver-
higen Gewährsmännern sich leiten laffen, und die Folge
avon ift eine fchier unerfchöpfliche Fülle von falfchen
°tlzer>. von traditionellen Legenden, die bekanntlich
£?. diefem Gebiet höchft üppig wuchern und die als gerichtliche
Thatfachen mitgetheilt werden. Es ift faft
de'ne Seite in dem Buch, welche in ihren Angaben nicht
ver Gorrectur bedürfte. Es follte doch heute nicht mehr
breitet werden, dafs Luife Henriette die Verfafferin
di°nrS meine Zuverficht fei; der Herr Verf. giebt fich
e Miene, als ob er das fogar ficher beweifen könnte.

Köhler, Ob.-Confift.-R. Superint. Dr. Karl, Die Simultankirchen
im Grossherzogthum Hessen, ihre Gefchichte und
ihre Rechtsverhältnifse, dargeftellt v. K. K. Darm-
ftadt, Waitz, 1889. (V, 226 S. gr. 8.) M. 5. —
Vorliegende Schrift, obwohl fie nur die Simultankirchen
eines einzelnenTerritoriums behandelt, kann doch
in mehrfacher Hinficht ein allgemeineres Intereffe für fich
in Anfpruch nehmen. Einmal in kirchengefchichtlicher
Hinficht, denn wie Verf. S. 198t. fagt: ,Das Simultaneum
ift ein Erzeugnifs der Gegenbewegung gegen die Reformation
, welche feit der Zeit des Religionsfriedens in allen
von der Reformation berührten Reichen ihren Anfang
nahm und von befonders verhängnifsvoller Wirkung in
Deutfchland gewefen ift. Die Gefchichte kennt fie unter
dem Namen der Gegenreformation und fie ift unter
wechselnden Formen bis zur Gegenwart im Gang geblieben
. Es ift durch die Gunft der Umftände während
des 17. und 18. Jahrhunderts der Gegenreformation gelungen
, an einer grofsen Zahl von Punkten in das Gebiet des
Gegners einzudringen und fich hier unter der Form des
Simultaneums feftzufetzen. Erfcheinen nun auch die
Vorgänge, wodurch das erreicht wurde, geradezu als eine
Kette von Treulofigkeit und Gewaltthaten, fo hat es die
Beharrlichkeit der römifchen Politik doch zu erreichen
gewufst, dafs die fo gefchaffenen Zuftände zu einem derart
feften Beftande gelangt find, dafs ihnen die rechtliche
Anerkennung jetzt nicht mehr verfagt werden kann'.
Verf. führt uns ein Stück Leidensgefchichte der evangelifchen
Kirche vor Augen, indem er in einem erften Abfchnitt
mehr im Allgemeinen und in einem zweiten Abfchnitt
im Speciellen an einzelnen Gemeinden darlegt, wie
der den Evangelifchen durch den Weftfälifchen Frieden
geficherte Religionsftand durch die franzöfifche Invafion
in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts alterirt worden
ift, wie zunächft durch einen einfachen Gcwaltact Lud-
wig's XIV. die Evangelifchen in der Pfalz gezwungen
wurden, den Katholiken die Mitbenützung ihrer Kirchen
einzuräumen, wie fodann in dem Artikel IV des Ryfs-
wicker Friedens trotz alles Proteftirens der Gefandten
der evangelifchen Stände die verhängnifsvolle Claufel
aufgenommen wurde, ,dafs die römifch-katholifche Religion
in dem Stande, in dem fie gegenwärtig ift, verbleibt
', wie fodann nach dem Friedensfchluffe von dem
franzöfifchen Bevollmächtigten in Regensburg, Chamoy,
ein höchft leichtfertig und oberflächlich gearbeitetes Ver-
zeichnifs der Orte vorgelegt wurde, welche nach fran-
zöfifcher Auffaffung von der Claufel betroffen waren,
unter denen aber viele fich befanden, wo zur Zeit des
Ryfswicker Friedcnsfchluffes kein katholifch.es Religions-
Exercitium ftattgefunden hatte, und wie endlich in dem
Friedensfchluffe von Baden 1714 die Ryfswicker Claufel