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Ausgabe:

1890

Spalte:

125-126

Autor/Hrsg.:

Pfeiffer, F.

Titel/Untertitel:

Anglikana. Bilder aus Englands kirchlichem Leben 1890

Rezensent:

Eck, Samuel

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worden. Das gilt ganz befonders von den Mittheilungen
über die Heilsarmee.

Rumpenheim. S. Eck.

chriftlichen Kirchen als ein Scheinerfolg gebucht werden
mulfen. Und mufste denn nicht das kecke Unternehmen
fehlfchlagen. welches es unternahm, Gebilden von ganz
eigentümlicher Kraft und Dauer den ihnen wefentlichen
gefchichtlichen Charakter zu entziehen und fie auf Ehni, anc. Past. Dr. J., Sept Conferences Sur l'activite chre-
eine fingirte, ihrem Urfprung wie ihrer Entwicklung gleich tienne. Geneve, 1889. [Leipzig, Hinrichs.] (216 S. gr. 8.)

M. 3. -

Zwei Aufgaben verfolgt der Verfaffer diefer Vorträge
, gehalten im Auftrage der Union nationale evan-
gelique de Geneve. Er will einige wichtige Tagesfragen
in chriftlichem Sinne beleuchten, und zugleich dem Gedanken
der chriftlichen Gemeinfchaft isolidarite) deutlicheren
Ausdruck verleihen, als fonlt gefchieht. Dem-
gemäfs werden fich die erften Vorträge (1. 2. le regne
de Dien, 3. le earactere chretien) als Vorausfetzungen für
die folgenden anfehen laffen (4. le travail, 5. la propriete,
7. l'etat). Dazwifchen fleht der fechfte [l'education) jedenfalls
an unrichtiger Stelle. Er müfste vor oder nach
dem dritten eingereiht fein. Es find durchaus gefunde
Grundgedanken, von denen der Verf. ausgeht. Das Reich
Gottes als höchfles Gut und letzter Zweck, beides Gottes
und der Menfchen, wird in feiner allumfaffenden Bedeutung
für chriftliches Handeln und Denken gewürdigt.
Jenes iteht voran. Denn unfer Jahrh. hat im Willen das
fundamentale, conltitutive Element der menfehlichen Per-
fönlichkeit entdeckt oder anerkannt. Gegen alle ifolirte
Contemplation oder Myftik verhält fich Ehni daher ablehnend
. Ebenfo aber auch gegen jede falfche Gleich-
ftellung von Kirche und Reich Gottes. Vielmehr follen

fremde, Naturbafis zu verfetzen?

Der Widerfpruch gegen die Darftellung des Verf. s
mufs fich von hier aus auch auf die voraufliegenden Ab-
fchnitte erftrecken. So wenig wie bei Leibn. hat er es
fonft für nöthig erachtet, danach zu fragen, was eigentlich
die Männer, deren Wirken er befpricht, fich unter
.Kirche' vorgeftellt haben. Hätte er dies gethan, fo
würde er nicht Unternehmungen von ganz verfchieden-
werthigem kirchlichen Intereffe in der Art an einander
gereiht haben, dafs der irreführende Eindruck entlieht,
als ob fie fortlaufende Glieder einer Kette bilden. Denn
Grotius gehört in mehr als einer Beziehung in eine
Linie mit Leibniz. Sein strong respect for antiquity hat
ihn nicht verhindert, in feinen naturrechtlichen Anfchau-
ungen vielmehr der Aufklärung den Boden zu bereiten.
Calixt aber ilt von diefen Männern ebenfo weit ge-
fchieden, als er fich rückwärts eng an Melanchthon
anfchliefst. Freilich nicht, indem er das Erbe jenes
unfafsbaren, in den Nebeln einer humaniftifchen Ethik
verfchwimmenden ,Geiftes' weiterträgt, fondern indem er
fehr bellimmte theologifche Formeln von Mel. übernommen
hat (f. Ritfehl, Zt. f. K.-G. I S. 81 ff.). Die Abwege
aber, auf welche diefe Unionstheologie den deutfehen
Proteffantismus zu führen im Begriff war, find uns kürzlich

in fo greller Beleuchtung gezeigt worden (f. F.Uhlhorn, j alle Kreife menfehlichen Gemeinfchaftslebens und menfeh-
•Lutherifche Mönche in Loccum. Ein Beitrag zur Ge- licher Thätigkeit gleichmälsig, wenn auch in abgeffufter

fchichte der Unionsbellrebungen des G. W. Molanus'
Zt. f. K.-G. X, 399—438 , dafs der dem .Eigenfinn' der
Gneiiolutheraner fchuldige Dank der Sympathie für Helm-
ltadt mindeftens die Wage hält, von dem Antheil ganz
zu fchweigen, der Mel. an jenem Eigenfinn zufällt.
Duräus endlich eröffnet eine Reihe von Unionsbellrebungen
, die fich weder mit Mel.-Calixt noch mit Grotius-

Ordnung, dies Reich bilden oder von feinem Geilte durchdrungen
werden. Es ilt nur eine Folge diefer erfreulichen
Ausführungen, dafs aller übertriebenen Werthfehätzung
von Inftitutionen das Ideal des chriftlichen Charakters
als das für uns Nothwendiglte gegenübergeltellt wird.
Allein indem der Verf. nun zur Löfung fpecieller Aufgaben
übergeht, entfallen die eigenen Vorausfetzungen

Leibniz auf gleichem Boden eingliedern laffen. Es ver- z. Th. feinem Gedächtnifs. Die Aufforderung an die
fleht fich ja freilich, dafs der bewegliche Mann allen Genfer, noch mehr als bisher zu thun pour les oeuvres du
möglichen Einwirkungen offen geftanden hat, die ihn regne de Dien, verengert den Gedanken des letzteren in
irgend dem Einen Ziel feines Lebens näher zu führen einer Weife, gegen die gerade der Verf. felblt ange-
verfprachen. Allein entfeheidend müffen für feine Be- i kämpft hatte. Es ergiebt fich daraus, wie aus manchem
ltrebungen andere Verhältnifse und Anfchauungen ge- j Anderen, dafs er werthvolle neue Einfichten in feine
wefen fein. Erwägt man, dafs er der Sohn eines ftrengen chriftliche Erkenntnifs aufgenommen hat, diefelben aber
Puritaners war, dafs er am Ende feines Lebens fich mit • noch nicht in vollem Umfang alter Ueberlieferung gegen-
,pietiftifchen' Bewegungen verfchiedenartigfter Herkunft über ihre fichtende und aufräumende Arbeit hat thun
getrottet hat, dafs ihm praktifche Theologie, Myftik und laffen.

Contemplation, das innere Wort, als mafsgebende Inftan- : Wenn innerhalb des Reiches Gottes das ftaatliche
zen gegolten haben, fo kann ich in ihm trotz feiner Be- | und bürgerliche Leben gleichwerthig neben dem kirch-
mühungen um Union der Kirchen nur eines der erften 1 liehen flehen, fo geht es nicht an, jene von Gröfsen abGlieder
in jener langen Reihe von Männern fehen, die | hängig zu machen, die nur für diefes von entfeheidender
auf Grund einer kirchlich indifferenten Frömmigkeit Bedeutung find. Nun hat die Kirche ihr grundlegendes

myftifchen Gepräges die trennenden Unterfchiede der
Confeffionen aufzuheben geltrebt haben.

Rumpenheim. S. Eck.

Pfeiffer, Paff. F., Anglikana. Bilder aus Englands kirchlichem
Leben. Hamburg, Agentur des Rauhen Haufes,
1889. (U1 S. S.: M. 1. 60.

Diefe Schrift zerfällt in zwei gröfsere Abfchnitte. j Der Verf. hat von diefem Verfahren einen mäfsigeren

Merkmal am Worte Gottes. Dann foll man fich hüten,
die Bibel zur Löfung von ftaatlichen und focialen Fragen
heranzuziehen. Denn damit mufs unvermerkt entweder
der Kirche die Rolle der Gefetzgeberin auch für jene
Gebiete zugefchrieben werden, oder das Urkundenbuch
der chriftlichen Offenbarung wird entwerthet, indem es
als Quelle zeitlichen Rechtes auf die gleiche Stufe mit
einer beliebigen anderen Gefetzesfammlung herabfinkt.

Der erffe .deutfch-kirchl. Leben in E.' berichtet über J Gebrauch gemacht, als wir es von anderer Seite her
Erfahrungen, die der Verfaffer während feiner Wirkfam- 1 gewohnt find. Immerhin hat er fich rühmender Hinweife
keit an der deutfeh-evang. Gemeinde in Hull gefammelt ! auf die Mofaifche Gefetzgebung (Jof. 15. Levit. 25 u. A.
hat, und läfst von da Streiflichter fallen auf verfchiedene j anstitutions trop meconnues jusqiia present') oder auf die
Gebiete innerer Miffion (Auswanderer-, Seemanns-, I prophetifche Zukunftshoffnung (Mich. 4, 4. Jefaj. 65, 21 f.
^lagdalenen-I, deren kräftigere Förderung Verf. dringend j c'est la Vordre de choses ideal, conforme a la volonte de

befürwortet. Der zweite Abfchnitt erweckt geringeres
Intereffe. Was hier über .englifch-k. Leben' auseinandergefetzt
wird, ziemlich breit, doctrinär, und nicht ohne
Wiederholungen, ift wohl anderwärts fchon beffer gefagt

Dien, et vers lequel nous devons toujours tendre) nicht zu
enthalten vermocht. Schlimmer aber als folche Einzelheiten
ift der Grundgedanke, der in ihnen hervortritt: die
Annahme einer möglichen Regelung focialer Verhältnifse