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Ausgabe:

1890 Nr. 5

Spalte:

113

Autor/Hrsg.:

Hannion, Eug.-Thom.

Titel/Untertitel:

Le sens du verset 7e, Gen. IV, retrouvé proclame l‘holocauste et le sacrifice expiatoire comme ayant été l‘objet d‘un précepte positif après le chute 1890

Rezensent:

Horst, L.

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H3

Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 5.

114

oder ob er fpottet; und das thut leid, je mehr man ihn

perfönlich liebgewonnen und je höher man den Lehrer
ichätzt.

Strafsburg i. E. L. Horft.

Hannion, Eug.-Thom., chanoine honoraire de Verdun etc.,
Le sens du verset 7e, Gen. IV, retrouve proclame
l'holocauste et le sacrifice expiatoire comme ayant
ete l'objet d'un precepte positif apres le chute. Paris,
librairie cathoüque internationale de l'ceuvre deSt.Paul,
1889. (55 S. gr. 8.)

Kain's Opfer mifsfällt, weil es nur eine Mincha ge-
wefen ift; Abel's Opfer ift angenehm, weil es ein voll-
ftändiges Opfer gewefcn ift, D3 Gen. IV, 4 bedeutet ,en
plus': Abel offrit en plus, lui, des prernters-nes de son be-
tail; und in TtTTOti Stfl fagt Mofes beftimmt aus, was er
am Anfang des Verfes nur andeutete, dafs nämlich Abel
nicht verfäumt hat, zu dem blutigen Opfer auch das
unblutige zu gefellen. V. 7 aber bringt Gott Kain das
Mittel in Erinnerung, das begangene, Gottes Mifsfallen
erregende Verfäumnifs zu fühnen, nämlich durch Darbringung
eines Sündopfers. ,Wenn du aber nicht gut
thuft, fo lagert an der Thüre das Sündopfer (robes im
»lasen/., weil unter chattat der Bock gemeint ift, der nach
dem Gefetz zum Sündopfer dient); fein Zug ift zu dir
und du haft Allgewalt über es'. Mit den letzten Worten
wird die gefügige Art des Kleinviehs angedeutet, das
Kain zum nöthigen Zweck unter der Hand hat. Der
beiden Brüder Opfer ift aber ein Neujahrsopfer gewefen
(-^Z* "P-), folglich, nach dem Gefetz, das ja nur die
fchriftliche Fixirung der uralten Offenbarung ift, follte
es eine O/ah fammt Mincha fein. Ergo fagt unfere Stelle
aus, dafs die O/ah und das Sündopfer Gegenftand eines
ausdrücklichen Gebots nach dem Sündenfall gewefen
fein müffen.

Der exegetifche Einfall ift gewifs geiftreich und
intereftant. Die katholifche Kirche wird wohl nichts
dagegen haben, aber die Exegefe?

Strafsburg iE. L. Horft.

Marti. Pfr. Lic. Karl, Der Prophet Jeremia von Anatot.

Basel, Detloff, 1889. (IV, 67 S. gr. 8.) M. 1. 20.

Diefes knappe Lebensbild des grofsen Propheten,
urfprünglich für ,Die chriftliche Welt' beftimmt, aber über
den Rahmen des Blattes hinausgewachfen, verdient nachdrückliche
Empfehlung, damit ihm die Einwirkung auf
weite Kreife. für die es beftimmt war, auch gefichert
werde. Die Darfteilung ift von Anfang bis zu Ende von
warmer Begeifterung für den Helden getragen, die Sprache
fchön und fliefsend, das gefchichtliche Bild, nicht nur
von dem Manne, fondern von feiner ganzen Zeit, klar
und abgerundet. Ueberall find die neueften und beften
Arbeiten zu Grunde gelegt: Wellhaufen, Duhm, Stade,
Kuenen, Ed. Meyer ftehen im Vordergrund und werden
häufig angezogen. Auf neue Erkenntnifse geht der Verf.
naturlich nicht aus. Immerhin hebt fich feine Auffaffung
von Jeremia's Stellung zu feinen Zeitgenoffen mehr oder
minder von der aller übrigen in einem grundlegenden
Punkte ab. Es ift ftets aufgefallen, dafs die Reform Jofia's
auf Grund des Deuteronomium's fo fpärliche Spuren bei
Jeremia zurückgelaffen hat. Gewöhnlich hat man die
fpäte Niederfchrift feiner Weisfagungen dafür verantwortlich
gemacht; neuerdings find bekanntlich von franzöfi-
fchen Gelehrten die ungeheuerlichften Schlüffe daraus
gezogen; Dahler und neueftens Cheyne laffen Jeremia als
Prediger der Reform auf dem Lande zu fchriftlicher
Niederfetzung feiner Zuftimmung nicht kommen. Marti
erklärt das Räthfel — in ftarkem Ueberbieten der bisher
befonders von Duhm und Kuenen vertretenen Anschauung
— vielmehr aus anfänglicher Zurückhaltung,

dann immer entfehiedenerer Gegnerfchatt gegen die
Reform. 'S. 15 Die Propheten hatten ,niemals von der
äufseren Umgeftaltung, von einer Reform des Cultus
und einer gefetzlichen Feftftellung der fittlichen Forderungen
das Heil erwartet. Jetzt war ein anderer Weg
befchritten worden; die Staatsgewalt wurde zu Hülfe genommen
u. f. W.' S. 17 ,1hm waren wohl damals die
Gefahren fchon klar, welche die Einführung diefer neuen
Ordnung als eines Staatsgefetzes mit fich brachte';
S. 19 ,Es ift ein merkwürdiges Zufammentreffen, dafs
gleich da, wo das erfte Mal der Verfuch gemacht wird,
gleichfam ein officielles Glaubensbekenntnifs aufzuftellen
und die Frömmigkeit in bleibenden, verbindlichen Formeln
und ftaatlich gefchützten Sätzen zufammenzufaffen,
ein Gefandter Gottes auftritt, der die Ueberfchätzung
des Werthes folcher Unternehmung bekämpft'. Vgl. auch
S. 63. Der Nachweis folcher Bekämpfung aber läfst fich
nur durch fchiefe Deutung der Worte Jeremia's führen.
Die Stellen 3, 4. 5. 10. 5, 2. 7. (vgl. S. 18) können doch,
auf die Reform bezogen, nur die Anklage erheben, dafs
das Volk dem befchworenen Bunde nicht treu geblieben
fei, die Bundfchliefsung felbft wird damit nicht bekämpft,
fondern ausdrücklich als Gottes Werk bezeugt. Und
wenn der Verf. vollends ergänzend ,den Propheten in 8,
8 den Griffel der Schreiber [des Gefetzes] einen Lügen-
griffel nennen' läfst, fo geht doch folche Herabfetzung
eines Werkes von der religiöfen Tiefe des Deuterono-
miums über allen Spafs; auch würde damit die zeitge-
nöffifche Abfaffung des Buches als damals anerkannt
vorausgefetzt werden, und das ift ganz undenkbar. Ebenfo
aber wie das Gefetzbuch wird durch diefe Auskunft die
ideale Geftalt eines Jofia derartig herabgefetzt, dafs der
Schaden weit gröfscr wird als der Vortheil. Auf S. 20.
26. 27 finden fich Ausführungen, die unwillkürlich die
gefchichtliche Nöthigung zu einer viel höheren Würdigung
der Reform Jofia's in fich fchliefsen. Die reine Begeifterung
und der felfenfefte Glaube, welche 13 Jahre
nach Abfchlufs des Bundes, durch einen idealiftifchen
Irrthum König und Volk in die Schlacht von Megiddo
trieben, beweifen, dafs diefer Bund auf tieferem Grunde
ruhte, als dem eines officiellen Byzantinismus. Wenn der
Untergang fich nicht abwenden liefs, fo wird das Ver-
dienft derjenigen, die ihr Alles daran fetzten, dem Rad
noch in die Speichen zu greifen, darum nicht geringer.
Es bleibt dabei, dafs das Stillfchweigen Jeremia's fich
erklären läfst, wenn er auf Seiten der Reform ftand, we-
nigftens, folange fie fich unter Jofia's Augen gefund erhielt,
dagegen ganz unerklärbar wird, wenn er ihr Gegner war;
zudem läfst fich Cap. 11 als pofitives Zeugnifs nicht fo
herabdrücken, wie S. 17 gefchieht. Für Jofia und fein
Werk ift Cheyne's Arbeit in ihrer Feinfühligkeit der
Marti's weit überlegen. Mifsverftanden ift S. 62 die Stelle
28, 9; denn Jer. kann und will nicht fagen, dafs ,nur die
Wahrheit derjenigen Propheten, die Heil verkündigen,
durch das Eintreffen der Weisf. müffe beftätigt werden'.
Dafs Gen. 2, 1. 2 ,Heer' und ,Werk' dasfelbe bezeichne
(S. 27 Anm.), ift unrichtig, auch von Stade nicht behauptet
; dafs das Himmelsheer durch den Namen robt:
D^üOTl verurtheilend als ,Machwerk, Gefchaffenes' bezeichnet
werden follte, ift nicht glaublich. Ueberflüfiige
und feltfame Gelehrfamkeit wird S. 54 Anm. herbeigezogen
. Der Hinweis auf einen Ort ms bei Anatot (vgl.
ZDPV III S. Ii) verdient zu 13, 1 ff. ernftliche Berück-
fichtigung.

Trotz jenes Widerfpruches in einem wichtigen Punkte
fei die kleine Schrift noch einmal nachdrücklich einem
Jeden empfohlen.

Der gleiche Gegenftand bietet mir erwünfehte Gelegenheit
zu einer werthvollen Mittheilung aus einem
Briefe von T. K. Cheyne. Er macht darauf aufmerkfam,
dafs feine Ausfage über Jer. 25, die nach S. 138 feines
Jercmiah (vgl. diefes Blatt 1889, Nr. 21, Sp. 523, Z. 22 ff.
von unten) richtig von mir angeführt war, auf S. 146

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