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Ausgabe:

1890

Spalte:

59-62

Autor/Hrsg.:

Corssen, Petrus

Titel/Untertitel:

Epistularum Paulinarum codices graece et latine scriptos Augiensem, Boernerianum, Claromontanum examinavit, inter se comparavit, ad communem originem revocavit 1890

Rezensent:

Zimmer, Friedrich

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überfetzen fei, das dürfte auch ein Unicum von Exe- die die von mir behauptete Abhängigkeit der Handfchrift
gefe fein. Schliefslich bedauert Ref., dafs das ,Ende gut, ! F von G unmöglich oder auch nur fraglich machen
Alles gut' bei unferem Buche fo gar nicht zutrifft; denn ! könnte. Die zahlreichen Indicien aber, die ich in der

dasfelbe fchliefst mit einer exegetifchen Ungeheuerlichkeit
. Der Brieffchlufs (Cap. 16, 25—27) wird nämlich von
Otto, hier einem wahren uvay.olnviioy.rbvog, alfo wiedergegeben
: ,Für den (in deffen Dienft), der Euch kräftigen
kann, ift (fteht) nach meinem Evangelium auch das
y.i^ovyfia JIva. A'p. (d. i. die feierliche Proclamation Jefu

als Chrift) —---welcher (attnb. zu dwafieiup) ein

einiger weifer Gott ift durch J. Chriftus. Welchem (Ihm),
sc. rw öivafitvui xtL, gehört die Ehre in Ewigkeit'!

Wir wünfchen, dafs Otto's Commentar, befonders
Bd. II., die eingehende Beachtung, die er verdient, finden
möchte, fürchten aber, dafs die Art, wie der Verf. fich
und den Lefer durch nahezu IOOO enggedruckte und
fchwer lesbare SS. eines (die Verfe fort und fort zer-
ftückelnden) exegetifchen Fauftkampfes mit Meyer,
Weifs, Godet, v. Hofmann u. a. hindurchzerrt, feinem
trotz aller Mängel und Mifsgriffe tüchtigen und gründlichen
Buche felbft Abtrag thun werde. daher fchreibt er in den Text orevyacoia und an den
Friedberg i. Heffen. Wilh. Weiffenbach. I Rand t ayiooia, läfst alfo zwifchen ocevyauigia und aztr-

csyiüQia die Wahl. Offenbar fetzt die Lesart von F, um
überhaupt erklärt werden zu können, genau den Text
voraus, den G bietet. Es mufste in demfelben nicht nur
ri für o gefchrieben und y mit a zur Auswahl geftellt

oben genannten Abhandlung für die Ableitung von F
aus G angeführt habe, berechtigen mich, zu wiederholen:
,So lange, bis Verfchiedenheiten aufgewiefen find, die in
keiner Weife durch das von uns angenommene Verhält-
nifs erklärt werden können, mufs F als Abfchrift von G
gelten'. Ich will nur einige Stellen, die in obiger Abhandlung
nicht genannt find und die leicht noch vermehrt
werden könnten, anführen; fie allein dürften fchon
die Abhängigkeit des Augienfis vom Börnerianus be-

tx

weifen. Für ffrero^wpf a Rom. 8, 35 fchreibtG: otsvocHOQta.
Er hat alfo ftatt o gefunden oder gelefen a, und ift
zweifelhaft geblieben, ob der ilarauf folgende Buchftabe
ein a oder ein y fein foll. Deshalb fchreibt er / (d. i.:
vei) y' über das a, — nur leider nicht genau über dasfelbe
. Der Abfchreiber F weifs deshalb nicht, ob das
übergefchriebene ty fich auf das a oder das a bezieht;

Corssen, Petrus, Epistularum Paulinarum Codices graece et
latine scriptos Augiensem, Boernerianum, Claromontanum

examinavit, inter se comparavit, ad communem origi- i fein, fondern auch das ift für die Lesart von F entfehei
nem revoeavit. Specimen alterum, ad programma j dend gewefen, dafs das ty eher über o als über a gefetzt

gymnasii Jeverensis additum. Jever, 1889. (IV, 30
S. 4.)

Den Grad des längft bekannten Verwandtfchafts-
verhältnifses der drei griechifch-lateinifchen Handfchriften
der Paulinifchen Briefe Claromontanus (D), Boernerianus
(G) und Augietisis (F) zu beftimmen, ift Aufgabe diefer
Unterfuchung. Ihr Refultat ift, dafs F und G aus einer
gemeinfamen Vorlage X gefloffen feien, und diefe felbft
mit D auf dasfelbe Urexemplar Z zurückgehe; alfo
fchematifch dargeftellt:

Z

D X
F G

Das erfchloffene Urexemplar Z, ein Graeco-Latinus wie
feine Sippe, fei nicht vor dem 5. Jhdt. Anf. in Italien
gefchrieben.

Die Stellung des Problems halte ich für fehr dankens-
wtrth, aber die Löfung für nachweisbar falfch. Ich
halteesfürabfolut ficher, dafsF nicht, wie Corfsen
annimmt, mit G aus gemeinfamer Quelle, fondern aus
G felbft gefloffen ift. Bereits vor zwei Jahren habe
ich eine Reihe von Beweisgründen beigebracht, aus denen
erhellt, dafs die (fchon früher von Scrivener, Tregelles
und Tifchendorf) vorausgefetzte Mutterhandfchrift von
G und F in einzelnen Punkten ,G faft photographilch
genau gleich fein' müfste. Diefc Abhandlung (,Der Codex
Augienfis eine Abfchrift des Börnerianus' in Hilgenfeld's
Zeitfchrift für wiffenfehaftliche Theologie Bd. XXX, S.
76 ff.) fcheint Corfsen unbekannt geblieben zu fein.
Wenigftens habe ich, da er meine fpäteren textkritifchen

war. Die Vorlage von F mufs hier alfo wirklich ,photo-
graphifch genau' fo ausgefehen haben, wie G. Rom. 6,
10 fchreibt G. in zwei aufeinander folgenden Zeilen
illius non Das ./. dativus ift eine der (bei dem
avzov nix in der griechifchen Grammatik noch
.'. dativus recht fchwachen Schreiber von G

rtj ctfitiQTia häufigen) grammatifchen Notizen, die
den Artikel %r[ von dem gleichlautenden %i unterfcheiden
foll. F bezieht aber die Beifchrift auf das darüber (ltatt
auf das darunter flehende) Wort und fchreibt deshalb:
Uli non dominabitur. Rom. 5, 17 fchreibt G naqajtrwiia
und auf folgender Zeile den Schlufs des Wortes ri.
Letzterer bleibt bei F fort. Umgekehrt fteht 2 Kor. 12,

revelationum

7 am Zeilenfchlufs bei G aicoy.al.vifi. F fchreibt in Folge
deffen: aicoxa).vp den mit einer Lücke nach dem unvollendeten
Worte, das er felber nicht ergänzen kann.
Die lateinifchen Beifchriften in F erklären fich z. Th. nur
aus G und würden ohne diefen Codex ganz unverftänd-
lich fein; fo wenn 1 Kor. 5, Ii über dem Artikel reo
ein cum, 11, 2 über zavza ein ubique, 1 Ti. 5, 19 über
ty.zog si (ti} ein exceptis nisi (bei G, der die Ueberfetzungen
verfchiedener lateinifcher Recenfionen neben einander
ftellt,: exceptis excepto t nisi) fteht. Der des Griechifchen
höchft wenig kundige Schreiber von G hatte 1 Kor. 14,
4 nach feinem lateinifchen Text qui loquitur feine grie-
chifche Vorlage 0 laXiov in's Verbum finitum überfetzt,
mochte aber fchliefslich doch fchwankend geworden fein,
ob fein 0 lala auch richtig fei, und fügte deshalb ein
t laltov hinzu. F, im Griechifchen noch unwiffender,
trifft zwifchen beiden Lesarten eine Auswahl und wählt
die falfche: 0 lalei. Phil. 3, 7 bot G: a civa. F, der

Abhandlungen (Der Galaterbrief im altlateinifchen Text das allein flehende a nicht verfteht, entnimmt aus feinem

1887; und: Ein Blick in die Entwickelungsgefchichte der
Itala, Theol. Stud. u. Kritiken 1889, S. 331 ff.) erwähnt
und, was er von ihren Refultaten erwähnt, annimmt, kein
Recht, die bei Philologen fonft wohl nicht feltene und
leider nicht völlig unbegründete ,herzliche Verachtung'
der textkritifchen Arbeiten der Theologen auch bei
Corfsen vorauszufetzen. Ich habe, in dem Wunfche, die
lange unentfehiedene Frage des Verwandtfchaftsverhält-
nifses von F und G endlich zum Austrage zu bringen,
noch einmal die beiden Codices (nach den Ausgaben
von Scrivener und Matthaei) von Anfang bis zu Ende
verglichen und wiederum keine einzige Stelle gefunden,

lateinifchen Text (sed quae), dafs « dem sed entfprechen

müffe und conjicirt daher alli (womit natürlich dllt't

gemeint ift). 1 Kor. 9, 20 bietet G gefchrieben (y.ac

iyi.vnf.irrv xoiq, nun mit neuer Zeile:)

iudaeis iudaeis ^ quasi ;f>„, D , ,.
v •• x Das itt an den Rand gefetzt.

invoaioig inoaintg wc fa

Er hatte alfo mit Dittographie das invdaioig, iudaeis

wiederholt, ftatt fortzufahren iog invdaiog, quasi iudaeus,

hatte aber den Fehler noch bemerkt, das uig quasi an

den Rand gefetzt und das lovöaiocg durch Auspungirtn

des t in lot datnq verwandeln wollen. Dabei hatte er

aber das Unglück gehabt, den erften (ftatt des zweiten)