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Ausgabe:

1890 Nr. 26

Spalte:

656-657

Autor/Hrsg.:

Tavagnutti, Mario Sig.

Titel/Untertitel:

Hagiographia. Verzeichnis der über Jesus Christus, die Jungfrau Maria, Heilige, Selige, Päpste und sonstige ehrwürdige und fromme Personen erschienenen Lebensbeschreibungen, Predigten,

Rezensent:

Reusch, Franz Heinrich

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Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 26.

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Richtige haben, und wiederum kann das von jeder Claffe
gelten, da keine die andern an abfolutem Werth überragt
(S. LXIX). So liegt denn Alles an der Zuverläffig-
keit des Urtheils des Kritikers. Brandt hat felbft die
Gefahren hervorgehoben, die hier eintreten können. Für
Buch 3 und 4, wo ich controllirt habe, mufs ich fagen,
dafs fein Urtheil überall richtig erfcheint. Der Text ift
jetzt jedenfalls fo fichergeftellt, wie es bei den vorhandenen
Hülfsmitteln nur möglich war. Uebrigens find die
Abweichungen, foweit ich gefehen habe, nicht gerade
fehr wichtiger Natur, doch liegt bekanntlich fchon im
geficherten Wiffen die befte Beruhigung.

Für die Epitomc gelten, wie das 2. Capitel auseinanderfetzt
, diefelben Grundfätze wie für die Instituliones,
die zur Conftituirung des Textes natürlich heranzuziehen
find. Sehr lefenswerth ift das 3. Capitel: de rationibus
criticis in locis aliorum apud Lactantium scriptomm ad-
hibendis et de auctorum et expilatorum Lactantii ad verba
eius constitucnda usu. Brandt erwähnt, dafs er für den
erften Abfchnitt der Ausgabe von Bünemann das Befte
verdanke, indeffen hat er durch eigene Arbeit und Unter-
ftützung von A. Härtel manchen Hinweis auf einen
früheren Autor hinzufügen können (S. XCII). Mit Ausnahme
von Hieronymus und Auguftin ift kein altkirchlicher
Schriftfteller dem Lactanz an Kenntnifs der klaffi-
fchen Autoren überlegen, und L. hat uns manche Stelle
aus verlorenen Werken aufbewahrt (XCIII). Zu denen,
welche Lactanz ausgefchrieben haben, gehört auch
Lucifer von Calaris, und wenn ich 1886 mit früheren Be-
urtheilern die Schrift desfelben ,moriendum esse pro dei
filio' vor den übrigen ausgezeichnet fand durch Eleganz
und Leichtigkeit des Ausdrucks, fo ergiebt fich jetzt,
dafs diefer Schmuck dem Lactanz entlehnt ift. Schade
für den alten Polterer!

Ich erwähne noch, dafs Brandt die Kapitel in Paragraphen
theilt. So felbftverftändlich das fcheint, fo ift
es doch leider bei einer Anzahl der Wiener Ausgaben
(ich nenne Sedulius, Auguftin's Speculum, Lucifer, Tertul-
lian) nicht gefchehen, und das Citiren nach diefen Ausgaben
dadurch fehr erfchwert. Es ift dringend zu wün-
fchen, dafs diefem Uebelftand abgeholfen wird.

Giefsen. G. Krüger.

Krebs, Dr. Rieh., Die politische Publizistik der Jesuiten und
ihrer Gegner in den letzten Jahrzehnten vor Ausbruch
des 30jährigen Krieges. [Hallefche Abhandlungen zur
neueren Gefchichte, 25. Hft.] Halle a/S., Niemeyer,
1890. (248 S. gr. 8.) M. 6. —

Der Verf. giebt S. 1—104 eine gut gefchriebene und
lehrreiche Ueberficht über die literarifche Thätigkeit der
Jefuiten und ihrer Gefinnungsgenoffen und ihrer Gegner
am Ende des 16. und im Anfange des 17. Jahrhunderts,
foweit fie die kirchenpolitifchen Fragen berührt. S. 105
—239 folgen Anmerkungen, in welchen die bibliographi-
fehen Notizen und weitere Ausführungen einzelner Punkte
enthalten find. Er befpricht, zum Theil im Anfchlufs an
F. Stieve, nicht nur die in Deutfchland erfchienenen, fondern
auch ausländifche Schriften, und nicht nur die
kleineren Streitfchriften, unter diefen viele wenig bekannte,
fondern auch gröfsere Werke, foweit fie mit feinem
Thema zufammenhängen, wie z. B. das Buch von Mariana
über den König und Bellarmin's Controverfen. Das Buch
ift ein dankenswerther Beitrag zur Literaturgefchichte.
Der Verf. berichtet mit grofser Sachkenntnifs und mit
lobenswerther Objectivität und Unparteilichkeit.

Da auch ich Veranlaffung gehabt habe, mich mit
diefer Literatur zu befchäftigen, fo kann ich einige Ergänzungen
und Berichtigungen liefern. Die Monita pri-
vata Societatis Jesu (S. 73. 200) find ficher eine Satire
von dem 1611 aus dem Orden entlaffenen Hieronymus
Zaorowski; vgl. mein Buch über den Index 2, 281 (auch

in der neueften Arbeit über den Gegenftand, von dem
Jefuiten Carlos Sommervogel in den Precis Jiistoriques
vom Februar 1890, wird diefes angenommen). — Unter
den Schriften, welche durch den Treueid Jacob's I. ver-
anlafst wurden (S. 36), follten nicht fehlen: die von
Leonhard Leffius (Index 2, 345), die von Bellarmin gegen
Widdrington, 1613 unter dem Namen des Adolph
Schulckenius erfchienen (Selbftbiogr. Bellarmin's S. 219),
und Martin Becanus' Controversia anglicana (Mainz 1612
u. 1613, vgl. Index 2, 345; Moralftr. 1, 543). Ueber den
Treatise on equivocation (S. Ii) vgl. Selbftbiogr. Bellarmin
's S. 206 und befonders Law, Hist. Sketch (Th. L.-Z.
1890, 179) S. 107. Ueber die Veranlaffung von Gentil-
let's Flosculi blasphemiarum Jesuiticarum (S. 172), drei
nach der Seligfprechung des Ignatius gehaltene fpanifche
Predigten, f. Index 2, 292; über den S. 174 erwähnten
Abbe Dubois f. Selbftbiogr. Bellarmin's S. 248; über das
Colloquium Jesuiticum von Chriftian Francken f. Index 1,
531; über die merkwürdigen Verhandlungen, welche dadurch
veranlafst wurden, dafs man in Rom das Urtheil
des Parlaments gegen Jean Chatel in den Index gefetzt
hatte (S. 137), f. Index 2, 284; über das italienifche Original
der S. 227 erwähnten ,Inftruction' f. Moralftr. I, 659.
Georg Riedel (S. 206) ift vielleicht identifch mit dem
Gregor Riedel, der für eine Streitfchrift des Jefuiten
Hugo Roth den Namen hergab (Selbftbiogr. Bellarmin's
S. 291).

Dafs Bufembaum ausdrücklich gelehrt habe, der
Zweck heilige die Mittel (S. 27), ift nicht richtig. Bellarmin
lehrt nicht fo allgemein, wie S. 38 angegeben
wird, ,dafs man gehalten fei, jedem Befehle, jeder Anordnung
des Papftes ohne Ueberlegung nachzukommen,
da diefer vermöge feiner Unfehlbarkeit nie etwas Uebeles
vorfchreiben könne'. Der S. 28 citirte Brief Lamormain's
vom 8. April 1625, worin gefagt wird, ,den Ketzern
Glauben halten, fei nichts anderes, als den katholifchen
Glauben verleugnen', ift eine Fälfchung.

Bonn. F. H. Reufch.

Tavagnutti, Mario Sig., Hagiographia. Verzeichnifs der
über Jefus Chriftus, die Jungfrau Maria, Heilige, Selige,
Päpfte und fonftige ehrwürdige und fromme Perfoncn
erfchienenen Lebensbefchreibungen, Predigten, Andachtsbücher
und Legenden-Sammlungen. Syftematifch
nach Materien geordnet und mit einem Stich- und
Schlagwörter-, fowie einem Autoren-Index verfehen.
(A. u. d. T.: Katholifch-Theologifche Bücherkunde der
letzten 50 Jahre. I.) Wien, Verlag Austria, Drefcher
& Comp., 1891. (150 S. gr. 8.) M. 1. 50.

Eine fleifsige und, nicht nur für Buchhändler und
Bibliothekare, nützliche Zufammenftellung. Sie umfafst
aber, was der Titel nicht erkennen läfst, nur in Deutfchland
erfchienene Schriften katholifcher Verfaffer. Dafs
fie auch fonft nicht vollftändig ift, wird in der Vorrede
anerkannt und theilweife gerechtfertigt. Aber wenn z. B.
von den mehr als 60 Schriften über den heiligen Rock
zu Trier ,nur das Nothdürftigfte' mitgetheilt werden follte,
fo hätten doch jedenfalls neben dem erften merkwürdigen
Schriftchen des Domcapitulars Wilmowsky auch die .Beleuchtung
' desfelben von A. Rhenanus und Wilmowsky's
Antwort, ,Die Schrift des A. Rhenanus', aufgenommen
werden follen. Wenn eine Entgegnung auf die Schrift
des Dr. Johnen über die Louife Lateau aufgenommen
wurde, fo follte auch diefe Schrift ebenfowohl wie die
ähnliche von Dr. Schwann aufgenommen fein. Bei
Paulinus von Nola fehlt gerade die ausführlichfte Monographie
, die von A. Bufe. Wenn die Lebensbefchreibungen
des P. Roh und des P. Schmöger (auch die des
.Heinrich von Frankreich', d. i. des Grafen Chambord)
verzeichnet werden, fo follten die der Cardinäle Geifsel,