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Ausgabe: | 1890 Nr. 24 |
Spalte: | 592 |
Autor/Hrsg.: | Stricker, Ed. |
Titel/Untertitel: | Johannis Calvin als erster Pfarrer der reformirten Gemeinde zu Strassburg. Nach urkundlichen Quellen 1890 |
Rezensent: | Schott, Theodor |
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591 Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 24. 592
fyrifch, aus dem 8. Jahrh.). Nr. 1, 6 und 13, find fo gut
wie werthlos. Nr. 2, 3, 7 und 14 wären, im Hinblick auf
das hohe Alter der in Frage kommenden Handfchriften,
bei gröfserem Umfange belangreich. Nr. 4, 5 und 15 verdienen
Beachtung. Nr. 12 id nicht unintereffant (auffallend
Mc. 15, 34 Ts ff. ri, 15, 39 das Fehlen von n vor
/TaQtoirf/.tuo). Nr. 8, 10 und 11 laffen erkennen, dafs wir
den Verluft des gröfsten Theiles der betreffenden Handfchriften
leicht verfchmerzen können (Nr. 10 ift vielleicht
nicht überall glücklich entziffert, vgl. Mt. 26, 31 navisa
vlicüt, 26, 35 eav ft. zw; auffallend ift Mc. 1, 14 das
Fehlen von sia %rp> yalilaiav). Bei Nr. 9 kommt der
griechifche Text weniger in Betracht als die leider nur
fragmentarifch erhaltene arabifche Ueberfetzung, welche
der Hrsg. für das ältefte Beifpiel diefer Art zu halten
geneigt ift. Befonderes Intereffe beanfprucht Nr. 16: eine
bisher unbekannte fyrifche Ueberfetzung der Paulinifchen
Briefe, welche fich am nächften mit dem vom Grafen
Fr. Miniscalchi Erizzo 1861—64 veröffentlichten Evan-
geliarium Hierofolymitanum berührt. Der Hrsg. ftellt
noch weitere Fragmente diefer Verfion in Ausficht, ,as
there are palimpsest fragments of a similar Palestinian
Script in the Sinaitic library1.
Was der Hrsg. in Bezug auf feine Abfchrift der
Sinaifragmente bemerkt, ift nicht gerade geeignet, Zutrauen
zu erwecken. Er fchreibt nämlich p. VII: ,Thework
of transcription was necessarily rapid; the fragments were
copied as fast as they were obtatned, nor was there usu-
ally either time or opportunity for a revision of the tran-
scripts: but the work has in a number ofcases been checked
by photographs'. Es ift zu bedauern, dafs diejenigen
Stücke, welche durch die Photographie fixirt werden
konnten, nicht befonders kenntlich gemacht worden find.
So hat der Hrsg. es fich felbft zuzufchreiben, wenn jede
auffallende, anderweitig nicht belegbare Lesart, welche
er bringt, mit Mifstrauen betrachtet wird. Dafs dem
Buche keine Schriftproben beigegeben find, vermifst man
um fo mehr, wenn man weifs, dafs Herr H. c. 3—400
Photographien nach Handfchriften vom Sinai mitgebracht
hat (p. VII).
Berlin. O. v. Gebhardt.
Nachschrift. Erft nachdem obige Anzeige bereits abgefchickt war,
fah ich aus der Academy Nr. 964 vom 25. October, dafs ein Theil der
Apologie des Ariftides, und zwar mehr, als wir armenifch befitzen, feit
faft fünfzig Jahren griechifch gedruckt zu lefen ift in der Vita Barlaami
{JHocBa.QXah.fi xal'Iwaacap) cd. Boissonade, Anccd. Gr. IVp. 239«.
D. O.
1. Paulson, Johs., Symbolae ad Chrysostomum patrem. II.
De libro Holmensi. [Ex actis universitatis Lunden-
sis, t. XXVI.] Lund, [Möller], 1890. (101 S. gr. 4.)
M. 4.—
2. Paulson, Dr. Johs., Notice sur un manuscrit de Saint
Jean Chrysostome utilise par Erasme et conserve ä la
bibliotheque royale de Stockholm. Lund, Möller,
(1890). (65 S. gr. 8.) M. 1.50.
In Fortfetzung feiner handfchriftlichen Studien
zum Chryfoftomus (vgl. zum Folgenden diefe Zeitung
1890, Nr. 3, Sp. 62) veröffentlicht Paulfon feine
Collation einer in Stockholm (nicht Holm, wie Sp. 62
irrthümlich gedruckt ift) aufbewahrten Handfchrift einer
Reihe von Homilien, welche im 3., 4. und 6. Bande der
Migne'fchen Ausgabe abgedruckt find. Nämlich: homilia,
cum presbyter fiät ordinatus; hom. in matth. 18, 23 ff.;
rom. 3, 7; rom. 16, 3; laus Maximi; 3 homm. in 2 cor.
4, 13; sermo in Entropium; hom. quum Saturnmus et
Aurelianus acti essent in exilium; 4 sermones de Anna
(vom erden id nur der Schlufs erhalten); 3 homm. de Davide
et Säule; hom. in ps. XCV; hom. II. III. V in ies. 6.
Die Anordnung des Heftes id die gleiche, wie bei der
früher befprochenen Arbeit. Auch diesmal hat P. darauf
verzichtet, über den Werth der einzelnen Lesarten ab-
fchliefsende Urtheile zu geben. Das Schwergewicht des
unterfuchenden Theiles feiner Abhandlung ruht auf dem
mit grofsem Scharffinn geführten Nachweis des urfprüng-
lichen Umfangs und Inhalts der jetzt fehr lückenhaften
Handfchrift: de umfafste 326 Blätter in 4 Fascikeln, von
denen nur 142 erhalten find, deren Anordnung nicht mehr
die frühere id.
Die Handfchrift id, wie in der Notice ausführlich
nachgewiefen wird, identifch mit derjenigen, die Erasmus
für feine 1533 bei Frobenius erfchienene Ueberfetzung
einiger Homilien des Chr. zu Grunde legte, und
zu dem gleichen Zwecke id fie von Gelenius verwendet
worden, als er 1547 feiner (lateinifchen) Ausgabe des Chr.
noch einige von E. nicht überfetzte Homilien hinzufügte.
Uebrigens enthielt die Handfchrift, die damals wahr-
fcheinlich im Befitze des gelehrten Arztes Theobald
Fettichius in Bafel war, fchon zu des Erasmus Zeit
nicht mehr Homilien als jetzt, nur dafs die betreffenden
Stücke noch unverfehrt waren: denn was E. und Gel.
überfetzt haben, deckt fich gerade mit dem jetzigen Inhalt
des Codex (Notice, S. 26). Wenigdens fcheint auch
mir dies wahrfcheinlicher, als dafs die beiden Ueberfetzer
den übrigen Inhalt der Handfchrift als fchon früher übertragen
bei Seite gelaffen hätten. Uebrigens zeigt ein
Vergleich der erasmifchen Ueberfetzung mit dem Original
, dafs fie durchaus nicht fklavifch war, vielmehr dets
dem Sinne nachging, an unverdändlichen Stellen aber
combinirte und conjicirte. In der Wiedergabe der Bibeldellen
hat fich E. (begreiflicher Weife!) nach feiner
Recepta, nicht nach der Handfchrift gerichtet. Auf welche
Weife diefe nach Schweden gelangte, id nicht fedzu-
dellen; fie wird zuerd 1695 als in der königlichen Bibliothek
befindlich erwähnt. Bemerkt mag noch werden,
dafs die Handfchrift, welche Savile in feiner Ausgabe
von 1612 für die betreffenden Homilien benutzte und die
er dem Bifchof Gabriel Severus von Philadelphia in
Lydien (damals in partibus infidelium und ein grofser
Gegner der lateinifchen Union) verdankte, von dem
Stockholmer Codex abhängig id.
Giefsen. G. Krüger.
Stricker, Pfr. Ed., Johannes Calvin als erster Pfarrer der
reformirten Gemeinde zu Strassburg. Nach urkundlichen
Quellen. Strafsburg, Heitz, 1890. (VI, 66 S. gr. 8.)
M. 1.20.
Die franzöfifche Gemeinde in Strafsburg war in den
letzten Jahren mehrfach Gegendand wiffenfchaftlicher
Dardellung; es fei nur erinnert an: Erichfon, Deglise
francaise de Strasbourg au XVI. siede 1886 und R. Reufs,
Histoire de l'eglise francaise de Strasbourg 1880.
Die vorliegende Schrift befchäftigt fich mit Calvin's
Thätigkeit an diefer Gemeinde während feines kurzen
Aufenthaltes von 1538—1541. Die vorhandenen Quellen,
befonders der reiche und dets intereffante Brieffchatz
jener Zeit wurden fleifsig benutzt, auch einiges Neue aus
Handfchriften id hinzugekommen. Frifch und anmuthig
gefchrieben, auch für einen weiteren Leferkreis berechnet,
giebt uns die Schrift ein klares Bild von Calvin's Wirk-
famkeit in jener Zeit in der Nähe und Ferne; wir fehen
den Reformator als Organifator feines ,Gemeindleins',
als Lehrer und Schriftdeller und begleiten ihn auch nach
Frankfurt und Hagenau zu den dortigen Religionsverhandlungen
. Für manchen Lefer neu und befonders in-
tereffant id die ausführliche Schilderung der perfönlichen
Verhältnifse Calvin's, feiner ökonomifchen Lage, fowie
feiner Verheirathung mit Idellette de Bure. Weit weniger
als bei Luther treten ja diefe Seiten des Lebens bei
Calvin hervor; um fo mehr erfreut man fich an den weichen
und gemüthvollen Aeufserungen, welche man bei dem
ernden Reformator kaum erwartet hätte.
Stuttgart. Theodor Schott.