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Ausgabe:

1890 Nr. 23

Spalte:

576-577

Autor/Hrsg.:

Veen, S. D. van

Titel/Untertitel:

Zondagsrust en Zondagsheiliging in de zeventiende eeuw 1890

Rezensent:

Eck, Samuel

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575 Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 23. 57t

gangen. Die fpanifchen ,Myftiker', welche Lea S. 384
nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauche als .Moliniften'
bezeichnet (da mit diefem Namen die Anhänger der
Gnadenlehre des Jefuiten Molina bezeichnet werden,
nennt man die Anhänger des Molinos beffer Molinofiflen),
hangen meift mit Molinos nicht zufammen. Die letzte
Hinrichtung wegen ,Molinofismus' fcheint 1781 ftattge
funden zu haben (S. 398; vgl. 413). Sehr intereffant find
die Mittheilungen über die Sor Patrocinio, die bekanntlich
unter der Königin Ifabella um 1850 eine grofse Rolle am
fpanifchen Hofe fpielte (S. 416). — Der S. 323 erwähnte
Briefwechfel Philipp's IV. mit Maria von Agreda ift 1885
zu Madrid von Francisco Silveta in zwei ftarken Bänden
herausgegeben worden. Die 1678 (nicht 1681) in Rom
verbotene Letania ift nicht, wie S. 324 angegeben wird,
1758 aus dem Index entfernt worden, fondern fleht noch
heute darin (unter Jefus), ift übrigens nicht von der

Berquier verdruckt für Berquin, S. 97 Xistus Bethulius
für Betulejus, S. 214 Rysbroek für Ruysbroeck. Wenn
die h. Therefia in der Nacht ftarb, in welcher der Gre-
gorianifche Kalender in Kraft trat, fo ftarb fie nicht in
der Nacht vorn 4. auf den 5. October (S. 286), fondern
vom 4. auf den 15. October. Der polnifche Bibelüber-
fetzer heifst nicht Vieki, fondern Wujec.

Bonn. ■ F. H. Reufch.

Veen, Predikant Dr. S. D. van, Zondagsrust en Zondags-
heiliging in de zeventiende eeuw. Nijkerk, G. F. Callen-
bach, (1889). (VIII, 190 S. gr. 8.) f. 1.50.

Mit einer doppelten Vorkenntnifs tritt der deutfche
Lefer an diefe treffliche kleine Schrift heran. Er nimmt
im allgemeinen an, dafs die niederländifche reformirte
Agreda, fondern von einer andern Sor Maria de Jesus I Kirche als solche einen gröfseren Nachdruck auf Sonn-

(Index II, 255).

tagsruhe und -Heiligung gelegt haben wird, als wir

Die beiden erften Abhandlungen füllen den gröfsten > Deutfche im Ganzen von uns rühmen können. Er weifs
Theil des Bandes (bis S. 422). Die dritte handelt von j aber zugleich, dafs die Frage nach der Geltung des
vermeintlich Befeffenen (vgl. S. 311. 319. 408), die vierte Sabbathgebots dort doch mancherlei theologifchen und

von einem angeblich von Juden gekreuzigten Chriften
knaben, die letzte von einer Frau, die 1492, offenbar
ganz ungerecht, zur Abfchwörung verurtheilt wurde, weil
fie jüdifche Gebräuche beobachtet haben follte, nebenbei
auch wegen ungünftiger Aeufserungen über den einige
Jahre vorher ermordeten, von Pius IX. heilig gefprochenen
Inquifitor Arbues. In dem vorletzten Auffatze werden
die Berichte über angeblich von Juden ermordete Chriften-
kinder ziemlich vollftändig kurz zufammen geftellt. Darunter
wird auch der Werner erwähnt, an den die fchöne
Ruine der Wernerskapelle zu Bacharach noch heute erinnert
; er foll übrigens in dem benachbarten Oberwefel
ermordet worden fein, nicht, wie Lea S. 462 angiebt, in
Wefel. Der von Lea nach den von dem Jefuiten Fidel

kirchlichen Streit hervorgerufen hat. In beiden Beziehungen
wird er dankbarft von dem gelehrten Kenner feiner
heimathlichen Kirchengefchichte Belehrung darüber hinnehmen
, wie es fich in der claffifchen Zeit des 17. Jahrhunderts
damit verhalten habe. Die Kunde lautet nicht
eben erfreulich. Eine ununterbrochene, faft endlofe Reihe
von Klagen über Sabbathfchändung, diefe roepende
(himmelfchreiende) fonde van Nedcrlandt zieht fich durch
die Jahrzehnte feiner Gefchichtsdarftellung hin — Klagen,
die es vollauf berechtigt erfcheinen laffen, wenn der
Verfaffer im Blick auf die Gegenwart erklärt: toen was't
als nu; en thans isft als weleer. Der Endeindruck, den
man empfängt, kann nur der fein: Volksfitte ift eine
ftrenge Sonntagsheiligung in den Niederlanden

Fita 1887 veröffentlichten Acten ausführlich besprochene nie gewefen. Man wird von diefem Ergebnifs in einer

Fall vom J. 1491, — es ift derfelbe, den Lope de Vega
dramatifirt hat, — ift vielleicht der feandalöfefte von
allen: einige Juden wurden auf der Folter zu dem Ge-
ftändniffe gebracht, ein Kind gekreuzigt zu haben; nun
wurde aber in der ganzen Gegend gar kein Kind ver-

reformirten Landeskiche überrafcht fein dürfen. Aber
dasfelbe bietet vielmehr eine deutliche Beftätigung deffen
was Ritfehl über die ,vorherrfchend lutherifche Lebens-
anficht' bei der Maffe der Glieder jener Kirche ausgeführt
hat (Gefch. d. Piet. I. S. 103. 162. 177. 192). Die

mifst, und an der Stelle, wo die Leiche begraben fein [ ganze Frage ift damit allerdings unter einen Gefichtspunkt
follte, fand fich nichts. Ein fpanifcher Schriftfteller meint, geftellt, der den Verfaffer befremden wird. Ich fchliefse
Gott habe das Kind mit Leib und Seele in den Himmel 1 das aus der — Eile, möchte ich fagen, mit der er über
aufgenommen (S. 465). — Die S. 425 erwähnte That- j den Widerfpruch hinweggeht, welchen die gefetzliche
fache, dafs 1709 einige lange und viel gebrauchte FIxor- Auffaffung findet. Schon in Dordrecht (Nov. 1618, Mai
cismenbücher in den römifchen Index kamen, wird in 1 1619) ilt darüber verhandelt worden. Wenn es da fchon
meinem Index II, 218 ausführlicher befprochen. Neben j bezeichnend ift, dafs Engeische Godgeleerde über die in
den von Lea erwähnten nicht verbotenen Büchern diefer
Ait verdient das von dem deutfehen Franciscaner Bernhard
Sannig genannt zu werden (Index a. a. O.), welches
feit 1733 mehrere Auflagen erlebt hat und manche der
fchlimmften Formeln enthält, die in jenen verbotenen
Büchern vorkommen.

Es verdient hervorgehoben zu werden, dafs fich
Lea's Mittheilungen zum Theil auf das fpanifche Amerika
beziehen, auf Peru, Neu-Granada und befonders Mexico
(aufser den im Regifter angeführten Stellen S. 250. 280.
343. 428). Die Peruanerin, welche Rofenkränze u. dgl.
im Himmel von Gott fegnen liefs (S. 377;, hatte eine
Vorgängerin in der S. 364 gelegentlich erwähnten Juana
de la Cruz, deren Kanonifation wegen diefes Schwindels
aufgegeben wurde (Index II, 209).

Lea hat für feine fehr intereffante Darftellung viele
fahr fchwer zugängliche und wenig bekannte gedruckte,
auch manche handfehriftliche Quellen benutzt. Einige
Inedita find im Anhange S. 481—506 abgedruckt. Der
Gebrauch des inhaltreichen Buches ift durch ein ausführliches
Regifter erleichtert. In diefem fehlt Mariana de
Jesus S. 346 ff. 375. Auch Liguori follte darin flehen,
auf den fich nach S. 403. 404 ein 1793 verurtheilter Franciscaner
berief. — S. 32 und im Regifter ift Louis de

der Stadt geübte Praxis Klage führen, fo wäre es zugleich
wichtig gewefen, wenn möglich zu ermitteln
unter welchen Einflüffen de vrijere denkwijze van som-
mige theologen in Zeeland geftanden haben mag. Der
Verfaffer führt aber diefe (S. 21 ff.) wie die fpäteren
Coccejanifchen Streitigkeiten (S. 113 ff.) faft nur unter
der fchmerzlichen Betonung davon vor, wiegroot nadeel
voor het geestelijk leven der gerneente daraus entftanden
fei. Man fragt aber doch unwillkürlich, wie es denn hat
gefchehen können, dafs alle vereinten Kräfte: einzelne
Bufsprediger, die officielle Kirche in all ihren amtlichen
Abftufungen, die weltliche Obrigkeit mit dem Aufwand
ihrer ganzen gefetzgebenden und vollziehenden Gewalt
im Grofsen und Ganzen nichts zu erreichen vermochten?
Gerade die in ausführlichen Auszügen mitgetheilten Strafreden
der Niederländifchen ,Pietiften', der beiden Brakel,
Koelmann, Smytegelt u. a. (S. 45 ff. 134 ff.) geben darüber
deutlich Auskunft. Diefclben find durchweg nach
der Anfchauung von Sonntagsruhe entworfen, die am
kürzeften in der Biographie des älteren Brakel mit den
Worten gekennzeichnet ift: hy bereyde hau darr toe (zur
Sonntagsheiligung) des Saturdaeghs fegen den avondt, en
wilde van die iijdt af z>an geen aerdsche dingen spreken,
noch hören sprehen (S. 139). Kann man für diefes Extrem