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Ausgabe:

1890 Nr. 23

Spalte:

570-571

Autor/Hrsg.:

Bachmann, Johs.

Titel/Untertitel:

Praeparation und Kommentar zu den Psalmen, mit genauen Analysen und getreuer Uebersetzung für Gymnasiasten, Studirende und Candidaten hrsg 1890

Rezensent:

Siegfried, Carl

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569 Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 23.

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gefühl ganz geficherter Refultate kommen läfst. — Der nicht verhehlt (vgl. z.B. S. 93), und das rein Subjective
erfte Abfchnitt der Schrift befchäftigt fich mit dem fo- mancher Eindrücke tritt z. B. beim Urtheil über c. 1 begenannten
erften Theile des Jefaiabuchs. Eine erfte Ab- fonders deutlich hervor, in welchem Corriill .ein kläg-
handlung (S. 3—24) verbucht, aus den durcheinander ge- liches Aggregat von einzelnen Brocken', der Verf. dagegen
wirrten Stücken von c. 5, c. 9, 7—10,4 das urfprüngliche (S. 101) eine vom Propheten aus einzelnen Stücken ipäter
Ganze zu reconftruiren. zufammengefügte einheitliche Rede findet, die fein Pro-

Der Verf bildet aus diefen Stoffen ein doppeltes gramm in rehgiöfer und ethifcher Hinficht enthalt —
Orakel: a)gegen juda 5,5-7-10, 1-5. l3- 10,2-4. 5,8—10. Der 2. Afchnitt unfere.s Buches betrifft den Deuterojefaia.
22. II—13. 17—19. 14—16. 20. Zt. 24; b) gegen Israel 9, j In der erften Abhandlung werden auf S. 107—146mit einer
7—13. 15—20. 26—30. Dafs bei diefer Anordnung ein Gründlichkeit, die für den Lefer zu einer Qual wird, die
hübfcher fliefsender Zufammenhang herauskommt, kann häufigen Ausdrücke des Propheten: die ttrtfon und die
nicht beftritten werden. Ob fie aber die urfprüngliche m»'in erörtert. Der Verf. entfcheidet dahin, dafs unter
war bleibt dennoch zweifelhaft. Namentlich macht das jenen in der Hauptfache diejenigen Orakel der älteren Pro-
Stück 10 3 4 einen Hörenden Eindruck. Es fehlt da- ] pheten zu verliehen feien, welche lieh auf den Sturz Babel's
hinter wohl Manches. — Die 2. Abhandlung S. 25—53 , beziehen, während diefe folche Ereignifse bezeichnen,
geht im Anfchlufs an Stade und Guthe von der Unecht- welche mit dem Auftreten des Cyrus, insbefondere mit
heit des Stückes II, 10—12, 6 aus und hebt befonders ; feinem Zuge gegen Babel in Verbindung flehen. Das
hervor dafs hier gar nicht mehr wie bei Jefaia das poli- Bedenkliche hierbei ift nur, dafs man ftreng genommen
tifch pärticulariftifchc Jahvereich in Juda, fondern ein j zu jedem diefer Adjcctiva ein anderes Subftantiv zu er-
univerfales religiöfes Gemeinwefen ins Auge gefafst werde, gänzen hätte. Die früheren Dinge find Orakel, die
dafs ferner der s'är hier nicht den Reft der nach der fpateren oder neuen find Ereignifse (vgl. beb S. 117). —
kriegerifchen Kataftrophe im Lande Juda Uebriggeblie- ; Die zweite Abhandlung S. 146—185 unterfucht, die Idee
benen fondern die Exulanten bezeichne. Diefe beiden ; von Jef. 52, 13 — 53, 12', zur Wiederauffrifchung der einft
Gefichtspunkte find fehr gut ausgeführt. Die Conjectur ; beliebten, jetzt aufgegebenen Exegefe, dafs die hier
rfbc'E für nV'b Jef.49, 10 (S.29) will uns nicht gefallen. — Redenden nicht Juden, fondern Heiden feien. Der Verf.
Die 3 Abhandlung (S. 53—76)befchäftigt fich mit der Com- nimmt zur Vertheidigung diefer Anficht die ganze Stelle
pofitiön von c. 28 und c. 10. Der Löfungsverfuch des Verf.'s , mit grofser Gründlichkeit und vielem Scharffinn durch,
beweift originellen Scharffinn, aber er befriedigt nicht. j Er bringt auch fehr viel Treffendes und Schönes vor.
Der Verf. unterfcheidet in beiden Capiteln ein früheres Aber die ganze Auffaffung fcheint uns an dem Umftande
Orakel des Jefaia, in welchem der fr'är das nach der | zu fcheitern, dafs das Exilsleiden des Gottesknechtes d. h.
Kataftrophe über Samarien überbleibende empirifche , nach des Verf.'s Auslegung des Volkes Israel ftellvertretend
Reich Juda bedeute, c. 28, 1—6. 23—29. c. io, I—21, I für die Heidenwelt gefafst werden foll (vgl. S. 163), .welche
24—34, und ein fpäteres, in welchem der Prophet feinen ! gegenüber dem im Exil leidenden Volk .... von Strafe
Begriff' des s'är weiter limitirt habe auf einen Theil von i frei ausgehen und ungeftört ihr Dafein weiter führen'
Juda, c. 18, 7—22. c. 10, 22. 23. Der Prophet habe dann | darf. Denn 1) blieben ja nicht alle Völker der Heiden-
bei einem 2. Vortrage fein Orakel durch die letztge- ■ weit frei vom Exil, vielmehr war die Verpflanzung der
nannten Ehnfchiebungen corrigirt. Das heifst denn doch j im Kriege unterjochten Völker allgemeines politffches

die religiöfen Begriffe des Propheten fehr verflachen
und fein prophetifcb.es Reden fehr kleinmeifterlich auf-
faffen. — Die 4. Abhandlung: ,Das dreifache Zukunfts-

Syftem der Affyrier und Babylonier, und 2) hatte doch
der Umftand, dafs Israel ins Exil mufste, an fich nichts
für andere Völker Befreiendes, indem diejenigen, welche

bild des Jefaia und die Compofition des Jefaiabuches' nicht exilirt wurden, eben infolge anderer zufälliger Um
(C^ 76"_io3) knüpft im erften Abfchnitt an Guthe's ftände verfchont blieben

gleichnamige Abhandlung (1885) an. Während aber
G. nur von einem doppelten Zukunftsbilde redet, nimmt
der Verf. ein dreifaches an. Nämlich — wenn wir ihn
recht verliehen [es ift das nicht immer leicht], fo find die
^ Bilder folgende: 1) der Sturz des Nordreichs ruft im

0

Ein dritter Abfchnitt mit der Ueberfchrift Anhand
behandelt den .Wechfel von Drohung und Verheifsun"
in den Schriften der Propheten' (S. 187—220) — Diefer
Abfchnitt enthält namentlich in feinen einleitenden Ausfuhrungen
über das Wefen der vorexilifchen Proohetie
Geifte des Propheten das Bild einer herrlichen Zukunft fehr viel Vortreffliches und Belehrendes das Nieman
Juda's hervor, 2; Hiskia's thörichter Abfall von Affur ! ungelefen laffen follte. Was die fpecielle' Frao-e anlangt
erzeugt die Weisfagung einer über Juda kommenden fo geht der Verf. von der fehr richtigen Forderung aus
Gerichtsnoth, durch welche jene frühere Verheifsung auf dafs, da die Propheten im Allgemeinen hohe Kunit un^l
einen geretteten Reft befchränkt wird. 3) Die bei der , bewufste Klarheit der Rede zeigen auch an folchen
affyrifchen Drangfal erfolgende wunderbare Rettung der , Stellen, die einen ganz verworrenen' Eindruck machen
hl. Stadt wirkt auch auf die unbufsfertigen Judäer, fo eben anderweit geholfen werden müffe Nicht bloT
dafs nun die Heilsweisfagung fich wieder über ganz Juda durch das beliebte Mittel der Umftellun" welches nicht
erftrecken kann. — In der Compofitionsfrage fucht der überall ausreiche, fondern auch durch "Annahme
Verf. eine von der CorniU'fchen (Z. altteftl. W. IV, 83 ff.) Emendationen der Propheten felbft [aber follten diefe ihr
abweichende Löfung. Während jener ein Stichwortprincip, Reden felbft nachträglich verworren gemacht haben"i
hie und da durchfetzt von chronologifchen Anläufen, in ( und durch Annahme von Einfchüben. Dies wird an g
der Anordnung des erften Jefaiabuches fand, baut der j fchickt gewählten Beifpielen veranfehaulicht — 7
Verf. die Sammlung auf rein chronologifcher Grundlage j Schlufs kann aber dem Verfaffer der Vorwurf nicht"1
nach Ewald's Vorgange auf. Demnach haben wir 4 j fpart werden, dafs er es unterlaffen hat fich mit den tZf
Sammlungen mit einem Anhang. Abgefehen von ein- j eindringenden Forfchungen Stades in'Gefrh H v 1
zelnen Ausfcheidungen: I, 2—5. II, 6—9. 11, 1—9. III, 10.
14. 24—32. 17. 18. 20. 21. 11—17. IV, 28—31. V, 1. 22. 37;
chronologifch alfo I: Zeit vor dem fyr.-ephraim. Kriege,
IL Zeit während diefes Krieges, III. von ca. 724—710,
IV. feit Hiskia's Abfall ca. 704, V ca. 701. Dafs das Ge-
ipinnft recht fein gearbeitet ift, foll nicht beftritten werden;
ob aber der conftruirte Zufammenhang auch immer der
wirkliche Zufammenhang fei, bleibt fehr zweifelhaft. Die
Unficherheit hiftorifcher Combinationen in diefen für uns
vielfach fo dunklen Zeitläuften hat fich auch der Verf.

Bd. 2 S. 68-96 über Deuterojefaja und S. 207-212 über

e , Vr°g ,',hm f° Sena,lnte Fcproducirende prophetifche
bcnriltftellerei' des Näherer auseinanderzufetzen. Diekurze
Bemerkung S. 189 war dazu nicht ausreichend.

Jena- C. Siegfried.

Bachmann, Dr. Jobs., Praeparation und Kommentar zu den
Psalmen, mit genauen Analyfen und getreuer Ueber-
fetzung für Gymnafiaften, Studirende und Candidaten