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Ausgabe:

1890 Nr. 22

Spalte:

546-547

Autor/Hrsg.:

Gwatkin, H. M.

Titel/Untertitel:

The Arian controversy 1890

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 22.

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ift fchade, dafs er fich zumal S. 9 ff. auf Gebiete begeben gegen und ohne jede Einwirkung auf den Verlauf der
hat, in denen er nicht ficher ift. Ich könnte ihm aufser Kosmogonie fteht der sccundus hämo da, und die Ophiten
dem eingangs Erwähnten noch mancherlei vorrücken — hätten auch ohne ihn die humactatio Iiiminis in die Tiefe
die Etymologie von BT» S. 65, Anm. 1 ift falfch, der fallen laffen können'. Gewifs — aber fie haben es nicht
Gebrauch von Jod als Suffix der dritten Perfon des Pro- gethan! Nicht minder willkürlich ift die Ausfcheidung
nomen im Phoenizifchen wird ohne gewichtige Gründe der Chriftologie, die auf Grund eines cireulus vitiosus erbezweifelt
u. f. w. u. f. w. — aber ich bin fchon fo zu folgt (S. 6;) und der Behauptung, fie fei überflüffig.
weitläufig geworden. — I Was aber die Parallelen aus den talmudifchen Tractaten

Eine Frage, und zwar eine aufserordentlich wichtige, und Philo anlangt, fo hat der Verf. (S. 69 fif.) felblt ge-
hat der Verfaffer gar nicht aufgeworfen: Weshalb ift ! fühlt, dafs er durch die Berufung auf diefen, der ja nicht
gerade feit 300 a. Chr. eine Bewegung auf die Unter- nur Jude, fondern auch Grieche war, feine Thefe (der
drückung des Namens rtW hin zu beobachten? Hier Gnofticismus eine rein jüdifche, aus der Hagada geborene
ift darauf hinzuweifen, dafs diefe Zeit für Paläftina das Erfcheinung) gefährdet. Er glaubt fie aber durch den
intenfive Einftrömen griechifch-heidnifchen Wefens be- Nachweis von zahlreichen Parallelen zwifchen Philo und
deutet. Deshalb wird die Erfetzung des Eigennamen ; dem Talmud aufrecht erhalten zu können. Allein diefe
WDTi durch Appellativa aus der ängftlichen Scheu her- j Parallelen bewerfen nicht, dafs, wo Philo und die Gno-
zuleiten fein, dafs derfelbe von Heiden gehört ftiker zufammenftimmen, rein jüdifches Gut anzuerkennen
würde. I talmudifchen Parallelen find dazu von dem Verf.

Was die 310 Stellen anbetrifft, in denen mPP TiK 1 mit derfelben Sorglofigkeit in Bezug auf die Urfprungs-
vorkömmt, fo vermuthe ich, dafs urfprünglich n u r ; zeit derfelben angeführt, die wir bei den meiften jüdifchen
mm da geftanden hat, und XT» nur das Qere dazu Schriftftellern aus langer, trauriger Erfahrung kennen,
fein will. Hierzu ftimmt die Meinung von Cornill, | Die Arbeit des Verf.'s ift fleifsig, feine Hauptthefe, ge-
dafs Plzech. capp. I—39 an 143 Stellen für mm XFX* hörig begrenzt, nicht unrichtig; aber die Beweisführung
blofses mm zu lefen fei. ift kritiklos. Dafs er feine gefchichtlichen Grundvor-

Die Lifte der 134 alleinftehenden XTHk (S. 86 ff.) ift ftellungen mehr angedeutet, als ausgeführt hat, gereicht
von Herrn Dr. S. Baer, der gröfsten lebenden Aucto- ihm zum Vortheil; denn was er von denfelben verräth,
rität auf dem Gebiete der Mafora, beigefteuert. ift höchft verkehrt. Ich thcile zum Schlufs einige Proben

tj „ ,c VA„Ar c^wnllv ' mit: 'Das Problem des Böfen, deffen Löfung fuchend,

Halle a S. rneor. acnwany. def brütende Menfchengeift (!) auf die Irrgänge der

--—----- Gnofis gerieth, war in der heidnifchen Religion ganz be-

Höniq Adolf, Rabb. Dr., Die Ophiten. Ein Beitrag zur ! deutungslos Es ift fomit fchon hiernach wahrfcheinlich,

, , ■■•■r u r* Cm-:__ n »Ii- m,,,., dals die Ophiten jüdifchen Urfprungs waren' fS dd)

Gefch.chte des judffchen Gnofticismus. Berlm, Mayer , Den Gcdan£en der Effaer (dafs das Vermeintlich Bote
& Müller, 1889. (102 S. gr. 8.) M. 2.— | nicht von Gott flamme) griffen die Gnoftiker auf, ver-

In diefer Schrift wiederholt der Verf. unabläffig die | tieften ihn, zogen feine weiteren Confequenzen und
beiden Sätze, dafs die Frage nach dem Urfprung des machten ihn zum Urfprung ihrer neuen Lehre. Die
Böfen den fpeculativen Kern und Ausgangspunkt aller Gnoftiker würden daher, fo befremdend es auch klingt,
gnoftifchen Syfteme ausmache, und dafs die erften auf den Schultern der Effaer flehen. Aber ift es denn wirk-
Gnoftiker Juden waren. In der Einfchrankung, dafs jene , lieh undenkbar, dafs der Effäismus, der das Chriften-
Frage die Hauptfrage der Gnoftiker, fofern fie fpeculirten, thum aus feinem Schofs entliefs, auch dem Ri-
gewefen ift, und dafs es einen jüdifchen Gnofticismus | valen desfelben, dem Gnofticismus, das Dafein gab?'
fchon in vorchriftlicher Zeit gegeben hat, halte ich die j (S. 75). Der Gallimathias diefer rhetorifchen Frage wird
Behauptungen des Verf.'s für richtig. Aber der Beweis, , nur ubertroffen durch den Schlufsfatz (S. 101): ,So hat
dafs die Ophiten urfprünglich jüdifche Gnoftiker gewefen der Gnofticismus auf der umgeftürzten Säule der effe-
find und dafs fich im Anfchlufs an fie der gefammte | nifchen Sittenreinheit und Enthaltfamkeit den Tummel-
chriftliche Gnofticismus entwickelt hat, ift nicht gelungen, platz des roheften, ausfehweifendften Genufslebens er-
Um diefen Beweis zu führen, unterfucht der Verf. vor ; richtet'. Gedanke und Ausdruck find hier einander
Allem die Darfteilung der Ophiten bei Irenäus, die , würdig: beide find abfurd. Aber läfst man auch folche
er mit Recht für die ältefte hält, und getraut fich, aus 1 Stil- und Gedankenblüthen bei Seite — der Hauptvor-
ihr ein verhältnifsmäfsig einfaches, nicht vom Griechen- wurf, der den Verf. trifft, ift der, dafs er die Ophiten
thum beeinflufstes, jüdifch-gnoftifches Syftem herauszu- i als jüdifch in Anfpruch nimmt, ohne die ophitifchen
fchälen, deffen einzelne Stücke pünktlich aus der dama- Syfteme und den von ihm gleichfalls herbeigezogenen
ligen jüdifchen Theologie belegt werden könnten, mit Elkefaitismus gründlich ftudirt zu haben. Die Piftis
Ausnahme des Jaldabaoth (des Demiurgen); denn in j Sophia und andere für den Ophitismus wichtige Quellen
diefer Figur ftelle fich das Neue, Gnoftifche (die un- exiftiren für ihn nicht. Wer feftftellen will, ob es einen
jüdifche Antwort auf die Frage: unde malumr) dar. Allein jüdifchen Gnofticismus gegeben hat, mit dem der fpätere
um feine Abficht durchzuführen, mufs der Verf. 1) eine i chriftliche blutsverwandt gewefen ift, und ob fich noch

Reihe von ophitifchen Lehren, wie Irenäus fie angiebt
durch einen Machtfpruch als fpätere Zufätze eliminiren,

2) andere offenbar chriftliche Züge ins Jüdifche umdeuten,

3) um den Reft als rein jüdifch zu erweifen, fehr fragwürdige
Parallelen aus Philo und jüdifchen Schriften un-
beftimmten Datums beibringen. Was den 2. Punkt betrifft,
fei z. B. erwähnt, dafs der Verf. in der Schilderung des
Irenäus, die Gotteslehre der Ophiten betreffend, nichts
Chriftliches wahrzunehmen vermag (S. 33), obgleich fie
Mfo lautet: ,csse quoddam prinntm lumen in virtute
ttytlü . . . esse autem hoc patrem omnium et invocari
privunit kommen*; ennoiam autem eius progredientem
filium dicunt emittentis, et esse hanc filium homin is ...
sah his autem spiritum sanetum esse1. Der Verf. fieht
hier lediglich eine Speculation auf Grund von Gen. I und

ein Bild von jenem Gnofticismus gewinnen läfst mufs
die Arbeit von Neuem angreifen.

Berlin. A. Harnack.

Gwatkin, Lecturer H. M., M. A., The Arian controversy.

London, Longmans, Green & Co., 1889. (XII, 176
S. 8.) geb. 2 s. 6 d.

Profeffor Mandell Creighton giebt ein Sammelwerk
unter dem Titel: Jipochs of Church Historf heraus.
In kleinen Bänden zu c. 10 Bogen follen die Hauptab-
fchnitte der Kirchengefchichte gemeinverftändlich von
berufenen Hiftorikern dargeftcllt werden. Diefer Plan
verdient Nachahmung; denn es läfst fich keine beffere

• -*7 ^WrWs'- Ziemlich überflüffig hin- 1 Weife, kirchengefchichtliche Bildung zu verbreiten, denken,
bemerkt zum .jui'ts nomine ■ ,