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Ausgabe:

1890

Spalte:

515-517

Autor/Hrsg.:

Römheld, Carl Jul.

Titel/Untertitel:

Theologia sacrosancta, Grundlinien der biblischen Theologie für Wahrheit suchende Leser der heiligen Schrift nachgewiesen. Bd. 2: Christus-Jehovah 1890

Rezensent:

Weiffenbach, Wilhelm

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Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 21.

erobern (ich gefunde textkritifche Principien offenbar
immer weitere Kreife. Wie wir es bei der Clav. Pr. gewohnt
find, ift der Druck fchön. Druckfehler find äufserft
feiten (S. XXXIV Z. 1 lies jrtYpa). In der vorhierony-
mianifchen Ueberfetzung II, 17, 8 (S. LXXXI) ift für
aestu unzweifelhaft Oestro zu lefen.

Bielefeld. J. Hollenberg.

Sinker, Librarian Rob., B. D., The psalm of Habakkuk:

a revised translation, with exegetical and critical notes
on the Hebrew and Greek texts. Cambridge, Deigh-
ton, Bell & Co., 1890. (65 S. gr. 8.) cart.

Nachdem der Verfaffer in einer Einleitung (S. 1—5)
die Abfaffung der Weisfagungen Habakuk's zwifchen
die letzten Jahre Manaffe's und die erften Jahre Jofia's gelegt
hat, giebt er eine Ueberfetzung von Hab. 3, fodann
eine eingehende Erklärung diefes Capitels (6—40), endlich
Anmerkungen zur Ueberfetzung der LXX (41—65).
Es finden fich auch in diefem Pfalm manche Stellen,
bei denen alle möglichen und unmöglichen Erklärungen
verfucht worden find, aber oft ohne befriedigenden Erfolg.
So forgfältig und taktvoll nun unfer Verfaffer verfährt und
fo eingehend er auch alle Einzelheiten erörtert, fo gewinnt
man doch keinen befriedigenden Eindruck von
feiner Löfung folcher Schwierigkeiten. Den MT hält
der Verfaffer nicht für fehlerlos, hat aber doch ein über-
grofses Zutrauen zu ihm auch da, wo nichts mit ihm
anzufangen ift. Die Befprechung der LXX mufste entweder
dem Commentar vorangehen oder mit ihm verbunden
werden. Leider ift Völlers, Das Dodekapro-
pheton der Alexandriner, Berl. 1880, dem Verfaffer nicht
bekannt geworden. Das Buch hätte ihn ficher in feiner
Arbeit gefördert. Den Text derXXX hätte er am betten
felblt conftituirt, dann hätte fich ihm auch eine klarere
Scheidung der HH. ergeben. Obgleich fich zahlreiche
Citate griechifcher Väter finden, fcheinen dem Verfaffer
unter andern die für die Textkritik wichtigen Commen-
tare zu den kleinen Propheten von Theodor. Mopf.
(Migne, Patrol. gr. LXVI) und Theodoret (ed. Schulze
T. II) entgangen zu fein. Doch find gelegentliche Aeufse-
rungen Theodoret's aus anderen Bänden citirt. Die von
Stade (ZfAW. 1884 S. 154) aufgeworfenen wichtigen Bedenken
gegen die Zusammengehörigkeit von II 9—III. fin.
mit I, 2—II, 8, die auch Kuenen zum Theil theilt, fcheinen
dem Verfaffer unbekannt geblieben zu fein. Obgleich
der Verfaffer anerkennenswerthe Gelehrfamkeit bewiefen
hat, glaube ich doch nicht, dafs feine Unterfuchung unfer
Verftändnifs von Hab. III. wefentlich gefördert hat. Der
Druck ift correct, nur find auf den letzten Seiten mehrfach
falfche griechifche Accente flehen geblieben.

Bielefeld. J. Hollenberg.

Römheld, Pfr. Dr. Carl Jul., Theologia sacrosancta, Grundlinien
der biblifchen Theologie für Wahrheit fuchende
Lefer der heil. Schrift nachgewiefen. Bd. 2: Chriftus-
Jehovah. Gotha, G. Schloefsmann, 1889. (XIII, 616 S.
gr. 8.)M. 7. 80.

Hatte der früher (vgl. Theol. Lit.-Z. 1890, Nr. 8,
Sp. 197—201) befprochene 1. Band obigen Werkes zu erhärten
gefucht, dafs Jefus Chriftus derjenige fei, welcher
durch das ganze A. und N. T. hindurch ,der Name'
heifse, fo gilt Bd. II dem Nachweife, dafs der Jehovah
des A. B.'s nichts anderes als der (erft in der Erscheinung
begriffene, aber fchon über dem Volke fchwebende)
Chriftus, und dafs Jefus Chriftus nur ,der in die
Menfchheit gekleidete Jehovah', nur ,der im Fleifche
erfchienene Bundesgott Israel's' fei (vgl. p. 17. 51.
531 u. ö.). Wie könnte es auch anders fein? Jehovah
ift doch der geoffenbarte Gott des A. B.'s; wo wäre

denn, wenn er nicht der Chriftus des N. B.'s wäre, der
Jehovah hingekommen?' (p. 46).

Zu begründen verfucht der Verf. feine auffällige
Thefe durch zwei grofse Schichten von Zeugnifsen, einer-
feits aus dem N. T. (p. 86—413 und anhangsweife: S.
513—543), andererfeits aus dem A. T., insbefondere den
Pfalmen und den Propheten, (p. 414—512). Daneben aber
Stützt fich R. auch — vgl. das in den A. T.-lichen Ab-
fchnitt eingefprengte Stück cp. 56a (S. 417—426) — auf
die Parallelftellen und die Capitelüberfchriften des A. T.,
in welchen er ein Zeugnifs der Kirche für die ,Identität'
des A. T.-lichen Jehovah mit dem Chriftus des N. T.'s
erblickt, fowie auf den reichen Schatz chriftusgläubiger
geistlicher Liederdichtung — vgl. die ebenfalls ein-
gefprengten Stücke cp. 56b und 66 (S. 426—428 und
S. 499—512) — welcher insgefammt, auf dem Jehovah-Jefus-
Glauben ruht', und deffen einzelne Lieder einstimmig ..bekennen
, dafs Jefus Chriftus der in die Menfchheit gekleidete
Jehovah des alten Bundes ift' (S. 505. 499.).

Römheld ift von der Richtigkeit diefes Refultates
und der Unurnftöfslichkeit feiner Argumente wo möglich
noch fefter überzeugt als von feiner in Bd. I durchgeführten
Gleichfetzung Chrifti mit ,der Name': fchreibt er doch
fogar in der Vorrede: ,Bei dem 2. Bande--hat die Richtigkeit
der dargebotenen Auffaffung völlige objective
Gewifsheit, da die Argumente, foweit fie dem N. T.
entnommen find, abfolute Beweiskraft haben' (p. IX).
Ja, der Chriftus-Jehovah-Glaube ift ihm ,der h. Bibelglaube
, --der ökumenifche Glaube der tina sancta1

(p. 505). Trotz alledem mufs Ref. geftehen, dafs er, wie
beim 1., fo auch beim 2. Bande der angeblichen ,abfo-
luten Beweiskraft' der R.'fchen Argumente gegenüber
durchaus unempfindlich geblieben ift, vielmehr die Beweisführung
' als vollständig mifslungen, ja mehr als das,
als — Eine grofse petitio principii. anfehen mufs.
Nur wem die Identität von Jehovah und Chriftus von
vornherein feftlteht, wird die ganze fubjectiviftifch-
willkürliche Exegefe des Verf's. Eindruck machen oder
wenigstens erträglich fein. Jeder Lefer, der aus unferer
früheren Befprechung von den mehr als wunderlichen
Aufstellungen des Verf.'s und von der Art feiner Exegefe
und biblifchen Theologie Kenntnifs genommen hat, wird
es billigen, wenn wir diesmal uns und unfere Lefer von
einem näheren Eingehen auf die Einzelheiten der Argumentation
dispenfiren und uns auf ein entfchieden
ablehnendes Urtheil im Allgemeinen befchränken.
Dies um fo mehr, als leider ein früher und fchmerzlicher
Tod dem perfönlich fo ehrwürdigen und von uns hoch-
gefchätzten Verfaffer den Mund gefchloffen hat.

Diefes durch gewiffenhafte Prüfung uns aufgenöthigte
durchaus ablehnende Verhalten gegenüber der Grund-
Tendenz und dem Haupt-Refultat des Verf.'s fchliefst in-
deffen die doppelte Anerkennung nicht aus, einmal dafs
es eine Freude ift zu fehen, wie der von heifser Chriftus-
Liebe und tiefem Sittlichen Ernfte erfüllte Verf. mit feinem
innerlten Denken und Empfinden in der h. Schrift lebt
und webt und tiefe Züge aus ihrem Lebenswaffer gethan
hat, und fodann dafs auch in diefem 2. Bande im Einzelnen
fich vieles Treffliche, Tiefgedachte und von Lebens-
Weisheit Zeugende findet, für das man dem Verf. in
freudiger Zustimmung die Hand drückt. Wir rechnen
dahin feine ebenfo fein- als freifinnigen Ausführungen
über die h. Schrift als Gottes Wort (p. 7 fr.) und die
Infpiration (p. 13) fowie die theilweife ganz vortreffliche
Erörterung über das Wefen der Offenbarung (p.20—45),
die ein heilfames Correctiv gegenüber einer jetzt nicht
feltenen Verengung des Offenbarungs-Begriffs bezeichnet
. Auch die Schlufs-Betrachtungen des Bandes (.Blicke
in die Gegenwart und Zukunft', p. 544—613) über .Theismus
, Chriftenthum, Kirche, Kirchlichkeit und weltliches
Kirchenthum fowie über den lebendigen und gegenwärtigen
Chriftus' enthalten — neben mancher Uebertreibung
oder abftrufen Behauptung — eine reiche Fülle wahrer