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Ausgabe:

1890

Spalte:

451

Autor/Hrsg.:

Hooijkaas, Rich J.

Titel/Untertitel:

Coup d‘oeil sur l‘ancienne église catholique de Hollande, et récit de ce qu‘on a fait sous Clement XIV, pour concilier cette église avec la cour de Rome, publié d‘après les

Rezensent:

Reusch, Franz Heinrich

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451

Theologil'che Literaturzeitung. 1890. Nr. 18.

452

Hooijkaas, Rieh. J., Coup d'oeil sur i'ancienne eglise ca-
tholique de Hollande, et recit de ce qu'on a fait sous
Clement XIV, pour concilier cette eglise avec la cour
de Rome, publie d'apres les manuscrits inedits de
G. Du Pac de Bellegarde. Avec quelques annotations.
La Haye, M. Nijhoff, 1890. (2 Bl. 59 S. 8.) M. 1. 25.

Der franzöfifche Priefter Gabriel Du Pac, geb. 1717
zu Bellegarde, geft. 1789 zu Utrecht, hat aufser mehreren
anderen wichtigen Büchern eine Histoire abregee de
Veglise metropol itaine d'Utrecht herausgegeben (1765,
3. Auflage 1853), welche eine der-betten Darftellungen
des Zerwürfnifses der (mit Unrecht janfeniflifch genannten
) Utrechter Kirche mit der Römifchen Curie enthält
(f. Nippold, Die altkatholifche Kirche des Erzbisthums
Utrecht, 1872, S. 66. 124).

Das vorliegende Heft ift ein Supplement zu diefem
Werke. Es enthält den Bericht über eine Reife, welche
Du Pac im Jahre 1774 im Auftrage der holländifchen
Bifchöfe durch Deutfchland nach Rom machte, eine
Denkfchrift, welche er im Auguft 1774 dem Nuncius
Visconti zu Wien überreichte, und einen kurzen vertraulichen
Bericht über feine Erlebnifse in Rom, den Du
Pac für den Abt Müller von St. Dorotheen zu Wien ver-
fafste.

Die Reife nach Rom wurde in der Hoffnung unternommen
, dafs nach der Aufhebung des Jefuitenordens
unter einem Papfte wie Clemens XIV. eine Ausföhnung
der Utrechter Kirche mit Rom herbeigeführt werden
könne, für welche fleh damals viele einflufsreiche Perfo-
nen bemühten. Du Pac meint, nur durch den Tod des
Papftes fei diefe Hoffnung vereitelt worden Aber wenn
auch Clemens XIV. perfönlich geneigt fein mochte, von
den Utrechtern nichts weiter zu verlangen, als das foge-
nannte Trienter Glaubensbekenntnifs Pius' IV. (S. 55),
fo würde man doch in Rom, wenn es zu wirklichen
Unterhandlungen gekommen wäre, ficher nicht auf die
Anerkennung der Bulle Unigenitus und auf die Zurücknahme
der von den Utrechtern 1719 und 1744 eingelegten
Appellation an ein allgemeines Concil verzichtet
haben, und auf diefe Bedingung wären die Utrechter
nicht eingegangen (S. 16. 51). Unter den vielen wohlwollenden
Aeufserungen von hochgeftellten Männern,
welche Du Pac mittheilt, ift die des Cardinais Marefoschi
(S. 56) die merkwürdigste: er begreife nicht, wie man die
Utrechter Kirche als eine von der katholifchen Kirche
getrennte anfehen könne; es fei doch notorisch, dafs fie
in mittelbarer Gemeinfchaft mit dem heil. Stuhle flehe
in Folge der unmittelbaren Gemeinfchaft mit fehr vielen
Bifchöfen und anderen Würdenträgern, die ihrerfeits mit
dem heil. Stuhle unmittelbar vereinigt feien; diefe mittelbare
Gemeinschaft fei genügend für die Utrechter, um
fleh als mit der Kirche vereinigt anzufehen und um nun
die Anerkennung der unmittelbaren Gemeinfchaft mit
dem heil. Stuhl zu verlangen.

Der Reifebericht Du Pac's enthält manche intereffante
Mittheilungen über Rom und Wien (auch über eine Audienz
bei Maria Therefia) und über viele Perfonen, bei denen
er freundliche Aufnahme fand, weil fie Sympathien mit
der Utrechter Kirche hatten oder doch mit diefer die
anticurialiftifchen und antijefuitifchen Anfchauungen theil-
ten, wie der Weihbifchof Würdtwein, die Profefforen
Barthel und Endres in Würzburg, Gervafio und Gaz-
zaniga in Wien u. a. Einige Namen (auch einige andere
Wörter) find verdruckt oder verfchrieben. S. 16 findet
fleh der auch fonft oft vorkommende Irrthum, dafs die
Bulle Apostolicum Clemens' XIII. vom Jahre 1765 zu
Gunften der Jefuiten ein Breve, das Breve Clemens' XIV.
von 1773, wodurch der Orden aufgehoben wurde, eine
Bulle genannt wird.

Bonn. Reufch.

Trede, Th., Das Heidentum in der römischen Kirche. Bilder
aus dem religiöfen und fittlichen Leben Süditaliens.
2. Tl. Gotha, F. A. Perthes, 1890. (III, 397 S. gr. 8.)
M. 5. —

Den erflen Theil habe ich in Nr. 7 angezeigt. Auch
diefer zweite enthält intereffante Mittheilungen über das
religiöfe und fittliche Leben Süditaliens, die gröfsten-
theils nicht minder betrübend find, als die im erflen
Theile enthaltenen. Befonders reich an folchen Notizen
find die Abfchnitte über Pompeji (S. 1), den Wallfahrtsort
Monte Vergine (S. 85), Pozzuoli (S. 167), über
den .Bambino' (S. 202), die h. Anna (S. 139. 387), den
h. Jofeph von Copertino (S. 124) und Andreas Avelli-
nus (S. 377), den Ablafs (S. 281) und namentlich über
die Madonna (S. 338, vgl. 95, insbefondere über die
Krönung von Madonnenbildern S. 343. 392, ein ,Maria
Bambina' genanntes Wachsbild zu Mailand S. 263, die
Madonna von Pompeji S. 97. 301). Der Verf. berichtet
über diefe Dinge theils als Augen- und Ohrenzeuge,
theils auf Grund von in Deutfchland unbekannten Büchern
die mit Approbation italienifcher Bifchöfe erfchienen
find. (Als ,von der Kirche approbirt' (S. 80) follten folche
Bücher nicht bezeichnet und noch weniger von einem
mir unbekannten, 1863 zu Caftellamare erfchienenen Buche
von A. Cuomo (S. 385) S. 342 gefagt werden, es .gelte
in den Augen der Kirche als klaffifch, faft fo viel als
die Herrlichkeiten Mariä von Alfons Liguori'.)

Die Anficht, dafs das füditalienifche ,Heidenthum',
welches der Verfaffer fchildert, aus dem hellenifch-römi-
fchen Heidenthum herflamme, wird in diefem Bande noch
eingehender, breiter und wortreicher, mit vielen Wiederholungen
und vielfach in fehr ftarken Ausdrücken entwickelt
. ,Die Geftalt des Hercules ift von der römifchen
Kirche unbewufst in mehr als einer Hinficht in ihren
zahllofen Legenden der Heiligen reproducirt. Die Heiligen
treten in den Legenden taufendfältig als widerwärtige
Karikaturen des mythifchen Herculesbildes auf.
Faft alle füditalienifchen Biographien der Heiligen find
eine kindifch-lächerliche Parodie auf den grofsartig ge-
ftalteten Herculesmythus' (S. 34). Maria ift ,die grofse
Mutter' Rhea Kybele (S. 85. 88); .Ifidorus von Pelufium
wurde im 5. Jahrhundert von einem Heiden gefragt,
welcher Unterfchied fei zwifchen der magna mater Rhea
der Heiden und der magna mater Maria der Chriflen;
die römifche Kirche hat 1400 Jahre benutzt, um diefe
Frage unbeantwortet zu laffen' (S. 121). Starke Worte
liebt der Verf. überhaupt in feiner Polemik gegen die
römifche Kirche. ,Niemand kann mehr geben, als er hat.
Dies gilt auch von der römifchen Kirche. Das nährende
Brot des fchlichten Evangeliums wird von ihr verfchmäht;
daher bietet fie flatt deffen einen Stein, nämlich Fabeln
und Märlein. Sie will der grofsen Maffe imponiren, mufs
deshalb immer neue Fabeln erfinden, und weil fie dabei
fchliefslich in Verlegenheit geräth, macht fie in ihrer
Geiftesarmuth eine Anleihe bei den Pleiden und behauptet
, dafs diefes Heidenthum ihre Originalerfindung fei'
(S. 138). /Unter der Maffe der ,Santi' ift der Apoftel
Paulus für die römifche Kirche nur ein Name. Sein
Leben ift unbekannt, feine Schriften werden nicht gelefen,
von feinem Geifte ift in der römifchen Kirche Italiens
keine Spur zu entdecken (S. 175). Leo XIII. hat 300COO
Francs für eine neue Ausgabe des Thomas von Aquino
verausgabt, Paulus ift aber für ihn eine Null (S. 167).
Der Brief St. Pauli an die Römer wird in der gefammten
proteftantifchen Welt gelefen, im päpftlichen Rom aber
kennt man ihn nicht (S. 180). Ueber dem fogen. Grabe
des St. Paulus lieft man, dafs er praedicator veritatis ge-
wefen. Diefe Bezeichnung wird im Munde der römifchen
Kirche zur Lüge; denn fie tritt die paulinifche Wahrheit
mit Füfsen (S. 181), erklärt das paulinifche Wort und
paulinifchen Geilt in die Acht' (S. 183). ,Dem Papft
Leo XIII. fcheint die vergleichende Religionswiffenfchaft