Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1890 Nr. 16

Spalte:

403-406

Autor/Hrsg.:

Harris, J. Rendel

Titel/Untertitel:

The acts of the martyrdom of Perpetua and Felicitas 1890

Rezensent:

Harnack, Adolf

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

403 Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 16. 4°4

zurückblickende) Möglichkeit, ein folches Rühmen könne : Der Abdruck der kürzeren lateinifchen Recenfion bildet

durch den vniiog s'gytov ausgefchloffen fein, beftimmt wird, den Befchlufs (p. 70—73).

der kann nicht daran denken, auf diefen zufälligen Aus- Im Zufammenhang meiner Unterfuchungen über
druck das minderte Gewicht zu legen, gefchweige denn pfeudocyprianifche Schriften habe ich mich in den letzten
daran, ihn zum Angelpunkt in der Auffaffung der pau- Jahren viel mit den Acten der Perpetua und Felicitas
hmfchen Sätze über die Glaubensgerechtigkeit zu machen. ! befchäftigt. Ich habe mir wie von allen lateinifchen
Berlin. Kaftan. , Schriften vor Cyprian fo auch von diefen Acten ein Ver-
_ ! zeichnifs der in ihnen vorkommenden griechifchen Worte

u„ .„ DrTD ji j-orc+kiv r:tt„.A tu- angelegt und einen jungen Gelehrten, der im März 1889
Harris, Prof. J. Rendel, and Prof. Seth K. Gifford, The ^ |>alien ging> Jan|eleitet) nach Handfchriften der

acts of the martyrdom of Perpetua and Felicitas; the on- Acta Perp. et Felic. zu fuchen und die fchon bekannten
ginal Greek text, now first edited from a ms. in the x zum Zweck einer neuen Ausgabe des lateinifchen Textes
library of the Convent of the holy Sepulchre at Je- zu vergleichen *). Dafs uns noch eine griechifche Re-
rusalem. London, Clay & Sons, 1890. (73 S. m. cenfion gefchenkt werden könnte habe: ich nie zu honen
f h T f t K '• gewagfi Wohl aber waren mir die griechifchen Worre

2 laro. lat.j geo. j jn den Acten auffanen(j _ nicht ihrer Häufigkeit wegen,

Im J. 1881 publicirte Ufener die von ihm entdeckte : fondern weil auch geläufige Ausdrücke griechifch wieder-
griechifche Recenfion der Acta martyrum Scillitanoruin {In- gegeben find (anders als man das bei Tertullian gewohnt
dex schol. Bonn, aest., vgl. Theol. Lit.-Ztg. 1882 Col. 3). ift)2). — Allein an ein griechifches Original habe ich mir
Diefe Recenfion — allerdings wurden weder alle Bedenken ' flüchtig gedacht3). Einige Beobachtungen fchienen mir
gehoben, noch war der pofitive Beweis völlig ficher zu I gegen ein folches zu fprechen. Nun liegt eine griechifche
erbringen — fchien als das Original betrachtet werden j Recenfion vor und nach Prüfung derfelben mufs ich der
zu müffenund wir lernten fomit, dafs das ältefte Do- | Behauptung der Herausgeber beiftimmen, dafs das

cument der nordafrikanifchen Kirchengefchichte griechifch
aufgezeichnet worden ift. Die Nachricht, dafs Tertullian
feine älteften Schriften griechifch abgefafst hat, war nun
nicht mehr ifolirt. Auch die nordafrikanifche Kirche ift
urfprünglich, wie die römifche, eine griechifche oder doch
eine überwiegend griechifche gewefen. Nun wird uns
gleichzeitig mit der erften Kunde eines neuen Fundes —
der Unterzeichnete wenigstens hatte bisher nichts von
dem Ereignifs vernommen — der Fund felbft in einer
ausgezeichnet ausgestatteten Publication vorgelegt — das
griechifche Original der Acten der Perpetua und
Felicitas. In der Bibliothek des Klosters des h. Grabes
ist die Handfchrift aufgefunden. Leider find die Herausgeber
fehr fchweigfam; fie fagen nicht einmal, wer von
ihnen fie entdeckt und abgefchrieben hat — ich vermuthe
Harris. Auch der Codex felbft ift höchft ungenügend
befchrieben in den Worten (p. 36): ,Tke Greek text is
taken from a MS. in the library of the Convent of the
Holy Sepulchre {Cod. S. Sep. 1). The MS. contains ßioi xal
ftaoTvgtat for the montli of February. It is labelled with
the name of Symeon Metaphrastes, but in asm 11 eh as the
writing is of the 10. Century at least the title must not be
taken literally. Amongst the interesting matters in this
Codex will be found on p. 136 the martyrdom of Polycarp

Griechifche das Original ift. Abfchliefsend haben fie die
Unterfuchung noch nicht geführt; fie laffen fogar die
Möglichkeit noch offen, dafs das Umgekehrte richtig ist
{,At present it is sufficient to say that whether the Greek
Version be the primary or secundary fountain of the text,
it is of such value for the understanding ofit and for the
Clearing of its obscurities, that the welcome which it will
meet from Patnstic scholars will be sure to outweigh any
blame that may attach to our unworthy presentation of it1).
Das, was fie fo befcheiden ausgedrückt haben, unterliegt
keinem Zweifel: eine Reihe von unverftändlichen Stellen
im Lateiner find mit einem Schlage durch den Griechen
geheilt, mag er nun älter oder jünger fein. Dafs er das
Original ift, hätte m. E. ganz bestimmt ausgefprochen
werden können. Was die Herausgeber daran gehindert
hat, ift nicht nur Vorficht im Allgemeinen gewefen, fondern
, wie mir fcheint, ein ganz richtiges Gefühl, dafs es
mit der lateinifchen Recenfion eine befondere Bewandt-
nifs hat, und ihr Charakter damit nicht erklärt ift, dafs
man fie als Ueberfetzung bezeichnet. Aber das letzte
Wort über das Verhältnifs der beiden Recenfionen haben
die Herausgeber nicht gefprochen.

Dafs die griechifche Recenfion nicht eine Ueberfetzung
aus dem Lateinifchen ift, haben die Herausgeber

(/. e. the letter of the Smymeans). On pp. 144—173 the j durch eine Reihe von Beifpielen (p. 13 f.) fichergeltellt
life of Porphyry of Gaza. On p. 173 Hifpo/ytus, De Christo Die Tabelle macht es deutlich, dafs an den angeführten

et Antichristo. The martyrdom of Perpetua will be found
on f. 41 of the MS.1 Nichts weiter ift uns mitgetheilt.
Doch werden wir für diefe Schweigfamkeit durch eine
Abfchrift der Handfchrift entfchädigt, die augenfchein-
lich mit grofser Sorgfalt gemacht ift. Vor uns liegt das
Martyrium in griechifcher Gestalt, der längeren lateinifchen
Recenfion vollkommen entfprechend. Die Herausgeber
haben den lateinifchen Text (nach Ruinart) neben
dem griechifchen abgedruckt (p. 38—69), einige Noten
beigefeilt und eine Einleitung (p. 1—37) vorausgefchickt.

1) Ufener felbft (p. 3) war nicht diefer Anficht: ,graece haec neque
agi coram proconsule Africae fotuerunt neque scripta esse Carthagine
probabile est. atque insunt quae quidem nisi ex sermone latino explicare
nesciam, velui Tlixtavozrjg pro eo quod est rJöca auf niang tat. per-
suasio, aut diafitivai nogevoiiai tat. perseveratum eo'. Aube (Etüde
sur im nouveau texte des martyrs Seiiiitains 1881) fuchte den Beweis
für das griechifche Original zu liefern und Bonnet (A'ev. crit. 1881
Nr. 44) ift ihm, allerdings nicht ohne Bedenken, beigetreten. Auch der
Unterzeichnete fprach fich für das griechifche Original aus, indem er

Stellen das Lateinifche eine ungelenke, refp. falfcheUeberfetzung
des Griechifchen ift.

C. 3: ist, cprjoiv, i]iiiöy Cum adhuc, inquit, cum

nagairiQoiquviciv, persecutoribus essemus,

ineyßiQei 6 narr^Q fiov In- et me pater avertere et dei-

yoig neid-eiv its Ttjg tcqoy.ei- ccre perseveraret.
pevrfi bpokoyiag eWrtr/i/)'.

Kai dt) tv.amoi ngooay- Tunc cxeuntds de carccre

■tlavTEQ loynka^ov eavrolg. universi sibi vacabant.

Das ,exeuntes de carcere1 erweift fich aus dem Zufammenhang
als falfch.

1) Die Arbeit ift unternommen worden, aber bisher nicht zu Ende
geführt.

2) Die griechifchen Worte in der längeren Recenfion der Acten find
(von den ganz gewöhnlichen wie prophetia, ecclesia, diabotus, episcopus,
presbyter etc. abgefehen): catechumini (2. 20), diacones (3), macherae (4),

meinte, dafs ein eingewanderter Grieche das officielle lateinifche Acten- J^^JAzW^ ™W r/7 ^ W'

material griechifch bearbeitet habe. Die Vergleichung des Lateiners und ; (I0)' ***** "*""> a810s (I2>>

des Griechen zeigt hier diefelben paradoxen Thatfachen, wie bei den
Acten der Perpetua. Daher war die Vorficht, die Ufener /. c. angewendet
hat (,sed quo haec versio cogna/ionis gradu cum actis latinis
qualia novimus coniungatur etc.'), fehr am Platze.

oua

3) Aube {Les chretiens dans l'empire Romain de la fin des Antonius
1S81 p. 515) hat ein griechifches Original vermuthet. Overbeck
(Theol. Lit.-Ztg. 1882 Col. 175) meinte, dafs diefe Vermuthung jeder Wahrscheinlichkeit
entbehre.