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Ausgabe:

1890

Spalte:

358-360

Autor/Hrsg.:

Weiss, N.

Titel/Untertitel:

La chambre ardente. Ètude sur la liberté de conscience en France sous François I et Henri II (1540 - 1550), suive d‘environ 500 arrêts inédits, rendus par le parlement de Paris de Mai 1547 a Mars 1550

Rezensent:

Schott, Theodor

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Theologifche Literaturzeitung. 1890. I'r. 14.

diefes Gebiet die einzige Stätte, wo dieEndura vorkommt,
und Mölinier macht ausdrücklich darauf aufmerkfam, dafs
Lhon in der katharifchen Nachbarprovinz die Endura
jchlechterdings nicht Dachzuweifen ift. Nun nimmt Mo-
l'mer mit gutem Grund an, dafs jener P. Autier die Sitte
'n feiner Provinz überhaupt erft eingeführt habe. Autier
kommt aber aus Italien, und nach Italien weifen fowohl
dle Beziehungen der deutfchen Katharer, über welche
Won. Paff, berichtet, als jene Quelle Nr. 3. Somit er-
JSheint alfo fchliefslich die Sitte doch auf ein beftimmtes
Gebiet befchränkt.

Ueber den Urkundenband füge ich nur noch
^eniges bei. Er ift, wie gefagt, längft gedruckt; gleich
Jfes erfte Stück flammt noch aus der ,kaiferlichen Bibliothek
zu Paris'. So kommt es, dafs ein fehr erheblicher
Theil inzwifchen durch Andere veröffentlicht worden
m- Das Verzeichnifs der Stücke, von denen das gilt, in
der Inhaltsangabe ift fehr unvollftändig. Vgl. die voll-
ftändigere Zufammenftellung von H. Haupt in DLZ.
1889, Nr. 51 S. 1850k Viele diefer Stücke find aber
"ach Hff. mitgetheilt, die bisher nicht verwerthet waren.
Lnter den bisher unbekannten Nummern haben einige
namentlich für die Gefchichte der Waldenfer hervornagende
Bedeutung. Der Edition fehlt es ftark an Ueber-
licht:

mangelhafte Inhaltsangaben, keine Seitenüberfchrif-
*en, keine Zeilenzählung. Allem nach ilt auch der handschriftliche
Apparat nur theilweife wiedergegeben, doch
kann ich die Texte meift nicht controliren, weil die
"ff., die ich oder andere benutzt haben, entweder
überhaupt oder theilweife andere find. Ich habe auch
"nr Stichproben angeheilt. Zwifchen den Texten von
D- und Preger find mehrfach nicht ganz unbedeutende
Differenzen, bei denen D. meift, aber nicht immer den
wenigUens fachlich richtigeren Text bietet. Dagegen ift
z-B.Nr. 20 S. 351 ff., von der ich aus einer andern Hdfchr.
eine vollftändige Abfchrift befitze (,Die Waldenfer' S. 103
jjr. 3), fehr verftümmelt, ohne dafs dies immer angedeutet
wäre, und einzelne Stellen find völlig verdorben.
Pas kann natürlich auch an der Hdfchr. liegen, aber es
'St in folchen Fällen auch häufig nichts gethan, um einen
befferen Text herzuftellen.

Es ift das letzte Werk aus D.'s Feder, kurz vor
Seinem Tod erfchienen. Es ift wehmüthig, dafs es ihm
nicht mehr möglich geworden ift, diefes Material auszunutzen
; welchen Eindruck hätte eine Ketzergefchichtc mit
biefem Material vor 20—30 Jahren machen müffen! Man
kann es bedauern, dafs fo ungeheure Sammelarbeit, wie
D. fie nicht blofs hier gethan hat — nur das Allerwenigfte
Vr->n ihr ift an die Oeffentlichkeit gekommen — faft nur
anderen und vielleicht auch das nicht mehr überall, zu
§ut kommen foll. Aber man mufs auch den anfpruchs

Sprache in die ereignifsreiche Periode einzuführen, in der
die erften Keime unterer heutigen Schriftfprache fich zu
entwickeln beginnen. Er giebt uns zum Gebrauche bei
Vorlefungen und fprachgefchichtlichen Uebungen das
Marcusevangelium Luther's nach der Septemberbibel mit
den Lesarten aller Originalausgaben und mit Proben aus

24 hochdeutfehen Nachdrucken aus den Jahren 1522_

1557, die fich auf das 1. Capitel befchränken. Den Andeutungen
Kluge's (Von Luther bis Leffing) folgend hat
der Verf. aus 12 Nachdrucken alle Verfchiedenheiten
des Wortfchatzes der September- refp. Decemberbibel
gegenüber in befonderem Verzeichnifs zufammengeftellt
und gleichzeitig auf die hohe wiffenfchaftliche Bedeutung
eines vergleichenden Wörterbuchs der älteren deutfchen
Mundarten hingewiefen. Prof. Reifferfcheid hat Recht,
wenn er eingehende grammatifche Unterfuchungen der
Nachdrucke und Umarbeitungen verlangt, um auf diefem
Wege die Bedeutung Luther's für die neuhochdeutfehe
Schriftfprache klarzuftellen, einerfeits mit Rückficht auf
die Abhängigkeit des grofsen Sprachmeifters von der
bereits vor ihm beftehenden Schriftfprache, andererfeits
im Intereffe Luthers fclbft, um feine Einwirkung auf die
Schriftfprache feiner und der folgenden Zeit in richtigen
Umriffen zu begrenzen. Ref. glaubt neuerdings gezeigt
zu haben, wie ftark der oberdeutfehe Einfchlag in unferer
heutigen Sprachform vertreten ift, wie erft ganz allmählich
einzelne mitteldeutfche Elemente zu anerkannter
Herrfchaft gelangt find. Die, wie es fcheint, auch von
Prof. Reifferfcheid anerkannte Thatfache, dafs bereits vor
Luther's Schriften eine literarifch mächtige Schriftfprache
Verbreitung gefunden hatte, legt den Wunfeh nahe, den
verehrten Herrn Herausgeber zu bitten, etwa in einem
zweiten Heft, auch aus den vorlutherifchen Bibeln
Proben der verfchiedenen landfehaftlichen
Drucke zu handlicher, leicht zugänglicher Benützung zu
veröffentlichen. Eine derartige Sammlung ift unumgänglich
nothwendig, wenn dem Studirenden Gelegenheit gegeben
werden foll, in wiffenfehaftlicher Arbeit die Ver-
dienfte des Reformators um die deutfehe Sprache, im
befonderen um die Vereinheitlichung der Schriftfprache
würdigen zu lernen. Ref. zweifelt nicht, dafs eine folche
zweite Sammlung von allen Fachgenoffen mit grofsem
Dank aufgenommen werden würde, und giebt fich der
Hoffnung hin, dafs diefe Anregung zu baldmöglichfter
Ausführung ermuthigt.

Eine Stichprobe hat ergeben, dafs dem vorliegenden
Abdruck volles Vertrauen auf die Zuverläffigkeit der
Sprachformen entgegengebracht werden darf. Ref. hat
den Schönfperger'fchen Nachdruck (bei Reifferfcheid f.
IX Nr. 5; vgl. S. 93ff.) nach dem Stuttgarter Exemplar

Wen Sinn bewundern, der nie auf den Markt hinaus- j verglichen und wünfehte nur, dafs die j, u, (ebenfo a, 0)
drängte, fondern völlig genug hatte, wenn er die Sache ! des Originals forgfältig wiedergegeben worden wären,
kannte. I nacndem er an anderem Orte gezeigt hat, in welchem

„. ' «. » ! Sinne auch diefe fcheinbaren Aeufserlichkeiten für die

Diefsen. _ Karl Mull er. Gefchichte der Schriftfprache fich verwerthen laffen. Prof.

~ Reifferfcheid felbft hat S. IV** auf ähnliche Verfäumnifs-

Reifferscheid, Prof. Dr. Alex., Marcus Evangelion Mart. in der Scherer'fchen Septemberbibel hingewiefen. Z. 54
Luthers, nach der Septemberbibel mit den Lesarten | hat das Original unter gangen. Z. 66 anssetz/ger; eine
aller Originalausgaben und Proben aus den hochdeut- 1 zu gezv altig lieh Z. 39 beigefügte Gloffe fehlt; lie lautet:

fchen Nachdrucken des 16. Jahrhunderts hrsg. Heil- • da*lst '?»Pf*."£ *« ernst mainet vnd
u 7- , on ,vtt c? o was a saSl< das hatte cin gcwalt vnd lebt ah hets hend

bronn, Gebr. Henn.nger, 1889. (XII, 124 S. gr. 8.) vn^JUss^ü wie die lumptn fredigerllT^
M. 4.20. j vnf gayffen, daz man drüber vnlust vnd grewel grwynmtt.

Diefe fehr dankenswerthe Arbeit kommt einem Be- ; Marburg. Friedrich Kauffmann.

aurfnns entgegen, das fich in allerjungfter Zeit immer |

mehr gefteigert hat. Die Stellung, die in der neuen Prü

fnngsordnung der gefchichtlichen Betrachtung der neu- Weiss, N., Pasteur, La Chambre ardente. Etüde sur la

nochdeutfehen Grammatik eingeräumt ift, erfordert einen hherte de rnnsrienee .„ t? t? ■ t

Angehenderen Betrieb diefer uns fo naheliegenden Auf- üoertt de conscience en France sous Frangois Ier et

gäbe, als fie ihn in früheren Jahren gefunden hat. Herr enn 11 t r54° —155°J» suivie d'environ 503 arrets ine-

Wof. Reifferfcheid hat uns mit einem vorzüglichen Hilfs- dlts> rendus par le parlement de Paris de Mai 1547

mittel befchenkt, die künftigen Lehrer der deutfchen 1 a Mars 1550. Public, sous les auspices de la Societe