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Ausgabe:

1890 Nr. 13

Spalte:

340

Titel/Untertitel:

Notiz zu Priscillian 1890

Rezensent:

Schepfs, G.

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339

Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 13.

340

dafs der Verfafler nicht darauf ausgegangen ift, ein
,Buch' zu fchreiben, etwa eine neue Idee von kateche-
tifchem Verfahren vorzulegen und in der Katechismusbehandlung
durchzuführen. Was er darbietet, ift die
Probe feiner bewährten Praxis, die ihm gewordene Frucht
der Erfahrung, aus der Praxis für die Praxis. Das Eigen-
thümliche des Buchs wird demgemäfs weniger in der Auswahl
und Vertheilung des Stoffs, oder in dem dogma-
tifchen Standpunkt des Verf.'s liegen, als in der Art und
Weife, wie der Stoff nun in das Bewufstfein, in den lebendigen
Befitz der Katechumenen übergeführt wird: im
Unterfchied von den bekannten und mit Recht weitverbreiteten
,Unterredungen' über den Katechismus von
Niffen giebt üehmke nicht blofs wie Niffen ausführliche
Entwürfe zu Katechifationen und Umriffe von Lehrge-
gefprächen, fondern genau in Frage und Antwort ausgeführte
Lehrproben. Sie dienen dem jungen Katecheten
alfo nicht blofs dazu, fich den gefammten Stoff zu vergegenwärtigen
und richtig zu gruppiren, die Unterredung
am rechten Ende anzuknüpfen, fondern fie wollen eine
technifche Handleitung für die Anlage des Lehrgefprächs,
der Umfetzung des religiöfen Lehrftoff in Frage und
Antwort fein — die ja bekanntlich dem Neuling am
meiften Schwierigkeiten macht. Der Verfafler geht in
den Lehrproben mit Vorliebe von biblifchen Gefchichten
oder Sprüchen aus (vgl. befonders den 3. Artikel!;, um aus
ihnen die Katechismuswahrheit abzuleiten, und dann erft j
wird diefe je nach Bedürfnifs analyfirt und erörtert.
Spruch und Lied ift reichlich und zweckmäfsig verwendet
. Im Einzelnen kann man allerdings anderer Anficht
fein. So würden wir, was die Methode der Behandlung
anbelangt, es vorziehen, immer zuerft von dem Texte
des Katechismus, dem Lehr-Object felbft, auszugehen, den
Wort- und Satz-Zufammenhang klarzulegen, die Lehrgedanken
des Textes zu lauter einfachen Ausfagen for-
muliren zu laffen — denn was ein Kind nicht in Form
einer einfachen Ausfage ausfprechen kann, hat es nicht
erfafst, wenn es auch vielleicht den vorgetragenen Gedanken
ahnt, fozufagen den Sinn inflinctiv ergreift. Erft
dann, wenn der Gedanke, um den es fich handelt, klar —
fprachlich und fachlich klar — und einfach herausge-
fchält ift — was bei dem fchweren Katechismustext
fchon ein gehöriges Stück Arbeit erfordert, — würde
zur Veranfchaulichung und Begründung gefchritten, die
eben damit, dafs das Object feft fleht, eingeprägt und
formulirt ift, feften Boden hat; in der Zufammenordnung
der Stufen und der Zufammenfaffung der Ergebnifse
würden wir uns dem Wege des Verf.'s anfchliefsen können.
— Die Fragen Rheinen uns des öfteren zu fchwer; die beigefetzte
Antwort wird ohne weitere Vermittlung in vielen
Fällen nicht erfolgen. Doch liegt es ja nahe, anzunehmen,
dafs der Verf. die vermittelnden Zwifchenfragen abficht-
lich, um der Raumerfparnifs willen weggelaffen hat, und
wir deuten auf diefen Punkt, wie darauf, dafs die Examens
-Frage zu häufig verwendet ift, nicht hin, um zu
tadeln, fondern um der Meinung träger Candidaten vorzubeugen
, welche in dem vorliegenden Buch ein Hilfsmittel
erblicken möchten, das ihnen die eigene Arbeit
erfpart: eine Handleitung will es fein, eine Anweifung,
wie zu arbeiten ift. Gerade das individuelle Gepräge,
die herzliche Wärme, anregende Frifche und perfönliche
Farbe der Oehmke'fchen Lehrproben beweift am beften,
dafs man Katechefen fo wenig wie Predigten machplappern
' kann, dafs fie nur dann wirken, wenn fie durch
den Geift des Lehrenden hindurchgegangen, durch treue
Arbeit fein Eigenthum geworden find. Als Buch zum
Lernen, als Anweifung zur eigenen Arbeit wird das
vorliegende Buch gewifs Segen ftiften und manchem
von Natur unbehilflichen Katecheten eine dankenswerthe
Stütze fein.

Friedberg. H. A. Köftlin.

Notiz zu Priscillian.

Herr Prof. Loofs hat in diefer Zeitung 1890, Nr. 1
den Wunfeh ausgefprochen, dafs ich über gewiffe Punkte,
die in der Praefatio meiner Priscillian-Ausg. dem ganzen
Plan des corpus script. ecel. gemäfs nicht umftändlicher
ausgeführt werden konnten, in einer befonderen Arbeit
handeln und derfelben auch eine deutfehe Ueberfetzung
der Priscillian'fchen Schriften beigeben folle. Das in der
Vorbemerkung zu meinem von Loofs erwähnten Vortrag
(1886) gegebene Verfprechen, dafs ,eine ausführlichere
Bearbeitung der vorläufigen Skizze in den Wiener Sitzung*
berichten erfolgen folle', durfte ich wohl zum guten The"
als erledigt anfehen durch den auf Wunfeh des H. Prüt-
Wölfflin für deffen ,Archiv f. lat. Lexikogr. Bd. IIP gelieferten
Auffatz über die Sprache Priscillian's, foWie
namentlich durch Praefatio und Indiccs meiner Ausgabe!
aus welchen fich mit Leichtigkeit die von mir ledighcn
aus Scheu vor Wiederholungen unterlaffene Zufamrnen-
ftellung der fachlichen und fprachlichen Merkmale würde
ausheben laffen, die unwiderleglich für die, übrigens auch
von Loofs angenommene, gemeinfame Abdämmung
aller im cod. Wirccb. enthaltenen Stücke und der canom'S
von einem und demfelben Autor fprechen. Auf die Bibel
Priscillian's und auf das Thema de vita et doctrP'11
Priscilliaui hoffte ich in fpäteren Jahren, wenn mir eine
gröfsere Anzahl von eingreifenderen Beurtheilungen meiner
Ausgabe und meines Autors felbft bekannt wäre, nochmab
zurückzukommnn. Im Intcreffe der Vorarbeiten für eine
Ausgabe des Boethius, zu denen ich nach längerer Unterbrechung
zurückgekehrt war, konnte mir indeffen der
Gedanke, dafs mir jene Capitel über Priscillian vielleicht
von fachmännifch-theologifcher Seite vorweggenommen
würden, keineswegs unangenehm fein. Schon vor mehr
als Jahresfrift theilte mir denn auch ein fehr gefchätzter
deutfeher Theologe mit, er trage fich mit einer gröfsereh
Schrift über Pr., doch blieb diefer Vorfatz leider unausgeführt
. So begrüfste ich nun, als mir jüngft authentifch
bekannt wurde, dafs noch in diefem Jahre aus der Feder
eines anderen (füddeutfehen) Theologen eine fchon länger
vorbereitete gröfsere Studie über Pr. erfcheinen werde,
die auch eine deutfehe Ueberfetzung bringt, diefe Nachricht
mit aller Freude und flehte die erneuten DiS'
pofitionen und den Anfang einer Ueberfetzung, welche
ich angefichts des Loofs'fchen Poftulates in der That
foeben verfuchsweife in Angriff genommen hatte, bis
auf weiteres zurück. Auch von einem franzöfifchen Gelehrten
ift, wie ich höre, eine Arbeit über Prise, geplant-
Es wird mir fpäter noch immer Gelegenheit bleiben zu
einem Nachwort, in welchem ich abgefehen von der Erbringung
kleinerer Nachträge (Canones-hss, Vorbilder
des Pr.) etwa auch die alleinftehenden, ganz irrigen Anflehten
und Vermuthungen eines der HH. Recenfenten
(Jahresbericht f. Alterthumswiffenfch. LIX, S. 44) werde
befprechen und auf einzelne Vorfchläge der übrigen, bis
jetzt in der Hauptfache mit mir einverftandenen HH-
Kritiker werde eingehen können.

Würzburg. G. Schepfs.

Erklärung.

Gegen den von mir vor nicht ganz l'/j Jahren mit einigen Anmerkungen
veröffentlichten Vortrag: „Die Jefuiten und das Herzogfbu*
Braunfchweig" hat ein Mitglied des Jefuitenordens, Herr Matthias Reich-
mann. im Verlage der Herderfchen Buchhandlung zu Freiburg im Breisga"
eine Gegenfchrift erfcheinen laffen, welche den Titel führt: „Die JcfuiteO
und das Herzogthum Braunfchweig. Ein offener Brief an Herrn Profeff0'
Friedrich Koldewey". Die offene Antwort auf diefen offenen Brief gedenke
ich in einem Werkchen über „Martin Chemnitz im Kampfe mit de*
Romanismus feiner Zeit" zu ertheilen. Da fich indeffen die Herausgabe
deffelben wegen anderweitiger unabweisbarer Arbeiten mehr, als mir lieb
ift, verzögern wird, fo glaube ich, damit nicht etwa mein Schweigen als
eine Zuftimmung zu den Darlegungen des Herrn Reichmann gedeutet werden
möge, fchon jetzt auf die beablichtigte Publication hinweifen zu folle*

Braunfchweig im Mai 1S90.

Prof. Dr. theol. et phil. Koldewey,
Gymnafialdirector.