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Ausgabe:

1890

Spalte:

330-332

Autor/Hrsg.:

Wolf, Edmund Jacob

Titel/Untertitel:

The Lutherans in America. Astory of struggle, progress, influence and marvelous growth 1890

Rezensent:

Eck, Samuel

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Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 13.

330

entnommenen — von ihm trotz der auch von ihm anerkannten
Unbrauchbarkeit der Leidensgefchichte in die-
'em .Evangelium' fo hoch gefchätzten — Herrenworten
deji gleichen Ton und Brauch beim Ueberfetzen feft-
hellte, f0 würde wenigftens nicht die ganze Gefchichte
des Urevangeliums ein Räthfel fein. Aber darauf läfst
hch R. __ übrigens fehr verftändig — nicht ein; das Urevangelium
mufs auftauchen, wenn er es braucht, und
hat lonft zu verfchwinden. Nur einen Beleg für die Unklarheit
der Anfchauung Refch's über die Wirkfamkeit
des Urevangeliums führe ich an: S. 398k die Befpre-

nack das Evangelienfragment von Fajjum, über welches
er bereits 1885 in Nr. 12 diefer Zeitung berichtet hatte,
regiftrirt die Refultate genauerer Erforfchung des Textes
und die neueren Verhandlungen über deffen Werth,
ftellt auf's Gefchicktefte zufammen, was irgend für die
Originalität des im Fragment gegebenen Textes gegenüber
den kanonifchen Parallelen fpricht, erhebt dann
aber auch felbft fünf Gegenbemerkungen und überläfst
die Entfcheidung dem Lefer. Sie wird in der That nur
im Rahmen einer Gefammtanfchauung über die literari-
fche Gefchichte des evangelifchen Stoffes gefällt werden

chung des Apokryphon 26. Nach Greg. Nyss. u. Max. i können. Sollte Harnack, wie es faft den Anfchein gemutete
bei Lc. die 2. Bitte des Vaterunfers: Dein h. j winnt, Neigung für die Urevangeliumshypothefe, wie
Geift komme und reinige uns. Da auch Marcion, der j Refch fie ausgeftaltet, befitzen, fo wird er ja wohl bald
Benutzer crUter Lc.-Handfchriften, diefe Variante vertritt, : öffentlich im Zusammenhang feinen Standpunkt umgrenzen
und motiviren; dafs er die Unklarheiten, Ein-
feitigkeiten und Willkürlichkeiten von Refch nicht mit
vertreten will, hat er am beften durch die befonnene
Vorficht feiner Abhandlung im Anhang bewiefen.

Marburg. Ad. Jülicher.

"nd fie der redactionellen Eigentümlichkeit des dritten
Evangeliften fo gut entfpricht, hat fie als echt lucanifch
z" gelten {nb. aber eben darum, weil vom Urevangelium
abweichend, obwohl kanonifch, als Apokryphon). Die
Hervorhebung des h. Geiftes hat fich indeffen auch
Lc- 11, 13b ,der Verf. der Apoftelgefch., der Zeuge des

jfungftwunders' nicht vertagen können; er fchneb dort
V»o-a nvevfta «;'., während als LA ,im Urtexte' ÖOfia
aya96v oder dn/tiara ityccÖä bzw. nur ayaira feftlteht, ,wie
"!an aus der Mt.-Parallele Mt. 7, II, aus Orig., Ambrof.,
dem Cod. D, aus vielen Itala-Hfchr., fowie aus Marlon
(nach Epiphan.) mit Beftimmtheit erkennt'. Im
Urtexte? Dann haben wohl Orig., Ambrof., die Itala-
c°dd. und Marcion einen vorlucanifchen Lucas gelefen?
Und in einem Athem wird uns Marcion gepriefen als
Vertreter guter Lucas-Handfchriften und als Vertreter
des von Lc. corrigirten Urevangeliums? Wie foll man
vT-h. demnach nur Marcion's Stellung — S. 399 wird es
Iehr betont, dafs fein Evangelium ein ,caftrirtes
Uucasevangelium' gewefen — zu dem Urmatthäus
denken?

Ich fchliefse mit einer allgemeinen Bemerkung.
Wenn ich es hier glaubte ftark betonen zu müffen, dafs
"od aus welchen Gründen der Agraphaforfcher Refch
beim erften Wurf fo ungeheuer weit über's Ziel hinaus-
Sefchoffen hat, fo meinte ich keineswegs, dafs fein Ver-
dienh fich lediglich auf die Sammlung befchränkt: in
einigen Fällen wird er auch mit feiner Beurtheilung Recht
behalten; wir befitzen Herrnworte, die nicht in den vier
Evangelien flehen, nicht einmal im Kanon, und die von
ebenfo unzweifelhafter Echtheit und warmer Sinnigkeit
End wie die gefichertflen Sprüche der Bergpredigt. Ob
be aus einem Urevangelium flammen oder nicht, fie find
e'n Stück aufserkanonifcher Offenbarung Jefu Chrifti: zu
diefer Thatfache werden die ,proteftantifchen' Traditio-

Wolf, Edmund Jacob, D. D., The Lutherans in America.

A story of struggle, progress, influence and marve-
lous growth. With an introduction by Henry Eyster
Jacobs, D. D. New York, J. A. Hill & Co., 1889.
(544 S. m. Illustr. gr. 8.) geb.

Eine Gefchichte der Lutherifchen Kirche in Amerika
wird auf einen weiten Kreis von Lefern rechnen können.
Denn man wird nicht gerade rühmen können, dafs die
fporadifchen Nachrichten unfrer Kirchenzeitungen ein be-
fonders deutliches Bild von den Zuftänden diefer Kirche
bieten. Der Verfaffer ftrebt nach möglichfler Objectivität.
Und wenigftens foweit die innerlutherifchen Streitigkeiten
der verfchiedenen Synoden in Betracht kommen, erreicht
er eine folche auch wirklich. Sein eigenes augeprägt con-
feffionelles Lutherthum ift er dabei natürlich nicht be-
fliffen zu verbergen. Es ift nach amerikanifchen Maafs-
ftäben keins der fchroffften Art. Aber gerade in feiner
relativen Weitherzigkeit fcheint es geeignet, die allgemeinen
Tendenzen dortigen Lutherthums treffend zu
kennzeichnen.

Die Einleitung holt ziemlich weit aus. In drei Capp.
wird von ,der Kirche', ,der Reformation', ,der ev. luth.
Kirche' geredet. Hier wird felbft der Name Calvin's
nicht genannt, während der ganze Wittenberger Kreis
ausführlich befprochen wird. Bedenkt man, dafs der
weitere Bericht fich auf ein Land beziehen foll, das doch
bis in die Mitte unferes Jahrhunderts hinein unter dem
laliften, die Kanonsvergötterer Stellung zu nehmen j weit überwiegenden Einflufs von Kirchen reformirten

baben. Es ift befonders erfreulich, dafs diefer Zwang j Urfprungs fleht, fo wird man dies Schweigen wohl anzu
v°n einem Mitarbeiter der Luthardt'fchen Zeitfchrift für j merken berechtigt fein. Der Lefer fleht von vorn herein
birchl. Wiff. ausgeübt wird, wie er denn auch in jenem [ unter dem Eindruck, als ob fich der volle Strom refor-
Elatte bereits mehrere vorbereitende Artikel zu diefer ; matorifchen Chriftenthums in das Bett der luther. K.
Erage veröffentlicht hatte. Allerdings zeichnete fich ergoffen habe. Diefer Eindruck wird durch die Aus-
d'efer Mann fchon immer vor feinen meiften Parteige- fagen des Verf.'s beftätigt. The Luthcran Reformation
"offen durch die Unbefangenheit aus, mit der er aller- resulted in a pure church. The Luthcran Ev. Church
*ärts zu lernen fuchte und wiffenfchaftliche Leiftung un- j is the Christian Church, regencrated,renewed, and reformed.
bekümmert um die .Richtung' anerkannte; auch in diefem ' Verftändlich (?) wird diefe Behauptung vielleicht, wenn
Buche berührt wohlthuend der dankbare Refpect, mit man fich die Kirche definiren läfst als the divinc agcncy
dem er von Holtzmann und Lipfius fo gut wie von B. for the salvation of sinners and the moral renovatton of
Weifs und Th. Zahn redet; aber jeder heutige Theologe I mankind. In den Schlufscapiteln, die den gegenwärtigen
jvird die hier fo lebendig angeregte Frage principiell | Beftand kennzeichnen, tauchen auch andere Kirchenbil

6ch beantworten müffen, wird — in gewiffem Sinne
Zvvifchen Jefus und der Schrift zu wählen haben. So
Wenig mich die revolutionären Thefen Refch's betreffs
der urchriftlichen Literaturgefchichte überzeugt haben,
5-r hat doch nicht blofs die Texte zu diefer Gefchichte
böchft dankenswerth vermehrt, er hat in die Kreife der
Gegner biblifcher Kritik ein mächtiges Problem hineingeworfen
düngen des Proteftantismus auf. Aber bezeichnend genug
nur unter dem Gefichtspunkt von obligations ofother
communions to the Luth. Church. Für irgend welche Be-
einfluffung der letzteren durch eine der erfteren zeigt
fich in diefer Gefchichtsbetrachtung kein Raum. Denn
ü is the truism of history, that the Lutheran is the farcnt
Evang. Church. She is the vwther of Proiestantism. Als
folche ift fie eine fpäteftens 1530 fertige Gröfse. Ihr

In einem Anhang (S. 483—497) behandelt Ad. Har- verdankt man Luther's Bibelüberfetzung. Ihre Leiter