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Ausgabe:

1890

Spalte:

297-301

Autor/Hrsg.:

Hatch, Edwin

Titel/Untertitel:

Essays in Biblical Greek 1890

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
*He 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N° 12. 14. Juni 1890. 15. Jahrgang.

"thes' Handlexikon für evangelifche Theologen
, i._8. Lfg. (Harnack).
'atch, Essays in Biblical Greek (Harnack).
er'uiliani Opera, ex rec. Aug. Reiffer-
. soheid et Geo. Wissowa, P. I (Jülicher),
"scriptiones Christianae Urbis Rotnae septimo
saeculo antiquiores, ed. de Rossi, Vol. II
° I (Gej-h. Kicker).

Mc Giffert, Dialogue between a Christian and

a Jew (Jülicher).
Kirn, Ueber Wefen und Begründung der reli-

giöfen Gewifsheit (Kaftan).
Buchrucker, Grundlinien der kirchlichen

Katechetik (Köftlin).

Falcke, Einheitliche Präparationen für den ge-
famten Religions-Unterricht, I. Bd. (Bornemann
).

Gümbel, Bibelkunde für höhere Unterrichts-
Anftalten (Bornemann).

Jahresberichte für das höhere Schulwefen, 3. Jahrg.
Ergänzungsheft (Bornemann).

perthes' Handlexikon für evangelische Theologen. Ein Nach-
fchlagebuch für das Gefamtgebiet der wiffenfchaft-
lichen und praktifchen Theologie. (In 30 Lfgn. od.
3 Bdn.) 1—8. Lfg. Gotha, F. A. Perthes, 1890. (1. Bd.
8. 1—624 m. Abbildgn. gr. 8.) ä M. 1 —

Diefes Lexikon ift durch feine Vollftändigkeit ein
Ereignifs in der encyklopädifchen Literatur. Es hat bis
Zum Schlufs der 8. Lieferung (S. 624) c. 18000 Artikel,
a"b c. 15 bis 20 mal fo viele als die Herzog'fche En-
cyklopädie. Bis zu den Anfängen von Liederverfen (nicht
nur Liedern) ift Alles lexikalifch gebucht. Es würde
eine Spalte diefer Zeitung einnehmen, wollte ich zufam-
menftellen, auf welche theologifche, religionsgefchichtliche,
pographifch-ftatiftifch-kirchengefchichtliche, biographische
, bibliographifche etc. Gebiete fich diefes Nachfchlage-
Duch erftreckt. Ein folches Werk ift nur brauchbar, wenn
Ps zwei Anforderungen entfpricht, Zwe ckmäfsigkeit
ln- der Anordnung und Correctheit in den Angaben.
So

viel ich zu urtheilen vermag, ift diefen Anforderungen
Genüge gefchehen. Da auch der Druck wenig zu wünschen
übrig läfst, fo darf man fagen, dafs diefes Werk
den Erwartungen entfpricht, die es erregt. Eine fachliche
Belehrung kann es natürlich nur im befcheidenften
Gahmen bringen; aber was auf einer oder wenigen Zeilen
erreicht werden kann, ift hier erreicht. Ich möchte den
theologifchen ,Kürfchner' — der Verf. hat fich bisher
"icht genannt — wohl kennen, der in diefem Nachfchlage-
werke feinem Fleifs, feiner Umficht und feiner Selbstverleugnung
ein Denkmal gefetzt hat.

Berlin. A. Harnack.

Hatch, Edwin, Reader in ecclesiastical History, Oxford,
Essays in Biblical Greek. Oxford, At the Clarendon
Press, 1889. (X, 293 S. gr. 8.) 10 s. 6 d.

Das vergangene Jahr hat nicht nur in Deutfchland,
fondern auch in England der theologifchen Wiffenfchaft
die fchwerften Verlufte gebracht. Die beiden bedeutend-
ften englifchen Kirchenhiftoriker, Hatch und Lightfoot,
find uns entriffen worden. Ein unerfetzlicher Verluft;
denn mit Beiden ift eine Fülle gediegenften Wiffens ins
Grab gelegt worden, und Beide ftanden mitten in der
Arbeit, befchäftigt, ein neues grofses Werk vorzubereiten
: Diefer ein Corpus Clevicntinum, Jener eine umfaffende
Concordanz zur Septuaginta, welche die Grundlage des
Studiums des biblifchen Griechifch zu werden verfprach.
Lightfoot war der gelehrtefte und würdigfle Repräfen-
tant der confervativen kritifchen Schule in England. Wir
haben in Deutfchland im 19. Jahrh. keinen Gelehrten im

confervativen Lager befeffen, der fich mit ihm an Um- | einen eifernen Fleifs, vor Allem aber neben der' :ius~e
297 298Ö

fang und Genauigkeit des Wiffens meffen könnte. Seine
Ausgaben und Commentare (Galater-, Coloffer-, Philipperbrief
, Clemens- und Ignatiusbriefe, Polykarpbrief), fowie
feine kritifchen Abhandlungen haben einen unvergänglichen
Werth, und auch dort, wo man ihm in den Er-
gebnifsen nicht beizuftimmen vermag, kann man doch
niemals an feinen Gründen vorübergehen. Die Achtung
vor dem Gegner, die ihn auszeichnete — mir ift nicht
eine einzige abfchätzige Bemerkung in allen Schriften
Lightfoot's erinnerlich; die ftärkfte Form, in welcher er
fich über eine ganz haltlofe Thefe äufserte, war die der
Verwunderung —, hat ihm felbft die höchfte Achtung
aller Parteien eingetragen. Wer ihn las, mufste fühlen,
dafs hier nicht nur ein Gelehrter, fondern ein Chrift
redete, dem das dhjirsvsiv iv ctyctni] der oberfte Grund-
fatz war. Es hat nie einen Apologeten gegeben, der
weniger Advocat war als Lightfoot; darum waren die
deutfchen Apologeten nicht nach feinem Herzen. Uebri-
gens würde man ihm Unrecht thun, wenn man feine
ganze Bedeutung unter dem Titel ,vindex traditionis' zu-
fammenfaffen wollte. Nicht nur an dem Mafsftabe der
officiellen Theologie der englifchen Kirche gemeffen, war
er ein felbftändiger, freier Gelehrter, fondern auch im
abfoluten Sinne war er dies. Er hat nie eine Tradition
um der Tradition willen vertheidigt; aber wie oft hat er
die Tradition, die bisher ungenügend vertheidigt war und
deshalb den Credit zu verlieren drohte, mit durchfchlagen-
den Gründen gerettet! In diefer Hinficht ift fein grofses
Werk über die Ignatiusbriefe vor Allem zu nennen.

Lightfoot habe ich niemals perfönlich gefehen. Mit
Hatch verband mich eine innige Freundfchaft, deren
Befitz ich zu den höchften Gütern meines Lebens rechne.
Welch' ein Bild fich Lightfoot von der Gefchichte des
apoftolifchen Zeitalters, von der nachapoftolifchen Zeit
und der Entftehung des Katholicismus gemacht hat, ift
mir, trotz der Fülle alles deffen, was er gefchrieben, nicht
deutlich: Hatch' Auffaffungen flehen in kräftigen Zügen
vor mir, und ich weifs, dafs er unfere Wiffenfchaft wie
kein Anderer gefördert hätte, wenn es ihm vergönnt ge-
wefen wäre, eine Gefchichte der chriftlichen Religion von
ihren Vorbereitungen im alexandrinifchen Zeitalter bis
auf Gregor VII. zu fchreiben. So umfaffend war der Zeitraum
, den fein Geift beherrfchte, und er befafs Alles,
was zum Gefchichtfchreiber diefer Perioden gehört, die
genauefte Kenntnifs der fpäteren griechifchen Sprache
in allen ihren Entwickelungsphafen und Nüancen, eine
Einficht in den gefchichtlichen Verlauf der Dinge, der
kein Detail verborgen blieb, eine virtuofe Kenntnifs der
Kirchenväter und der kirchlichen (cultifchen und rechtlichen
) Inftitutionen, ein phänomenales Gedächtnifs für
die Thatfachen und für ihre Behandlung in der Literatur,