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Ausgabe:

1890 Nr. 11

Spalte:

291

Autor/Hrsg.:

Rundle-Charles, Elis.

Titel/Untertitel:

Gegen den Strom 1890

Rezensent:

Löber, Richard

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Seite 1

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291

Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 11.

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fchiedener Factoren gefördert wird. Die Ueberfetzung ! an dies Mifsverftändnifs kehren auch in den Predigten
ift bisweilen unbeholfen, doch im Ganzen gut und lesbar, j wieder. Was die Ausführung angeht, fo ift oftmals die

Dresden. Lo b er.

Rundle-Charles, Elif., Gegen den Strom. Ueberfetzt v.
Elif. Klee. Anklam, Schmidt, 1889. (309 S. gr. 8.)
geb. M. 4. —

Frifch und munter befchreibt hier eine greife Engländerin
ihr Leben, das am Ende des 18. Jahrhunderts
feinen Anfang nahm. Die Schilderung des Selbfterlebten
macht, felbft wenn Unbedeutendes zur Sprache kommt,
einen befferen Eindruck als die nach einem gewiffen
Schema erfundene Gefchichte. Darin, dafs die Verfafferin
auch forgfältig ausgeführte Miniaturbilder in ihrGefammt-
bild hie und da wirkfam einordnet, dürfte fie an ihren

Landsmann W. Scott erinnern. Sie hat in ihrem langen j eine Charakteriftik des alten Adam gegeben und im 2

Befchränkung auf den Text und die gründliche Ausnutzung
desfelben zu vermiffen. Schon bei dem Ueber-
gang vom Texte zum Thema kommt der Verfaffer nicht
feiten auf ganz entlegene Dinge zu fprechen; aus dem
altkirchl. Evangelium zum I p. Epiph. fchöpft er das
Thema: Eltern, die an ihren Kindern Freude erleben.
Bei der Gefchichte von Jefu Verklärung wird der Satz
aufgeteilt: auch du follft verklärt werden! Theilung:
wie gelang ich zur Verklärung, 2. wo find ich die Verklärung
, 3. worin befteht die Verklärung? Am Pfingftfen
ftellt der Verf. in einer Predigt über Hefekiel 36, 26. 27
das Thema auf: die umwandelnde Kraft des heil. Geiftes,
und behandelt dasfelbe in folgenden Theten: 1. erft alles
alt, 2. dann alles neu. Statt dafs die Ausdrücke behandelt
werden, welche der Text bietet, wird im I. Theu

Leben oft gegen den Strom fchwimmen, Widerwärtiges
erfahren müffen; aber der Umftand, dafs fie dadurch zu
einem Charakter gebildet ward, läfst ihr zuletzt auch
Räthfelhaftes in wohlthuender Beleuchtung erfcheinen.
Zwar bleibt ihr auch fpäter noch manches Dunkel unge-
lichtet; aber der hellftrahlenden Punkte find fo viele, dafs
fie von denfelben fchon im Voraus das Licht in dunkle
Gebiete dringen fieht.

Als Ausgangspunkt und als Ziel aller bedeutfamen
Lebensentwicklungen gilt ihr die charaktervolle Per-
fönlichkeit, und daher hat fie einen klaren Blick für das
Eigenthümliche der in ihren Gefichtskreis tretenden Men-
fchen, die durch Andere geiftig gehaltet wurden oder auf
ihre Umgebung einen beftimmenden Einflufs übten. Die
alle menfchlichen Lebensgebilde überragende und in
ihrem Werden beftimmende Perfon fieht die Verfafferin
in Jefus Chriftus; durch den Anfchlufs an ihn vermochte
fie nicht nur gegen den Strom zu fchwimmen, fondern
auch pofitiv fördernd auf Andere zu wirken.

Durch das ganze Buch hindurch wird uns von der

Theil ausgeführt, wie der h. Geift das Herz weich, fromm
und himmlifch macht; zum Schlufs kommt die Mahnung:
Reifs aus den alten Adam und pflüg' ein neues! Bei einer
folchen Vermifchung ganz verfchiedener Bilder können
Hörer und Lefer nicht leicht zur Klarheit kommen.
Der Verfaffer felbft fpricht fich fo befcheiden über feine
Arbeit aus, dafs wir nur ungern folche Ausftellungen
machen. Für den Zweck, welchem fie dienen follen.
find die Predigten durch die gute Ausftattung des Buches
ganz befonders geeignet.

Halle aS. A. Wächtler.

Holthusen, Paft. L., Predigten über die Episteln des Kirchenjahres
. Gütersloh, Bertelsmann, 1889. (119 S
gr. 8.) M. 1. 50; geb. M. 2. —

Das Heft bringt nur 10 Predigten, ohne dafs eine
Begrenzung des umfaffenderen Titels oder eine Fort-
fetzung angedeutet wird. Die Texte bilden Epifteln
Verfafferin in fehr lebendiger und anfprechender Weife ; vom x Advent bis zum Epiphaniastag, welche nur zum

gezeigt, wie das flille Leben ihres Vaterhaufes vielfach xheii mjt fem altkirchlichen Perikopenverzeichnifs überberührt
wurde von den Kämpfen der Völker im Anfang
unferes Jahrhunderts und wie die englifchen Colonien
auch engen, in fich abgefchloffenen Kreifen Anlafs gaben,
das Werk der Sclavenbefreiung und der Miffion von der
englifchen Heimath aus trotz vieler Hindernifse zu för-

einftimmen. Die Predigten zeugen von einem ganz aufser-
ordentlichen Fleifse; diefelben bringen nicht nur eine
überrafchende Fülle von Stoff, fondern der Stoff ift
wohlgeordnet, jede einzelne Abtheilung und Unterabtheilung
in fich abgerundet und nach allen Seiten hin

dem. Die Verfafferin verfteht es, treffllich zu fchildern, j vervollftändigt. Die einzelnen Theile gleichen den wohl
wie auf allen Lebensgebieten nach Einem grofsen Welt- gearbeiteten Gliedern einer Kette, aber es fehlt die alles
gefetz gerade das zu gutem Ziele kommt, was inmitten j verbindende Einheit; auch die kunftvolle Ordnung, welche

feindlicher Strömungen fich behaupten konnte. Scharfe
kritifche Selbftbeobachtung hat der Verfafferin auch für
ihre univerfale Weltbetrachtung den Blick gefchärft, und

mit fo viel Mühe hergeftellt ift, vermag diefelbe nicht
hervorzubringen, weil die Gefichtspunkte für diefelbe
mehr von aufsen hinzugetragen, als von innen heraus-

ihr überlegenes Urtheil giebt ihren Erzählungen bisweilen genommen find. Der Eingang, welcher auf das Thema
die Farbe jener vornehmen leichten Ironie, die einem | hinführen foll, geht in der Regel von der Zeit des Kir-

gereiften und weitfchauenden Geifte eigenthümlich ift,
Dresden. Löber

chenjahres aus und gliedert fich in vier locker verbundenen
Abfätzen, aber das Thema tritt trotz diefes grofsen
Apparats dem Hörer und Lefer völlig überrafchend entgegen
. Ein Beifpiel mag genügen; wir nehmen dazu die
Predigt zum 1. Advent: Eingang: 1. Der heutige Tag
ift ein Sonntag, 2. ein Adventstag, 3. ein Herbfttag,
4. ein Neujahrstag. Thema: Chriften rüftet euch
auf die Wiederkunft des Herrn, 1. fchauet dem
Herrn entgegen, 2. kämpfet, 3. wandelt ihm entgegen.
Ausführung: 1. die Zeit zwifchen uns und dem jüngften
Tage ift fo lang, dafs wir ihre Länge nicht abfehen
können; wir find blind, taubftumm und todt. 2. Der

Frobenius, Pfr. Otto, Wie werd' ich glücklich? Wie werd'
ich selig? Ein Jahrgang Predigten über die evange-
lifchen Perikopen nach der Auswahl des Prof. Tho-
mafius. Gotha, Schloefsmann, 1889. (VIII, 468 S.
gr. 8.) M. 5. —

Dies Predigtbuch foll dem Bedürfnifse dienen, dafs
den Gemeinden in den Lefegottesdienften auch andere
Predigten als folche über die alten Perikopen geboten j Raum zwifchen uns und der Wiederkunft Chrifti ift fo
werden. Deshalb hat der Verfaffer die Thomafius'fchen | breit, dafs wir ihn mit unferer Hand nicht abmeffen
Perikopen feinen Predigten zu Grunde gelegt, wenn auch i können; es gilt zu kämpfen gegen den Feind in uns,
nicht ausfchliefslich, denn unter den 69 Predigten find I vor uns und über uns. 3. Das Feld ift fo weit, dafs wir
wohl zwölf und mehr über die alten Perikopen oder 1 feine Weite nicht mit unfern Füfsen abtreten können:
andere Texte. Mindeftens mifsverftändlich ift der Titel, [ da gilt es zu wandern mit ficherm Fufs, mit behendem
indem derfelbe den Gedanken erweckt, als ob man erft ; Fufs und mit langfamem Fufs! In ähnlicher Weife ift
glücklich werden müffe, um feiig zu werden. Anklänge I jede Predigt angelegt und ausgeführt. Die Bemühungen