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Ausgabe:

1890 Nr. 10

Spalte:

257-259

Autor/Hrsg.:

Wilkens, C. A.

Titel/Untertitel:

Geschichte des spanischen Protestantismus im 16. Jahrhundert 1890

Rezensent:

Kawerau, Gustav

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257 Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 10. 2;8

Schreibens dadurch, dafs Dibelius dasfelbe nur mit /Bruder
Martin' unterzeichnet fein läfst, während Luther hier

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eer j'laiU11" unterzeicnnei iciu ia.^, ,
be r mit gutem Bedacht feine vollen Klofterwürden

der M^ hat Zu S- 83 mochte ich an die doch auch
Meifsner Vifitation dienende neue Ausgabe des
5 ntetnchts der Vifitatoren' (vgl. die Ausgabe von Weber
ÄlifD er'nnern- und zu S. 85 hervorheben, dafs die
erft mmung der Reformatoren über den Verlauf der
wi i h Station und UDer das Verhalten des Herzogs
y e der Meifsner felbft m. E. eine noch weit kräftigere
^eichnung verlangt (vgl. z. B. de Wette V 229, Brief-
cchfel des J. Jonas I 339. 364), als hier gefchehen ift.
K'el- G. Kawerau.

w'lkens, Dr. C. A., Geschichte des spanischen Protestantismus
im 16. Jahrhundert. Gütersloh, Bertelsmann,
1888. (XV, 259 S. gr. 8.) M. 4- —; geb. M. 4. 80.
Der Verfaffer, einer der wenigen Kenner des fpani-
ichen Proteftantismus der Reformationszeit und der For-
ichungen, welche uns in neuerer Zeit die fpärlichen Refte
evangelifch-fpanifcherLiteratur Wiederaus Licht gezogen
haben (vgl. Zeitfchr. für Kirchengefch. Bd. X.), bezieht fich
jm Vorworte auf eine Bitte, die an ihn ergangen fei, ,den
kurzen Tag der Wirkfamkeit der alten Reformiftas' zu
Jchildern. Es war der Verein für Reformationsgefchichte,
der ihm diefe Bitte vorgetragen, da es entfehieden ein
bedürfnjfs ift, die fchon um der fprachlichen Schwierigkeiten
willen nur Wenigen zugänglichen Forfchungen in
zufammcnfaffender Darftellung weiteren Kreifen zu er-
'chliefsen. Mit grofser Freude hat der Verfaffer fich
diefer Aufgabe unterzogen. Wenn gleichwohl feine
bchrift nicht als eine Publication des genannten Verdes
, fondern als felbftändiges Buch erfcheint, fo fei
hier bemerkt, dafs es vor allem der Umfang der Arbeit
War, um deswillen das Redactionscomite fich dazu gedrängt
fah, den Verfaffer um felbftändige Veröffentlichung
Zu bitten, da ihm zu ftarke Kürzungen zugemuthet werden
mufsten, wenn fein Manufcript auf den herkömmlichen
Umfang der Vereinshefte zurückgefchnitten werden
follte. Es ift mir ganz befonders Gegenftand der
Freude, dafs die verdienllliche Arbeit des Verfaffers nun
unverkürzt ihren Weg in die Oeffentlichkeit gefunden
hat. Eine Darftellung der fpanifchen Reformationsbe-
wegungen wird dadurch eine fo fchwierige Aufgabe,
dafs unter der Ungunft der Verhältnifse es dort nirgends
zü einer gröfseren Gemeindebildung hat kommen können
und dafs auch nicht eine einzelne Perfönlichkeit als
Führer der ganzen Bewegung bezeichnet werden kann.

Es handelt lieh um kleine Kreife, um fchnell wieder 1 <>u»,»w*. u ^ u^..„,

Unterdrückte Zuckungen eines neuen religiöfen Lebens, 1 wird nicht möglich fein, hier zwifchen Luther und den
um eine Anzahl einzelner Perfönlichkeiten, die auf den | fymbolifchen Büchern zu fcheiden. Ebenfo möchte ich

den einzelnen evangelifch gefinnten Spaniern in und
aufserhalb ihres Mutterlandes und mit der von ihnen
verfafsten evangelifchen Literatur bis hin auf die fpa-
nifche Bibel des Cipriano de Valera 1602 bekannt gemacht
. Das dritte Capitel befchreibt die fchauerliche
gewaltfame Unterdrückung der kleinen proteftantifchen
Häuflein feit 1558. Man darf nur bedauern, dafs uns
der Verfaffer nicht durch ein Namenregifter oder durch
detaillirte Inhaltsangaben das Auffinden einzelner Per-
fonen in feiner Arbeit erleichtert hat. Die vielfeitige
Bildung des Verfaffers macht es ihm zum Bedürfnifs,
in einem Stile zu fchreiben, der einerfeits fich dem Co-
lorit des Landes und Volkes, von denen er erzählt, mög-
lichft annähert, andererfeits durch Parallelen aus alter
und neuer Zeit das Nachdenken des Lefers in Anfpruch
nimmt. In erflcrem Intereffe mifcht er nicht allein
Schilderungen der Landfchaft und der Städte Spaniens
wiederholt ein, fondern würzt auch feine Rede häufig
mit fpanifchen Sprichwörtern und mit vielfachen Beziehungen
auf fpanifche Literatur, Kunft und dergleichen.
So fehr er dadurch feiner Darftellung einen künftlerifchen
Reiz verleiht, fo will mich doch bedünken, als ob er
damit zugleich die Leetüre feiner Schrift erfchwert habe.
Denn nur wenige find in fpanifchen Verhältnifsen fo hei-
mifch wie der Verfaffer und manche feiner Anfpielungen
und Andeutungen wird unverftanden bleiben; jedenfalls
rücken die Dinge dadurch uns nicht näher. Was feine
Arbeit auszeichnet, ift ein feltenes Streben, auch dem
Gegner gerecht zu werden. Die Verfuchung liegt ja
nahe bei der Darftellung einer Märtyrergefchichte ohne
Gleichen, bei der Aufdeckung des uns fo unheimlichen
und widerwärtigen Inquifitionskatholicismus Philipp's II.,
dem Gefühle des Widerwillens ftarken Ausdruck zu
leihen und das pfychologifche Verftändnifs für den Gegner
zu verlieren. Um fo höher fchätze ich gerade die
Partien des Buches, die es fich fo ernftlich angelegen
fein laffen, dem Gegner Gerechtigkeit widerfahren zu
laffen. Aufgefallen ift mir, dafs er dabei die fymbolifchen
Bücher der lutherifchen Kirche von der Lehre, dafs der
Papft der Antichrift fei, freifpricht und in diefer nur
einen Privatirrthum Luthcr's erblicken will. Er behauptet,
das Bekenntnifs lehre nur, den Papft zu fliehen ,wie' den
Antichrift. Hat er nicht Art. Sma/c. p. 348 gelefen.
,planc notae Anticliristi competunt in regmivi papae et stta
n/en/bra'} Vcrgl. auch Apol. p. 149 u. 208 ,papatus er/t
pars regni anticliristi, si sie defendit l/unianos cultus, quod
i/tstificenf. Die von ihm angezogene Stelle vergleicht
daher auch nicht den Papft mit dem Antichrift, fondern
fagt beide identificirend'): ,Alle Chriften follen vom
Papft und feinen Gliedern oder Anhang, als von des
Antichrifts Reich, weichen und es verfluchen'. Es

CHIC ZT.IIZ.ciIH C1IUHUM »

enchiedenften Wegen mit der evangelifchen Heilslehre
ekannt werden; ja zu einem beträchtlichen Theile mufs
ich die fpanifche Reformationsgefchichte aufserhalb
^Paniens abfpielen. Für den Gefchichtsfchreiber diefer
ewegung er wachten daraus ungewöhnliche Schwierigkeiten
. Es ift nicht möglich, über ein Nebeneinander
'ner Menge einzelner Daten und Schilderungen hinauskommen
. Wer diefe Schwierigkeiten bedenkt, wird
ern Verfaffer daraus keinen Vorwurf machen können,
als feine Darfteilung der erwünfehten Ruhepunkte und
entkÜuerllchtlichcn GruPPirunS des Stoffes im Einzelnen
tbehrt. Er hat uns all die Einzelheiten, die es zufam-
"»enzuftellen galt, nur unter die drei grofsen Capitelüber-
änften »Eingang', »Ausgang' und »Untergang' gebracht,
lirh TUrzefle Capitel, der Eingang, fchildert die kirch-
lif h gC SPaniens am Ende des Mittelalters, die katho-

g chen Reformverfuche und die an die Schriften des 1----

rasmus anknüpfende geiftige Bewegung kleinerer ge- j ,0 Es fei darauf aufmerkfam gemacht dafs unfere Svn,k„i <,
Jddeter Kreife des Volkes. Das zweite Capitel nimmt ' £27 .oft Weife gebrauchet, £?tfafe pTaS ST ^ «T

de" gröfsten Raum in Anfpruch. Hier werden wir mit ! Z? Ä^rTw?'' * ''Tf V°"Ln f^ W-ßl*J8

■ as «anre VVelen von Perfonen oder Dingen gefällt wird.

anmerken, dafs Wilkens — unter dem Schutz der Autorität
Ranke's — die Inquifition noch als /kirchliche Staatsanftalt
' bezeichnet. Ift es ihm entgangen, in welchem
Mafse das Urtheil über diefen Punkt fich neuerdings geändert
hat? Ich verweife ihn nicht allein auf Benrath's
Bemerkungen in HRE* VI 740, fondern auch auf die
bemerkenswerthen Ausführungen von Paftor, Gefchichte
der Päpfte II 545, der fie als ,ein gemifchtes Inftitut mit
vorwiegend kirchlichem Charakter' bezeichnet, ,ein geift-
licher, aber mit königlichen Waffen ausgerufteter Gerichtshof
. Der Verfaffer hat von feiner perfönlichen
Glaubensftellung keinen Hehl gemacht und kargt auch
nicht mit fcharfen Urtheilen gegen kirchliche Richtungen,
die ihm nicht gefallen. Mancher Lefer wird ihm darin
nicht überall folgen können, z. B. in der kurzen Abfertigung
» die Butzer mit feiner ,kurzfichtigen oberfläch-