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Ausgabe:

1890

Spalte:

237-239

Autor/Hrsg.:

Kolde, Th.

Titel/Untertitel:

Luthers Selbstmord. Eine Geschichtslüge P. Majunkes, beleuchtet von Th. K. 3. verb. u. verm. Aufl 1890

Rezensent:

Kawerau, Gustav

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Somit ai,., ■ , ■ n—11-1------ '------ 1 den der Ultramontanismus heutigen Tages bereits im

politifchen Leben zu üben Gelegenheit findet, macht (ich
auf diefem Gebiete als ein Bann geltend, der nur durch
eine energifche Gegenwehr befeitigt werden kann. Kolde
verweilt in feiner Schrift auf das lehrreiche Factum, dafs
ein freiconfervatives Blatt wie die fchlefifche Zeitung
fogar das Inferat über feine Schrift verweigerte, wenn
nicht Majunke's Name zuvor daraus getilgt würde. Und
ich felbft habe es kürzlich erlebt, dafs ein gröfseres

fe^ÄÄÄSÄ i hehl, die S«ch„,h. erhalten weilte. Dieter

denSchlufs aus i Cor 11,26. Weiter die Epiklefe [pos

™>*us mit AlUlujah gefungen, eine Parallele zum byzan-
t'nifchen Cherubicon Dann Verhüllung der Opfergaben
u"d ein Gebet über fie (mail. oratio super sindonem),
d?s mit einer Gebetsvermahnung {praefatw missac) beginnt
und mit der collcctw ichliefst. Dann Verlegung der
f'Ptychen und collectio post nomina. Darauf Fnedens-
ku/s und collectio ad pacem. Es folgt das uralte eucha-
r'ftifche Gebet Uontestatio immolatio illatio = «vctifOQu
entfprechend der röm. praefatio) mit dem Sanctus. Die
darauf r„i----• " • - der gnechilchen

[post Bann kann nur dann befeitigt werden, wenn weiteften
»'}'sterium, Vost'Pridie'post secretd]. Auch dies Gebet evangelifchen Kreifen die Augen geöffnet werden über

den Feind, der mit feinen literarifchen Freifchaaren
fchon fo tief in unfer eigenes Lager vorgedrungen ift.

Es war fachlich nicht gerade eine fchwere Aufgabe,
die alte Lüge vom Ende des 16. Jahrhunderts, die Ma-
junke wieder ausgegraben hat, und dazu den ,wiffen-
fchaftlichen' Aufputz, den er ihr zu geben verfucht hat,
zu widerlegen; aber fchwer war es, einem folchen Gegner
gegenüber die parlamentarifche Ruhe zu bewahren,
die erforderlich ift, um auch bei denen, die das gefchicht-
liche Material nicht beherrfchen, den vollen Eindruck
einer fiegreich verfochtenen Sache zu gewinnen. Das hat
Kolde vortrefflich verftanden. Er hat die Mühe nicht
gefcheut, dem Gegner auch auf Schleichwegen durch
fehr fchwer zugängliche Litteratur nachzugehen und hat
dabei eine felbft auf diefem Gebiete katholifcher Luther
literatur ungewöhnliche Unwahrhaftigkeit und Kunft
der Gefchichtsverfälfchung aufgedeckt. Zu allem bereits
in den früheren Auflagen Erwiefenen hat er in der
dritten Auflage noch den Beweis hinzufügen können,
dafs Majunke nicht davor zurückfehreckt, eine boshafte
Schilderung, welche der 1522 verdorbene Humanift Lon-
golius von Ulrich von Hutten gegeben hat, feinen Lefern
als eins der älteften Zeugnifse über Luther's Tod aufzustellen
! Leider hat Kolde noch nicht völlig ins Klare
bringen können, ob die von Majunke citirte Schrift des
Jefuiten Conrad Andrea von 1606 ,der wunderthätige
Luther', der er eine feiner fabelhafteften Nachrichten entnommen
haben will, wirklich exiftirt; ich kann der grofsen
Reihe von Bibliotheken, bei denen Kolde vergebens
nach diefer Schrift gefragt hat, noch die Wolfenbütteler
hinzufügen. Man wird nur fchwer glauben wollen, dafs
Majunke wirklich eine gar nicht exiftirende Schrift als
Zeugen angezogen haben follte. Freilich vor directer
Fälfchung eines Citats Luther's ift diefer neuefte Wider-
facher nicht zurückgefchreckt, wie Kolde treffend er-
wiefen hat. In der zweiten Auflage hat M. freilich ftill-
fchweigend — wir dürfen hinzufügen, gewarnt durch die
Kölnifche Volkszeitung — feine Fälfchung zurückgezogen
; charakteriftifch aber ift es, dafs jenes ultramontane
Blatt doch nur, indem es auf diefes Falfum auf-
merkfam machte, befchönigend von einem ,fehr unge-

de Iv n'Cht immer die Idee der Herabkunft des h. Geiftes
utlich aus. Es folgt die Fractio unter dem Gefang
co ^ ^ntlPnone, das vom Volk gebetete Vater Unfer, die
ufftlXti° mit dem ■Sa/icta Sanctis. Weiter die durch die
* derunil> d'e Häupter zu beugen, eingeleitete Seg-
jn nS des Volkes durch den Bifchof, ein Gebrauch, der
Fr p ?r'ecmTchen Liturgie feine Parallele hat, und in
hat" 'Cn die Einführung des römifchen Ritus überlebt
C0 cn heute befteht er in Lyon. Alsdann findet die
mmunion ftatt unter dem Gelange eines Liedes, das
de rndanus Trecanum nennt und in dem er das Myfterium
deF Ar'.mtät erblickt. D. zeigt aus der moz. Liturgie,
m Miffale von Stowe, dem Antiphonar von Bangor,
d|us es ein Stück des 33. Pfalms ift, deffen Gebrauch an
de Tr Stelle die Ap. Conftitutionen, Cyrill, die Liturgie
Ves Jacobus bezeugen. Den Schlufs bildet die Gebets-
p pahnung post communioiietn mit der collectio und die
dnUaffung. (Jbwohl auch die übrigen Capitel des Buchs
ue^ mtereffanten viel bieten — in Bezug auf Ordination
la Kurchwcihe ift D. zu einigen neuen Ergebnifsen ge-
j nSt —, fo ift Verf. doch der Meinung gewefen, dem
di tf"1^6 der Keffer mit einem eingehenderen Bericht über
fcL ?r§ebnifse der Unterfuchungen D.'s über die Gefell
tC der Mefsliturgie am heften zu dienen. Es ift
, .r zu wünfehen, dafs das ausgezeichnete Werk auch
ei Uns die gebührende Beachtung finde.

G»efsen. J. Gottfchick.

Ko'de, Prof. Dr. Th„ Luthers Selbstmord. Eine Gefchichts-
lüge P. Majunkes, beleuchtet von Th. K. 3. verb.
u- verm. Aufl. Leipzig, Deichert Nachf., 1890. (IV, 45
S. gr. 8.) M. —.60.

Noch immer gilt es in unfern Kreifen als controvers,
es überhaupt geboten fei, auf gewiffe Erzeugnifse der
'cramontanen Gefchichtsfchreibung mit fachlichen Wi-
verhzgungen zu antworten. Man hört wohl fagen: Jeder
erftändige Menfch weifs ja, was er von dergleichen
c|inften zu halten hat, und die Wahrheit geht unbeirrt
f Ur.ch all diefe kleinen Künfte einer tendenziöfen Ge- ,

, "entsverdrehung ihren Weg'. Aufserdem verweift man | nauen Citat' zu reden wufste. Auch abgefehen von dem

Uns darauf, dafs all unfere Entgegnungen doch nicht in
a'e Kreife der katholifchen Bevölkerung gelangen und
,3rum ohne Erfolg bleiben. Ja man könnte wohl den
Kanon geltend machen wollen, dafs denen gegenüber,
Ve»che nun einmal principiell die Wahrheit nicht wollen,

augenblicklichen Anlafs, der Kolde's Schrift hervorgerufen
hat, wird diefelbe durch das reiche urkundliche
Material, 'das darin verarbeitet ift — die Briefe des
Fürften Wolfgang von Anhalt und des Grafen Albrecht
aus der Nacht des 18. Februar find z. B. hier zum erften
i^in ancremeffene" Antwort Mal getreu nach dem Original veröffentlicht — ihren
confequentes Ignonren die allein angemellene Fnmovi » behalten. Auch folche, die eines

^pGlemhwohl b^OJU^AcJ^»^^>^[ ghutzes gegen Majunke'fche Gefchichtslügen nicht be-

age, dafs wir mit diefem vornehmen Ignoriren einen
Urchaus verkehrten Weg einfchlagen würden. Denn die
j. "atfache läfst fich nicht leugnen, dafs die ultramontane
Katherliteratur der letzten Jahre gerade in evangelifchen
Kreifen weite Verbreitung gefunden und ein geradezu
rffaunliches Gefühl der Unficherheit jenen mit foviel
^£nfequenz betriebenen Angriffen gegenüber erzeugt hat.

dürfen, feien daher auf diefelbe aufmerkfam gemacht.
Zu Kolde's Kritik von Majunke's fabelhafter Erklärung
des Wortes ,sextarius' (Schoppen) durch ,5 bis 6 Quart'
(S. 16) möchte ich noch auf Luther's Brief vom 7. Februar
1546 De Wette V, 788 aufmerkfam machen, denn
da erzahlt Luther felbft von der Spende füdlichen

u trage nur einmal unter unfern Gebildeten umher i Weines, die er täglich vom Eislebener Rath erhielt, giebt
dnd man wird mit Staunen den Einflufs bemerken, den 1 auch das Quantum an. Aber freilich, er fetzt auch hinzu:
K'le Literatur thatfächlich ausübt. Der Terrorismus, | ,Zuweilen trink ich's mit meinen Gefeilen'. _ Es