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Ausgabe:

1889 Nr. 5

Spalte:

127-130

Titel/Untertitel:

Die Bibel oder die heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments, nach der deutschen Uebersetzung Dr. M. Luthers. 1. Lfg 1889

Rezensent:

Schlosser, Georg

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Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 5.

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Segenswerk. Und dazu find, wie mich bedünkt, an ihrem I Gründen lieber auf Darftellungen Gottes verzichtet hat.
Theil und an ihrem Ort auch die Bibelauszüge, befonders : So weit möchte ich aber doch nicht gehen, dafs ich
die Glarner Familienbibel, berufen. jedes Erfaffen des Höchlten durch finnliche Darfteilung

Giefsen. Gg. Schloff er ' durcn die Ehrfurcht vor ihm ausgefchloffen erachtete.

,Bibelwidrig' ift doch eine folche Darftelluns' ficherlich

Die Bibel oder die heilige Schrift des Alten und Neuen

nicht, da uns die Bibel vielmehr Gott beftändig menfch-
lich mit den Menfchen verkehrend fchildert, und von

Teftaments, nach der deutfchen Ueberfetzung Dr. M. ; der höchften Gottesoffenbarung bezeugt: ,Das Wort
Luthers. Mit 100 chromogr. Vollbildern nach deut- ward Fleifch und wohnte unter uns', ich wüfste viel-
fchen, italiehifchen, fpanifchen, holländifchen und > mehr gar nicht, wie eine ,Bilderbibel', die den ge-
franzöf.fchen Künftlern und einer Haus- und Familien- faramt5" lnl™lt der Schrift wenigftens in feinen hervor*
n, ., , . ~ • .. , : 'r , „ ragendlten Momenten zur Anfchauung bringen will, der

Chronik nach Conkurrenz-Entwurfen deutfcher Orna- perfönlichen Gottdarfteilung entrathen könnte. Es müfste
mentikcr und Kalligraphen. (In 50-60 Lfgn.) 1. Lfg. dann fchon ein guter Theil gerade der fchönften altteftl.
Wandsbeck, Seitz, 1887. (VII, 32 Sp. m. 2 Chromo- Gefchichten von der Darftellung ausgenommen werden,
lith.) M. 2. 50. otler man müfste fich mit Erfatzmitteln fehr zweifelhafter

rv o-u 1 j n. j- ij •!■ e 1 <v , »d Art begnügen, Allegorien, oder, wie in manchen alten

2. D.e Bibel das ift die ganze Heilige Schrift des Alten ßiiderbibeln, dem Namen Jehovah im Glorienfchein, die
und Neuen Teftaments nach Dr. Martin Luthers jn ihrer künftlerifchen Unzulänglichkeit nur noch ftören-
Ueberfetzung. Mit Bildern der Meifter chriftlicher der wirken. Wer wollte es auch einem frommen Maler
Kunft. Hrsg. von Diak. Dr. Rud. Pfleiderer. 1—4. wehren, wenn er fein höchftes Können an die höchrte
Lfg. Stuttgart, Süddeutfches Verlags-Inftitut. (1888). t ZU fetzen fich getrieben fühlt und wer dürfte

,,-fj c ' Wf Darftellungen von folch gewaltiger Erhabenheit, wie die

(IV, 32 b. gr. 4.) a M. —. 50. bekanntenMichelangelo's, mitRechtden Vorwurf machen,

Beide Bilderbibeln dürfen, fo weit fie vorliegen, zum , dafs fie die Ehrfurcht gegen Gott verletzen? Da aber
Heften, was diefe Zeit auf unferem Gebiete hervorge- 1 freilich nicht lauter Meifter, wie Michelangelo, in einem
bracht hat, gerechnet werden. folchen Werke zum Worte kommen können, fo werden

1. Die erfte, hervorgegangen aus der Kunftanftalt von ; es, wie gefagt, die Bibellefer dem Flerausg. vielleicht
Guft. W. Seitz in Wandsbeck, bietet zu jeder der vor- ! danken können, wenn er fie durch gröfsere Strenge der
gefehenen 60 Lieferungen zwei grofse chromographifche Beurtheilung in diefem Punkte vor Eindrücken, die ihr
Vollbilder in der künftlerifch vollendeten Weife, die man frommes Gefühl beleidigen würden, bewahrt hat.
an den Werken diefer Anftalt kennt. Für die Heraus- Zwei andere Bedenken könnten aber vielleicht von

gäbe diefes Werkes war nach dem Vorwort ein doppel- Seiten der Bibellefer erhoben werden, einmal gegen
ter Gedanke mafsgebend: einmal ein kirchlicher, der die Auswahl der Bilder, zum anderen gegen das, was
Wunfeh, die fo weit vorgefchrittene Technik des Bil- gerade der befondere Stolz diefes Werkes ift, die far-
derdrucks in Farben auch einmal der Bibel, ,dem vor- bige Wiedergabe derfelben.

nehmften geiftigen Hausrath', zu gute kommen zu laffen J Was die Auswahl der Bilder anlangt, fo werden
und fie mit den allerbeften Leiftungen diefer Kunft zu vom Standpunkte chriftlicher Frömmigkeit aus zwei Grund-
fchmücken; zum andern ein künftlerifcher, die Hoffnung, forderungen an eine Bilderbibel erhoben werden müffen:
dafs die Anziehungskraft der Bibel eine ftärkere Nach- zum erften dafs die Bil der au s dem Geift der Schrift
frage bewirken, und es fo ermöglichen werde, die Preife g c fchöpft und daher geeigne t find,das Verftä ndni fs
fo niedrig zu ftellen, dafs die um ihrer hohen Her- ; der Bibel zu fördern. Wie können, um nur eines zu
ftellungskoften willen verhältnifsmäfsig noch wenig ver- erwähnen, folche Darftellungen, wenn fie durch liebebreiteten
Erzeugnifse der Chromographie weiteren Kreifen j volles Verfenken in die Erzählungen der Schrift eine
zugänglich gemacht werden. Wir können nur wünfehen, ; Mannigfaltigkeit von einzelnen charakteriftifchen Zügen,
dafs diefe Hoffnung fich in reichem Mafse erfüllen möge, die fonft leicht überfehen werden, an das Licht ziehen,
Der Bibellefer, wie der Kunftfreund werden gleicher- j uns zu einer lebendigen Anfchauung und Vergegenwär-
mafsen dabei ihre Rechnung finden. Den Bibelfreund ; tigung des Gotteswortes verhelfen. Wie unendlich viel
mufs es fchon angenehm berühren, dafs die grofse Sorg- hat in diefer Beziehung z. B. Dürer durch feine Paffionen
falt, die auf diefes Werk verwendet ift, in wohlthuender zum Verftändnifs der Leidensgefchichte beigetragen. Von
Weife die dem Worte Gottes gegenüber geziemende diefem Gefichtspunkt aus find aus einer Bilderbibel alle
Pietät bekundet. So find z. B. zur Herftellung der Bilder j profanen Darftellungen ausgefchloffen, alle folche, welche
lediglich Originalplatten verwendet. Druck und Papier ' den geiftigen, religiöfen oder fittlichen Gehalt des Gegenfind
vortrefflich. Als Text ift der unveränderte Luthe- I ftandes nicht in erfter Linie zu feinem Rechte kommen
rifche nach der Canfteinifchen Ausgabe beibehalten. laffen, welche die biblichen Gefchichten nur als Stoff

Aus Gründen der Pietät hat der Herausgeber auch nehmen, um daran ihr Können zu zeigen, oder fie doch
geglaubt, perfönliche Gottdarftellungen ausfchliefsen zu i rein äufserlich, fleifchlich aufraffen. Und da mufs Ref.
follen, weil ,eine folche nicht nur bibelwidrig, fondern , denn geftehen, dafs das der erften Lieferung beigegebene
dem Gottesideal felbft von der höchften künftlerifchen j bekannte Bild Adrians van der Werft": ,Verfto(sung der
Auffaffung auch nicht annähernd genügt werden kann'. ., Hagar' ihm allerdings nahe an der Grenze zu flehen
Ref. kann diefem Bedenken infofern beiftimmen, als I fcheint, an der profaner und biblifcher Charakter fich
folche Gottdarfteilungen immer etwas mifsliches haben. 1 fcheiden. Das Bild ift meifterhaft wiedergegeben, und
Die völlige Unzulänglichkeit menfehlicher Vorftellungen j wird als Probe chromographifcher Kunft jeden Kunft-
und menfehlicher Darftellungsmittel diefem höchften freund entzücken. Aber der üppigen Ilagar merkt
Gegenftand gegenüber werden auch bei den gröfsten j man es doch allzufehr an, dafs der Maler dabei mehr
künftlerifchen Leiftungen nur fchwer zu einer reinen j an die Darftellung des Fleifches, als an den in jener
Freude gelangen laffen. und mangelndes künftlerifches Gefchichte fich erzeigenden Gottesrath gedacht hat, und
Vermögen wird immer das Gefühl wach rufen, dafs 1 der hier von feiner fchwachen Seite aufgefafste Abraham
hier die Gott gegenüber gebührende ehrfurchtsvolle ift wenig geeignet, den Gottesmann des alten Bundes
Scheu verletzt fei. Ich kann es daher auch als keinen i den Herzen einzuprägen. Ueber das, was in den weite-
Mangel anfehen, wenn der Herausg. bei diefem Werk, i ren Lieferungen zu erwarten fteht, ift aus dem Verzeich-
das doch immer nur eine befchränkte Anzahl von Ab- I nifs allein nicht zu entfeheiden, und Ref. mufs fich deshalb
bildungen biblifcher Gefchichten bringt, aus folchen j fein Urtheil vorbehalten. Das Verzeichnifs weift jeden-