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Ausgabe:

1889 Nr. 5

Spalte:

114-116

Autor/Hrsg.:

Kolb, Georg

Titel/Untertitel:

Wegweiser in die Marianische Literatur 1889

Rezensent:

Reusch, Franz Heinrich

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Theologifche Literaturzeitung. 18S0. Nr. 5

114

Seine Grundanfchauungen hat der Verf. in der Ein- einen unfittlichen Cultus ausübt, noch auch politifch un-
lcitung dargelegt; die Darftellung felbft beginnt mit einer ! mittelbar gefährlich ift; und daraus erklärt (ich die milde
Ueberficht über das römifche Judenthum. Zwar hat (ich Praxis, das Verbot des cönqiärere und die Freilaffung des
Referent über Allard's Darftellung in allen Einzelheiten Verleugners. Gewifs ift die Thatfache anzuerkennen,
ein Urtheil gebildet, aber es ift hier nicht der Ort für eine dafs die ifolirten chriftlichen Gemeinden des Trajanifchen
alles Einzelne berührende Kritik; es mufs genügen, cha- , Zeitalters politifch ungefährlich waren, aber mit der Be-
rakteriftifche Anfchauungen des Verf.'s hervorzuheben, gründung der grofsen Kirche hat die Sache fich geändert.
Wichtiger als das hauptftädtifche Judenthum, von dem Und der römifche Staat hat diefe Aenderung erft wahr-
der Verf. handelt, ilt die Stellung der jüdifchen Gemein- genommen und Mafsregeln dagegen ergriffen, als es für
den in der Diafpora für die römifche Politik gewefen; ihn längfl zu fpät war.

es ift die Frage, wie lange die jüdifchen Privilegien, über Für die Beurtheilung des Hadrian, des Antoninus

die man jetzt0 bei Schürer einen lichtvollen Ueberblick > Pius und Marc Aurel durch Allard wünfchte man vor
findet, auch den Chriften zu Gute kamen. Aber nicht allen Dingen, er hätte Overbeck's Studien zur Gefchichte
um diefe Frage zu erledigen handelt Allard von den 1 der alten Kirche nicht nur gelefen, fondern auch auf fich
luden, fondern allein mit Rückficht auf die römifche , wirken laffen. Ferner wird die zweite Juftinifche Apo-
Chriftengemeinde, die er fich als wefentlich judenchrift- : logie wieder von der erften losgeriffen, als ob die enge
lieh vorftellt. Noch mehr als eine folche Auslegung des Zufammengehörigkeit der beiden Stücke nicht längfl durch
Römerbriefes befremdet ein Urtheil über die Apoftelge- Zahn erwiefen wäre. Für den füdgallifchen Chriftenprocefs
fchichte, die ein der Regierung des Claudius gleichzeitiges : möchte ich doch darauf hinweifen, dafs Vienna in der
Buch genannt wird. Die Neronifche Verfolgung habe fich Narbonenfis liegt und alfo nicht mit Lugdunum zu der-
nicht auf Rom befchränkt; dafs fie auch Pontus, Galatien, ; felben Provinz gehört; die juriftifche Verwerthung diefer
Kappadokien, Afien und Bithynien getroffen habe, fchKefst | Thatfache führt rückfichtlich der Verfolgung der Chriften

von Vienna zu einem hiftorifchen Refultate.

Pur die Behandlung der einzelnen Martyrien hat
Allard die epochemachende Unterfuchung von Duchesne
über die Quellen des martyrologium Hieronymianum noch
Traditionen vorgetragen. In den Unterfuchungen über nicht benutzen können; praktifch in hohem Grade ver-

der Verf. — aus dem erften Petrusbriefe. Auch ein
eigenes chriltenfeindliches Edict des Nero wird angenommen
. Ueber die Martyrien des Petrus, des Paulus und
in der Folge des Johannes werden unbedenklich die fpäten

Clemens und Domitilla folgt Allard, der Bearbeiter der wendbar ift diefelbe namentlich für das 3. und 4. Jahr
franzöfifchen Roma sotterranea, den Hypothefen von de : hundert. Ich zweifle aber, ob der Verf. diefe Bedeutung
Roffi; und überhaupt reproducirt er die Anflehten diefes [ ebenfo hoch wie Ref. anfchlagen würde, denn fein Ver-
Gelehrten, wo die Unterfuchungen deffelben die Be- 1 trauen geftattet ihm ohnedies einen ausgiebigeren Ge-
ziehungen zwifchen Staat und Kirche treffen. Ebendarum j brauch der hagiographifchen Literatur. Seine Methode
gehe ich hier nicht auf diefe Stücke ein; denn einForfcher in der Behandlung der Märtyreracten kann nicht für
vom Range de Roffi's, der fo genau und zuverläffig be- zuverläffig gelten; aber davon mehr bei der Befprechung
obachtet und referirt, kann den Anfpruch auf ausführliche ; der histoirc des persecittions pendant la premiire vioilie du
Motivirung erheben, wo man fich etwa gezwungen fleht, troisüme stiele.

von feinen Deutungen und Combinationen auf kirchen- Strafsburg i. Elf. K. J. Neumann.

hiltorifchem Gebiete abzuweichen. Und Abweichungen _ ----_------------------,__

werden fich eben unmöglich vermeiden laffen. Gewifs Schwarz, Guil., De vita et scriptis Juliani imperatoris. Bonn,
befitzt Mommfen ein volles Verftändnifs für die monu- Behrendt, 1888. (43 S. 8.) M. 1.20.

mentalen Leiftungen de Roffi's und geht gern fo weit ... .... . .

als irgend möglich mit ihm; aber bei gelegentlicher b;lne,f fn° anfpruchslofe ^vie fleifsige und nützliche

Kreuzuim mit den kirchenhiftorifchen Hypothefen des Arbeit- .^ff bie et *»nachft das Leben Jul.an's in
römifchen Gelehrten fleht er fich mehr als einmal zu einer Zeittafel der ahre 331-363 mit den Belagftellen
abweichendem Urtheil hingeführt. Und das Gleiche wie fur die chronologifchePixirung; einige zweifelhafte Punkte
für Mommfen gilt für den erften unter den jüngeren ka- werden genauer erörtert Es folgt eine fprachliche Unter-
thohfehen Kirchenhiftorikern, für Duchesne; neuerdings {"ch™S über die Echtheit mehrerer Briefe, unter ihnen
ha? flehTauch Ufener (religionsgefch. Unterf. I, 1889, , derer, a.n Jambhchos; der Verf folgt mit feinen Zufam-
S ->S6- S 18s A 89) in höchft beachtungswürdiger Weife i menftellungen über den Partikelgebrauch der Methode,
-eä'ufs'ert' - Die Domitianifche Verfolgung möchte ; dl(; Uittenberger in feinem bekannten Auffatze .Sprach-
Allard mit einer Weigerung der Chriften, die Judenfteuer lchc[ Kritenen fur die Chronologie der platonifchen Dia-
zu zahlen, motiviren&; wie ich glaube, nicht mit Recht. i £Be' ™ :Hermes. l6' l88l> S- Pl ff- empfohlen und er-
Die Chriftenfrage, die m. E. jetzt zum erften Mal als folche ! PTOb nat Auch die neuerdings von Papadopulos im
geftellt wird, wurde offenbar bei anderer Gelegenheit auf- I j>;frtema zum 16. Bande der Schriften des philologifchen
rfen. Die johanneifche Offenbarung aber zieht der : ayllogos zu konftantinopel S. 22-26 und im Rhein. Muf.

Verf. mit gutem Grunde für die Zeichnung der Domi- l°°7> =>■ 15^27 pubhcirten Briefe werden einer fol-

tianifchen Verfolgung heran; nur wird, wer von der cnen Unterfuchung unterworfen. Diefelbe führt für Brief
zureichenden Begründung der Vifcher-Harnack'fchen Hy- r~3 zu der Annahme einer Ueberarbeitung, mit der auch
pothefe uberzeugt ift, jetzt zu einer etwas anderen Verwerthung
der Apokalypfe hingeführt. Uebrigens hat man
durchaus kein Recht, von einem Edicte Domitian's zu

reden; und auf keinen Fall hat Domitian felber die Ver- : m uberfichthehen Indices vor.

folgung der Chriften einftellen laffen. Auch für die Be- Strafsburg i. Elf. K. J. Neumann

handlung der Plinianifchen Proceffe möchte ich manche

nach den Mittheilungen von Papadopulos im Rhein. Muf.
S. 17 f. in der That zu rechnen ift. Der Schlufs der
Differtation führt die Chronologie derJulianifchen Schriften

Aenderung in Vorfchlag bringen, auch der neueftenUnter- KoId- P- Georg> S. J., Wegweiser in die Marianische üte-

fuchung gegenüber; auf jeden Fall aber wäre eineRevifion ratur, zunächft für Maivorträge und Vereinsanfprachen.

des Urthals über das Trajanifche Refcript zu empfehlen. Eine Sammlung vorzugsweife deutfeher Werke der

Die inneren Widerfprüche, an denen es krankt, find vier letzten Jahrzehnte, nebft Winken zu deren Be-

wohl auf Grund eines Compromiffes zwifchen einander „„. .W .. „ .„ , 1 uc

widerftreitenden Erwägungen zu erklären. Man erkennt f^T g ErSanzunS- Freiburg i Br., Herder, 1888.

den grundfätzlichen Widerfpruch des Chriftenthums (VIII, 224 S. 8.) M. 2. —

gegen das heidnifche Wefen und verbietet darum das Es ift nicht ganz, aber beinahe richtig wenn ein fran-
nomen ipsum. Aber man fleht, dafs die neue Secte weder | zöfifcher Schriftfteller (F. Huet, La tevohttion relmeuse