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Ausgabe:

1889

Spalte:

94-95

Autor/Hrsg.:

Kleinpaul, Bernh.

Titel/Untertitel:

Die gegenwärtigen Aufgaben des kirchlichen Amtes dem heranwachsenden Geschlecht gegenüber 1889

Rezensent:

Achelis, Ernst Christian

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Wohlfahrt, Divif.-Pfr. B„ Perikopen und Textbuch. Aus

den Perikopenfyftemen zufammengeftellt und hrsg. 2
Thle. Gotha, Schloefsmann, 1888. (8.) M. 5. 20.

Inhalt: I. Perikopen. (VIII, 118 S.) M. I. 60. — 2. Textbuch.
(VII, 237 S.) M. 3. 60.

Der Herr Verfaffer felbft lenkt die Aufmerkfamkeit
befonders auf den zweiten Thei! feines Werkes, auf das
Textbuch. In diefem tritt der Zweck des Ganzen, ,eine Handreichung
für den Dienft des Geiftlichen an der Gemeinde
durch diePredigt' zu fein, klar hervor, und, fügen wir hinzu:
der Zweck wird vollftändig erreicht.—- Im erften Bändchen
werden unter dem Titel: .Vorbemerkungen' aufser den
altkirchlichen die neueren Perikopenreihen von zehnLandes-
kirchen, nebfl den von Nitzfeh, Thomafius, E. Ranke und
Disco dargebotenen, nach ihrer Entftehung und den für
die Auswahl mafsgebenden Grundgedanken kurz be-
fprochen und fodann (S. 49—118) diefe 15 Perikopenreihen
in tabellarifcher Form nach einander vorgeführt.
Der zweite Theil Hellt die fchon im 1. Theil dargebotenen
Perikopen unter Hinzufügung derer von Bobertag nach
den einzelnen Sonn- und Fefttagen mit jedesmaliger
kurzer Inhaltsangabe zufammen und fchliefst mit einem
Regifter der Perikopen nach Ordnung der biblifchen
Bücher. So finden wir beifpiclsweife zu Epiphanias nicht
weniger als 44 verfchiedene Perikopen aufgeführt, zum
1. Sonntag nach Epiph. 59, zur Kaifergeburtstagsfeier
77 Perikopen u. f. w. Die aufserordentlich grofse Brauchbarkeit
des Buches leuchtet ein.

Hierin liegt der Werth des Buches, in der mit grofsem
Fleifs gearbeiteten Zufammenftellung der Perikopen und
der Darbietung kirchlich mehr oder weniger reeipirter
Predigttexte. Allerdings vollftändig ift die Lifte nicht.
Wir vermiffen vor allem die an die Gedanken der altkirchlichen
Perikopen fich anfchliefsenden Lectionen der
Hannoverfchen Landeskirche, welche von dem verftorbe-
nen Gen.-Sup. Niemann zufammengeftellt find; fie finden
fich im Anhang zu dem neuen Hannoverfchen Gefangbuch
und werden nicht nur als Lectionen, fondern auch
als Predigttexte durchweg gebraucht; fie haben einen
hervorragenden Werth. Sodann hätten wir die .Vorbemerkungen
' des erften Theils gern etwas gründlicher
behandelt gefehen. Die Schriften über das Perikopen-
wefen, durch welche der verewigte Dr. Ernft Ranke fich
unvergängliche Verdienfte erworben hat, hätten mehr
ausgenutzt werden follen. Ein Einblick in das reiche
Perikopenwefen der griechifchen Kirche, eine ob auch
kurze Darftellung des Unterfchiedes der römifchen Perikopen
und der fogenannten ,altkirchlichen', der Ent-
ftehungsverhältnifse diefer, der durch die neueren Perikopenreihen
wefentlich ergänzten Mangelhaftigkeit der altkirchlichen
Reihen, das Alles würde einen dankbaren
Leferkreis gefunden haben. Eine forgfältige Unterfuchung
über die leitenden Gedanken der Auswahl in den ver-
fchiedenen Perikopenreihen, alfo über das zugrundeliegende
Syftem derfelben, bezw. ein Nachweis, dafs
mitunter, wie in den altkirchlichen Perikopen, jedes .Syftem
' fehlt, halten wir ebenfalls für unerläfslich; wie
reiche kirchliche und heilsgcfchichtliche Gefichtspunkte
da zu gewinnen find, hat jüngft für die Epiphanienzeit
Dr. Kleinert im 3. Heft der Zeitfchrift: .Halte was Du
haft' Jahrg. 1889 gezeigt. Vielleicht find unfere Aus-
ftellungen für den Herrn Verfaffer im Blick auf die
gewifs bald nöthig werdenden weiteren Auflagen nicht
ohne Werth. Es fchadet nicht, wenn die weiteren Auflagen
um IOO Seiten ftärker find. Dafs das Buch auch
in vorliegender Geftalt fehr brauchbar ift, fei wiederholt
erwähnt.

Marburg. _Achelis.

1. Schenk, Past., Die Verpflichtung der Gemeinde-Kirchenräthe
und ihrer Glieder, auf das religiöse und sittliche Leben der
Gemeinden einzuwirken. Referat, erftattet auf derUecker-

mündener Kreis-Synode am II. Mai 1887. 2. Aufl.
Berlin, Rother, 1888. (16 S. 8.) M. —. 30.
2. Der Gemeinde-Aelteste in der evangelischen Kirche, wie er
sein soll. Ein Wort von den Pflichten und Rechten
des Amts der Gemeinde-Aelteften von einem Superintendenten
der Provinz Pofen. Verfafst und hrsg. auf
Anlafs von Gen.-Superint. Dr. A. S. Jaspis. 2. Aufl.
Berlin, Rother, 1888. (30 S. 8.) M. —. 50.

Beide Schriften flammen aus den örtlichen Provinzen
der Preufsifchen Landeskirche. Beide befchäftigen fich
mit den Pflichten der Kirchenälteften, beide in demfelben
Sinne zu dem gleichen Zweck, nämlich das Inftitut der
Kirchenälteften zu beleben und für das kirchliche Leben
fruchtbar zu machen. In Nr. 2 ift diefer Zweck in be-
fonderer Weife zugefpitzt; die Schrift ift gegen die
Muthlofigkeit gerichtet, welche in den Kirchenälteften
zwar keine pofitive Schädigung, aber eine völlig todte
Einrichtung des kirchlichen Lebens erkennen will. Beide
Schriften find höchft erfreuliche kirchliche Zeiterfchei-
nungen. Das geht aus ihnen vornehmlich hervor, dafs
das Mifstrauen des geiftlichen Amtes gegen das Aelte-
ftenamt nicht mehr aufzukommen vermag gegen die auf
Thatfachen fufsende Anerkennung des reichen Segens,
der durch das richtig verwaltete Amt der Aelteften den
Gemeinden zufliefsen kann und zufliefst und zwar nicht
fo, dafs der Einflufs des geiftlichen Amtes dadurch gehindert
würde, indem etwas Anderes an deffen Stelle
träte, fondern indem das geiftliche Amt dadurch eine
Hülfskraft empfängt, die es je länger defto weniger entbehren
kann. Nirgends kommt in beiden Schriften der
Gedanke auf, als beftehe diefe Hülfsleiftung in einer
Art von polizeilichem Wachdienft oder in einem Spioniren
innerhalb der Gemeinde, damit alles dem Pfarrer zur
Kenntnifs komme; die Aelteften werden vielmehr auf
das geiftliche Wefen ihres Amtes für die inneren Zu-
ftände der Gemeinde ftets hingewiefen. Manchmal wohl
unbewufst wird das geiftliche Amt aber auch aus feiner
ifolierten Stellung der Gemeinde gegenüber erlöft, es
tritt als der F'ührer in das religiöfe und fittliche Leben
der Gemeinde felbft hinein, es erbaut fich auf dem allgemeinen
Priefterthum der Gläubigen. — Es ift ja
keine Frage, dafs eine Inftitution, welche mehr als 300
Jahre hat auf fich warten laffen, nicht innerhalb eines
oder zweier Jahrzehnte ihre Kraft entfalten und ihre
Leiftungsfähigkeit in vollem Mafse zeigen kann. Geduld
ift hier noth; die Aelteften müffen von den erften
Anfängen felbftändiger Bewegung in der Gemeinde an
es lernen, ihren Pflichtenkreis und ihre Stellung zu verliehen
; man darf nur nicht müde werden, zu diefem
Lernen behülflich zu fein; es ift, wie es die weltlichen
Provinzen feit Jahrzehnten beweifen, ein grofser, durch
nichts zu erfetzender Segen darin. Zu folcher Geduld
und Freudigkeit geben beide Schriften, befonders die
unter Nr. 2 angeführte, fehr dankenswerthen Antrieb.
Wir möchten fie, befonders die zweite, gern für alle
Kirchenälteften dringend empfohlen halten. Auch was,
theilvveife nebenbei, über das Gemeindeleben, über die
Pflicht der Scelforge, über die Art der Uebung derfelben
durch den Paftor und feine Mithelfer, die Aelteften,
gefagt wird, begrüfsen wir als fchöne Lebenszeichen aus
dem Often der vaterländifchen Kirche.

Marburg. Achelis.

Kleinpaul, Pfr. Dr. Bernh., Die gegenwärtigen Aufgaben des
kirchlichen Amts dem heranwachsenden Geschlecht gegenüber
. Eine Studie zur Einführung in die von Zezfch-
witz'fche Theologie. Dresden, [J. Naumann], 1888.
(27 S. gr. 8.) M. —. 60.

Der Hauptinhalt der klc inen Schrift ift eine Repro-
duetion der Gedanken von v. Zezfchwitz über die Kate-