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Ausgabe:

1889

Spalte:

85-87

Autor/Hrsg.:

Rembe, Heinrich

Titel/Untertitel:

Briefwechsel des M. Cyriacus Spangenberg 1889

Rezensent:

Kawerau, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung. 1889. Mr. 4.

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1534, deren Verf. Johann Dreyer ift und zu welcher
Bugenhagen das Vorwort gefchrieben hat. Sie zeigt
deutlich die Abhängigkeit von der Braunfchweiger KO.,
z. B. in der Gottesdienftordnung; um fo beachtens-
werther ift, dafs der eigenthümliche Abendmahlsritus, den
Bugenhagen dort verfucht hatte, nicht recipirt worden ift.
Auch über eine andre, bisher unbekannt gebliebene
Schrift Dreyer's von 1528 ,Eine körte underwyfunge von
deme heylfame worde Goddes' erhalten wir S. 20 f.
Nachricht. Der von Hölfcher fowohl S. 21 wie S. 28
angegebene Wittenb. Drucker Joh. Kluck'foll doch wohl
Jof. Klug heifsen? Die vorangeftellte kurze Reformations-
gefchichte der Stadt beruht auf guter Kenntnifs der
Specialliteratur; leider enthält fich der Verf. aller Nach-
weifungen feiner Quellen. Zweifelhaft ift mir geblieben,
ob ihm die für die Reformationsgefchichte der Stadt einiges
bietenden 7 Briefe des Montanus an Pirkheimer bekannt
geworden find, welche Heumann, Docum. Itter, pg. 298 ff.
bekannt gemacht hat. Der Widmungsbrief, den der
Verf. voranfehickt, läfst neue Briefe von Luther an die
Herforder erwarten; allein das einzige neue Datum, das
er bietet, einen Brief an Wieskamp vom 2. Sept. 1529
(S. 17), ift wohl nur die Reproduction eines Druckfehlers
aus L. Schulze's lehrreichem Auffatz in Evang. KZ. 1881
Sp. 467, wo 1529 ftatt 1527 gedruckt ift; nur dafs
Hölfcher nun erft einen Brief vom 2. Sept. 1527 und dann
wenige Zeilen fpäter einen gleichen vom 2. Sept. 1529
regiftrirt! (Dafs hier 1527 die allein richtige Jahreszahl
ift, fteht, nebenbei bemerkt, durch das in Zeitfchr. f.
KGfch. VIII 295 veröffentlichte, in Hannover befindliche
Autographon feft.) Ob der Verf. ferner wohl den Abdruck
des Briefes Wieskamp's vom 13. Januar 1532 an
Luther kennt, den Baxmann in Zeitfchr. f. hift. Theol.
1861 S. 631 f. gegeben: Wohl kaum, denn fonft würden
doch nicht die dort nachgewiefenen weiteren Briefe
Wieskamp's an Luther vom 13. und 14. April 1532 fehlen
(a. a. O. S. 607), ferner die vom 5. Juni und 10. Oct.
1533 (ebenda!. S. 608). Der Verf. hätte fich den Dank
der Lutherforfchung erworben, wenn er diefe bisher
nur aus Baxmann's Notizen bekannten und hier meift
überfehenen Briefe vollftändig hätte mittheilen können. —
Zu dem Neudruck bemerke ich, dafs S. 68 die Worte
,edder anderswo dat fchicken wil up dat befte' finnlos
bleiben, wenn nicht ,anders, wo' gelefen und das ausgefallene
.fich' ergänzt wird; vergl. Braunfchw. KO.
(Richter I 115) an der entfprechenden Stelle: ,edder
anders, wo fick das [lies dat] wol fchickende wert'; in
der hochdeutfehen Ausg. von 1563: ,oder anders, wie
fich das wol fchicken wirdt'.

Kiel. Kawerau.

Rembe, Paft. Heinr. Briefwechsel des M. Cyriacus Spangenberg
, gefammelt und bearbeitet. Briefe von 1550—
1584. Dresden, H. J. Naumann, 1888. (147 S. gr. 8.)
M. 2. 25.

Vorliegende Brieffammlung nimmt zuvörderft durch
die Perfönlichkeit des Herausgebers unfer Intereffe in
Anfpruch. Wir haben den feltenen Fall vor uns, dafs
ein Wann, der nicht auf dem herkömmlichen Wege un-
feres akademifchen Studiums, fondern nach Abfolvirung
der Ausbildung, wie fie das Seminar von Paftor Paulfen
in Kropp bietet, welches bekanntlich junge Leute für
den Kirchendienft in deutfehen luth. Gemeinden Nord-
Amerika's fchult, mit einer gelehrt - wiffenfehaftlichen
Arbeit an die Oeffentlichkeit tritt. Den Impuls dazu
hat Rembe freilich nicht in Kropp empfangen, fondern
bereits aus feiner Mansfeldifchen Heimath mitgebracht.
Er verdankt namentlich der Anregung des für Eislebener
Gefchichte hochverdienten Prof. Gröfsler ein lebhaftes
Intereffe für die Kirchengefchichte feiner engeren Heimath
. Eine ganze Reihe von Publicationen haben hierfür

fchon Zeugnifs abgelegt. Ich nenne feine Ausgabe von M.
Rinkart's: Indulgcntiarius confusus (1885), fowie die mit
Joh. Linke gemeinfam bearbeitete Sammlung der geiftlich-
gen Lieder Rinkart's (1886). Befonders aber hat er der
kräftigen und vielfeitigen Perfönlichkeit des Cyriacus
Spangenberg feine Aufmerkfamkeit zugewendet und bereits
1887 deffen ,Formularbüchlein der alten Adams-
fprache' und in demfelben Jahre auch desfelben originelle
Predigt über .Martin Luther als Treckejunge' herausgegeben
. Waren diefe letzteren Editionen fchon Vorarbeiten
für eine von ihm geplante gröfsere Biographie
Spangenberg's, fo erweift fich auch vorliegende Publication
als Materialfammlung für die nachfolgende biographifche
Arbeit. Rembe hat fleifsig gefucht, was er an brieflicher
Hinterlaffenfchaft Spangenbergs herbeibringen könnte.
Einiges Gedruckte boten ihm Fecht, Leuckfeld, Wagenmann
und einige Andere. Das Meifte jedoch ift aus
Archiven und Bibliotheken durch perfönliche Bemühung
des Herausgebers erft herbeigeholt. Dabei ift nur zu
bedauern, dafs ihm eine wichtige gedruckte Sammlung
Spangenberg'fcher Briefe völlig entgangen ift, nämlich
Conrad Schlüffelburg's ,epistolarmn clarissimorum qiwrun-
dam theologorum .... volumen', Rostoclui 1624, wo fich
nicht allein eine ganze Collection von Briefen Spangenberg
's an Schlüffelburg, fondern auch p. 108 ein Brief
an Chemnitz vom 15. Juni 1564 und anderes für den
Briefwechfel wie für die Biographie Bedeutfames findet.
Freilich darf man dem Herausgeber aus diefer Lücke in
feiner Sammlung keinen grofsen Vorwurf machen, denn
auch weder der gelehrte Leuckfeld in feiner kistoria
Spangcnbergensis Quedlinburg 1712, noch Wagenmann
in feinem fonft trefflich orientirten Artikel über Sp.
in H. R. E2. XIV, noch auch der Recenfent Rembe's
im Theol. Littbl., der aus dem Dresdener Staatsarchiv
einige Ergänzungen liefert, fcheinen diefe Brieffammlung,
die für die Gefchichte der flacianifchen Streitigkeiten
von Bedeutung ift, beachtet zu haben. Ich felbft be-
I kenne, fie auch erft vor Kurzem kennen gelernt zu haben
und konnte daher nicht mehr rechtzeitig den Herausgeber
, von deffen Arbeit ich Kenntnifs hatte, auf diefe
Quelle hinweifen. Rembe ift während der Herausgabe
diefer Brieffammlung in ein Pfarramt nach Amerika übergefiedelt
und darauf wird man es wohl fchieben dürfen,
dafs manches an diefer Edition der letzten Revifion entbehrt
. So bleibt unerklärt, warum in Theil 2, welcher
die Briefe bis 1584 laut Titel bieten will, doch in Nr.
69 bis 74 Briefe von 1585—91 mitgetheilt werden. Der
Titel verfpricht uns den Briefwechfel, gleichwohl erhalten
wir im allgemeinen nur die von Sp. felbft ge-
fchriebenen, nicht die an ihn gerichteten Briefe. Aufser
einzelnen Ausnahmefällen erhalten wir nur in Nr. 75—79
anhangsweife einige Briefe letzterer Art, aber darunter
z. B. nicht einmal die von Leuckfeld zufammengetrage-
nen Briefe an Sp. Vergeblich fragen wir hier nach dem
Princip, dem er folgt. Mit der Eile des Abfchluffes
wird es auch zufammenhängen, wenn Briefe, die fchon
längft durch Leuckfeld publicirt waren (No. 62 und
63), hier aus Wolfenb. Handfchriften als ungedruckte
auftreten. Ebendaraus wird es fich erklären, wenn der
uns gebotene Text der Briefe mehrfach doch leicht zu
vermeidende Fehler zeigt. So wäre in Nr. 2 nicht 1551
ftatt 57 gelefen worden, was übrigens am Schluffe berichtigt
wird, wenn rechtzeitig beachtet wäre, dafs der
Brief den Fürften Georg von Anhalt als bereits ver-
ftorbenen erwähnt (f 1553), alfo unmöglich 1551 gefchrieben
fein kann. S. 8 wird für , Wirtenberginis' Wir-
tenbergicus', für ,adblandidil ,adblanditil zu lefen fein, S.
9 ftatt ,demisset' ,decuissef, S. 10 ftatt flicodeviiae1 ,RTico-
mediae', S. 14 ftatt ,Der frome und newe Diener' ,Der
frome und trewe Diener' u. dgl. m. Unbequem ift es,
dafs der Herausgeber für eine das Verftändnifs fördernde
Interpunktion fo fehr wenig gethan hat. M. E. follte
man wenigftens in lat. Texten den Zopf einer diploma-