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Ausgabe:

1889

Spalte:

77-80

Autor/Hrsg.:

Bert, Georg

Titel/Untertitel:

Die Akten des Karpus, des Papylus und der Agathonike 1889

Rezensent:

Wellhausen, Julius

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Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 4.

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fei (S. 25)! In 3, 22 (vgl. auch I, 17 das: ex 7iioxtiog) wird
in höchft feltfamer Weife die nlazig 'Irjoov Xqiotov gedeutet
als ,der Glaube Jefu Chrifti felbft1, als fein
Glaube an das von ihm verkündigte Evangelium u. f. w.
(S. 33, vgl. S. 9): eine Deutung, die gegen jede paulinifche
Analogie ift. In 3, 25 vertritt B. die von den meiden
Neueren mit Recht aufgegebene Faffung des llaat^Qiov
als ,Deckel der Bundeslade1 (S. 33). Willkürlich,
trotz Gab 3, 16. 29, ift die Deutung des Abrahams-Samens
in 4, 13 — vgl. dagegen nur V. 16! — auf den Mef-
fias oder auf .Chriftus1 (S. 42 u. 43). Falfch, wie die
meiden katholifchen Ausleger und der Erlanger von Hofmann
, und V. 8 zum Trotz fafst B. in 5, 5 die äyani]
101 !/eoü als ,unfere Liebe zu Gott1 {jv.y.tyvxai!!). Zu 7, 4
tifcht B. die wunderlich verkehrte Auslegung auf: Die
Juden find jetzt (feit Chridus) todt gegenüber dem Sinai -
Gefetze, durch das de an Mofes, diefe Perfonification
des Gefetzes, gewiffermafsen als an ihren Eheherrn
gebunden waren. Esid daher kein Ehebruch, wenn
die Juden einen neuen Bund eingehen zu dem Zweck,
dafs wir Gott Ehefrucht bringen (S. 65 f.)!!

Auch in dem fond recht gut ausgelegten Abfchnitt
cp. 9—11 findet fich doch manches Seltfame. Das jagarjl

--sie vöuov ovy. trp&aoev in 9, 31 heifst doch gewifs

nicht: Ifrael brachte es nicht zur Erfüllung eines
Gefetzes (S. 110). Warum in 11, 4 es tfj Baak heifst,
gicbt der Verf. nicht an. er hätte es aber von Dillmann
(Monatsbericht d. Berlin. Akad. d. Wiff, 1881, S. 1—20)
erfahren können. In 11, 26 wird der Sinn des ,6 nag
'Iagauk' ganz willkürlich auf die Gefammtheit der Erwählten
eingefchränkt (S. 129, vgl. S. 131), während doch
zweifellos das Volk als folches und im Ganzen gemeint
id, wobei der Unglaube vieler Einzelnen nicht aus-
gefchloffen wird. Dafs die koyr/.rj kaiQsia VfltSv (12, 1):
.Euer dem Gebot (h'r/og) gemäfser Gottesdiend1 bedeute
, der ,logifche Gottesdiend alfo der wahre deka-
logifche1 fei (S. 135), und dafs die Formel y/.axä tryv äva-
knylav xrig nioTtiug' (in 12, 6) zu faffen fei: ,nach dem
von Gott, der die Wahl der Gemeinde lenkt, gefchenk-
ten Vertrau ensmafs1 oder: ,nach Mafsgabe des göttlichen
Vertrauens1 (S. 138): das kann nur eine ganz un-
paulinifche Römerbrief-Exegefe behaupten, und wird
Niemand dem Verf. glauben.

In 14, 7 ff. endlich liefert B. folgendes exegetifche
Kunddück: Sowohl wenn wir ab derben (d. i. der Er-
tödtung irgend welcher Begehrlichkeit in uns obliegen),
als auch wenn wir leben (d. i. wenn wir mit geidlicher
Freiheit geniefsen und wirken): immer gehören wir unferem
Herrn Chridus an, deffen einerfeits entfagungsfchwerer
(äned-avev) andererfeits zwanglofer [etyjoev) Wandel ja
auch den Zweck hatte, dafs er als Herr fowohl der
Lebensvollen als auch der Abgedorbenen gelte (S. 156)!

Ausdattung und Druck des Buches find fehr gut,
und Druckfehler uns nur feiten entgegengetreten. Kritifch
geübten Lefern wird Boehmer's Buch gute Diende
leiden.

Friedberg i. Heff. Wilh. Weiffenbach.

Bert, Pfr. Dr. Georg, Aphrahat's des persischen Weisen

Homilien. Aus dem Syrifchen überfetzt und erläutert.
— Die Akten des Karpus, des Papylus und der Agathonike.

Eine Urkunde aus der Zeit Marc Aurel's, unterfucht
von Adolf Harnack. [Texte und Unterfuchungen zur
Gefchichte der altchridl. Literatur von O. v. Gebhardt
u. A. Harnack, III. Bd., 3. u. 4. Hft.] Leipzig, Hinrichs,
1888. (LH, 431 S. u. S. 433—466. gr. 8.) M. 16. —

Die Bedeutung der Homilien des Aphraates beginnt
jetzt allgemeiner bekannt zu werden. Eine Verdeutfchung
kommt alfo wohl dem Bedürfnifs weiterer Kreife entgegen
, wenngleich für gewiffe Zwecke, befonders für die

Ausnutzung der Bibelcitate, doch immer nur der fyrifche
Originaltext zu gebrauchen ift. Der Ueberfetzer hat eine
Einleitung vorausgefchickt, worin er zufammenftellt, was
man von Aphraates weifs und fagt. Er hat ferner feinem
deutfchen Texte Noten beigegeben, in denen er
einzelne Fragen theilweife fehr ausführlich erörtert. Mit
Recht bemerkt er, wie jetzt ja auch anderweit feft fleht,
dafs Aphraates nach Horn. 14 nicht der Diöcefe von Se-
leucia-Ktefiphon, fondern einer weltlicheren angehört,
aber trotzdem im fafanidifchen Reich gelebt haben müffe
Die Beweife, die er für die letztere Thatfache anführt,
können erheblich vermehrt werden. Die Reden über die
Chriftenverfolgungen des Sapores kann nur jemand ver-
fafst haben, der felber davon bedroht war. Das Benehmen
der Juden gegen die Chriften, wie es A. fchildert,
ift innerhalb des chriftlichen Reiches der Römer kaum
denkbar, während im weltlichen Theile des fafanidifchen
Reiches das Judenthum d em Chriltenthum damals wohl
noch gleichwichtig gegenüberftand und noch dazu von
Sapores protegirt wurde. Auch das gänzliche Still-
fchweigen über Arius, und dagegen die Polemik gegen
den Dualismus und gegen Mani (auf den vielleicht der
häufige Ausdruck julfäne mänauhi dbischä anfpielt,
vgl. 450, 12 fyr. Text) kann man anführen. Mit Recht
tilgt ferner Bert die Stellen 1 Petr. 4, 18. 1 Joa. 3, 24.
4, 15 aus dem von Wright gefammelten Citatenfchatze
A.'s. A. citirt vom N. T. aufser dem Diateffaron und
der Apoftelgefchichte nur den Apoftel Paulus, obwohl
er den Petrus als Nachfolger Chrifti dem Range nach
weit höher Hellt. Dagegen irrt Bert, wenn er behauptet,
A. citire die Makkabäerbücher. Er kennt das zweite
Makkabäerbuch, aber er citirt es nicht. Es ift wahr-
fcheinlich, dafs er überhaupt keine Apokryphen citirt;
ficher ift es allerdings nicht, fo lange nicht alle feine
Citate nachgewiefen find, und daran fehlt viel, mehr als
Antonellus und Wright merken laffen. Im Uebrigen find
Berts Bemerkungen etwas ungleichmäfsig, befonders die
Anmerkungen in den Fufsnoten. Die ausführlichen find
zum gröfsten Theil aus Zahn's Diateffaron genommen;
die kürzeren enthalten manchmal Sclbftverftändliches,
während dagegen fehr viele fchwierige Stellen unerläu-
tert gelaffen find. Z. B. II § 12: ,und er fprach nicht zu
den Edomitern, dafs es an ihnen gerächt werden follte,
darum dafs fie nicht über Jerufalem gerufen hatten: rein
ab, rein ab, bis auf den Grund1. Gerade die Edomiter
hatten ja fo gerufen und deshalb war gerade ihnen die
Rache angedroht worden (Ezech. 25,12). Gemeint ift:
,er fprach nicht zu den (jetzigen) Edomitern (d. i. den
Römern), dafs es (näml. die Zerftörung Jerufalems a. 70)
an ihnen gerächt werden follte, darum dafs fie nicht (wie
die alten Edomiter a. 586) über Jerufalem u. f. w.1 Verfehlt
ift die Polemik gegen eine allerdings überflüffige, weil
felbftverftändliche Bemerkung Bickell's in der Note zu I,
§ 15, ebenfo auch die Polemik gegen denfelben in Note I
zu Ii § 1. Die Bedeutung von pjäsä ergiebt fich aus
dem Zufammenhang des Satzes: bei pjäsä hanget das
ganze Gefetz und die Propheten in zwei Geboten; denn
wenn einer nicht metpis, fo genügen auch Gefetz und
Propheten nicht lampäsütJieh. Pjäsä ift hier das
Gegentheil von juriftifchem oder mathematifchem Beweife
; es bedeutet die Fähigkeit, fich moralifch überzeugen
zu laffen, den bon sens, das Gefühl für die Wahrheit
: vgl. 241, 14. 298, 9. 461, 15 des fyr. Textes.

Ich füge einige Berichtigungen bei. I § 4 überfetzt
Bert: mit diefen Dingen fchmücke er es aus — ftatt:
wodurch er ihm gefallen kann. II § 6 XII § 2: ohne
Verföhnungskleid und ohne Weihrauch — ftatt: ohne
Ephodträger und Räucherer. II § 13 itt^p bedeutet: es
fleht noch aus (wie XII § 7. XIX § 4. XXII p. 440
fyr.). II § 16 XVI § 4 imiO ift von n» abzuleiten, nicht
von fcta©; und HOX bedeutet nicht: gefangen halten, fondern
: als Kriegsbeute fortfchleppen. III § 1 überfetzt
Bert: Betten der Hurer — ftatt: Betten von allerlei Art.

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