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Ausgabe:

1889

Spalte:

54-55

Autor/Hrsg.:

Krause, Jos.

Titel/Untertitel:

Die Lehre des hl. Bonaventura über die Natur der körperlichen und geistigen Wesen 1889

Rezensent:

Nitzsch, Friedrich August Berthold

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um zu zeigen, warum (aufser bei der Zuhilfenahme des
leeren Grabes, die aber andere Schwierigkeiten habe), die
Thatfache unerklärt bleibe, dafs die Jünger den aus dem

diefe paulinifchen Ausfagen fich nur erklären, weil entweder
die Damaskuserfcheinung im Unterfchied von
anderen, die der Apoftel gehabt, ihm den Schlufs auf

Grab Erweckten glaubten gefehen zu haben, nicht nur , Erweckung aus dem Grabe aufnötigte, oder weil das von
den zu himmlifcher Herrlicheit Erhöhten. üiefelbe j ihm auf Grund der urapoftolifchen Tradition aufgenom-
Schwierigkeit drückt nach Steude auch die fog. ,objec- men wurde. Im letztern Fall dürfte dann zugleich der
tive' Vifion, während diefe den zuerft genannten Schwie- I Punkt gewonnen fein, wo wegen derUrapoftel vom leeren
rigkeiten, die aber als nicht entfcheidende bezeichnet I Grab geredet werden kann, ja mufs, während folche Erwägwurden
, allerdings begegne; aufserdem gelinge es diefer
Hypothefe nicht, die Nothwendigkeit einer folchen be-
fonderen Wirkung Gottes nachzuweifen. Andererfeits ver-

ungen in anderem Zufammenhang immer wenig auszurichten
pflegen. — Noch fei hervorgehoben, dafs die Vor-
ftellung des Herrn Verf.'s über die Erfcheinungen als

d. h. von der Verwandlung des begrabenen Leibes folida-
rifch ift, wie Beyfchlag und Weifs zeigen, fo dafs alfo Angriffe
gegen jene Vorftellung die Hauptfache nicht treffen.

Zürich. Th. Häring.

theidigt er fie ebenfo klar gegen unberechtigte Einwände, j momentane Wiederannahme des alten Leibs nicht mit
die aus Einmengung dogmatifcher Gedanken entftehen, feiner Grundauffaffung von der leiblichen Auferftehung,
wie er auch die ,fubjective' Vifion hinfichtlich ihrer allgemeinen
Möglichkeit fehr unbefangen beurtheilt.

Wie mir fcheint, ift die Unterfuchung ganz richtig
auf jene Frage hinausgeführt, ob das Erleben von Vifionen
die Predigt von dem aus dem Grab Auferstandenen
erkläre, und es find die verfchiedenen dabei in Betracht
kommenden Möglichkeiten in der Reihenfolge vergegen- Krause, Prof. Dr. Jof, Die Lehre des hl. Bonaventura über
wartigt, wie es die Sache fordert. Daher mögen einzelne j aje NatUr der körperlichen und geistigen Wesen und ihr
Bedenken nur im Vorübergehen erwähnt fein. Dem Leier Verhältnis zum Thomismus. Paderborn, F. Schöningh,
wäre durch noch deutlichere Hervorhebung der Em- _ c

fchnitte in der langen Ausführung über die Vifionshypo- Ii5i5i5- fV' 88 b- Sr- 8-) M- *• 4»
thefe ein Dienft geleiftet, auch etwa durch Recapitulation Verfaffer gehört zu den zwar, wie wir glauben, nicht

am Schlufs, denn die an fich fo dankenswerthe übjec- beneidenswerthen, aber achtbaren katholifchen Philo-
tivität der Darftellung mit ihren reichlichen Citaten er- '< fophen, welche nicht nur aus Gehorfam gegen den
fchwert in etwas den Ueberblick, zumal die Arbeit fich i jetzigen Papft, fondern auch bona fide den Nachweis
auch an die .Gebildeten' überhaupt wendet, bei denen | verfuchen, dafs für alle Fragen der Philofophie die befte
immerhin ein ziemliches Mafs von Sammlung voraus- | Löfung in dem von den Scholaftikern reproducirten,
gefetzt wird. Sodann fehlt es nicht an einzelnen dispu- : beziehungsweife modificirten Syftem des Ariftoteles längft
tabeln Aufftellungen, nicht nur wie es bei diefem Gegen- gegeben fei. Diesmal handelt es fich aber nicht un-
ftand unvermeidlich ift, fondern einzelne find doch auch ; mittelbar um den von Leo XIII. in den Mittelpunkt ge-

derArt(z. B. S. 108 die Verwerthung des johann. Berichts
gegen Entftehung des Ofterglaubens am leeren Grab,
wohl auch dies oder jenes im Schlufsabfchnitt über das
Verhältnifs der Berichte), dafs der Herr Verf. als Ver-

ftellten ,englifchen' Lehrer (Thomas Aqu.), fondern um
das Verhältnifs des ,feraphifchen' zu diefem, und zwar
in einer naturphilofophifchen Frage. Der Verfaffer geht
von der ohne Zweifel richtigen Anficht aus, dafs

treter künftlicher Apologetik verdächtigt werden könnte, i Bonaventura keineswegs nur Myftiker, fondern auch
was fehr ungerecht wäre. j Scholaftiker, und keineswegs nur von Plato, fondern

Es fei aber lieber noch ein Wort über die Hauptfache
geftattet. Die Möglichkeiten der Erklärungsver-
fuche werden allerdings, wie der Herr Verf. fagt, erfchöpft
fein. Wenn er aber felbft durch feine Arbeit zeigt, dafs
jene Hypothefen durch den Fortfehritt in der Unterfuchung
der Berichte immer wieder ein neues Inter-
effe gewinnen und eine verfchiedene Bedeutung, fo
dürfte diefe Erkenntnifs vielleicht noch nachdrücklicher
verwerthet werden. Bei der Conftatirung der neuteftament-
lichen Zeugnifse hinfichtlich der Vorftellung vom verherrlichten
Leib Chrifti erfcheint Paulus in der Reihe der

auch von Ariftoteles beeinflufst fei, in welches Letzteren
(von den Einfeitigkeiten des Mechanismus, des Dynamis-
mus und der Atomiftik freier) Lehre über Materie und
P"orm Dr. Kraufe unter Anderem die befte Aufklärung
über das Wefen des Körpers findet. Um diefes handelt
es fich nun hier, näher um Entftehen und Vergehen
der körperlichen Wefen, aber auch um die Natur der
menfehlichen Seele fowie die der Engel, endlich um
das Princip der Individuation. Vorausgefchickt wird eine
allgemeine Erörterung der Wefensprincipien, d. h. des
Begriffes der Materie und der Form fowie des Verhältanderen
. So wie im Augenblick die Dinge liegen, wird I nifses beider. Dargeftellt werden hauptfächlich die be-
wohl nicht nur überhaupt von Paulus auszugehen fein, treffenden Anfchauungen des Bonaventura und des Tho-
das thut auch unfere Schrift; fondern die Frage ift, , mas, und zwar fo, dafs, wo fie von einander abweichen,
neueftens in Weizfäcker's apoft. Zeitalter, ganz beftimmt bald dem Franziskaner, bald dem Dominikaner Recht
dahin zugefpitzt: erlaubt, ja verlangt nicht die An- [ gegeben wird. Die Darftellung felbft ift im Uebrigen

fchauung des Paulus vom pneumatifchen Leib, jede Be
ziehung der Chriftuserfcheinung zum begrabenen Leib
auszufchliefsen? Darauf hat der Herr Verf. felbft hinge-
wiefen, vgl. oben über die ,Aenderung des Auferftehungs-
begriffes'. Aber es tritt vielleicht nicht genug hervor.
Alfo die Ausfagen des Apoftels über den pneumatifchen
Leib, und, was damit zufammenhängt, der
Begriff des .pneumatifchen Schauens' ift eingehendft
zu würdigen. Gerade wenn nach der Annahme hervorragender
Vertreter der (objectiven) Vifionshypothefe für

mit Sorgfalt und Scharffinn vollzogen, aber wir hätten
gewünfeht, dafs Verfaffer ausführlicher auf die Vorlagen
beider Scholaftiker eingegangen wäre, d. h. nicht nur auf
die zum Grunde liegenden Sätze des Ariftoteles, fondern
namentlich auch auf die Naturphilosophie des Auguftinus.
Letzterer wird ziemlich beiläufig einmal erwähnt. Aber
z. B. des Auguft. Lehre von den rationes scminales (vgl.
u. a. De genesi ad litteram IX, 32—35 u. Quaest. in Hepta-
teuch. II, 21), welche die entfprechende des Thomas
und des Bonaventura veranlafst hat, hätte eingehender

Paulus die Umkleidung Chrifti mit dem pneumatifchen j berückfichtigt werden follen, vielleicht mit Recurs auf

Leib foll ohne Beziehung zum begrabenen irdifchen
denkbar, ja das Näherliegende gewefen fein; und gerade
wenn dementfprechend) das .pneumatifche Schauen' in
feinem Gegenfatz zur finnlichen Wahrnehmung betont
wird: gerade dann wird fowohl das tiarpin als befonders
die ganze Ausführung über unfere Auferftehung um fo

die Theorie der Stoiker von den Xoyoi Urttip/uOTtxo/, die
wiederum Auguft. nur eben umgebildet hatte. Der Verfaffer
findet die Beftimmung des Begriffs der rat. semin.
fchwierig, um fo mehr Anlafs hatte er, die Genelis und
die Entwickelung desfelben in der Gefchichte der Natur-
philofophie zu verfolgen. Hätte er dies gethan und das

auffallender, und die Annahme um fo näher liegend, dafs ! entfprechende Verfahren durchweg angewandt, fo würde