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Ausgabe:

1889 Nr. 20

Spalte:

506-512

Autor/Hrsg.:

Reischle, Max

Titel/Untertitel:

Die Frage nach dem Wesen der Religion 1889

Rezensent:

Kaftan, Julius

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Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 20.

506

Karlftadt' ift wohl fchon bekannt. Was Lenz hier zum
Jahre 1540 giebt, ift nur deutfchc Ueberfetzung einesTheils
des lateinifchen Briefes, welchen Luther (nicht an Karlftadt,
fondern) an den Kanzler Brück bereits im Jahre 1524
am 27. Januar fchrieb; vgl. de Wette II, 459 (falfch
auf den 13. Januar datirt); meinen Briefw. Luther's Nr.
756. ■— S. 383. Z. 14. ft. gebrauchet, wozu Lenz ^gebricht
:]' fetzt, dürfte wohl ,gebawet',= gebauet, zu lefen
fein. — S. 434. Z. I. v. u. lt. Gedeon's: Gereon's. — II,
29. Z. 17 ift das finnlofe ,ill' zu ltreichen. — Z. 21 bezweifelt
Winckelmann in den Gött. gel. Anz. 1888 S.
323 die Richtigkeit des ,mit ehrlicher Steuer' und will
dafür lefen .ehelicher'. Aber ,ehrlich' hat hier wohl den
Sinn von ,ftattlich' und dürfte deshalb richtig fein. —
S. 64. Z. 4 eeren (ft. euren) und guts willen (nach
Winckelm. a. a. O.). — S. 94 Nr. 145 datirt Lenz auf
2. Okt., mit der Anmerkung: Bucer fchrieb aus Ver-
fehen September. Haffencamp, heff. Kgfch. II, 622,
der diefen Brief fchon benutzt hat, datirt ihn: 22. September
. Welches ift richtig? Da der Brief das Präfen-
tationsvermerk 16. Okt. hat, fo wäre er freilich, am 22.
Septb. von Strafsburg abgefchickt, lange unterwegs ge-
wefen, aber doch noch nicht allzulange, vgl. z. B. Nr.

— 5. 164. Der hier erwähnte Superattendent in
dem heffifchen St. Goar war Mag. Gerhard Eugenius
Ungefug, welcher bereits 1542 geftorben war. Am 17.
März 1543 fordert der Landgraf feinen dortigen Oberamtmann
und Landfchreiber auf, die Pfarrer der Diöcefe
zu einer baldigen Wahl eines neuen Superintendenten
zu veranlaffen. Als fein Nachfolger wird ein gewiffer
Georg Nivergall genannt; wer der von Bucer erwähnte
,feine gelehrte Mann von Ulm' gewefen, den die Pfarrer
zuerft erwählt haben, vermag Ref. auch nicht anzugeben.
— S. 205. Z. 1. ft. eröteren: erörteren. — S. 207. Z. 2. ft.
erheift: erheifcht. — S. 214. Z. 2. find die Worte ,oder
nicht erheblich' zu ftreichen. — S. 217. Nr. 185 ift bereits
gedruckt in der Zeitfchr. f. heff. Gefch. I. Folge. Bd. 3.
S. 121. — S. 221 fehlt zum Jahr 1543 ein undatirter Brief Phi-
lipp's an Bucer, gedruckt in der Zeitfchr. f. heff. Gefch. /. c.
S. 126. — S. 225. Z. 17 lies: affcctibus. — S. 231. Z. 24. ft.
tibioncs: titiones. Bucer fpielt auf die Stelle Sachar. 3, 2
an, gebraucht aber ftatt des dort in der Vulg. flehenden
torris das aus Jefaj. 7, 4 entnommene titio. — S. 232.
Z. 9. ft. saeve jedenfalls zu lefen: saevit. — S. 248. Ein-
leit. zu Nr. 192. Das .befreundete Volk', welches nach
S. 249. ,feinem gottlofen Sardanapalo gern ab' wäre, find
die Franzofen; vgl. S. 257. Anm. Z. I: Sardanapalica
lutjus {sc. Galli, d. i. Franz I.) impietas. — S. 266. Anm.
Z. 5. lies: sugillamur. — Der in derfelben Note von Lenz
aus dem Thes. Baum, gegebene, von Burkhardt, Luth.
Brfw., u. Kol de, Analekt. übergegangene lateinifche
Text des Briefes Bucer's an Luther vom 9. Septb. 1544
ift bereits bei Pappus, Warhaffte u. Wolgegründte
Widerlegung des unwarhafften u. falfchen (zweibrücki-
fchen) Berichts, Strafsb. 1611. S. 89 gedruckt, theilvveife
auch in Dannhauer's Reformirtem Salve u. Frieden-
Grufs, Strafsb. 1658. S. 151. Der Text bei Pappus ift
beffer als die Abfchrift des Thes. Baum., es ift zu lefen
S. 267. Z. 15. innocenter; Z. 23. alios; Z. 25. attentant;
habeant; tokromus. — S. 290. Z. 5. Die Secte der Davidi-
fchen find die Anhänger des David Joris. — S. 324. Z. 4.
V. u. ft. han: kan. — S. 404. Dafs der Erzbifchof von
Mainz bei feiner Zufammenkunft mit dem Landgrafen
am 5. u. 6. Februar 1546 zu Höchfl wirklich eine zweideutige
Rolle fpielte, ergiebt fich mit Evidenz aus feinem
Brief an feine beiden Capitularen Arnold von Buchholz
und Antonius Wedenmeyer v. 7. Febr. bei Laemmer,
Monum. Vatic. p. 429 (wo aber Z. 2. v. u. ft. ,zu Gaeft
befucht" zu lefen ift: zu Hoeft = Höchft, befucht). —
S. 433. Der .trefflich gelehrte Doctor', welcher in Cempen
von der katholifchen Bevölkerung fo mifshandelt wurde,
war Albrecht Hardenberg, welcher um jene Zeit Pfarrer in
Kempen war, vgl. H erzog'sR. E. - V, 594, wo aber diefes

Ereignifs nicht erwähnt ift. — S. 449. Z. 14 ft. verölt: ver-
woft (?) = verwüftet. — S. 463. Z. 9. .vemennung', fchon
von Winckelm. a. a. O. beanltandet, der dafür .Vermehrung
' oder ,Verneuerung' lefen will; es wird ,ver-
newung' zu lefen fein. — S. 481. Z. 5. v. u. ,In dem Sinn
beftele E. F. g. unfer Herre Chriftus'; ilt zu lefen .beftärke'?
oder ift .befielen' etwa f. v. a. beftählen, befeftigen?

Oberrad bei Frankfurt aM. Enders.

Reischle, Gymn.-Prof. Lic. Max, Die Frage nach dem Wesen

der Religion. Grundlegung zu einer Methodologie der
Religionsphilofophie. Freiburg iB., Mohr, 1889. (®i
124 S. gr. 8.) M. 3. —

Dem Verf. diefer Schrift bin ich zu Dank dafür
verpflichtet, dafs er die Frage nach der richtigen Methode
in der Religionswiffenfchaft zum Gegenftand einer be-
fonderen und forgfältigen Unterfuchung gemacht hat.
Man mag noch fo befcheiden über feine eigene Arbeit
denken und noch fo viel Veranlaffung zu folcher Be-
fcheidenheit haben — hat man einmal die Bedeutung
einer Frage als folcher erkannt, fo kann man fich nicht
wieder davon überreden laffen, dafs fie gleichgültig fei,
und mufs es den andern als Fehler anrechnen, dafs und
wenn fie diefelbe überfehen. So ift es mir bisher mit der
methodologifchen Erörterung in der Einleitung meines
Buchs über das Wefen der chriftlichen Religion ergangen.
Und deshalb gereicht es mir zur Befriedigung, dafs ein
umfichtiger Forfcher wie Reifchle auch etwas von der
Noth des Erkennens erfahren hat, aus der jene Erwägungen
bei mir entfprungen find, und dem in der vorliegenden
Unterfuchung Folge giebt. In der Sache freilich
kommt er zu den gerade entgegengefetzten Refultaten.
Sein Buch ift nach feiner eigenen Angabe eine Widerlegung
der von mir befürworteten Methode und eine Ver-
theidigung des von mir angefochtenen Verfahrens, letzteres
fpeciell im Sinne Ritfchl's, Herrmann's und Gottfchick's,
jedoch fo, dafs er in der Unterfuchung und Begründung
durchaus eigene Wege geht. Aber das beeinträchtigt
den fchuldigen Dank nicht. Kann ich auch nichts poh-
tives aus dem Buch für mich entnehmen, fo bietet es
mir doch die erwünfehte Gelegenheit zu einer erneuerten
Prüfung meiner Anfchauungen.

Der Gang der Unterfuchung ift diefer. R. knüpft
an die von mir gewählte Frageftellung an, nach welcher
unter dem Wefen der Religion die den gefchichtlichen
Religionen gemeinfamen Merkmale zu verftehen find.
Auch er ift ferner der Meinung, dafs wir unfer eigenes
inneres Leben als Schlüffel zum Verftändnifs der gefchichtlichen
Erfcheinungen gebrauchen und gebrauchen
müffen. Während ich aber mit einem einfachen Hinweis
auf diefe Thatfache diefelbe erledigen zu können glaubte,
macht R. fie zum Gegenftand einer näheren Darlegung
und eindringenden Unterfuchung. Diefe Betrachtung
bildet nach der Einleitung (S. 1—7) den zweiten Ab-
fchnitt (7—36) des Buchs und lehrt, dafs es fich um eine
interpretatorifche, divinatorifche und comparative Bearbeitung
des überlieferten Materials handelt. Dadurch
werden wir desfelben fo weit möglich Herr und zwar,
indem wir immer von unferem eigenen Erfahren und Erleben
ausgehen. Aber wozu gelangen wir nun auf der
Grundlage des fo ermittelten und bearbeiteten Stoffs?
R. fagt: zu einem Normbegrilf, nicht zu einem Allgemeinbegriff
. Davon handelt der dritte Abfchnitt (37—60),
der den Kern feiner Erörterungen bildet. Näher wird
hier darauf hingewiefen, dafs wir in der Zufammenfaffung
des Materials zunächft dazu kommen, Begriffe zu bilden,
die wir der eigenen Erfahrung entnehmen, aber der con-
creten Beftimmtheit entkleiden, um fie auch auf andere
analoge Erfcheinungen anwenden zu können. Er nennt
fie Mafsbegriffe und macht geltend, dafs in allen Geiftes-
wiffenfehaften mit derartigen Begriffen operirt werde.

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