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Ausgabe:

1889 Nr. 17

Spalte:

435-437

Autor/Hrsg.:

Kayser, C.

Titel/Untertitel:

Das Buch von der Erkenntniss der Wahrheit oder der Ursache aller Ursachen 1889

Rezensent:

Wellhausen, Julius

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Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 17.

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kenntnifs haben mag, keinenfalls reichen Fr.'s Gründe
hin, feine Abfaffung im 8. Jahrhundert unmöglich zu
machen '). Im Uebrigen ift gerade diefes 6. Capitel fehr
lefenswerth und in vieler Beziehung anregend. Die
Vermifchung der dort gegebenen Ausführungen aber
mit der Frage nach dem C. ift auf alle Fälle zu bean-
ftanden. Die Vergleichung mit de fide catJwlica hat die
Lesart nos ftatt hos {% 3, Zeile 36) ficher geneilt.

Giefsen. G. Krüger.

Kayser, Palt. Lic. C., Das Buch von der Erkenntniss der
Wahrheit oder der Urfache aller Urfachen. Nach den
fyrifchen Handfchriften zu Berlin, Rom und Oxford
hrsg. Leipzig, Hinrichs, 1889. (VI, 271 autogr. S.
gr. 4.) M. 25. —

Das anonyme Buch von der Erkenntnifs der Wahrheit
kann als eine Art Theologia Naturalis oder als ein
Beweis des Glaubens bezeichnet werden. Der Verf. ift
fehr weitherzig; er erkennt z. B. Hormizd als einen Namen
der causa causarum, d. h. der Gottheit, an und findet bei
allen Völkern das Bewufstfein diefer causa causarum
mehr oder weniger ausgebildet. Dem Namennach ift fein
Werk ein Uber generalis ad omnes gentes, in Wirklichkeit
fchreibt er doch nur für die fyrifchen Gläubigen und
geht von chriftlichen Vorausfetzungen aus, die er allerdings
ihres pofitiven Gehaltes nach Kräften entkleidet
und in philofophifche Gemeinplätze zu verwandeln fucht.
Er fchreibt fehr weitläufig und mifcht überall Paränefe
ein, in der Meinung, dafs die theologifche Speculation
ein Mittel ift, den Menfchen zu Gott zu erheben. In der
Regel werden die Abfchnitte durch ein Gebet eingeleitet
.

Ein einigermafsen genügendes Excerpt kann ich an
diefer Stelle nicht geben; ich befchränke mich darauf,
die Ueberfchriften der Capitel aufzuführen. Das erfte
Buch enthält zehn Capitel: 1. Was dem Menfchen ziemt
zu wiffen und zu lernen. 2. Wie die Wahrheit genau zu
erkennen ift. 3. Was Wahrheit und was Lüge ift. 4. Wie
man erkennt, dafs ein Gott ift. 5. Ob Gott einer ift oder
eine Mehrheit (wobei über Sünde und Uebel und über
die Freiheit gehandelt wird). 6. Wie viel Perfonen oder
Idiomata Gott ift (Perfonen = «Din, üfb'ü, iOH »nil).
7. Ob Gott einen genauen Namen hat (= der Gute, der
Reiche, der Weife). 8. Ob er die Urfache aller Urfachen
(das ift der eigentliche Gottesbegriffi) und der Schöpfer
aller Gefchöpfe ift. 9. Ob er für alles forgt und alles
regiert und fich um alles kümmert. 10. Ob er begriffen
werden kann oder nicht. Das zweite Buch handelt vom
Makrokosmus (inclufive Angelologie) in acht Capiteln.
1. Weswegen der Schöpfer die Gefchöpfe gefchaffen und
die Welt zubereitet hat. 2. Was der Wille Gottes ift mit
feiner Schöpfung. 3. Ob es aufser diefer fichtbaren realen
Welt noch eine andere giebt. 4. Ob die andere Welt
materiell und fichtbar ift, oder geiftig, immateriell und
unfichtbar. 5. Wie die Ordnung, der Zweck und der
Dienft der anderen Welt ift. 6. Ob die fichtbare und
finnliche Welt einer Vollendung entgegen geht oder nicht.
7. Ob die andere Welt für fich befteht, aufserhalb der
fichtbaren. 8. Wie ihre Ordnung, was ihr Zweck, und
welches ihr Dienft oder ihre Einrichtung ift. Das dritte
Buch enthält neun Capitel über den Mikrokosmus.
1. Weswegen der Menfch gefchaffen ift. 2. Was die ur-
fprüngliche Natur des Menfchen ift. 3. Wie der Menfch
bei fich denken und was er thun und wie er fich führen
foll in diefer Welt. 4. Was aus dem Menfchen werden
wird, was er zu erwarten hat und welche Hoffnung ihm
fein wird. 5. Wie es möglich ift, dafjs der Menfch Gott

I) Ich mache darauf aufmerkfam, dafs fich offenbare Anklänge an den
Paffus von der Welt- und Menfchenerfchaffung bei Paul I. nachweifen
laflen. Vgl. Manfi XII, 631; Scheffer-Boichorft a. a. O. S. 311.

erkennen kann. 6. Ob der Menfch Gott genau, fo wie er
ift, erkennen kann oder nicht. 7. Ob die Erkenntnifs
Gottes, die der Menfch hat, beftändig eine und diefelbe
ift. 8. Was die Urfache ift, dafs während Gott ein und
der felbe ift und ebenfo feine Natur und Wefen ein und
das felbe, doch feine Erkenntnifs bei allen Völkern
verfchieden ift und auch bei den einzelnen Menfchen
. 9. Ob die Erkenntnifs Gottes in fich verfchieden
ift, oder die Verfchiedenheit nur bei den
Menfchen ift und von ihnen kommt. Das vierte Buch
handelt über die Schrift und das Buch und über die Ent-
ftehung diefer Welt und ihre Zufammenfetzung; von der
Schrift wird der Uebergang gemacht auf das Buch der
Genefis, und Gen. 1 führt wiederum auf die Kosmologie,
für die jenes Capitel als Leitfaden benutzt wird. 1. Ob
Buch und Schrift zuverläffig, nützlich und brauchbar find.

2. Wer die Schrift erfunden und gemacht hat, und warum
fie nöthig ift. 3. Ob das Buch der Schöpfung, über die
Entftehung der Welt und die Bereitung der Creaturen,
zuverläffig ift. (Nachdem der Menfch feine cognitio naturalis
durch eigene Schuld eingebüfst hat, kommt die
Thora als ein für unartige Kinder beftimmtes unvollkommenes
Buch, zuletzt die vollkommene Offenbarung
des Evangeliums p. 158. 163. 166). 4. Wann diefe Welt
gefchaffen wurde, und von wann und wo fie ift, und von
was fie conftituirt ift. (Hier kommt der Verf. wieder wie
im zweiten Buch auf fein Lieblingsthema, die Angelologie
. Allerlei populärer Aberglauben über die Dämonen
findet fich p. 171 zufammengeftellt). 5. Wie die feind-

i liehen Naturen (Elemente) vereinigt wurden und aus
ihnen alles Sichtbare hergeftellt wurde. Das fünfte
Buch handelt über die Herftellung diefer Welt und ihre
Anordnung und über die grofse Verfchiedenheit, die in
ihr ift. I. Ueber den Anfang der ordentlichen Einrichtung
diefer Schöpfung, und wie das Licht gefchaffen wurde
und woraus es ift. 2. Wie der Himmel ausgebreitet wurde,
und was er ift, und was das Firmament über uns ift.

3. Wie die Horizonte (die verfchiedenen Schichten des
Himmels 225, 9) befchaffen und wie fie mit einander verbunden
find. 4. Ob an diefen Horizonten etwas Verborgenes
und den Augen nicht Sichtbares ift. 5. Wie
viel Firmamente oder Stockwerke des Horizonts (Himmels
) es giebt. 6. Was Sonne, Mond und die übrigen
Sterne find, und woraus fie geworden find, und was ihre
Natur ift, und wie ihre Ordnung, und was ihr Nutzen,
und wo ihre Oerter, und was ihr Gefchäft und all ihr
Gefetz. (Dazu mehrere Anhänge oder Nachträge p. 207.
215. 217. 219). 7. Ueber die Urfache der Mond- und
Sonnenfinfternifse. Das fechste Buch handelt über den
Aether und über die Luft und über die Jahreszeiten und
die Meteorologie. 1. Ueber den Aether. 2 und 3. Ueber
die Luft und die durch die Luftftrömungen entfliehenden
feurigen Erfcheinungen. 4. Ueber die Wolken. 5. Ueber
Blitz und Donner. 6. Ueber Regen, Niederfchläge, Schnee,
Hagel und Eis. 7. Ueber die Jahreszeiten. 8. Ueber den
allmählichen und regelmäfsigen Wechfel der Jahreszeiten.
Das fiebente Buch foll fünf Capitel enthalten, es enthält
aber, wie es uns vorliegt, nur zwei. 1. Weswegen
und woher die Arten der Vögel und der geflügelten
Wefen find, und was für Nutzen von ihnen kommt, und
was ihre Einficht ift. 2. Ueber die Natur der Erde und die
vielen Verfchiedenheiten auf ihr, an Staub und an Steinen,
und über die wirkenden Eigenfchaften derfelben, und
woraus und wie die aus der Erde kommenden Körper
conftituirt find, nämlich Gold, Silber, Kupfer, Loth, Blei
und Eifen, und über die Metalle, die aus der Erde gewonnen
werden, wie Schwefel, Arfenik, Vitriol u. f. w.
(In diefem Capitel finden fich fehr viele ethnifche und
geographifche Namen). Die beiden letzten im Vorwort
angekündigten Bücher fehlen in allen Hss.

Der Verf. nennt feinen Namen nicht, er theilt nur
in der Vorrede einiges aus feinem Leben mit. Er war
dreifsig Jahre lang Bifchof von Edeffa, wurde dann in