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Ausgabe:

1889 Nr. 15

Spalte:

372-373

Autor/Hrsg.:

Werner, Karl

Titel/Untertitel:

Geschichte der katholischen Theologie 1889

Rezensent:

Mueller, Karl

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37i

Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 15.

372

der ixt.txxol ayyeXai I Tim. 5, 21 mit den dgydyyeloi will- I
kürlich; wenn Verf. die beiden Ausfagen des Paulus, einmal
, dafs die Heiden den (nicht ohne weiteres böfen)
aToiyeta tov xoofurv, fodann, dafs fie den öatuovia dienen,
durch den Gedanken verbindet, dafs unter den Engeln,
welche den Heiden als Götter gelten, auch böfe Engel fich
finden, fo ftreitet das einfach gegen den Wortlaut: daiiio-
vloßi Di-m otv I Kor. 10, 20; ebenfo vermittelt er zwifchen
derpopulärenDifferenzirung des Geiftes Gottes in avevf.i ata
und der paulinifchen Theorie vom einen Geifte, während !
doch bei Paulus beide Ausfagen unvermittelt neben einander
hergehen; um eine Ungleichheit zu vermeiden, I
unterfcheidet er die Eph. 6, 12 genannten uoynl, t£ov-
oiai, xoOprrxQUTOQSg rot- n/.i'nnvg tovxov von den Rom. j
8, 38, I Kor. 15, 24. 2, 6 erwähnten Engelwefen, als
fatanifche von fittlich unbeltimmten Mächten, während
doch beide offenbar identifch find, und nur die Beur-
theilung derfelben im Epheferbriefe etwas abweicht.
So ift auch das Refultat des Verf.'s für den Coloffer-
brief einigermafsen zweifelhaft. Everling will gegen die
Aufhellungen von Soden's nachweifen, dafs die Engel-
fpeculationen des Colofferbriefes mit denen der übrigen
Briefe durchaus harmoniren, indem fie diefelben zum I
Theil wiederholen, zum Theil fie fortfetzen, dafs alfo
der Behauptung der Echtheit des Briefes von hier aus
nichts im Wege fleht. Die Engelfpeculationen im Coloffer-
briefe haben, wie der Verf. richtig zeigt, durchaus ihre
Wurzeln in den Ausführungen der übrigen Briefe; aber
es läfst fich doch nicht verkennen, dafs fie fich im Einzelnen
von ihnen entfernen. So ift der Gedanke der Verformung
der Engel den übrigen Briefen fremd und auch
nicht leicht mit IKor. 15, 24 in Einklang zu fetzen. Indefs
ift das Motiv diefer Behauptung im Colofferbriefe felbft
fo deutlich zu erkennen, und derartige Ungleichheiten
finden fich in den paulinifchen Briefen überall fo reichlich,
dafs die Echtheit des Briefes dadurch in keiner Weife
fchwankend werden kann. — Doch das find Ausftellungen
nebenfächlicher Art.

Der Stil des Büchleins ift überall lebendig, anfchau-
lich, intereffant. Aufgefallen find mir folgende Ausdrücke
: ,Vorftellungsmäfsigkeit' und ,vorftellungsmäfsig'
pp. 15. 20. 57, eine wohl entbehrliche Neubildung; ferner
.Kulten' als acc. pl. p. 26; ,bis heran' p. 51; ,ein feiiges
Dafein weben' p. 121, wobei wohl in Reminiscenz an
Act 17, 28 weben {/.ivt'iGitai) im Sinne von leben ge- i
braucht wird.

Halle a. S. Lic. theol. H. Gunkel.

Baumgärtner, P., Die Einheit des Hermas-Buches. Gekrönte
Preisfchrift. Freiburg iBr., Mohr, 1889. (VII, 95 S.
gr. 8.) M. 2. —

Verfaffer behandelt die von Link (vgl. diefe Zeitung
1888, Sp. 640. 641) erörterte Frage noch einmal in grö-
fserem Zufammenhang. Er fchreibt fehr gefchickt und,
foweit es fein Thema zuläfst, intereffant. Der Kern der
bisherigen Theilungshypothefen war, dafs fie zwei oder
drei zu verfchiedenen Zeiten lebende Verfaffer annahmen.
Link hatte fich begnügt, dem gegenüber die Einheit des
Vcrfaffers feilzuhalten und nachzuweifen. AuchB.ift davon
überzeugt, und die Solidität feiner von L. ganz unabhängigen
Arbeit verbürgt von Neuem dies Refultat. B.
ift aber weiter gegangen. Er will das Körnchen Wahrheit
herausfinden, das die Theilungshypothefen bergen.
Es ift nach ihm nicht zu verkennen, dafs das Gefüge
und der Zufammenhang der Visiones einerfeits, der Man-
data und Shuilitudines andererfeits fo befchaffen ift, dafs
man von einem zeitlich vorgerückteren Standpunkt des
Verfaffers im zweiten Theil mit Fug reden darf. Und er
hat mit diefer Beobachtung nicht Unrecht. Die bekannten
Differenzen über den Bufstermin, das Verfchwinden der
ueyulri tfXixpiq vom Horizont des Hermas und manches

Andere erklärt fich fo leicht und einfach. Die Ver-
weifungen auf zukünftige Offenbarungen, ein gelegentliches
/.itr ollyaq r^uo-ag deuten darauf hin. Endlich ift
auch die allgemeine Bemerkung wohl am Platz, dafs
,man ein Buch, wie der Pastor Hermae es ift, wohl kaum
von Anfang bis zu Ende in einem Zug niederfchreibt'.
Aber das alles ift felbftverftändlich und verhältnifsmäfsig
gleichgültig. Und dann glaube ich nicht, dafs man ein
Recht hat, zu leugnen, dafs Hermas felbft die einzelnen
Theile noch zufammengefügt hat. Nach B. find die beiden
Gruppen des Buches, wiewohl fie von einem Verfaffer herrühren
, nicht als gegenfeitig fich ergänzende Glieder eines
Buches, fondern als felbftändige Stücke zu betrachten, die
erft fpäter zufammengeftellt worden find, nicht eigentlich
von einem Redactor, fondern in Folge eines fich unwillkürlich
vollziehenden Vereinigungsproceffes. Die Argumente
B.'s reichen, glaube ich, nicht hin, diefe Behauptung zu begründen
. Sie laufen auf eine Kritik des Verfaffers hinaus,
der die Zufammenfügung der nach und nach von ihm
niedergefchriebenen, meinetwegen auch einzeln veröffentlichten
Stücke nicht mit Gefchick vorgenommen hat.
Aber eine befondere fchriftftellerifche Gefchicklichkeit
ift von Hermas überhaupt nicht zu erwarten; und eine
derartige Kritik ift ftets zweifchneidig. Aeufsere Zeug-
nifse für eine urfprüngliche Sonderexiftenz der Theile
des Buches laffen fich nicht beibringen. Jedenfalls mufs
die Vereinigung fehr bald gefchehen fein. Den Titel
scnuir'iv kann das ganze Buch a potiori geführt haben.
Mir fcheint diefe ganze Frage von geringem Belang,
wenn nur die Einheit des Verfaffers gefichert ift. Man darf
gefpannt fein, wie nun Hilgenfeld die erfchütterte Pofition
vertheidigen wird. Da er felbft vor 1881 an der Einheitlichkeit
nicht gezweifelt hat, fo wäre wirklich eine einfache
Rückkehr zur früheren Anficht das Gerathenfte*).

Leider ift es kein Druckfehler, wenn 5mal (S. 5, 21,
23) Orig i nes auftaucht. Dafs man diefer Verirrung gelegentlich
auch bei ganz bekannten Schriftftellern begegnet
, darf nicht abhalten, fie ernftlich zu rügen.

Giefsen. G. Krüger.

Werner, Dr. Karl, Geschichte der katholischen Theologie.

Seit dem Trienter Konzil bis zur Gegenwart. 2. Aufl.
[Gefchichte der Wiffcnfchaften in Deutfchland. Neuere
Zeit. 6. Bd.] München, Oldenbourg, 1889. (VIII, 656 S.
gr. 8.) M. 8. 40.

Die erfte Auflage diefes Werks war i8f56 erfchienen,
nach 23 Jahren erfcheint jetzt die zweite. Sie ift noch
von Werner's Hand bearbeitet, im Wefentlichen unverändert
: einige Nachträge von Literatur, einige fonftige
Zufätze und einzelne Kürzungen; im Ganzen nur fechs
Seiten mehr. In welchem Umfang der Text der erften
Auflage herüber genommen ift, dafür nur folgende Belege
: S. 604 f. heilst es von Döllinger: ,Der ernfte
Geilt . . . [feiner Gefchichte der chriftl. Kirche] läfst
ahnen, was von D.'s in Ausficht geftellter Papflgefchichte
zu erwarten fei, als deren Vorläufer vor wenigen
Jahren [wie auch in der Anm. verzeichnet fteht, 1863!!]
die Papftfabcln des MA.'s erfchienen'. Von Hefele
S. 606: ,In Tübingen wirkt [Präfens!] feit länger denn
einem Vierteljahrhundert [1837!!] K.J. von Hefele'.
S. 643: ,Durch Schäzler wurde in jünglter Zeit Kuhn
j in einen theologifchen Streit verwickelt'. S. 644: ,Schäzler
hat jüngft eine ausführlich motivirte Erwiderung . . .
I veröffentlicht'. Das alles aber ift 1865 und früher! Die
I ganze theologifche Bewegung feit dem Ende der
fechziger Jahre ift überhaupt gar nicht mehr
gefchiTdert: der Nachtrag einiger Namen und Bücher-

*) Diefe Hoffnung hat fich leider nicht erfüllt. Vgl. Zeitfchr. f.
wüT. Theol. XXXII, 3. Die Bitte aber ift wohl berechtigt, den Streit
nun nicht noch einmal aufzurühren. Er wird fonft endlos.