Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1889 Nr. 13

Spalte:

324-325

Autor/Hrsg.:

Krähe, Ed.

Titel/Untertitel:

Jüdische Geschichte 1889

Rezensent:

Horst, L.

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

323 Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 13. 324

Die zweite Bemerkung ift diefe, dafs ich nicht daran I viele gerecht machen wird, Jef. 53'. Natürlich ift in den
denke, Bengel's Standpunkt mit demjenigen unferes ge- beiden folgenden Verfen (Dan. 9, 25. 26) unter einem
lehrten, geiftreichen und gewifs ebenfo wohlmeinenden Gefalbten Chriflus zu verftehen; vgl. S. 47: ,Kein (S. 76:
Verfaffers zu identificiren. Aber gerade der Umftand, j gläubiger) Israelit kann im Zweifel darüber fein, dafs
dafs Wolf fich über die veralteten Speculationen des t-POE identifch mit VJS ITbE fein mufs', vgl. S. 65. In
frommen Bengel erhaben dünkt, macht fein Schriftchen, V. 27 ift ,er wird aufhören laffen etc.' mit heiliger Ironie
welches vornehm im Gewände neuefter gläubiger (vgl. gefagt, denn dadurch, dafs Gott dem falfchen Kultus

S. 64) Wiffenfchaft erfcheint, für leichtgläubige Lefer nur
um fo gefährlicher, ähnlich wie die reichsgefchichtliche Erklärung
der neuteftamentlichen Apokalypfe leicht gröfsere

ein Ende macht, giebt er, der Israel zur Ruhe einführen
wollte, dem Volke die Ruhe, die es felbft gefucht hat
(S. 52). Obgleich Wolf (S. 83) fich nicht erlauben will.

Verwirrung in den Köpfen der vor der rationalifti- ; das A. T. aus dem N. T. zu erklären, huldigt er doch

fchen zeitgefchichtlichen Auslegung gebührend gewarn
ten Lefer anrichtet, als die harmlofe kirchengefchichtliche
Deutung zu bewirken vermag. Wolf giebt Hengftenberg
darin Recht, dafs diefer die nichtmeffianifche Auslegung
unferer Danielftelle für falfch erklärt, Unrecht dagegen
darin, dafs er jede Beziehung auf die Makkabäerzeit abweift
. An der gefchichtswidrigen Ableitung des Buches
vom exilifchen Daniel wird trotz Bleek etc. feftgehalten,
obgleich fie noch unmöglicher ift, als die neuerdings von

hermeneutifchen Grundfätzen, die aller wiffenfchaftlichen
Auslegung Hohn fprechen. Ich denke dabei nicht an
ziemlich harmlofe Einfälle, wie z. B. S. 43, dafs die in
Stier's Polyglottenbibel notirte Parallele Jef. 44, 26 die
,Grundftelle' für Dan. 9, 25 fei, auf welchen Zufammen-
hang bisher noch Niemand aufmerkfam gemacht habe,
oder S. 10, dafs wir die durch den Engel Gabriel vermittelte
Ueberbringung des göttlichen Wortes ,gewifs
als eine befondere Gnade zu betrachten haben, da

der deutfchen Orthodoxie aufgegebene Abfaffung des es fonft das gewöhnliche ift, dafs der Prophet des Herrn
Pentateuchs durch Mofes. Ich finde es anerkennenswerth, [ Wort nur im Geilte hört'; vielmehr das meine ich, dafs
dafs Wolf fich von der Halbheit frei hält, welche einzelne j Wolf den Propheten Dinge fagen läfst, welche
Stücke des Buches auf ältere Ueberlieferungen des wirk- diefer felbft nicht verfteht. Um die Schwierigkeit
liehen Daniel zurückführt, um fo z. B. ,den Menfchenfohn j zu überwinden (S. 89), ,wie diefelbe Periode zuerft mit
als echt altteftamentliche Figur zu retten', wie R. Kübel 1 70 und darauf mit 7 Wochen bezeichnet werden kann',
(Luthardt's Theol. Lit.-Blatt 1889 Nr. 11) fich ausdrückt, flüchtet der Verf. unter Mifsbrauch der Stelle 2 Petr. 1,
Die Meinung Orelli's, dafs der Sammler an Onias ge- 20. 21 zur magifchen Infpiration und fagt, der Prophet
dacht habe, die Prophetie jedoch von Haus aus meffia- ! felbft habe dies Räthfel nicht löfen können: ,Wir haben
nifch fei, lehnt Wolf (S. 100, Anm. 2) entfehieden ab. es hier nicht mit des Propheten eigenen Berechnungen
Da ihm aber feine Verwerfung der ficheren Ergebnifse • zu thun, fondern er wird vom Geifte Gottes auf jene
der Kritik das vviffenfehaftliche Verftändnifs des Buches Geifteshöhe emporgetragen, von welcher aus er bis ans
Daniel aus den Verhältnifsen der Makkabäerzeit heraus j Ende fchaut und apokalyptifch auch die Stadien des

von vorne herein verfchliefst, fo kommt er zu anderen
unklaren Vermittelungen. Der Verf. bringt es fertig, die
drei ,Hauptrichtungen in der Auffaffung des Inhalts der

Weges, aber doch mit der gewöhnlichen Begrenzung der
Prophetie, erblickt, fodafs, was uns geoffenbart ift, dafs
nämlich das Kommen des Meffias ein doppeltes fein

70 Wochen', welche für die ,gläubige Exegefe' jetzt allein wird, feinem Auge nicht enthüllt ift. Erit uns ift es ge-
noch in Betracht kommen, ineinander zu fchweifsen, näm- ' geben, zu verftehen, dafs es einmal heifst, bis zum Meffias
lieh die typifch-meffianifche, die direkt meffianifche und ■ feien 7, und zugleich, es feien 70 Wochen bis dahin:
die efchatologifche Auffaffung. Ich kann für den ge- ! 7 Wochen nämlich bis zu feinem erften Kommen, 70

naueren Nachweis der dabei begangenen Künfteleien und
Gewaltthaten den Lefer nur auf das Schriftchen felber
verweifen.

Wochen bis zu feiner Wiederkunft'.

Weil ich an die Kraft und den Sieg der Wahrheit
glaube und mich vor den Gefahren der freien Forfchung

Wenn ich nun dennoch einige Proben mittheilen 1 nicht fürchte, fo beforge ich auch von der in Wolfs
mufs, fo bin ich bei der Fülle des Stoffes faft in Ver- j Studie auftretenden Exegefe keinen dauernden Schaden;
legenheit, welche Stellen ich erwähnen foll. Wir erfahren j aber als eine gläubige kann ich diefe in Wirklichkeit
z. B., dafs man von der Zeit des neunten Capitels nur I kleingläubige Schriftauslegung unmöglich anerkennen,
wiffen könne, diefelbe liege vor Babylons Fall (S. 9); | Bonn Ad- Kamphaufen.

aber ,Daniel ift mit dem gegenwärtigen Verhältnifs der__

Weltreiche viel zu vertraut, als dafs man an einen ge-

fchichtlichen Fehler denken könnte'. Da (S. 59) das Wort Krähe, Stadtfchulr. Dr. Ed., Jüdische Geschichte. (In 2

von der Wiedererbauung Jerufalems (V. 25) mit dem , Thln.) 1. Thl. Von ihren Anfängen bis zum Unter-
an Daniel ergangenen Wort (V. 23) identifch ift, er- [ des Reiches juda. Bis 586 v. Chr. Berlin,

weift es fich als unmöglich, zu fagen, in welchem Jahre ! «,.,,„. 000 ,-wttt c oM
dies gefchehen ift, denn wir wiffen nicht, wer der Meder ! Oehmigke's Verl., 1S88. (VIII, AZ2 S. gr. 8.) M. 4. 50.

Darius ift, ob Cyrus oder ein anderer uns noch unbekannter
Fürft oder Unterkönig. Die 70 Wochen folgen
auf die 70 Jahre der Strafe (S. 11. 40. 57. 91), welche

Dr. Eduard Krähe erzählt die Gefchichte Ifraels
bis zum Untergang des Reiches Juda. Die Anregung
zur Veröffentlichung feines Buches hat der Verfaffer

Jeremias weisfagte. Zur Rechtfertigung der direct meffia- vielfach von aufsen her erhalten. ,Es ift, fo fchreibt er,
nifchen Erklärung von V. 24 heifst's S. 39: ,Der Ton, ; der mir wiederholt nahe gelegte Wunfeh gewefen, doch
der hier angefchlagen wird, ift derfelbe, der durch alle , die Vorlefungen, die ich in meiner früheren Stellung
Prophetien hindurchklingt: Die Hoffnung auf Hinweg- als Stadtfchulinfpector in Berlin auf Veranlaffung meines
nähme der Sünde und auf das Erfcheinen der Gerechtig- | damaligen Vorgefetzten, des Herrn Stadtfchulraths
keit in der meffianifchen Zeit. Da foll ja der Schlange j Profeffor Dr. Bertram, im Auftrage der ftädtifchen Schulder
Kopf zertreten werden, Gen. 3, 15, da foll der König ! deputation den an den dortigen Gemeinde- und Privat-
der Gerechtigkeit herrfchen, 2 Sam. 23, 3, von dem es fchulen angeflehten Lehrern in den Jahren 1878 und
heifst, dafs der Gurt feiner Lenden, Jef. 11, 5, und fein 1879 uber die gedachte Materie gehalten, zu veröffent-
Panzer, Jef. 59, 17, Gerechtigkeit ift (Jef. 11, 5), der für liehen und fo deren Inhalt auch noch anderen Kreifen
Wahrheit und Milde mit Gerechtigkeit einherzieht, Pf. 45, zugänglich zu machen'. Der Verfaffer, der feine Excerpte
5, und aufgeht als die Sonne der Gerechtigkeit mit Hei- beffer verarbeiten follte, würde für den 2. Band gut daran
lung unter feinen Flügeln, Mal. 4, 2, ja der felbfl heifsen ; thun, mit dem gegenwärtigen Stand der Forfchung ge-
foll 13plS mn Jer. 23, 6, weil er felbft die Sünde des ! nauere Bekanntfchaft zu machen und alsdann feine VorVolkes
tragen und durch fein Leiden und feinen Tod | lefungen vor dem Druck gründlich umzuarbeiten; ohne