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Ausgabe:

1889 Nr. 12

Spalte:

299-302

Autor/Hrsg.:

Smith, George Adam

Titel/Untertitel:

The Book of Isiah. Vol. I 1889

Rezensent:

Budde, Karl

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299

Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 12.

300

Freiheit im Grundfatze durchaus zu und finde auch, dafs
die Verfif. in vielen Fällen einen glücklichen Gebrauch
davon gemacht haben, z. B. in der verfchiedenen Wiedergabe
von irJüt, Tai"!, "Q~, flW etc. Im Ganzen halte ich es
jedoch für richtig, von" diefer Freiheit einen mäfsigeren
Gebrauch zu machen, als die Verff. gethan haben. Weshalb
z. B. -fßX 1, 3 ff. ,gebieten', 1, 20. 24 ,befehlen'? na~N
2, 19 ,Erdreich', 2, 7 .Ackerboden'? Vgl. 4, 3. 10 ff. 5.
29. 3, 17. Weshalb ©an 8, 17 .Gewürm' (= p© 7, 21),
I, 24. 26. 7, 14. 8, 19 .Reptilien'? Dafs rvna nicht ftets
mit Vertrag (21, 27. 32) überfetzt werden kann, ift gewifs
richtig; aber in C. 17 haben die Verff. den deutfchcn
Ausdruck für diefes Wort doch häufiger wechfeln laffen,
als mir zuläffig erfcheint. Denn m. E. darf die Ueber-
fetzung wenigftens eines Profaftückes nicht fo frei fein,
dafs es für den Sprachkenner unmöglich wird, den Grundtext
aus derfelben zu erkennen. Diefe Möglichkeit
möchte ich bei der Ueberfetzung von C. 17 betreffs
FpSl bezweifeln.

2. folche Wörter wegzulaffen, ,die für das hebräifche
Sprachbewufstfein fichtlich nur zur Completirung des
mit ihnen verbundenen Ausdrucks dienen.' Als häufig
wiederkehrende Beifpiele kommen hier namentlich tiif[
und lfm (rPJTl) mit folgender Umftandsangabe vor einem
Verbalfatze in Betracht, risri ift oft ausgelaffen, oft auch
treffend wiedergegeben worden (6, 17. 37, 13. 38, 13. 23 f.),
allerdings, gemäfs der weit verbreiteten Meinung, als ob
diefes Wort ,fiehe' bedeute, nur 37, 19 ,fehet', foviel ich
bemerkt habe. Wl habe ich 4, 3. 14, 1. 39, 11. 40,20
überfetzt gefunden, an den meiften Stellen dagegen nicht.
Ich fehe keinen Grund, weshalb es dort überfetzt worden
ift. — Diefes Verfahren der Verff. ift ficherlich der allge-
meinften Beachtung werth.

3. ,um den eigentlichen Sinn des in wörtlicher Ueberfetzung
fchlechthin unverftändlichen Textes klar zu ftellen',
z. B. 31, 20 Jakob aber überliftete Laban' u. a. Auch
diefe Freiheit ift zweifellos berechtigt; einzelne Entfchei-
dungen mufs ich aber beanftanden. Gen. I, I ff. ift überfetzt
: ,Dereinft, als .... da gebot Elohim'. Die Frage

eine neue volksthümliche Arbeit über das Buch Jefaia an,
zunächft der erfte Bd. über c. 1—39, wieder nur ein Theil
eines umfaffenden Werkes, The Expositor's Bible, einer
Erklärung der ganzen Heiligen Schrift. Darin be-
fteht der Hauptunterfchied von Driver's Isaiah: Dort ein
Lebensbild, das fich bemüht, alles Licht rückwärts auf
die Perfon des Propheten zu werfen, hier erbauliche Erklärung
des Buches, welche aus ihm Licht fallen läfst
auf. die Fragen und Bedürfnifse unferer Zeit und überall
das herausgreift, was für diefen Zweck fich am frucht-
barften erweift. Aber nichtsdeftoweniger reiht das Buch
alles auf den Faden der Gefchichte; es zieht mit Ausnahme
des c. 1, das dem Verfaffer trotz fpäter Abfaffung
zu einer Vorrede für das Buch benimmt erfcheint, alle Weis-
fagungen in der Reihenfolge zur Betrachtung heran, in der
fie nach feiner Ueberzeugung empfangen und verkündet
find. Denn es kommt ihm gerade darauf an, den Fort-
fchritt nicht nur in der Gefchichte des Volkes, fondern
fogar die Entwickelung und den Fortfehritt in Lehre
und Ueberzeugungen des Propheten felbft zu zeigen, vor
allem zum Bevveife, ,dafs das Buch Jefaia's die Erfahrung
und das Zeugnifs eines wirklichen Lebens enthält: eines
Lebens, das lernte und litt und wuchs, und endlich
triumphirte' (S. XIV). Bei einer fo wahrhaft gefchicht-
lichen Anfchauung verlieht es fich von felbft, dafs der
Verf. felbftändig diefen gefchichtlichen Faden zu finden fich
ernftlich bemüht hat, und ebenfo, dafs er wie Driver die
Ergebnifse gefchichtlicher Kritik vertritt. Auch hier be-
fpricht ein 5. Buch die ,Weifsagungen, die fich nicht auf
Jefaia's Zeit beziehen', es find cc. 13—14, 23. 24—27. 34-
35, und die Einleitung'S. 401 ff. fagt auf das Bündigfte,
dafs der Verf. fie für fpäteren Urfprungs hält. Und fo
wird der zweite Band zweifellos auch die cc. 40—66 behandeln
. Bemerkenswerth, befonders für unfere Zuftände,
ift es, dafs der Verf. nach brieflicher Mittheilung fall den
ganzen Inhalt diefes Bandes von der Kanzel herab der
Gemeinde gepredigt hat: mit welchem Erfolge, das mag
der Umftand beweifen, dafs von dem daraus zufammen-
geftellten Buche die erfte Auflage von 2000 Exemplaren

der Verbindung von V. 1— 3 laffe ich bei Seite, be- i binnen fechs Wochen vergriffen war und nun fchon die

zweifle jedoch, ob ,dereinft' den Sinn trifft, da ich für
wahrfcheinlich halte, dafs tYuStfn mit Bezug auf den pro-
phetifchen Sprachgebrauch von rTnntf (D^PI tTnn&t) gewählt
ift. Wenn n3U1 8, 1 und 19, 29 (Q) durch die
Wendung ,aus Rückficht auf gegeben wird, fo fcheint
mir die Eigenthümlichkeit des biblifchen Ausdruckes,
der menfehlich von Gott redet, nicht recht gewahrt zu
fein. Gut ift dagegen O^ny t"flD3 20, 16 ,Ehrenerklärung';

7, 11 ,die Sprudel des Oceans brachen durch'.

An Verfehen oder Druckfehlern ift mir aufgefallen:

8, 13 fechshundertften ftatt fechshunderterften; nach I, II
fehlt ,und es gefchah fo'; 21, 6 ift das Wörtchen ,mit'

zweite— nach dem ftehengebliebenen Satz mit Verbefferung
einiger Druckfehler — vorliegt. Was in der Schotti-
fchen freien Kirche*) —ihr gehört der Verf. als Geift-
licher an — möglich ift, follte das bei uns zu den unerfüllbaren
frommen Wünfchen gehören? Hören wir des
Verf.'s Zeugnifs aus einem Briefe, zu deffen Mittheilung
ich Vollmacht habe. ,Der bezeichnendfte Zug in dem
kirchlichen Leben Schottlands ift in der Gegenwart die
wachfende Zahl junger Theologen, welche, im Befitze
heller und wiffenfehaftlicher Anfchauungen vom Urfprung
unferer Heiligen Schriften, entfchloffen find, zu zeigen,
und wie ich glaube, gelingt es ihnen, dafs die Bibel fo

zu tilgen. Einige Male fcheint mir aus Verfehen ein | ausgelegt eine unerfchöpfliche Quelle warmer und evan-
Wort unüberfetzt geblieben zu fein, fo 3, 8 pn, 9, 10 i gelifcher Predigt, ein Sporn zu heiligem Leben, eine frohe
Ynxn, 37, 22 "D-reO 11ÖK. Das Citat 19, 17 ff. S. IV pafst i Botfchaft für den Sünder und ein lebendiger Führer in
nicht zu S. 35. allen Aufgaben und Schwierigkeiten des modernen Lebens

Je mehr man die Ueberfetzung prüft, defto lebhafter ift'. Möchte man fich doch bei uns aus einem Buche wie
wird der Eindruck, dafs fie aus reiflicher Ueberlegung, das vorliegende überzeugen, dafs es wirklich fo fleht,
aus grofser Sorgfalt und Mühe erwachfen ift. Nicht nur I und fich endlich entfchliefsen, die in der Bibel, insbefondere
neue Wiedergaben, fondern auch neue Auffaffungen treten J im A. T., verborgenen Schätze auf diefe Weife für unfere
dem Lefer zahlreich entgegen und reizen zur weiteren
Prüfung. Das Buch bietet eine werthvolle Erleichterung
der Vorlefungen über die Genefis und ift zugleich eine
erfreuliche Probe der Ueberfetzungskunft, der Beherzi
gung und Nachfolge werth.

Leipzig. H. Guthe.

Smith, George Adam, M. A., The Book of Isaiah. Vol. I.
Isaiah I—XXXIX. London, Hodder and Stoughton,
1888. (XVI, 456 p. 8.) 7 s. 6 d.

Dem fchönen Driver'fchen Buche, das zu Ende des
vorigen Jahres befprochen wurde, fchliefst fich hier fchon

Gemeinde zu heben und zu münzen!

Das Buch wird feiner Aufgabe durchaus gerecht. Es
ift als gewiffenhafte und treue Auslegung ebenfo echt he-
bräifch und altteftamentlich, wie es in feiner weit und tief
blickenden Nutzanwendung durch und durch chriftlich,
enghfeh, modern heifsen darf. Die Auffaffung des Textes
ift uberall felbftändig, im beften Sinne fubjectiv, daher
manchmal auch recht kühn. So wird die Auffaffung der
cc. 2—4 als Stücke aus Jefaia's Lehrlingszeit, die mit

*) Diefelbe Kirche, welche 1881 nach langen Verhandlungen W. Kobert-
lon ömi h auf Grund feiner Veröffentlichungen auf dem Gebiete biblifcher
Mtik als unsa/e and unsettling teacher aus feinem Amte als Profeffor