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Ausgabe:

1889 Nr. 11

Spalte:

286-287

Autor/Hrsg.:

Cave, Alfred

Titel/Untertitel:

The inspriration of the Old Testament inductively considered 1889

Rezensent:

Hartung, Bruno

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Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. Ii.

286

hältnifsen des Mittelalters entfprungen fei', und dafs er
,nach dem Beifpiele der Kanoninen des Mittelalters die
dreifache Immunität als ein wefentliches Recht der Kirche
annehme, da es fich doch nur um (vom Staate verliehene)
Privilegien handle' (S. 50). Demgemäfs rieth er 1838
Metternich, bei einer allenfallfigen Verwendung für den
von der preufsifchen Regierung gefangen gefetzten Erz-
bifchof von Köln .möge die Kirche oder der Staatskanzler
nur ja nicht die Immunität einmifchen, da die
Perfonal-Immunität in ihrem früheren Umfange nicht als
ein der deutfchen Kirche noch gegenwärtig zuftändiges
Recht bezeichnet werden könne' ( S. 50). — S. 442 ff.
giebt der Verfaffer neue Auffchlüffe über Raufcher's Betheiligung
an dem Verbote der Schriften A. Günther's.
In einem Briefe aus Rom vom 10. Aug. 1853 wurde ihm
nahegelegt, den Papft direct um eine förmliche Unter-
fuchung der Günther'fchen Lehre zu bitten, mit welcher
eine befondere Commiffion in Rom bereits befchäftigt
war. Raufcher übergab dem Nuncius Viale Prelä im
Marz 1854 eine ausführliche Zufammenftellung der Irr-
thümer Günther's und beantragte die Verdammung der-
felben ohne Nennung Günther's. Das Gerücht, die
Verurtheilung Günther's im Jahre 1857 fei allein auf fein
Drängen erfolgt, bezeichnete er als Verleumdung. —
1864 fprach fich Raufcher in Folge einer Anfrage des
Cardihals Antonelli entfchieden gegen den Plan aus, die
Abhaltung einer Gelehrtenverfammlung gleich der 1863
zu München gehaltenen zu verbieten; man möge, meinte
er, die Männer, welche folche Verfammlungen nicht für
gefahrlos hielten, auffordern, fich zu betheiligen und alles,
was die katholifche Wahrheit verletzen könnte, zu bekämpfen
(S. 542). Der Rath wurde bekanntlich nicht
befolgt. — Nach S. 460 correfpondirte fchon im Decem-
ber 1870 und Januar 1871 der öfterreichifche Botfehafter
in Rom mit dem Grafen Beuft über den Ort des möglicher
Weife bald abzuhaltenden Conclaves. Es wurde
Trieft oder Görz vorgefchlagen. Raufcher, den Beuft zu
Rathe zog, erklärte, es fei höchft wünfehenswerth, dafs
die betheiligten Regierungen, die katholifchen und die
proteftantifchen, deren Unterthanen grofsentheils katho-
lifch feien, fich dahin verftändigten, im Falle des Todes
das Papftes in übereinftimmenden Noten von der italie-
nifchen Regierung Sicherftellung der Wahlfreiheit zu
verlangen.

Im October 1872 informirte Raufcher den Grafen
Andraffy über die Exclufive, [das Vetorecht, welches
der deutfehe Kaifer und die Könige von Frankreich und
Spanien bei der Papftwahl übten. Er hält es für möglich
, dafs die grofse Mehrzahl der Cardinäle diefes Recht
mit Rückficht auf die feit 1848 eingetretenen .traurigen
Wandlungen' nicht mehr anerkennen würden. —Raufcher
war hinfichtlich der inneren politifchen Fragen in Oefter-
reich entfehiedener Centralift und Gegner des Föderalismus
. S. 520 wird aus einem Briefe von ihm vom Jahre
1873 folgende merkwürdige Aeufserung mitgetheilt:
.Diejenigen, welche dem Katholiken mit Berufung auf die
von der Religion geheiligten Pflichten eine Richtung
feiner politifchen Thätigkeit vorzeichnen, zu welcher
die Religion ihn nicht verpflichtet, mifsbrauchen die
Religion zu politifchen Zwecken. Mit dieiem Mifsbrauche
der Religion machen unter Vortritt des „Vaterland" die
dem Föderalismus dienitbaren Blätter und die Redner,
welche in den Vereinen für den Föderalismus werben,
Gefchäfte. Dasfelbe „Vaterland" fcheut fich nicht, die Waffen
der Verleumdung und Lüge, die es den Gegern der
Kirche mit Recht zum Vorwurf macht, gegen die treueften
Katholiken anzuwenden, fobald diefe in fein politifches
Lofun^swort nicht einftimmen, und feine wiewohl vergeblichen
Verfuche, das Anfehen des rechtmäfsigen Oberhirten
zu erfchüttern, find offenkundig. In der Frechheit
gegen meine Perfon wird es von den aufser Wien
erfcheinenden föderaliftifchen Blättern allerdings übertroffen
, und an der Spitze flehen hierbei die böhmifchen

Blätter, kirchliche wie kirchenfeindliche. Der katholifche
„Czech" hat fich im vorigen Sommer gegen mich rohe
Verleumdungen erlaubt, welche nicht nur die Runde
durch Deutfchland und Italien machten, fondern auch
nach Rom gelangten, fo dafs der heilige Vater Erkundigungen
darüber einzog'.

Das Capitel, welches von Raufcher's Thätigkeit auf
dem Vatikanifchen Concil handelt, ift werthlos. Das
, Thatfächliche wird nicht allein viel unvollffändiger als
! in Friedrich's Gefchichte des Concils, fondern theilweife
unrichtig dargeftellt. Dem Verfaffer ift es nur darum zu
thun, zu zeigen, dafs Raufcher ,ohne einen Augenblick
dem Lehrfatze (von der Unfehlbarkeit des Papftes) felbft
entgegen zu treten' (S. 433), nur die Zweckmäfsigkeit des
von der infallibiliftifchen Partei eingebrachten Antrages be-
ftritten und verlangt habe, ,dafs die Frage vor dem end-
giltigen Entfeheid auf die obwaltenden Schwierigkeiten
unterfucht werde' (S. 441). In feinem letzten Hirtenbriefe
vom 7. April 1875 fagt Raufcher allerdings: ,eine
Erklä rung der Hinterlage des Glaubens, worin der Papft
und fämmtlichc Bifchöfe übereinftimmten. muffe jeder
Katholik als einen richtigen Ausdruck der göttlichen
| Offenbarung, ja als Gottes Wort annehmen, und die Gelehrten
feien durch die erfolgte Lehrbeftimmung zwar
nicht verpflichtet, zu glauben, dafs alle dagegen erhobenen
Schwierigkeiten nun fchon gelöft feien, wohl aber, dafs
fie alle gelölt werden könnten'. (S. 371).

Bonn. F. H. Reufch.

Cave, Alfred, B. A., The inspiration of the Old Testament

inductively considered. The VII. Congregational
Union lecture. London, Congregational Union of
England and Wales, 1888. (XII, 468 S. gr. 8). Geb.
7 sh. 6 d.

Mit Zagen übernahm ich den Auftrag, diefes Buch
anzuzeigen, das übrigens durch feine Aushärtung, wie fo
manche englifche Werke durchaus nicht erften Ranges,
einen deutfchen Theologen neidifch machen könnte; denn
wie kann heutzutage einer, der nicht Fachgenoffe ift, fich
auf den Kampfplatz altteftamentlicher Wiffenfchaft herniederwagen
? Und auf diefem bewegt fich das Buch,
deffen Verfaffer auch in der deutfchen Literatur gut
unterrichtet ift, wenn er auch gelegentlich Luther als
einen .Bergmannsfohn aus Erfurt' bezeichnet. Allein ein
flüchtiger Blick fchon zeigte, dafs die letzten Entfchei-
dungsgründe hier anderswo liegen, als in der altteftament-
lichen Wiffenfchaft. Der Verfaffer tritt an die Pentateuch-
frage.der bei weitem der gröfste Theil feiner Ausführungen
gilt, mit der Ueberzeugung heran, dafs es fich dabei
unmittelbar um das tieffte Intereffe des Chriftenthums
handelt, und es ift im hohen Grade anzuerkennen, wie
gerecht und unbefangen er dennoch feine Gegner beur-
theilt. Bezeichnend aber ift es, dafs er die mofaifche Ab-
faffung der Genefis auch gegen folche rechtfertigen zu
müflen meint, welche ihr einen vormofaifchen Urfprung
zufchreiben. Vormofaifch ift nach ihm vielleicht der
Elohift, doch können auch diefe Stücke von Mofes, aber
dann geraume Zeit vor der Gefetzgebung, verfafst fein,
der Jehovift, welcher der Genefis ihre Geftalt gegeben
hat, ift ficher Mofes felbft; nur einige Ueberarbeitungen
und Notizen find fpäter beigefugt. Die hiltorifche Glaubwürdigkeit
wird durch einen grofsen Apparat gefchicht-
licher, zumal religionsgefchichtlicher Kenntnifse bewiefen,
von dem man manches lernen kann und deffen Beweiskraft
im einzelnen man mehr anerkennen würde, wenn
fie für die Wahrheit der Sache, nicht für die literarge-
fchichtliche Frage in Anfpruch genommen würde. Freilich
für den Verfaffer hängt beides unmittelbar zufammen.
Für die übrigen Bücher des Pentateuchs wird dann zwifchen
der journal theory und der evolutionary theoty unter-
fchieden. Die letztere, die bekannte moderne, trägt ihre