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Ausgabe:

1889

Spalte:

9-10

Autor/Hrsg.:

Mason, Arthur James

Titel/Untertitel:

The faith of the gospel 1889

Rezensent:

Kaftan, Julius

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. t. 10

Form vager Reflexionen geleiftet. Es fehlen dem Verf.
alle feftcn Grundbegriffe allgemeinerer Art, ohne welche
lieh eine folche Arbeit nicht ihun läfst. Schrift und kirchliches
Bekenntnifs kommen um des ,chriftlichen Bewufst-
feins' willen weder objectiv zu Worte, noch autoritativ
zur Geltung. Und die Aufgabe, die einzelnen Sätze aus
dem Glauben abzuleiten, wird gar nicht ernftlich in Angriff
genommen, weil der Verf. fleh daran genügen läfst,
ein ungefähr mit dem Niederfchlag der heutigen foge-
nannten glaubigen Theologie erfülltes chriftliches Bewufst-
fein zu expliciren, und das mit der Löfung jener Aufgabe
verwechfelt.

Der Verf. fagt uns in der Vorrede, dafs fein Buch
nicht aus einem augenblicklichen Einfall, fondern aus
vieljähriger Arbeit hervorgegangen fei. Wir glauben es
gern. Wohin kämen wir auch, wenn ,neue Darftellungen
der evangelifchen Glaubenslehre' auf augenblickliche Einfälle
hin producirt wurden. Allein, der Verf. hat trotzdem
die Gröfse der Aufgabe, die er fleh ftellte, unterfchätzt.
Eine kurze Darftellung des Ganzen, die nicht Compendium
für den Schüler fein will, ift, wenn fie fleh felbft legiti-
miren foll, ungefähr das Höchfte, was einer auf diefem
Gebiet leiften kann. Dazu gehört die volle Sicherheit im
Umgang mit Stoff und Form, die nur eine immer und
immer wiederholte Durcharbeitung zum Zweck der Vor-
lefungen zu verfchaffen vermag. Man darf nicht glauben,
wenn man ein paar Mal über Dogmatik gelefen, die in
der Vorlefung dictirten Paragraphen feien der reife Ertrag
langer Arbeit und könnten als folche dem theolo-
gifchen Publicum vorgelegt werden. Darum meinen wir,
der Verf. hätte beffer gethan, fleh vorerft auf den näch-
ften Zweck des Drucks zu befchränken.

Berlin. J. Kaftan.

Mason, Arthur James, B. D., The faith of the gospel. A

manual of Christian doctrine. London, Rivingtons,
1888. (XXII, 403 S. 8.) Cloth.

Dies Buch ift eine populäre Dogmatik. Die Belehrung
angehender Studenten der Theologie und vor
allem gebildeter Laien über Einheit, Zufammenhang und
Vernünftigkeit des kirchlichen Glaubens ift der Zweck,
dem es dienen will. Der Standpunkt des Verfaffers ift
der der englifchen Kirche und zwar im Sinn ftrengfter
Orthodoxie. Das gegebene Dogma ift die Wahrheit, in
deren Verftändnifs wir ehrfurchtsvoll einzudringen verfluchen
müffen. Dafs diefes Dogma felber ein Product
der Gefchichte ift und eine Gefchichte in der Welt gehabt
, kommt nicht in Betracht. Oder doch nur infofern,
als diefe Gefchichte dazu gedient hat, im Dogma gegenüber
häretifchen Abweichungen die Wahrheit zu zeitigen.
Dem entfpricht das Verhältnifs zur heiligen Schrift. Die-
felbe wird nicht gefchichtlich, fondern im Sinn des Dog-
ma's gedeutet. Und fle ift nicht die Urkunde einer fleh
gefchichtlich entwickelnden Gottesoffenbarung, fondern
das Fenfter, durch welches die Strahlen der göttlichen
Wahrheit auf die Erde fallen. Z. B. wird in Joh. 10, 30
eine geheimnifsvolle Andeutung über eine Vorbereitung
des Logos für die Menfchwerdung gefunden. Die Methode
ift die der fcholaftifchen Reflexion über die im
Dogma fertig gegebene Wahrheit, jedoch im modernen
Gefchmack und ohne fpitzfindigen Ballaft. Man erhält
überdies den wohlthuenden Eindruck, dafs es dem
Verf. ernftlich angelegen ift, was er für die Wahrheit
hält, zwar ftreng, aber im Geift chriftlicher Liebe auch
Andersdenkenden gegenüber zu vertreten. — Ob das
Buch einem Bedürfnifs in der englifchen Kirche entfpricht
, vermag ich nicht zu beurtheilen. Dafs es für
deutfehe Theologen keine Bedeutung weiter hat, braucht
kaum erft gefagt zu werden. Der deutfehe Lefer lernt
aus der Leetüre nur, dafs ein Abftand zwifchen englifcher
und deutfeher Theologie ift. Jener gegenüber haben wir
alle etwas gemein, was wohl niemand preisgeben möchte:

das Bedürfnifs, die chriftliche Wahrheit als Ausdruck des
perfönlichen Glaubens zu verftehen, und irgend welches
Verhältnifs zum gefchichtlichen Verftändnifs der heil.
Schrift und des Dogma's.

Berlin. J. Kaftan.

Weidner, Prof. Revere Franklin, S. T. D., A System of
dogmatic theology. Based on Luthardt and Krauth. I.
Prolegomena. E. s. t.: An introduetion to dogmatic
theology. Based on Luthardt. Rock Island, III., Augustana
Book Concern, 1888. (260 S. gr. 8.) geb.

,He zvho zvatches tlic horizon of German Luthcran
Theology, will alzvays discover some new star of great
brilliancy,jitst Coming into ränge above it. One of the latest
of distinguished Irving, conservative theologians is Cli. 11.
Luthardt. — His Compendium der Dogmatik — is by
far the best manual of the Dogmatics of the E. L. church
we possess'. So wird zweimal faft mit denfelben Worten,
zuerft in der Vorrede, dann in dem Abrifs der Gefchichte
der Dogmatik, von dem Buche geredet, welches die
Grundlage diefer Einleitung in die Dogmatik, des erften
Theils eines Syftems derfelben, bildet. In der That hat
,Luthardt's Compendium' durch die Menge feiner Auflagen
, durch feinen fruchtbringenden Gebrauch bei unzähligen
Studirenden, durch feine mehrfachen Ueber-
fetzungen in verfchiedene Sprachen das hier gegebene
Urtheil gerechtfertigt. Der der lutherifchen Kirche Amerikas
, näher den Kirchen des General Council angehörige
Bearbeiter, Profeffor an dem fchwedifchen theol. Seminar
zu Rock Island in Illinois, hat die bis jetzt behandelten
Abfchnitte, und zwar nicht nur der Sprache nach, in das
Englifche oder beffer das Amerikanifche überfetzt. Die
erflen Paragraphen find meift wörtlich wiedergegeben.
Nur find die Meinungen deutfeher Philofophen kürzer
behandelt, während er englifchen Schriftftellern mehr
Spielraum giebt. Recht Hörend ift es, dafs merkwürdiger
Weife bei den Lefern keine Kenntnifs des Lateinifchen
vorausgefetzt wird, fo dafs z. B. die Anführungen aus
I den alten Dogmatikern einfach überfetzt, z. Th. ohne wei-
I teres in den Text eingeordnet find. Ausfuhrlicher, als bei
j Luthardt, ift in § 12 der Abfchnitt über den Kanon, wo-
I bei fehr entfehieden gegen die alt- wie neuteftamentliche
Kritik Stellung genommen wird. Auch was in ^ 13 über
das Bekenntnifs gefagt ift, ift fowohl durch eingehende
Mittheilungen über die Entftehung der Bckenntmfse, als
durch fehr fcharfe Erörterungen über Bekcnntnifsver-
pflichtung, welche zum minderten nicht in die Dogmatik
j gehören, vermehrt. Sehr eingehend wird die Stellung
des General Council zu diefer Frage erörtert. Die Dis-
pofition der Dogmatik entfpricht genau Luthardt. Auch
ift in der Gefchichte das meifte Thatfachliche einfach
nach Luthardt, während die einzelnen Perfönlichkeiten hier
und da felbftändig gefchildert werden. Sehr ungünftig
I wird Origenes bcurtheilt, während die Bedeutung Schleier-
macher's vollauf gewürdigt wird. Neu und dankenswerth
ift auch die mannigfache Beziehung auf auslandifche, be-
' fonders englifche Dogmatik.

Im Ganzen hat eine Bearbeitung, wie die vorliegende,
ihre grofsen Bedenken. Verträgt es fchon wegen feiner
I Gedrungenheit ein Compendium, welches ausdrucklich nur
j ein folches fein will, nicht ohne weiteres, auf das Pro-
kruftesbett gelegt und zum syftematischen Werk von fremder
Hand ausgeweitet zu werden, fo mufs aufserdem der
j Name auf dem Titel manches decken, was deffen Träger
I fo nicht gefchrieben haben würde, fodafs derfelbc zumal
Lefern gegenüber, die nicht vergleichen können, als ein
anderer erfcheint, wie er ift. Wir erfahren, dafs der Lehrer
des Verfaffers, Profeffor Krauth, in Rock Island, fich bei
feinen Vorlefungen des ,Compendiums' in fchwedifcher
1 Ueberfetzung bedient habe. Hätte es doch Verfaffer eben

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