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Ausgabe:

1889 Nr. 10

Spalte:

259

Autor/Hrsg.:

Berner, G.

Titel/Untertitel:

Licht und Schatten aus dem nord-amerikanischen Kirchenleben 1889

Rezensent:

Eck, Samuel

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259

Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 10.

260

Der vorliegenden Arbeit, welche mit einem Bericht
über die am 17. Juli 1804 erflmals wieder zufammen-
tretende Synode fchliefst, foll eine weitere folgen, welche
die Gefchichte bis zum J. 1816 herab weiterführen würde.
Möchte es dem Verf. gelingen, in ihr die ausgebreitete
Kenntnifs friefifcher Kirchengefchichte, über welche er
verfügt, in etwas umfaffenderem Rahmen zur Darftellung
zu bringen.

Rumpenheim. S. Eck.

Berner, Pafl. G., Licht und Schatten aus dem nord-ameri-
kanischen Kirchenleben, dargeftellt in der Gefchichte der
Andreasgemeinde zu Hildrizburg. Hrsg. von der
Deutfchen Evangel. Synode von Nord-Amerika. St.
Louis, Mo., Aug. Wiebufch & Son Printing Co., 1888.
[St. Charles, M., bei R. Wobus, P.] (XII, 224 S. 8.) geb.

In P"orm einer typifchen Erzählung, welche die Ent-
ftehung und die erften Schickfale einer kirchlichen Gemeinde
fchildert, eifert der Verf. gegen allerhand .liberale'
und ,weltliche' Unfitten im kirchlichen Leben der Deutfchen
in Nord-Amerika. Nebenbei will das Schriftchen
wohl für die (unirte) ,deutfche evangelifche Synode von
N. Am.' Propaganda machen. Unfere Lefer werden dem-
felben fchwerlich viel Gefchmack abgewinnen, und eine
befondere Bereicherung unferer Kenntnifs des dortigen
Kirchenwefens wüfste ich demfelben auch nicht nachzurühmen
. Zur Löfung der Gehaltsfrage evangelifcher
Geiftlicher gibt es nur zwei Wege. Der eine ift eine
gründliche Bekehrung. Der andere, wohl vorzuziehende,
ift der Anfchlufs an eine Synode.

Rumpenheim. S. Eck.

Döllinger, I. v., Akademische Vorträge. 2. Bd. Mit 1 Porträt.
Nördlingen, Beck, 1889. (VI, 434 S. gr. 8.) M. 7. 50;
geb. M. 9. 50.

Dem erften Band diefer ,Akademifchen Vorträge, (f.
diefe Zeitg. 1888 No. 21) ift der vorliegende zweite
fchnell gefolgt. Er ift mit einem fchönen Porträt des
Verfaffers (nach Lenbach) gefchmückt. Was der neuen
Publication ihr befonderes Gepräge verleiht, find die
,Gedenkworte und Gedächtnifsreden', die derfelbe
enthält. Die Gefchichte der Gefchichtsfchreibung in
Bayern, in Deutfchland, ja in Europa tritt uns entgegen,
indem wir die Reihe der Männer überfchauen, denen
Döllinger in der Akademie als Secretär der hiftorifchen
Claffe einen Nachruf gehalten hat: Nekrologe auf Savigny,
Gfrörer, Fallmerayer, Benfon, Böttiger, Voigt, Böhmer,
v. Geiffel, de Ram, Lappenberg, Hurter, Kopp, Häuffer,
Kunftmann, Sighart, v. Aretin, Schäfer, Gervinus, Grote,
Stüwe, Huillard Breholles, v. Maurer, Phillips, v. Auffefs,
Fertig, Bergmann, Schwab, Kampfchulte; Gedächtnifsreden
auf Maximilian II., König Johann von Sachfen,
Gino Capponi, Herculano de Carvalho, Garcin de Teffy
und Mignet. Welches Gefühl mufs den greifen Hiftoriker
ergreifen, wenn er diefe Reihe von Zeitgenoffen über-
fchaut, mit denen er zum Theil zufammen gearbeitet, in
deren Studien er fich vertieft hat, und die vor ihm dahingegangen
find! Er hat fich in ihre Studien vertieft —
denn wo gäbe es heutzutage einen zweiten Hiftoriker,
der mit diefem Fleifse, mit diefer Umficht, mit diefer
Fähigkeit, fremde Eigenart zu verftehen, fich in der
Gefchichtsfchreibung aller Zeiten heimifch gemacht hat
wie Döllinger! Wie über die Univerfalgefchichte der
Kirche, fo vermag er Rechenfchaft zu geben, nicht nur
über die politifche und Cultur-Gefchichte Deutfchlands,
fondern ebenfo über die Europa's, ja bis nach Indien
reicht fein Blick! Ueberall weifs er dabei den einzelnen
Hiftoriker im Zufammenhang mit der Gefchichte feines
Landes zu würdigen. In den Gedächtnifsreden auf Capponi,

Herculano und Garcin de Teffy erhalten wir zugleich ein
Stück Gefchichte Italiens, Portugals und Indiens. Aber
was diefe Reden und die anderen in diefem Bande vereinigten
(,Die Univerfitäten fonft und jetzt', ,Feftrede zur
4<X>jähr. Stiftungsfeier der Univerfität München', ,Ueber-
blick über die gefch. Entwickelung und die gegenwärtige
Aufgabe unferer Akademie', ,Ueber die Leiftungen der
Akademie im Gebiet der orientalifchen Studien', Die
hiftorifche Klaffe der bayerifchen Akademie der Wiffen-
fchaften', ,Die bisherigen Leiftungen der hiftorifchen
Commiffion bei der k. Akademie der Wiffenfchaften',
,Zur Erinnerung an Kurfürft Maximilian III., den Stifter
der Akademie', ,Ueber das Studium der deutfchen
Gefchichte') jedem Deutfchen befonders theuer machen
wird, das ift der Patriotismus des Verfaffers. Das
Wort ift hier im höchften Sinn zu nehmen: aus jeder Rede
fpricht die Liebe zu dem deutfchen Vaterland und die
Sorge für dasfelbe. Ueber das Problem der deutfchen
Eigenart denkt der Verfaffer nach, mag er Könige,
Gelehrte oder Univerfitäten befprechen. Deutfchland
fchwebt ihm vor, wenn ihn feine Forfchung nach
Frankreich, Italien oder in entferntere Länder führt. Durch
Vergleichung will er feftftellen, was dem Deutfchen eigentümlich
ift. Mit Stolz weilt fein Auge dort, wo er
nachweifen kann, was andere Länder dem deutfchen
Geifte verdanken. Aber nirgendwo verherrlicht er fein
Vaterland auf Anderer Kotten. Wenn er es rühmt, hält
er ihm zugleich dieGröfse des Capitals vor, die es zu erhalten
gilt, zeigt er die Wege, auf denen wir fortfchreiten
müffen, warnt er vor innern Gefahren, die uns bedrohen.
Nichts Gemachtes, Forcirtes wird man in diefen Reden
rinden, vielmehr überall eine Knappheit im Urtheil, die
felbft das Pathos dämpft. So find diefe Reden ein Schatz,
der Zukunft übergeben, zugleich ein Spiegel für die
Nation, ihr vorgehalten von einem ihrer treueften Söhne,
der felbft auf dem Wege des Römerthums, den er lange
gegangen, niemals das deutfche Herz verloren hat, und
den feine Kirche fchliefslich ausftofsen mufste, weil fie
wohl weifchen Freifinn und Patriotismus, nicht aber
deutfchen verträgt.

Kirchengefchichtliches findet man in diefem Bande
nur Weniges. Aber wer die beiden Bände akademifcher
Vorträge aufmerkfam würdigt, wird finden, dafs Döllinger
überall wie an Deutfchland, fo auch an das grofse Problem
der Religion und Kirche der Deutfchen denkt. Er denkt
darüber anders als ein Proteftant; aber er zeigt eben
deshalb wichtige Gefichtspunkte, die in der proteftantifchen
Betrachtung zurücktreten.

Berlin. A. Harnack.

Nippold, Prof. Dr. Friedr., Katholisch oder jesuitisch? Drei
zeitgefchichtliche Unterfuchungen. Leipzig, Reichardt,
1888. (XVI, 213 S. gr. 8.) M. 4.—

,Katholifch oder jefuitifch?' fragt der verehrte
Verf. und fucht in drei zeitgefchichtlichen Unterfuchungen
die Antwort darauf zu geben. Die erfte derfelben ift
.einfach ein erweiterter Separatabdruck aus dem 'Theo-
logifchen Jahresbericht" (S. V). Sie behandelt ,die
innerkatholifche Entwickelung in der Literatur
des Jahres 1887' (S. 1 —122). Die zweite beleuchtet ,das
katholifche Vereinswefen der Gegenwart und
das jefuitifche 'Princip' desfelben (S. 123—160).
Die dritte befpricht in einem Sendfehreiben an Döllinger
,die Zukunftsaufgabe der interconfeffionellen
Forfchung als vergleichender Conf effionsge-
fchichte' (S. 161—213).

In der erften Abhandlung laffen wir den morgen-
ländifchen Katholicismus (S. 1—12) aufser acht. Was
uns intereffirt, ift der abendländifche Katholicismus (S.
12—122). Hier wird dem Lefer zunächft die .Fortdauer
des vaticanifchen Eroberungskrieges' an der Hand der
einfehlägigen, mit der gröfsten Sorgfalt gefammelten