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Ausgabe:

1889 Nr. 10

Spalte:

251-252

Autor/Hrsg.:

Kennedy, James

Titel/Untertitel:

Introduction to biblical Hebrew 1889

Rezensent:

Schwally, Friedrich

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Seite 1

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251

Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 10.

252

Füfsen wälzt und damit die Aegypter an den göttlichen
Herrn gemahnte, der die Weltkugel drehte und formte.
In el-'Arifch (S. 363) hat nicht Bonaparte, fondern Kleber
einen Vertrag abgefchloffen, den er felbft nachher mit
fiegreichem Schwerte zerhauen hat. Daran erinnern
könnte man, dafs in el-'Arifch Balduin ftarb, jener von
den Saracenen gefürchtetfte König des chrifUichen Jeru-
falem. Zum Schluffe möchte ich noch zwei nicht unwichtige
Punkte berühren, in denen ich von der Anficht
des Verf.'s abweiche. Es betrifft zunächft die Gefchichte
der Verfluchung des Feigenbaums durch Jefus. Verf.
glaubt, Jefus habe unreife Frühfeigen an jenem Baum
gefucht zur Stillung feines Hungers und dann im Aerger
darüber, dafs er "trotz des verheifsungsvollen Blätter-
fchmuckes keine gefunden, den Baum verflucht. Damit
ift aber das unfern ethifchen Sinn Störende in diefer Erzählung
nicht gehoben, fondern höchftens ihre dem Naturverlauf
entfprechende Möglichkeit bewiefen. Meines Erachtens
ift der ganze Vorgang vielleicht fchon von den
Jüngern, jedenfalls aber von den Evangeliften nicht richtig
verstanden worden. Jefus, von fchmerzlichen und doch
wieder hoffenden Gedanken um Israel bewegt, fah in
jenen Frühlingstagen am Oelberge einen Feigenbaum in
ungewöhnlichem Blätterfchmucke prangen. Der Baum
follte dementfprechende Fruchtanfätze zeigen, und Jefus,
dem das Natürliche als Gleichnifs für das Geiftige werthvoll
war, hungerte, d. h. forfchte begierig, die Frucht zu
fehen. Als er keine fand, fagte er: ,Diefer Baum wird
binnen Kurzem zu Grunde gehen'. Ein Feigenbaum mit
überreichem Blätterfchmucke im Frühling ohne Fruchtknoten
ift ein kranker geil gewordener Baum, der bald
abfterben mufs. So erfchien diefer Baum Jefu als ein
Gleichnifs für das mit feinen Feiten und Gottesdienften
überreich gefchmückte und doch wegen feines Früchtemangels
zum Untergang reife Israel. Der zweite Punkt
betrifft die Frage, ob Jefus beim letzten Mahle gelegen
oder gefeiten fei. Schneller entfcheidet fleh für das
Liegen. Er ftützt fleh dabei auf den Wortlaut des grie-
chifchen Textes, auf Stellen wie Joh. 13, 23, und besonders
auch darauf, dafs er in Paläftina Leute beim
Effen liegen gefehen. Er hätte auch Talmudftellen für
feine Anlicht anführen können. Ich geftehe, dafs ich in
all der Zeit, die ich unter den Fellachen des h. Landes
zubrachte, die Leute das Mahl immer nur in fitzender
Stellung einnehmen fah. So thaten fie auch bei den
grofsen gemeinfamen Mahlzeiten im Monat Ramadan.
Nur etwa einen müden Efeltreiber fah ich, der liegend
Waffer fchlürfte. Das alte Tefiament kennt das bei Tifche
Liegen nur als unwürdigen Brauch 'Arnos 6, 4). Da nun
Sitten und Gebräuche in Paläftina in wunderbarer Treue
fleh bis auf diefen Tag feit fernen Jahrtaufenden erhalten
haben, fo würde, wenn irgend einmal nach der Zeit von
Arnos bei Feftanläffen das Liegen Sitte geworden, davon
fleh noch etwas erhalten haben, befonders bei feierlichen
Mahlzeiten. Die Sache ift an fleh von geringem Belang;
allein, wenn Jefus beim letzten Mahle fafs, da konnte
der Lieblingsjünger nicht an feinem Bufen liegen,
mit anderen Worten, dann übertrug der 4. Evangelift
mit der Freiheit des Dichters ihm geläufige Anfchau-
ungen auf jüdifche Verhältnifse, wie denn feine Erzählung
auch anderwärts des treuen morgenländifchen Colorites
entbehrt.

Zürich. Für r er.

Kennedy, Librarian James, B. D., Introduction to biblical

Hebrew, prefenting gratuated instruetion in the lan-
guage of the Old Testament. London, Williams &
Norgate, 1889. (IX, 234; 30 u. 58 S. gr. 8.) 12 s.

Diefes Buch ift aus Dictaten hervorgewachfen, die
von dem Verf. als Hebrew Tutor an dem New College
in Edinburgh feinen Studenten gegeben wurden. Er

hofft damit, ,das ernfte und hingebende Studium der
Sprache, durch welche Gott vor Zeiten zu den Vätern
durch die Propheten fprach, zu fördern'. In der Einleitung
(1—28) werden die Schrift- und Lefezeichen behandelt.
Den gröfsten Theil des Buches füllen die introduetory
exercises (29—234). Die fünf erften Uebungsftücke geben
nur hebräifche Sätze, aber mit Transfcription und Ueber-
fetzung. Vom fechsten an treten an die Stelle diefer
Hilfen englifche Sätze zum Ueberfetzen in das Hebräifche.
In den den Uebungsftücken vorangehenden Paragraphen
wird in nicht ungefchickter Anordnung und Abwechfe-
lung Formenlehre und Syntax behandelt. Die Einrichtung
der Uebungsftücke halte ich für verfehlt. Was hat
es für einen Werth, den Anfänger mit Ueberfetzungen
in das Hebräifche zu plagen! Erft für den weit Vorge-
fchrittenen wird dies ein ausgezeichnetes Mittel fein, die
grammatifche Sicherheit zu erhöhen und das Sprachgefühl
zu verfeinern. In diefem Falle greift man aber
nicht zu albernen und langweiligen Sätzen, fondern etwa
zu den Makkabäerbüchern, den Evangelien, dem Sira-
ciden, der Apokalypfe. Auch die hebräifchen Stücke
füllten zufammenhängende Erzählungen bieten. Der
1 Appendix enthält die üblichen Paradigmen (I—XXX),
| ein hebräifch-englifches und ein englifch-hebräifches Vo-
J kabular (1—58).

Giefsen. Friedr. Schwally.

Strack, Prof. Dr. Hermann L., Die Sprüche der Väter.

Ein ethifcher Mifchna-Traktat, hrsg. und erklärt. 2.
wefentlich verb. Aufl. [Schriften des Inftitutum Judaicum
in Berlin Nr. 6.] Berlin, Reuther, 1888. (66 S.
gr. 8.) M. 1.20.

Die wefentliche Verbefferung, welche der vorliegenden
2. Aufl. diefer nützlichen Sonderausgabe der Pirqe

j aboth mit Fug nachzurühmen ift (vergl. über die erfte
Auflage von 1882 Jahrgang VII der Theol. Lit.-Ztg.,
No. 14), erftreckt fleh nicht blofs auf eine forgfältige Re-
vifion und theilweife Vermehrung der Anmerkungen, fondern
namentlich auf die Conftituirung des Textes. Mit
Vergnügen erfah Referent fchon aus S. 9 der Einleitung,
dafs der Herausgeber .den in der 1. Aufl. zu Grunde
gelegten Text der neueren Ausgaben des Gebetbuches
wegen feiner offenbaren Fehlerhaftigkeit nicht wiederholen
mochte', vielmehr an fehr zahlreichen Stellen unter
Benutzung von vier Berliner Codices (darunter zweien
mit der fog. babylonifchen Punktation), fowie dreier
anderer Handfchriften und des erften Mifchnadruckes
von 1492 den landläufigen Text verbeffert, an anderen
Stellen wenigftens auf die verfchiedenen Lesarten hin-
gewiefen habe. Nach S. 10 find in den vom Herausgeber
benutzten Handfchriften drei Familien repräfentirt; dem-
gemäfs feien ,Lesarten, die innerhalb jeder diefer drei
Familien bezeugt waren, in der Regel in den Text aufgenommen
'. Wenn es darnach fcheinen könnte, als ob

; der Herausgeber im Wefentlichen nur ein eklektifches
Verfahren eingefchlagen habe, fo wird diefe Beforgnifs
zum Glück durch den Thatbeftand nicht gerechtfertigt.

' Mit Vergnügen überzeugte fich Referent von der durchgreifenden
Rückfichtnahme auf den trefflichen Cambridger
Codex der Mifchna nach der paläftinenfifchen Recenfion
(vergl. über die vorzügliche Ausgabe desfelben von W. H.
Lowe Schürer in Jahrg. 1883 der Theol. Lit.-Ztg. Nr. 22);
Referent fand fo gut wie alle Lesarten diefes Codex, die
er fich als die vermuthlich urfprünglichen für die Zwecke
der Vorlefung notirt hatte, nunmehr von Strack in den
Text aufgenommen. So entfprechen von den 17 Stellen,
in welchen jetzt der Confonantentext des erften Capitels
von dem der 1. Aufl. abweicht, 16 den Lesarten des
Cambridger Codex (auch in § 13 hätte Referent mit Cod.
C das ©En©« der 1. Aufl. vorgezogen; übrigens follte

| in folchen Fullen doch die Autorität, auf welcher die