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Ausgabe:

1889

Spalte:

196

Autor/Hrsg.:

Menzel, Paul

Titel/Untertitel:

Der griechische Einfluss auf Prediger und Weisheit Salomons 1889

Rezensent:

Siegfried, Carl

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Seite 1

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195 Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 8.

'96

für einen urfprünglichcn israelitifchen Polytheismus nicht
fhchhaltig feien (S. 178). Die pofitive Ausführung geht
dann darauf aus, nachzuweifen, dafs Jahve von jeher

von derKinheit zur Vielheit der Götter vorkommen, als
umgekehrt. So weit man im vorliegenden Falle fehen
kann, fcheint der Ausgangspunkt bei den Israeliten

der einzige legitime Gott Israel's gevvefen, dafs die Ver- ähnlich wie bei den ftammverwandten Völkern der
ehrung anderer Götter neben ihm ftets als Abfall ge- I Ammoniter und Moabiter die Verehrung eines Stammes-
gölten habe und dafs diefe Götter jederzeit als fremde
angefehen feien. Die Durchführung diefer Thefe wird
aber nur dadurch möglich, dafs der Verfaffer fich blind-

gottes, fpäter Landesgottes gewefen zu fein. Daneben
konnte fehr wohl eine Empfänglichkeit für den Dienft
anderer Götter beliehen, je mehr und je öfter die Mafien
lings auf den Standpunkt der prophetifch-priefterlichen j hinfichtlich des Glaubens an die Macht des Landesgottes
Bearbeitung ftellt (man vergleiche befonders S. 199), in j fchwankend wurden. Diefem Schwanken konnte erll
welcher uns die biblifchen Urkunden überliefert find, und , dann ein Ende gemacht werden, wenn die Uebcrzeugung
auf jede Kritik derfelben verzichtet. Die prophetifche I von der Einzigartigkeit und Ueberlegenheit Jahve's über

Vorausfetzung, dafs fchon die Erzväter den allein wahren
Gott verehrt hätten, wird als eine gefchichtliche That-
fache behandelt. Die Spuren des Gegentheils, welche
fich felbft noch in den fo fehr überarbeiteten biblifchen
Urkunden finden, wie die Terafim der Rahel, werden
mit advocatorifcher Exegefe befeitigt. Dasfelbe gefchieht
für die fpätere Zeit bei den Terafim der Michal S. 224k
Legitimen Jahveftiercult hat 'es nie gegeben; alle vorkommenden
Fälle desfelben find Abfall zu fremden
Göttern. Ein merkwürdiger Stand der Dinge. Ein Volk
bekommt die belle Religion, welche nur gedacht werden
kann, aber foweit man fich erinnern kann, hat es derfelben
beftändig den Rücken gekehrt. Diefe legitime Religion
hat ihre Herrfchaft lediglich in partibus; die wirkliche
Religion Israel's ift ftets eine andere gewefen. III es da
nicht klar, dafs diefe fogenannte legitime Religion nichts
als eine theologifche Abftraction ift, welche mit der
wirklichen Gefchichte nichts zu thun hat? — Die Unter-
fuchungen des Vcrfaffers über die einzelnen abgöttifchen
Dienfte:die ägyptifchen S. I97ff.,diekanaanitifchen S.202 ff.
und die affyrifch-babylonifchen S. 239 ff. enthalten wieder
viel Intereffantes und Lehrreiches, aber aus den Räthfeln
der israelitifchen Religionsentwickclung führen fie uns
nicht heraus. Gideon's Ephod wird als ganz legitimer
Jahvecult angefehen (S. 207), obwohl doch Ri 8,27 deutlich
eine prophetifche Mißbilligung enthält; die Verehrung des
Baal berith dagegen gilt S. 213 als Abfall. Bamotli
Jahve's beliehen nach S. 214 zu Recht und doch wird
von fpäteren Propheten jeder aufserjerufalemifche Cult
als Abfall bezeichnet. Warum wird nun vom Verfafler
in diefem Falle der prophetifche Standpunkt verlaffen?
Agag's Niedermetzelung ift Blutrache, kein Opfer

alle andern Götter durch die Erkenntnifs feiner geiftig-
fittlichen Natur in das Volk Israel eindrang. Diefe
Erkenntnifs vom Wefen Jahve's errungen und verkündigt
zu haben, ift das Verdienft der fpäteren Propheten. Sie
brachten keinen neuen Gott — es war der alte Vätergott,
welchen fie verkündigten, — aber fie legten in fein Wefen
einen Inhalt hinein, welcher die Götterwelt nicht nur
des femitifchen, fondern jedes Heidenthums um Himmels -
höhe überragte. — Wir empfinden ein fchmcrzliches
Bedauern darüber, dafs der fo begabte und kenntnifs
reiche Verfaffer feine Arbeit, deren Gehalt an fich viel
höher fleht, auf den Standpunkt eines apologetifchen
Plaidoyers herabgedrückt hat.

Jena. C. Siegfried.

Menzel. Dr. Paul, Der griechische Einfluss auf Prediger und
Weisheit Salomos. Halle, Kaemmerer & Co., 1889.
(VI, 70 S. gr. 8.) M. 1. 20.
Das vorliegende Schriftchen mufs als ein in mancher
Beziehung dankenswerther Beitrag zur Erörterung der
Frage über den Einflufs griechifcher Philofophie auf die
fpäthebräifche und jüdifch-helleniftifche Literatur bezeichnet
werden. Die Ueberfichten über die bisherigen
Verfuche auf dem angegebenen Gebiet find befonders
wegen der tabellarifchen Gruppirung der Refultate (S.
14—20. 39—-51) nutzbar und für den Lefer bequem. Was
des Verfaffers eigene kritifchc Stellung zur Sache betrifft,
fo ift feine Warnung vor der ,Parallelomanie' (S. 40)
gewifs fehr angebracht. Ebenfo ift es richtig, dafs die
Unterfuchungen noch zu keinem Abfchluffe gediehen
find (S. 69). Am meilten ift dies noch der Fall bei dem
(S. ^^^^^^m^^^ti-^'^ Vuch* der VVeislmit' in Bezug auf welches^ er mit Recht

Act doch deutlich als Opfer kennzeichnet, jephtha hat : der. Ausführungen Edm. Pfleiderer's Anerkennung zollt
als Nachbar der AmmLter einen .getrübten Jahve- , -Iche n^
glauben' ('.), er bringt Kinderopier S. 221. [Diefes Kunit-
ftückchen erinnert an die bellen Zeiten Hengftenberg's.]
In Nordisrael wird der reine Jahveglaube in die Naturreligion
herabgezogen (S. 236), in Juda hat er fich zwar
reiner erhalten, aber die eherne Schlange, urfprünglich

den Nachweis von Spuren directer Benutzung Platu's
(f. bef. S. 6off) durchfchlagcnd find. Schwieriger liegt
die Frage beim Qoheleth, in Bezug auf welchen uns der
Verfaffer allzu fkeptifch erfcheint, indem er geradezu behauptet
, es fei griechifcher Einflufs bei demfelben nirgends
zu erweifen (S. 69), obfehon er die Möglichkeit eines

ins

ein Symbol, ift fpäter zum Idol geworden (S. 237). - ™ «wc'en f ^.°£™K! C1 u'c Tl^Ti

Wer nicht fleht, dafs der Gang der Dinge in Wirklichkeit ^tebcü (S. 52) ^gefleht. Wenn er auch mit Er ol

ein umgekehrter zu fein pflegt, dem ift nicht zu helfen. Gencht frht dem Pflc.dererfchen Herakhtismus

-Jene Betrachtungsweife von der der Verfaffer ausseht, 33~37),fo wurde:erywohl etwasanderen Smnes geworden

nach welcher die Religion Israel's im Wefentlichen im £r™> *«nn er die trefflichen-. Atäv^njonA. Palm,

Anfang fchon fertig ift und es nur darauf ankommt, das Qohelethund d^
Volk aus beftändigln Abfällen von diefem vollendeten | ^

Zuflande immer wieder auf denfelben zurückzuführen, ift
eine unhiftorifche. Es ift ein Unding, anzunehmen, dafs
ein Volk von einer fo reinen Höhe der Gotteserkenntnifs,
wie wir fie in Abraham finden, zum Cult der Idole zurück-
gefunken fein follte. Sittliche Verwilderung (S. 186) kann
die Religion ganz zerftören, fie kann fie aber nicht in
veraltete Formen zurückfehrauben. So werthvoll des
Verfaffers Unterfuchungen über die Entvvickelung der
femitifchen Götterwefen auch find (S. 254—296 nebft
Excurs über die Namen S. 297—310), fo möchten wir doch
darauf aufmerkfam machen, dafs ein feiles Refultat in
Bezug auf den Gang der religiöfen Entwickelung Israel's
in der Urzeit überhaupt fich nicht gewinnen läfst. Die
Religionsgefchichte zeigt, dafs ebenfo gut Entwicklungen

Qohelethliteratur, Mannheim 1886, und Tyler's nachträgliche
Vertheidigung feiner Anflehten in Modern Review
April und Juli 1882 feheinen ihm entgangen zu fein.
Jena. C. Siegfried.

Meyer. Dr. Heinr. Aug. Wilh., Kritisch-exegetischer Kommentar
über das Neue Testament. 3. Abth. Kritifch-
exegetifch.es Handbuch über die Apoffelgefchichte.
6., refp. 7. Aufl., neu bearbeitet von Prof. Dr. Hans
Hinrich Wen dt. Göttingen, Vandenhoeck &Ruprecht's
Verl., 1888. (VI, 564 S. gr. 89 Mk. 7. 40.
Die Vorrede fpricht fich hinfichtlich der Art und

Weife der Bearbeitung dahin aus, ,die grofse Maffe der