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Ausgabe:

1889

Spalte:

183-184

Autor/Hrsg.:

Bornemann, W.

Titel/Untertitel:

Schulandachten 1889

Rezensent:

Grünberg, Wolfgang

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 7.

184

refervirter Weife über die Siege der Deutfchen geur-
theilt wird.

Der Ton der Predigten ift durch und durch volks-
thümlich, mehr der Ton einer Rede, als einer Predigt,
mitunter fo draftifch, dafs untere Gemeinden daran An-
ftofs nehmen würden, nicht feiten tief poetifch und von
ergreifender Innigkeit. Bei der Auswahl der Predigten hat
der Herausgeber den Gedanken des Kirchenjahres zum
mafsgebenden Gefichtspunkt gemacht und zugleich ganze
Serien von zufammenhängenden Predigten über die Bergpredigt
, über Pfalmen- und Prophetenftellen, fowie über
den Hausftand — diefe nach Stellen aus verfchiedenen
Büchern der Schrift — geboten. Aufserdem find einzelne
Cafualreden beigefügt, neben einigen Traureden fog.
,Admiffions-', d. h. Confirmationsreden, von denen die
eine (Bd. III, S. 160) allerdings keine Rede an die Con-
firmanden, vielmehr über die Confirmanden und über
ihre Erziehung an die Erwachfenen ift.

Auffallend ift gegenüber unferer Gewohnheit die
Kürze der Predigten; fo knapp aber ihr Umfang, fo
reich ift ihr Inhalt.

Dresden. Meier.

Bornemann, Prof. geiftl. Infp. Tic. W., Schulandachten.

Berlin, Reuther, 1889. (VI, 198 S. gr. 8.) M. 2. —

Der Verf. veröffentlicht in diefem Buche eine nach
den Texten geordnete Auswahl derjenigen Morgenandachten
, die er während der zwei letzten Jahre am Pädagogium
des Klofters U. L. Fr. zu Magdeburg gehalten
hat. An diefem Gymnafium befteht — wie wir im Vorwort
erfahren — die Uebung, dafs (in den Morgenandachten
) zu dem gemeinfamen Gefang und der Verlefung
des Schriftwortes ein freies Gebet und meift auch eine
freie Anfprache hinzutritt. Verf. rechtfertigt diefen Gebrauch
hauptfächlich durch die Erwägung, dafs ,unfere
Jugend für liturgifches Handeln und regelmäfsige Schrift-
verlefung ohne Erklärung weniger Sinn hat und fich gar
leicht gerade durch tägliche, agendarifche Andachten eine
gevviffe Unaufmerkfamkeit bei der Verlefung der heiligen
Schrift angewöhnen kann'. So fehr beachtenswerth auch
diefes Bedenken gegen die meift übliche gebundene Form
der Schulandachten ift, und fo gewifs es ift, dafs ausnahm
s weife, wo die geeigneten Perfönlichkeiten vorhanden
find, freie Schulandachten angebracht und fegens-
reich fein können, fo unzweifelhaft erfcheint es doch Ref.,
dafs für die allermeiften höheren und niederen Schulen
täglichen freien Anfprachen und Gebeten diefer Art nicht
nur thatfächliche Schwierigkeiten, fondern die allerbegrün-
detften principiellen Bedenken entgegenftehen, dafs, mit
anderen Worten, die ,Ungebundenheit' Uebelftände und
Gefahren mit fich bringen würde, im Vergleich zu welchen
die vom Verf. an der herkömmlichen Art gerügten noch
als das geringere Uebel erfcheinen. — Sehen wir aber von
diefer Principienfrage ab, laffen wir auch die achtzehn
bei ,befonderen Anläffen' gehaltenen Anfprachen, welche
fich im Anhang finden, bei Seite — bei folchen ,befon-
deren Anläffen' empfiehlt fich das freie Wort ganz gewifs
■— und faffen wir Inhalt und Charakter der im
Uebrigen uns gebotenen 129 ,Andachten' in's Auge. In
gedrungener Kürze, in einer originellen und felbftändigen
Form, welche die ausgetretenen Geleife herkömmlicher
erbaulicher Wendungen, wie es fcheint mit Abficht, vermeidet
und gleichwohl den wefentlichen Inhalt des Evangeliums
fcharf und benimmt hervortreten läfst, wenigftens
nur feiten in Allgemeinheiten zu verflüchtigen droht, mit
reichlicher Zuhilfenahme von Bildern, Beifpielen und
Gleichnifsen aus der Gefchichte, dem Natur- und Menfchen-
leben, in einer edlen, gewählten, und doch in gewiffer
Art wieder fchlichten und populären Sprache — von Einzelheiten
abgefehen —, in einer Sprache, wie fie etwa für
reifere Gymnafiaften paffend fein mag (für das ganz Junge
Volk' dürfte fie doch wohl durchfchnittlich zu hoch fein),

meift ohne fpecielle Anwendung auf das Schul- und
Schülerleben, unter gefchickter Verwerthung der voran-
geftellten Bibelftellen, in der Regel mit einem kurzen
Gebetsworte oder Liedervers abfchliefsend, behandelt der
Verf. Themata folgender Art: Göttliche Wohlthaten.
Der verlorene Sohn. Die Strafe. Unfere Lieblingsftätte.
Das Gebet in der Noth. Stille zu Gott. Uebel, Schuld,
Verfuchung. Irdifcher Sinn in himmlifchen Dingen. Gott
war in Chrifto. Die Anbetung im Geift und in der Wahrheit
. Der Hauptmann von Kapernaum. Die Heiden-
miffion. Auguftinus. Lehrer und Schüler. Auferftehen.
u. f. w. — So anfprechend diefe Betrachtungen an und
für fich nach Form und Inhalt fein mögen, fo fchwierig
ift es doch zu fagen, wem eigentlich man die Anfchaffung
diefer ,Schulandachten' empfehlen bezw. zumuthen kann.
Verf. denkt laut Vorwort in erfter Linie an die Lehrerwelt
, befonders an die Lehrer an höheren Schulen. In-
deffen bei der üblichen Art der Schulandachten könnten
nur wenige Lehrer einen unmittelbaren Gewinn aus den-
felben ziehen. Ja um der Lehrer willen wäre es vielleicht
wünfehenswerth gewefen, den Titel des Werkes etwas zu
präcifiren, damit diefe nicht in Verfuchung kommen, in
demfelben eines der gewöhnlichen agendarifchen Handbücher
zu fuchen. Verf. denkt auch an privaten und
häuslichen Gebrauch des Buches in weiteren Kreifen der
Gebildeten. Einer Verbreitung in diefem Sinne dürfte
fchon der Titel im Wege flehen, befonders aber der Um-
ftand, dafs es diefen, lofen Blättern vergleichbaren Anfprachen
doch allzufehr an Zufammenhang und Ueber-
ftchtlichkeit fehlt. Am meiden Nutzen könnte vielleicht
nach Anficht des Ref. das Buch folchen Perfonen gewähren
, welche in chriftlichen Anftalten, Vereinen und
dergleichen öfters in der Lage find, kurze biblifche Anfprachen
zu halten, denn, wie fchon angedeutet, tritt die
Berückfichtigung des Schul- und Schülerlebens nur in
einem kleinen Theil der Anfprachen in den Vordergrund.

Alteckendorf (Elfafs). Paul Grünberg.

Goltz, Ob.-Konfift.-R. D. v. der, Das Bediirfniss besonderer
Jugendgottesdienste und die zweckmäfsige Art ihrer
Einrichtung. Referat für die Conferenz der deutfchen
evangelifchen Kirchenregierungen in Eifenach. Stuttgart
, Grüninger, 1888. (18 S. gr. 8.) M. —.40.

Trotz allen Widerfpruchs, der zumeift aus Unkennt-
nifs und Mifsverftändnifs, (nicht zum wenigften, wie Verf.
richtig bemerkt, durch Schuld des irreführenden Namens
,Sonntagsfchule', der das Wefen der Sache, wie fie fich
in Deutfchland entwickelt hat, keineswegs trifft), zum
Theil auch aus einer gewiffen Schwerfälligkeit, die fich
neuen Anforderungen gegenüber gerne ablehnend verhält
, gegen die Einrichtung befonderer Jugendgottes-
dienfte erhoben wird, find fie doch erfreulicherweife bereits
fchon als ein der Beachtung einer fo hohen Ver-
fammlung würdiger Gegenftand vor das Forum der
Eifenacher Conferenz der deutfchen evangelifchen Kirchenregierungen
gelangt. An allerlei Bedenken hat es
auch bei den dortigen Berathungen nicht gefehlt, aber
das meifterhafte Referat, das hier im Drucke vorliegt,
hat doch den Jugendgottesdienften die Anerkennung ihres
guten Rechtes erftritten. Ueberzeugend weift darin Ref.
die Notwendigkeit befonderer Jugendgottesdienfte aus
der Geftaltung unferer evang. Gottesdienfte in Predigt
und Liturgie, die den Bedürfnifsen der Jugend keineswegs
entfprechen und darum vielfach keine andere Frucht
bei ihr aufzuweiten haben, als Langeweile und Ab-
ftumpfung für ihre ganze Lebenszeit, fodann aus den
behenderen Gefahren unferer modernen Verhältnifse mit
ihrer Zerfahrenheit und Verführung nach. Ref. fleht
daher nicht an, die Einrichtung folcher Jugendgottesdienfte
nicht blofs für wünfehenswerth, fondern fogar für
eine der wichtigflen Aufgabe der Kirche unferer Tage