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Ausgabe:

1888

Spalte:

100

Autor/Hrsg.:

Bussler, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Aus meinem Kriegsleben 1888

Rezensent:

Köstlin, Heinrich Adolf

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99

Theologifche Literaturzeitiing. 1888. Nr. 4.

100

fehr förderlich und im Intereffe aller tiefer gebildeten 1 Remigius' von Afenberg, wie er felber fie befchrieben
Lefer finden, wenn noch mehr Artikel geliefert würden, ! hat'; indefs, fo fein und finnig die Gefchichte auch ge-
die ohne gelehrten Anftrich, ohne eigentliche Exegefe ; dacht und die Stimmung der Zeit getroffen ift, in welcher
oder Ifagogik zu geben, noch directer auf das Verftändnifs fie fpielt, die Illufion der Selbftbiographie eines Ge-
der Schrift hinarbeiteten, und in grofsen Zügen die Bedeu- noffen jener Zeit wird nicht erreicht und die Gefchichte
tung einzelner biblifcher Bücher, namentlich folcher, die berührt fremdartig. E. Frommel theilt in feiner lebens-
durch ihren eigenthümlichen Charakter leicht zu Mifsdeu- frifchen und herzerquickenden Weife unter der eigen-
tungen Anlafs geben, ins rechte Licht Bellten in der Weife, thümlichen Ueberfchrift: ,allerlei Rauh' merkwürdige,
wie es Kleinert mit dem Buche Hiob in einem früheren zum Theil höchft ergreifende und bewegliche Amts-
Jahrgang der Chriftoterpe gethan hat. Ein fehr intereffantes erlebnifse mit.

Object dafür würde z. B. dem graffirenden Peffimismus Auch an poetifchen Gaben ift kein Mangel; befonders

gegenüber das Buch des gefunden biblifchen Peffimismus, gelungen erfcheint uns das Gedicht von Max Frommel:
der Kohelet, geben. Was die gefchichtlichen Artikel ,0 Sonnenfchein!'

anlangt, fo dürfte es zu empfehlen fein, in diefer Zeit, [ Dresden Meier
wo das evangelifche Bewufstfein einer befonderen

Stärkung auch durch die Erinnerung an die Gefchichte j ^ Hammon, Pfr. Georg, Einiges aus dem Tagebuche eines

unterer Kirche bedarf, noch mehr in die Kampfes- und | Feldgeistlichen im Kriege 1870/71. Kempten, Dannhei-

Leidensgelchichte der verfolgten evangehfehen Kirche, -„ , i.

fpeciell der evangelifchen Gemeinden Tu der Diafpora mer> l887- 075 S. 12.) M. 1.80; geb. M. 2.40.

hineinzugreifen. Diesmal hätten wir insbefondere, ge- ! 2. Bussler, Divifionspfr. Wilh., Aus meinem Kriegsleben.

legentlich des Säculargedächtnifses der Geburt Imma
nuel Nitzfch's erwartet, das Bild diefer edlen Geftalt
eines echten deutfehen Theologen, der von den Tagen
feiner Jugend an auch für die Gemeinde fo fegensreich
gewirkt, vorgeführt zu fehen.

Die belehrenden Artikel eröffnet L. Wiefe, der

Gotha, Schlöfsmann, 1887. (IV, 175 S. 8.) M. 2.— ;

geb. M. 2.80.

3. Wöllwarth, Julie v., Unter den Verwundeten von 187071.

Aufzeichnungen aus einer grofsen Zeit. Stuttgart,
J. F. Steinkopf, 1887. (162 S. 8.) geb. M. 1.60.

unter der Ueberfchrift: ,eine Rettung aus Gefühlsver- . ., , . „ . , „ ...

irrungen' mit feinen Zügen in pfychologifch intereffanter °b'Se Schriften geben im lone fehhehter hrzah-

Weife, zugleich mit Blicken in die Cultur- und Literatur
gefchichte, die innere Wandlung eines ringenden Ge
müthes befchreibt, das aus der verfchwommenen Nebelst
lung das perfönlich Erlebte wieder. Sie bieten darum, obgleich
oder gerade weil fie nicht Streifzüge in die Paftoral-
theologie machen, auch dem Paftoraltheologen werth-

region äfthetifcher Sentimentalität unter dem Dienft der volles Material für das Capitel von der Seelforge im
Kirche auf den fetten Boden klaren und gefunden evan- belde {f e~ an de" Iruppen wahrend des Marfches, fei
gelifchen Glaubens hinübergerettet wird. Ein in fich eT/ an den Verwundeten und Kranken auf dem Verband

verwandtes Thema behandeln nach verfchiedenen Seiten
ein füddeutfeher und ein norddeutfeher Theolog, G.
Weitbrecht und H. Birckenftaedt, indem fie Beide
den einfeitigen Intellectualismus unferer Zeit bekämpfen,
deffen bedenklichfte Seite die tiefe Verkennung der fitt-
lichen Bedingungen und Vorausfetzungen aller wahren
Erkenntnifs ift. Beide Artikel ergänzen fich; während
Weitbrecht, der fein Thema: .Thorheit und Weisheit'
formulirt, mehr principiell zu Werke geht in tiefer und
gründlicher Erörterung des Gegenfatzes der biblifchen
und der modernen Anfchauung in diefem Punkte, geht
Birckenftaedt in feinem Artikel: ,über Bildung' mehr ins
Concrete mit lebhafter Anfchaulichkeit und einer im
Ganzen glücklichen, ftellenweife aber gefuchten Perfif-
lage des modernen Bildungsfchwindels. Die Frage: ,ob
ein Chrift feines Heils gewifs werden könne' beantwortet
F~r. Gefs bejahend mit lichtvoller, auf dem evangelifchen

platz und im Lazareth, fofern fie treu und kunftlos die
verfchiedenen Situationen zeichnen, welche das Wort des
Seelforgers fordern und die Art feines Dienft.es näher
beftimmen. Die Leetüre diefer gerade in ihrer Anfpruchs-
lofigkeit anziehenden F.rinnerungsblätter, fowohl die des
F"eldcollegen aus Bayern — wir haben bei Wörth, Sedan
und vor Paris neben einander geftanden, ohne von einander
zu wiffen! — als die des Amtsbruders von der
18. (fchleswig-holfteinfcheni Infanterie-Divifion, der ein
vollftändiges Tagebuch des Feldzugs gibt, auf deffen
ernftem Grunde lieh die mit Humor gefchilderten heiteren
Scenen und Erlebnifse um fo reizvoller abheben,
wie endlich die der edlen Frauenfeele, welche ' es
gedrängt hat, den Schrecken des Krieges zu trotzen
und unter den Verwundeten freiwillig des Dienftes der
Liebe zu walten — haben den Wunfeh in dem Ref. auf-
fteigen laffen, es follten gelegentlich einmal diejenigen,

Heilsgrund beruhender Klarheit. Aus der Schrift und we;che alf Feldprediger den Krieg mitgemacht haben,
aus perfönlicher Erfahrung heraus verbreitet fich O. zufammenkommen, um ihre Erfahrungen auszutaufchen
Funcke über die Frage: ,wozu das Krankfein gut ift' I za Tichten zu klaren und zu objectiviren Was bis jetzt
in feiner lebens-und gemüthvollen Weife, der nur etwas I uber die Seelforge im Fehle vorliegt, tragt doch vor-

mehr Selbflbefchränkung und Beherzigung des bekannten
Dictums zu wünfehen wäre, dafs es unter Umftänden
fchwerer ift, einen Witz zu verfchweigen, als einen zu
machen. Von demfelben Verfaffer rührt der fehr in-
tereffante und feffelnde gefchichtliche Artikel: John
Knox und Maria Stuart' her, der den tragifchen
Gegenfatz diefer beiden, hart aufeinander ftofsenden
Perfönlichkeiten in helles Licht ftellt mit lebhafter
Hervorhebung der edleren Züge der unglücklichen
Königin. Die Geftalt einer frommen deutfehen F'ürftin
neuefter Zeit fchildert W. Baur in einer biographifchen
Skizze, die er nach Briefen und persönlichen Erinnerungen
von der Prinzefs Karl von Heffen und bei
Rhein, geb. Prinzefs Elifabeth von Preufsen entwirft,
manche neue und intereffante Züge zu dem von Fr.
Bender vor Kurzem gezeichneten Lebensbilde hinzufügend
. In die Vergangenheit verfetzt in gewohntem
grofsem Gefchick A. Steinhaufen mit feiner .Gefchichte

wiegend das Gepräge des Perfönlichen und Individuellen,
und doch wäre es fo wichtig, gerade bei folchem Berufe
und in folchen Lagen, wo fofortige Entfcheidung,
fomit ein klarer Blick und ein gefchärftes Verftändnifs
mehr als irgendwo gefordert wird, nicht auf die perfönlichen
Eindrücke und auf das Experimentiren ange-
wiefen zu fein, fondern wenigftens einige orientirende
Gefichtspunkte und allgemein geltende Regeln zu befitzen
. — Dafs obige Schriftchen fich zur Anfchaffung in
Volksbibliotheken vorzüglich eignen, fei noch bemerkt.

Friedberg. Köftlin.
Theologischer Lesecirkel.

Schon einmal ift in der Th. L. Z. auf das verdienftliche Unternehmen
eines theologifchen Lefecirkels hingewiefen, welches die Buchhandlung
des Vereinshaufes (H. G. Wallmann) in Leipzig, Rofsftr. 14 in's Leben
gerufen. Jetzt ift die 2. vermehrte Auflage des Katalog's erlchienen, die
in unparteiifcher Auswahl die theologifche Literatur, namentlich des
letzten Jahrzehnts, zu fehr billigen Abonnementspreifen der Benutzung