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Ausgabe:

1888

Spalte:

49-55

Autor/Hrsg.:

Sohm, Rudolph

Titel/Untertitel:

Kirchengeschichte im Grundriss 1888

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Marburg,und D. E. Schürer, Prof. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N° 3. 11. Februar 1888. 13. Jahrgang.

Hammerflein, Edgar oder vom Atheismus zur Stromberger, Die geldliche Dichtung in

vollen Wahrheit (Köhler). Heden (SchlotTer).

Schulze, Ueber Moralpredigten (Diegel). i Baur, Unfere weibliche Jugend, feelforgerliche

Kurtz, Lehrbuch der Kirchengefchichte für
Studierende, 10. Aufl. 4 Thle. in 2 Bdn.
(Harnackl.

Weingarten, Zeittafeln und Ueberblicke zur . ... . , , . , „ „ ,. n Erfahrungen und Rathfchläge (Schlofler).

Kirchengefchichte. 3. Aufl. (Harnackt. | AchV,ls: Aus dem akademrfclren Gottesdrende | Reb Go]dene Haube Ked^ichnlIIlge;n aus

Sohm. Kirchengefchichte im Grundrifs (Har- I «■ Marburg. Pred.gten, 2. Heft (Thones). dem EKafs (SchlolTer).

Criegern, Den erwählten Fremdlingen hin und | Rebe, Am Strengbach (SchlotTer).

her, 12 Gudav - Adolf - Vereins - Predigten j Braun, Durch's Leben, Erinnerungen und Winke
(Thönes). | einer Mutter und Erzieherin (SchlotTer).

nack).

Wunderlich, UnterTuchungen über den Satz
bau Luthers, i. Tbl. (Kaweraul.

Kurtz. Staatsr. Prof. Dr. J. H., Lehrbuch der Kirchen- garten giebt jetzt Quellenftellen und Räfonnement, und
geschiente für Studierende. 10. Aufl. 4 Thle. in 2 Bdn. zwar in einer Weife, wie das nur der Forfcher vermag,

t a ___„__> r„i Too- /vtt . vttt der den Stoff durchgearbeitet hat. Hätte er daraus einen

Leipzig, A. Neumanns Verl. 1007. au, 303 vin, . , ., ,, . b , , _ . .

p,°' ,-IT c o n s/r c Abrtfs gehaltet — etwa nach dem Mufter. das Spittler

348; VIII. 353^ u. VII, 351 S. gr.J;.) M. 16. -___________ geboten hat -, wie viel durchfchlagender würde ein

folcher wirken! Doch es mag auch jene Form ihre Verehrer
haben, und jedenfalls wird die Mühe, den Honig

2. Weingarten, Prof. Dr. Herrn., Zeittafeln und Ueberblicke
zur Kirchengeschichte. 3. Aufl. in durchgängig neuer
Gestaltung und Bearbeitung. Kudolftadt, Härtung &
Sohn, 1888. (IV, 247 S. gr. 8.) M. 4. 50; geb. M. 5. 25.

3. Sohm. Prof.Rud., Kirchengeschichte imGrundriss. Leipzig,
Böhme, 1888. (VI, 194 S. 8.) M. 2. 8o; geb. M. 3. 60.

1. Mit demfelben unermüdlichen Fleifse, mit dem
der Verf. die 9. Auflage diefes Lehrbuches bearbeitet hat
(f. meine Anzeige in diefer Zeitung 1885 Nr. 7), ift auch
die vorliegende zehnte hergeftellt. Seine ganze Arbeitszeit
hat der Verf. diefem Werke gewidmet, um in den
einzelnen Fragen überall die Specialforfchungen zu
buchen. Es ift das ftofflich reichhaltigfte Compendium
der Kirchengefchichte, welches wir zur Zeit befitzen; zugleich
orientirt es wirklich über den neueften Stand der
Unterfuchungen, fo dafs es ein unentbehrliches Buch
zu nennen ift. Welche Partien die durchgreifendftc Neu-
geftaltung erfahren haben, hat der Verf. felbft in der
Vorrede angegeben. Vor allem die mittelalterliche Ge-
fchichte ift theils erweitert, theils umgearbeitet. Die
Studien K. Müller's,welcheKurtz mitRechtals epochemachend
bezeichnet, flehen hier im Vordergrund. Die
neuefte Kirchengefchichte ift auf Grund einer umfaffen-
den Umfchau bis auf die Gegenwart fortgeführt. In feinen
Urtheilen über die kirchlichen Erfcheinungen des
19. Jahrhunderts ift der Verf., ohne feinen urfprünglichen
Standpunkt zu verlaffen, in den neuen Auflagen zurückhaltender
, unparteiifcher und gerechter geworden. Glücklich
, wem es vergönnt ift, am Werke feiner Jugend im

aus den mit mancherlei geometrifchen Mitteln conftruir-
ten Waben herauszuziehen, wohl belohnt.

Mit Intereffe, Zuftimmung und Freude habe ich
diefe Tabellen durchftudirt. Mit Freude, — weil der
ftärkfte Eindruck bei der Leetüre der war, dafs fleh doch
ein common seine unter uns an bahnt. WasWei n ga rt e n über
die Entstehung der ccclesiacatholica, über das Verhältnifs von
Kaiferthum und Papftthum im Mittelalter, über den In-
veftiturftreit und die Reformationsftrömungen im 14. und
15. Jahrhundert, über die Bedeutung des heiligen Fran-
ciscus, was er über fo manches Andere gleich Wichtige
ausführt, ift theils in der Neuzeit gemeinfam erworbenes
und doch fchon in weiteren Kreifen giltiges Gut, theils
find die gemeinfehaftlichen Erkenntnifse fo ftark, dafs
fie eine fruchtbare Discuffion einzelner fchwebender Probleme
erft ermöglichen. Die Entftehung der ecclesia catlio-
lica anlangend, fo verweife ich auf folgende Sätze: .Falls
die Wirkfamkeit Petri in Rom nur Sage ift, ift lie nicht aus
judaiftifcher antipaulinifcher Tendenz hervorgegangen,
fondern Ausflufs der ,apoftolifchen Succeffionen' des fleh
bildenden katholifchen Traditionsbegriffs' (S. 6). ,Das
Judenchriftenthum wird nach dem Untergang Jerufalems
am Ende des I.Jahrhunderts zur bedeutungslofen Secte'
(S. 7). ,Das Judenchriftenthum bedeutungslos für die
griechifch-römifche Welt, wichtig nur für den Orient'
(S. 91. ,Simon Magus, hiftorifch nur Act. 8' (S. 12). ,Die
katholifche Kirche ift wefentlich das Werk der kleinafia-
tifchen und der römifchen Kirche. Die alexandrinifchc

Alter fo rüftig fortarbeiten zu können; aber glücklicher, i Theologie und Kirche fchliefst fleh erft im 3. Jahrhun-
wer nach einem langen Leben im Alter nicht herber J dert voll an. Die Gemeinde der Welthauptftadt wird
geworden ift, fondern milder, nicht enger, fondern weit- zum ideellen Mittelpunkt der Grofskirche' (S. 12); vgl.
flehtiger. Die Retractationen, die fleh der Verf., einem I dazu wie Weingarten S. 13 ff. die verfchiedenen Seiten der
grofsen Vorbild folgend, abgewonnen hat, erfüllen uns katholifchen Kirche und die Stadien ihrer Entwickelung in
mit Ehrfurcht und Dank. Beziehung fetzt zu der inneren und äufseren Entwickelung

2. Je mehr man fleh in die .Zeittafeln' Weingar
ten's vertieft, um fo lebhafter wird man bedauern, dafs
der Verf. die Tabellenform beibehalten hat, die er doch
felbft durch die .Ueberblicke' immer wieder fprengt. Ich
befltze kein Urtheil darüber, ob Tabellen, die man nicht
lelbft angefertigt hat, dem Studium nützlich find —
dankenswerth find fle als Nachfchlagewerk; aber gewifs
ift mir, dafs das, was diefem Buche einen befonderen
Werth verleiht, anziehender und eindrucksvoller wäre,
wenn es nicht im Fachwerk der Tabellen ftände. Wein-

des Reiches in diefer Zeit. Speciell von Rom S. 19 f.: ,die
römifche Kirche ift der geiftige und irrthumsfreie Mittelpunkt
der Kirche'. .Diefer Principat ift im Wefentlichen
die Uebertragung der heidnifch-religiöfen Weltftellung
Roms in der Kaiferzeit in die Kirche'. ,Der Unterfchei-
dung zwUchenmtrgisiratnsmaiorcs und minores parallel geht
die kirchliche des 3. Jahrhunderts in ordines maiorcs und
minores' (S. 15). ,Auf der Veräufserlichung des Traditionsbegriffes
, feiner Anknüpfung an eine äufsere und
ungefchichtliche Inftanz — auf diefer hiftorifchen Fiction

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