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Ausgabe:

1888 Nr. 25

Spalte:

623-626

Titel/Untertitel:

Kollekter, Epistler og Evangelier. 1887 1888

Rezensent:

Vogt, ...

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Theologifche Literaturzeitung. 1888. Nr. 25.

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teren Ausfüllungen mag abgefehen werden. Das Schriftchen
fei nicht nur GeifUichen und Theologie-Studiren-
den, fondern auch Laien, die fich für religiöfe und ethifche
Fragen intereffiren, aufs Befte empfohlen.

Strafsburg i. E. P. Lobftcin.

Kollekter, Epistier og Evangelier, almindelig Kirkebon, den
nye Skriftemaals-Ordning, og den nye Hoimesse-
Liturgi. Kristiania, Dybwad, 1887. (418 S. 8.)

Es ift von hohem Intereffe, aus obigem, im Auftrage
des Königs vom Kirchen- und Unterrichtsdepartement
der norwegifchen Regierung veröffentlichten Werke zu
erfehen, wie fich vom laufenden Kirchenjahr ab die Gottes-
dienfte der norwegifchen Kirche geftalten, foweit in der
betreffenden Gemeinde von den verfammelten Hausvätern
die Annahme der vorliegenden Anordnungen be-
fchloffen wird. Es ift zwar noch abgefehen von einem
Neudruck der gefammten Agende, da auch hinfichtlich
derjenigen kirchlichen Handlungen, deren liturgifche Neu-
geftaltung noch nicht vereinbart ift, — insbesondere für
die Taufe und Trauung — neue Anordnungen demnächft
getroffen werden follen. Das Vorliegende umfafst aber
den gefammten Hauptgottesdienft mit Einfchlufs der
Beicht- und Abendmahlshandlung, giebt alfo für fich ein
vollftändiges Bild.

Zunächft die vor den Perikopen zu verlefenden Col-
lecten, welche von der erwähnten Regierungsbehörde
in Gemeinfchaft mit den gegenwärtigen Bifchöfen Effen-
drop und Smitt, dem vormaligen Bifchof Grimelund,
Profeffor Bang, einem Lehrer am praktifch-theologifchen
Seminar und einem Geiftlichen in Kriftiania einer Revi-
fion unterworfen find; und zwar ift jedem Sonn- und
Fefttage eine befondere Collecte zugewiefen. Hinter
jeder Collecte folgt neben den alten Perikopen des
betreffenden Tages je eine zweite und dritte epifto-
lifche und evangelifche Perikope, welche neu dargeboten
werden. Dabei bleibt aber der Perikopenzwang
ftreng beftehen, fodafs im laufenden Kirchenjahr die
erfte neue Perikopenreihe der Predigt zu Grunde gelegt
wird, im nächften die zweite neue, während 1889 — 90
wieder über die alten Perikopen gepredigt wird; und
zwar immer über die Ffvangelien im Früh- und Hauptgottesdienft
, über die Epifteln Nachmittags. Dabei behalten
die alten Evangelien den Vorzug, dafs fie, neben
den neuen Epifteln, verlefen werden, wenn eine der
neuen Evangelienreinen den Predigttext darbietet. Auch
die Collecten unterfcheiden fich von den für jeden
Sonntag einzeln beftimmten, welche das englifche Common
prayer book bietet, dadurch, dafs letztere nur bisweilen
auf die nachfolgende Epiftel deutlich Bezug nehmen,
fonft allgemeineren Inhalts find, wogegen diefe norwegifchen
durchweg eng an den Inhalt der alten evange-
lifchen Perikope fich anfchliefsen. So nimmt z. B. die
vom 2. Sonntag nach üftern auf das Hirtenamt Chrifti
Bezug, die am dritten auf den Wechfel von Freud und
Leid, am 2. und 20. nach Trinitatis auf die Berufung
zum Himmelreich; am 8. n. Trin. wird um rechtfchaffene
Prediger und Bewahrung vor falfcher Lehre gebeten und
fo durchweg.

In den neuen Perikopen findet fich ein bedeutendes
Stück von Lectio continua: die 11 erften Capitel des
Römerbriefes (aufser den Schlufsverfen des erften Kapitels
) kommen an den 22 erften Trinitatisfonntagen
ganz zur Verlefung, ohne Ausfchlufs der fchon unter den
alten Perikopen befindlichen Stücke; alfo durchfchnitt-
lich an jedem Sonntag ein halbes Capitel. Aufserdem
findet fich nur Johannes c. 17 auf die Tage Jubilate bis
Himmelfahrt vertheilt. Vorwiegend aber fuchen die
neuen Perikopen dem Inhalt der alten Evangelien Verwandtes
zu geben. So fchliefst fich dem Mifericordias-
evangelium die Hirtenvermahnung I Petri 5, 1—4 und

das Wort vom Erzhirten Hebr. 13, 20 f. an. Neben
den reichen Mann I p. Trin. tritt Luc. 12, 13—21, die
Warnung vor Geiz I Timoth. 6, 6 ff. und das Wort
| Matth. 16, 26. An die Berufung der Jünger Luc. 5, 10 f.
am 5. p. Trin. fchliefsen fich die erften Berufungen
Joh. 1, 35 ff. und die des Paulus A.-Gefch. 26, 1—-18;
an die Auferweckung des Jünglings zu Nain die des Lazarus
; an das Wort von der Wiedergeburt aus Waffer
1 und Geift am Trinitatisfonntage die Stellen von der Taufe
Titus 3, 3—7 und Matth. 28, 16—20; an das /Trachten
nach dem Reiche Gottes' 15 p. Trin. das ,Eins ift noth'
Luc. 10 und das ,haben als hätten wir nicht' I Kor. 7,
29—31 u. f. f. — Bisweilen giebt die neue Perikope
Fortfetzung der alten oder das ihr zunächft vorangehende
Stück: fo Mifericordias Joh. 10, 1 — IO; 3 n. Trin. Luc.
15, 11 ff.; 15 n. Trin. Matth. 6, 19—23: immer alfo inhaltlich
zur Ergänzung dienendes. — Man ift in Deutfch-
land wohl ziemlich allgemein vom Perikopenzwang für
die Predigt abgekommen in der Ucberzeugung, dafs der
Prediger nur dann die gerade vorliegenden Bedürfnisfe
der Gemeinde jederzeit gebührend berückfichtigen, nur
dann auch wirklich immer fein Heftes geben kann, wenn
: er freie Textwahl hat. Dem würde es m. E. entfprechen,
| wenn die Colletce nicht fchon fpecielle Rücklicht auf
i die Perikope nimmt, welche ja erft nachher verlefen
! wird, fondern — wie es die preufsifche Agende mit ihren
| 32 Collecten allgemeineren, aber mannigfaltigen Inhalts,
; neben den befonderen Fefttagscollecten, anheimgiebt,
der Liturg nach eigener Wahl den Gebetswünfchen die-
I jenige Richtung geben kann, welche gerade am gegenwärtigen
Sonntage für die Gemeinde befonders hervorzuheben
ihm am Herzen liegt. Wo es fich aber darum
handelt, den Gebetswünfchen, welche die Betrachtung
einer der herkömmlichen Evangelienperikopen weckt,
einen kurzen, körnigen Ausdruck zu geben: da wird man
in diefer norwegifchen Sammlung fchöne Muftergebete
finden. Und fofern wir ja auch bei freier Textwahl für
die Predigt doch zur Altarverlefung und zur zeitweiligen
Benutzung für die Predigt unzweifelhaft folcher Perikopen-
! kreife bedürfen, verdient diefe forgfältige und verftänd-
nifsvolle Zufammenftellung gewifs alle Beachtung, welche
gerade durch die Art, wie fie der einen, durch Herkommen
vorliegenden Schriftftelle verwandte, denfelben
Gegenftand anderweitig beleuchtende zugefeilt, trefflich
zur Erbauung der Gemeinde beitragen wird!

Als epiftolifche Lectionen aus dem alten Teftament
find nur aufgenommen: die bekannten prophetifchcn
Stellen aus Jeremias 31, Jefajas 11 und Maleachi 3 in der
Adventzeit; andere aus Jefajas 40. 42. 49. 53. 62 fowie
II Mof. 16, 11 —18 in der Paffionszeit; Jef. 55, 1—4 und
6 f. am Bufstage. Von Pfalmen 16, 5—11 am Sonntage
nach Weihnachten; 84, 2—5 Laetare; 67 und 32 am
Bufstage; 110 am Himmclfahrtsfeft; 23 am 7. nach Trin.
i — Als Feiertage neben den Hauptfeften begegnen uns,
; aufser Neujahr und Epiphanias: Bufstag — merkwürdiger
j Weife am Freitag derfelben Woche, in welche auch
unfer, vielangefochtcner preufsifcher Bufs- und Bettag
i fällt. (M. E. ift ein Bettag in der Saatzeit fehr ange-
! meffen und die Verbindung desfelben mit einem Bufstage
durch einen Hinweis auf Luther's Erklärung der fünften
Bitte leicht zu motiviren.) Mariae Verkündigung fcheint
auf einen Sonntag der Paffionszeit feltgelegt, da für S.
Judica keine Perikopen geboten werden. Endlich Allerheiligen
(ob entfprechend unferem Todtenfeftr) mit der
[ alten Perikope Matth. 5, 1 —12 und der neuen eb. 13—16.
In der Geftaltung des Hauptgottesdienftes zeigt fich
die Eigenthümlichkeit, dafs am Anfang und Schlufs des
Gottesdienft.es der Küfter als Lector auftritt, indem er
zu Anfang, während der Geiftliche am Altar knieet, vom
! Choreingang aus ein Gebet um Segen für den zu feiern«
I den Gottesdienft verlieft; ebenfo nach dem Schlufsfegen
ein Dankgebet für das gehörte Wort mit der Bitte um
reichliche FVucht für dasfelbe. — FVrner ift genau vor-