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Ausgabe:

1888

Spalte:

602-603

Titel/Untertitel:

Saredo, Codice ecclesiastico. 3 vol 1888

Rezensent:

Geigel, Ferdinand

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Goi

Thcologifche Literaturzeitung. 1888. Nr. 24.

602

trachtungen (S. 23), dafs er .keinerlei Phantafien nachgehen
, fondern nur den lichten Gnadenwegen der heil.
Schrift folgen wolle'. Aber er hat diefen Vorfatz leider
nicht confequent durchgeführt. Gleich in der erften Betrachtung
über die Taufe bei der Begründung, warum I
das Waffer das Element der Taufe fei, fpielt die Phan- I
tafie eine hervorragende Rolle, wenn z. B. das Tauf- 1
waffer als ,eine Weisfagung der Bufsthränen für jetzt
und der Ereudenthränen für einft' gedeutet wird. Öder
wenn S. 53 die Taufe Chrifti durch Johannes ,die Stiftung
unterer Taufe' genannt wird, wenn bei Befprechung
derfelben der Verf. wörtlich fagt: ,üie fichtbare Geflalt
der Taube zerflofs in Unfichtbarkeit, um unfichtbar nie-
derzuwallen in das Merz des Marienfohnes und das reine
unfchuldige Blut inwendig zu taufen mit der Kraft aus
der Höhe und das Nervengeäder des edlen Leibes (sie!)
mit verborgener Kraft zu übergiefsen und ihm die Keimkraft
der Unfterblichkcit zu verleihen' (S. 54); oder,
wenn gar die johanneifche Bemerkung, dafs aus der
Speerwunde des Gekreuzigten Blut und Waffer gefloffen
fei, dahin gedeutet wird: ,1hm öffnet man das Herz, und
fein Herz ftrömt über von Blut und Thränen. (?) Wie
feelenvoll ift die Sprache feines entfeelten Leibes! Das
Waffer der Taufe ift bedeutet, geadelt und geweiht durch
den Wafferftrom aus Jefu Seite' (S. 70. 71) — dann wird
man dem Verf. den Vorwurf nicht erfparen können, dafs
er feinem Vorfatz, den lichtvollen Gnadenwegen der
Schrift zu folgen, untreu geworden fei. Das Gleiche gilt I
auch von den Betrachtungen über das heil. Abendmahl.
Dafs der Verf. die Vermuthung aufftellt, die erfte Abendmahlsfeier
habe im Haufe des Nikodemus ftattgefunden,
dafs er es .sinnvoll' findet, wenn ,ein Wafferträger mit
dem Element des Tauffacraments die Jünger dahin leitet,
wo fie die Elemente zurüften follen für das andere Sacra-
ment', das mag noch als Vermuthung hingehen. Aber
wenn er beftimmt unterfchieden wiffen will zwifchen dem j
entfeelten Leib des Herrn, der im Grabe ruht, und fei- I
nem versoffenen Blute, wenn er behauptet: ,da Jefus i
auferftand, ift fein Blut nicht mit ihm auferftanden',
wenn er von einer befonderen Auferweckung und Verklärung
des Blutes redet und fogar meint: ,Wie fein
auferftandener Leib die Nägelmale trägt, fo trägt fein j
verklärtes Blut die üpferzeichen (?) der Trennung von
ihm' (S. 223. 224) — fo find das, gelinde ausgedrückt,
Phantafien, die fich von den lichten Gnadenwegen des
Schriftworts fehr weit entfernen! Ref. bedauert diefe Aus-
wüchfe um fo mehr, da die Bettachtungen viele feine
und treffende Bemerkungen bieten, da die Wärme, mit
der der Verf. fich in feinen Gegenftand verfenkt hat,
wohlthuend berührt und überall, wo die Ausführungen
mehr in das praktifche Gebiet hinübergreifen wie in dem j
Capitel: .Taufe und Heiligung', oder in der Betrachtung
über den würdigen Genufs des heil. Abendmahls fehr '
beherzigenswerthe Winke gegeben werden.

Nuffe. H. Lindenberg.

Burchardi, Pfr. a. I). Th., Paradoxa. Ein evangelifches
Glaubensbekenntnifs in hundert Thefen mit einigen
Anmerkungen und Zufätzen. Wiesbaden, Feiler & !
Gecks, 1888. (V, 50 S. gr. 8.) M. 1. —

In 100 kurzen Thefen fpricht der Verf. diefer Schrift
feine Anflehten aus über die verfchiedenartigften Fragen j
der chrifUichcn Dogmatik und des kirchlichen Lebens.
Er folgt im Wefentlichcn dem bekannten Schema: Theo- |
logie (1—7) Angclologie und Dämonologie (8—11) Kos- j
mologie und Anthropologie (13 — 27) Pleilsgefchichte
(28—53) Soterologie (54—65) Soteriologie (66—83) Es- j
chatalogie (84— IOO). Auf 17 nicht gerade eng bedruckten
Seiten wird alfo das ganze Gebiet der Dogmatik
noch dazu mit Seitenblicken auf kirchliche Zeitfragen
wie z. B. das Verhältnifs von Bekenntnifs und theol. 1

Forfchung, Ausbildung des praktifchen Geiftlichen, Kirche
und Secten etc. behandelt. Nur 19 der aufgeftellten
Thefen werden durch anhangsweife beigefügte Zufätze
und Anmerkungen etwas näher erläutert. Der Verf. erklärt
felber: ,auf wiffenfehaftlichen Werth machen diefe
Blätter keinen Anfpruch'. Aber was ift dann der eigentliche
Zweck derfelben? Manche unter den Thefen fordern
allerdings fofort den Widerfpruch heraus z. B. wenn
Th. 74 die Vetfaffung der kath. Kirche mit der arifto-
kratifchen Staatsform, die der evangelifchen mit der mon-
archifchen, die der liberalen Gemeinden (?) mit der
demokratischen in Parallele geftellt wird, oder wenn
Th. 36 in Bezug auf die Gebetserhörung gefagt wird:
,Gott, der von Ewigkeit her wufste, dafs gerade zu diefer
Stunde dies Gebet im Glauben an ihn gerichtet werden
würde, hat auch von Ewigkeit her die Erfüllung
diefer Bitte in den Weltenlauf aufgenommen', oder wenn
Th. 6 zur Erklärung der Trinität das Bild von Sonne,
Strahl und Brennfpiegel verwandt wird. Aber wenn der
Verf. in der Vorrede andeutet, dafs er durch die Dis-
cuffion feiner Thefen den Sieg der Wahrheit zu fördern
hoffe, fo wird diefe Hoffnung fich fchvverlich erfüllen,
da auf Grund fo kurzer, oft noch allgemein gehaltener
Thefen eine fachliche Discuffion unmöglich ift. Die
Schrift dürfte daher aufserhalb des Kreifes derer, die ein
perfönliches Intereffe haben, des Verf.'s Anflehten kennen
zu lernen, wie er fich auch felber nicht verhehlt hat,
nur geringe Beachtung finden.

Nuffe. H. Lindenberg.

Saredo, Prof. Dr., Codice ecclesiastico. 3 vol. Torino,
Unione tipografico-editrice, 1887,88. (487, 399 u. 400
S. 12.) ä L. 2, 25.

Mit befonderer Rückficht auf das, wie S. XII u. XIV
des Vorwortes gefagt ift, in der Vorbereitung befindliche
Staatsgcfetz namentlich über die Verwaltung des ge-
fammten Kirchenguts wird unter Bezug auf kurze Rand-
verweifungen der Text der in Italien noch geltenden
Staatsgefetze und Erlaffe betreffs der röm.-katholifchen,
der griechifchen (III. p. 1005—1038), der evang. (p. 989
bis 1004) Kirche und der Israeliten (1039—1112) fyfte-
matifch, vom Jahre 1539 herauf bis zum Gefetze vom
5. Januar 1888 betreffs des röm. Stadtfonds (mein ,Ital.
St. K. R.' p. 40), zufammengeftellt. Zufolge p. 1260 beträgt
dermalen die Zahl der Clücsc evangeliche in Italien
231, nämlich 17 Waldenfer Pfarreien, 24 Gemeinden der
Chiesa cristiana libera, 24 der Chiesa libera italiana, 57
der Wesley'fchen Methodiften, 26 der Ck. metodista epi-
scopale, 41 der Unione cristiana apostolua Battista, 2 ame-
rikanifche, 23 anglikanifche, 6 fchottifche Freigemeinden,
4 deutfeh- u. 3 franzöfifch-reformirte Kirchen (1 zu Bergamo
, zu Florenz 2, zu Genua- 2 u. zu Neapel 2) u. 4
Gemeinden der Chiesa finita Lutcrana (zu Livorno, Mailand
, Sanremo u. Venedig).

Corporationsrechte (p. 1042) haben hiervon nur die
17, am Bekenntniffe vom J. 1655 (p. goß) feilhaltenden
Waldenfer Pfarreien zufolge ihrer Costituzione vom 25.
Mai 1855 (abgedruckt p. 995—1005; die Seitenzahlen
laufen durch die 3 Bände fort); wie eigene Volksfchulen
(Patent v. 18. Febr. 1848), befitzen fie (Art. 14 u. 42) auch
befondere Armenpflegen. Sie bringen durch Umlagen
ihren Bedarf auf; der Staat fchiefst ihnen jährlich 6462 Fr.
bei (p. 994); ihre Jahresvoranfchläge u. Rechnungen unterlagen
bisher der Feftftellung des Präfecten (Rignano I
67 u. 191).

Die übrigen 214 evang. ,Gemeinden' find blofse
.Vereine', welchen die testavtenti factio passiva erft noch
durch Sondergefetz verliehen werden müfste; ihre Satzungen
find bei Saredo ebenfowenig, als bei Rignano abgedruckt
. Pur die Verhältnisfe der evang. Kirche genügt
daher der, auch einzeln verkäufliche Vol. II parte 3«.