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Ausgabe:

1888

Spalte:

42-44

Autor/Hrsg.:

Kambli, Conr. Wilh.

Titel/Untertitel:

Die sozialen Parteien und unsere Stellung zu denselben 1888

Rezensent:

Stamm, Wilhelm

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pfin düngen und Verhältnifse der Jetztzeit angeknüpft
wird. Es fehlt dabei nicht an fchönen Bildern und
befonders feinen Gedanken. Faft immer ift die Anlage
eine fehr einfache und angemeffene, die Textwahl eine
recht glückliche. Dafs die Texte öfter nicht die ganze
Rede beherrfchen, fondern mehr nur hervortretende
Gedanken oder den Gefammtgeift bezeichnen, darf bei
Cafualreden, zumal bei fo kurzen, nicht getadelt werden.
Meift aber, fo auch namentlich in den Traureden, ift die
Textbenützung recht gefchickt. An der Spitze von 2
Begräbnifsreden wird auf mehrere Bibelftellen hinge-
wiefen, die dann nicht als eigentliche Texte zu betrachten
find, fondern wohl nur vorgelefen wurden, weil fie
für den betreffenden Fall befonders pafsten und alfo
auch mit dem Geifte der Rede ftimmten. Wie trefflich
der Verf. das Individuelle mit wenigen Zügen zu bezeichnen
weifs, fo dafs man ein ganz deutliches Bild
erhält, das beweifen namentlich die Leichenreden, in
welchen das Perfönliche ftark hervortritt, aber fo, dafs
fleh das Erbauliche unmittelbar mit demfelben verflicht.
Auch Troft, Verheifsung und Mahnung erfcheinen im

geworfen und die Bibel nur als ein Gcfetzescodex betrachtet
. — Bezüglich der Taufe fucht der Verfaffer die
Berechtigung der Kindertaufe daraus zu beweifen, dafs
i) zum Eintritt in das Himmelreich Kinderfinn gefordert
wird und 2) in der Taufe überhaupt eine Gemeinfchaft
des Menfchen mit Gott vollzogen werde, die vorzugs-
weife fleh auf unfer ,geiftiges Naturleben' beziehe, wie
es eine folche Gottesgemeinfchaft vor erwachendem
Bewufstfein auch in Chrifto gegeben haben müffe. Könne
auch ein Gebot der Kindertaufe aus dem neuen Teft.
nicht nachgewiefen werden, fo fehle das Gebot auch
z. B. bezüglich des Abendmahlsgenuffes der Frauen;
komme es nach baptiftifcher Lehre darauf an, dafs die
Taufe der Bund eines guten Gewiffens mit Gott fei, fo
widerfpreche diefer Lehre die Praxis, dafs die Taufe
ohne Rückficht auf den Glauben nur dann wiederholt
werde, wenn fie Afperfionstaufe gewefen; lege man auf
das Untertauchen befonderes Gewicht, fo widerfpreche
nicht nur öiöay^i VII. 3, fondern auch die Gewohnheit der
baptiftifchen Vorfahren, nur die Afperfionstaufe zu vollziehen
, und überdies habe die alte Kirche dreimal unterrechten
Mafse, und meifterhaft verfteht der Verf. den getaucht, während die Baptiften die Untertauchung nur
menfehlichen Gefühlen ihr Recht zu geben, um dann die einmal vollzögen.

Wahrheiten des Gottesreiches hell hereinleuchten zu laffen.
Kurz, fein eigenes Wort in der Vorrede: ,was früher
dem Herzen des Hörers lieblich einging' fcheint uns
feine Reden treffend zu kennzeichnen. Wir halten fie
für erbaulich im beffen Sinne des Wortes und wünfehen
ihnen mehr noch deshalb viele Lefer, als weil fie zum
Beffen eines Afyls für verwahrloffe Kinder in Glaucha
gedruckt lind.

Friedberg. Diegel.

Arnold, Privatdoz. Lic. Dr. C. Franklin, Der Baptismus
und seine Bekämpfung. Leipzig, Fr. Richter, 1887.
(37 S. 8.) M. -.50.

Das Sectenwefen fpielt gegenwärtig allenthalben
in unferer ev. Kirche eine grofse Rolle, und es ift nicht
zu leugnen, dafs auch in den Kreifen der Geiftlichen oft
noch grofse Unklarheit herrfcht fowohl bezüglich des
Wefens der einzelnen Secten, als auch befonders über
die richtige Art ihrer Bekämpfung. Darum ift jede
Schrift, welche diefer Unklarheit abhelfen will, von vorn
herein willkommen zu heifsen.

Lic. Dr. Arnold behandelt den Baptismus, der befonders
in den letzten Jahrzehnten von Hamburg aus | gegen hartnäckige Sectirer, wie die Erfahrung überall

In einem letzten Abfchnitt werden das Seelengefährliche
des Baptismus und die Mittel feiner Bekämpfung
dargelegt. Erfteres wird darin gefunden, dafs
der Baptift Gefahr laufe, in lieblofes Richten anderer
zu verfallen, den Geift Gottes zu betrüben, den Namen
Gottes zu entheiligen, fleh auf Menfchen zu verlaffen,
zu; verzweifeln, fich auf die Heiligkeit feiner Secte zu
verlaffen, Chriftum zu verlieren. Als Mittel der Abwehr
werden genannt zweckentfprechende Benutzung des
Galaterbriefs und die immer innigere Verbindung von luthe-
rifcher Klarheit und Tiefe der Heilserkenntnifs mit reform.
Gemeindebewufstfein und praktifchem Heiligungsernfte
im Gcfammtgebiete der evang. Kirche. Insbefondere aber
hätten auch die Schulen das Ihrige zu thun, den Religionsunterricht
eifrig zu pflegen, denfelben an die Taufe
anzuknüpfen, das 4. und 5. Hauptftück des Katechismus
überall einzuprägen, die Einfetzungsworte der Taufe
richtig und ausführlich zu erklären. Auch feien hübfeh
ausgeftattete Taufbüchlein zu verbreiten u. a. m.

Der Ernft des Herrn Verfaffers und der Fleifs, den
er auf feine Darlegung verwendet hat, find anzuerkennen;
auch glauben wir, dafs die letztgenannten Mittel der
Abwehr etwas wirken können, während die Polemik

auch in unferem Vaterlande nicht unbedeutende Fort-
fchritte gemacht hat, fo dafs fchon 1880 in Deutfchland
16592 Glieder mit 182474 Mark Beiträgen vorhanden
waren.

Der Verfaffer entwickelt zuerft, dafs der Neobaptis-
mus mit dem im 16. Jahrhundert entftandenen Anabaptismus
nicht zufammenfalle. Diefer habe, wenn er auch
in Nordamerika noch feine organifirende Kraft bewähre,
wenigftens in Europa feit Oliver Cromwell aufgehört,
eine gefchichtliche Macht zu fein. Die Neobaptiften
wollten keine Wiedertäufer fein; vielmehr müffe jedes
Mitglied der ev. Landeskirche, welches zu der baptiftifchen
Gemeinfchaft übertrete, bekennen , noch nicht getauft
zu fein, da die evang. Kindertaufe bei den Baptiften
nur für eine .Säuglingsbefprengung' gelte. Nur
durch die richtige, d. h. die baptiftifche Taufe komme
nach Anücht der bezeichneten Secte der Menfch zur
.Gemeinde des Herrn', die von dem grofsen Schiffe, das im
Schlafe liege und untergehen müffe, fcharf zu fcheiden fei.

Sodann werden als die drei auf einfeitigem Betonen
des fubjectiven Factors in der Religion beruhenden
Hauptirrthümer des Baptismus die Lehre von der Kirche,
die Lehre von der Taufe und die vom Glauben bezeichnet.
Die Kirche werde nur als Mittel, nicht aber als Zweck
aufgefafst; infolge deffen kenne man keine Entwicke-
lung der Kirche; alles Ueberlieferte werde über Bord

zeigt, wegen vielfach bei denfelben mangelnden Ver-
ftändnifses oder gar Willens, Verftändnifs zu erlangen,
in der Regel unwirkfam bleibt. Es wäre zu wünfehen,
dafs er vom Glaubensbekenntnifse der Neobaptiften etwas
mehr mitgethcilt und feinen Stoff durchfichtiger geordnet
hätte; worin z. B. der Irrthum der baptiftifchen Lehre
vom Glauben beftehe, läfst fleh aus den bezügl. Darlegungen
beim Capitel von der Taufe nicht klar entnehmen
. Auch dürften einzelne Anfchauungen, die er
ausfpricht, nicht ohne Widerfpruch bleiben, wie z. B.
die, dafs die Taufe auf das geiftige Naturleben wirke,
oder dafs innerhalb der gröfseren Gemeinde fleh kleinere
mit einer andern Weife, Gottesdienft und Abendmahl
zu feiern, bilden müfsten (S. 33).

Als Druckfehler merken wir an, dafs auf S. 20 von
Calvin's ,Inftitutionen' die Rede ift, und auf S. 33 ,Nitfch'
ftatt .Nitzfch' fleh findet.

Lennep. Lic. Dr. Thönes.

Kambli, Pfr. Conr. Wilh., Die sozialen Parteien und unsere
Stellung zu denselben. St. Gallen, Huber & Co., 1887.
(VIII, 509 S. gr. 8.) M. 7. -

Uhlhorn hat warnend bemerkt, es fei die Aufgabe
der Kirche nicht, dafs ihre Diener nationalökonomifche
Bücher fchreiben, die doch zuletzt nichts find als Dilet-