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Ausgabe:

1888 Nr. 24

Spalte:

587-588

Autor/Hrsg.:

Arnold, Carl Franklin

Titel/Untertitel:

Die Neronische Christenverfolgung 1888

Rezensent:

Krüger, Gustav

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587

Theologifche Literaturzeitung. 1888. Nr. 24.

588

Aber auch wenn man die Zweckfetzung anerkennen
wollte, müfste doch die vorliegende Uebertragung verfehlt
erfcheinen. Schon die Beibehaltung der Capitel-
und Verseintheilung ohne jede Andeutung einer andern
finngemäfseren Eintheilung ift tadelnswerth, nachdem
fämmtliche gute griechifche Textausgaben die Verseintheilung
an den Rand gefchoben haben. Ferner fleht ! Angeber gefpielt haben, möchte ich dahingeftellt fein

eine Judenverfolgung gewefen fei, werden gut thun, fich
mit der Arnold'fchen Arbeit genau bekannt zu machen;
mir fcheinen die allerdings fehr vagen Behauptungen,
die im Intereffe diefer Annahme aufgehellt worden find,
hier gründlich widerlegt. Arnold's Meinung, dafs chrift-
liche Häretiker, nicht, wie manche annehmen, Juden die

z. B. I Joh. 5, 7 ohne jede Bemerkung als gleichwerthig
neben allem anderen im Texte. Anzuerkennen ift, dafs
der Verfaffer gewiffe anftöfsige Ausdrücke in einer Er-
bauungsfehrift für Laien nicht wiedergeben mag. Aber
diefes Unternehmen fcheitert Rom. 1, 26 ff und führt
Gal. 3, 16 zu feltfamen Ueberfetzungskünften. Auch
manche Ausdrücke wie altvettelifch 1 Tim. 4, 7 fcheinen
mir zum Jetzigen Deutfch' nicht zu gehören und im
Ganzen fcheint die Sprache Luthers ebenfo verftändlich
zu fein, wie diefe moderne. Auf die äufsere Ausftat-
tung des Buches ift grofse Sorgfalt verwendet worden.

Grofs-Gerau. Lic. Oscar Holtzmann.

Arnold, Privatdoz. Lic. Dr. C. Franklin, Die Neronische
Christenverfolgung. Ihne kritifchc Untcrfuchung zur Ge-
fchichte der älteften Kirche. Mit 1 Taf. Leipzig, Fr.
Richter, 1888. (IX, 120 S. gr. 8.) M. 4. —

Die Frage nach dem Charakter und der Bedeutung
der ,Neronifchen Chriftenverfolgung' ift auch in neuefter
Zeit vielfach Gegenftand der Discuffion gewefen. Der
Verfaffer der vorliegenden Abhandlung geht von der
richtigen Frkenntnifs aus, dafs alles Reden über die
Sache zu nichts führt, fo lange nicht eine philologifch
gründliche (Jnterfuchung der in Betracht kommenden
Quellenftelle bei Tac. Ann. XV 44 den feiten Grund für
weitergehende Betrachtungen gelegt hat. Er felbft ift
auf Grund einer folchen Unterfuchung zu dem Schlufs
gelangt, dafs die Tacitusltelle weder unecht noch inter

laffen.

Was den zweiten Punkt, die Bedeutung und Tragweite
der Verfolgung, betrifft, fo wird der Verf. kaum
zu fürchten haben, mit feiner Triefe, dafs diefe Bedeutung
eine locale gewefen fei und die Verfolgung in
chrifllichen Kreifcn keineswegs den Findruck eines epochemachenden
Ereignifses gemacht habe, auf Widerfpruch
zu ftofsen. Gegen Beyfchlag führt A. nochmals den faft
überflüffigen Nachweis, dafs die Offenbarung Johannis
nicht als ,das chriftliche Gegenmanifeft gegen die Kriegserklärung
des heidnifchen Staates' zu betrachten fei.
Auch die Sibyllincn bieten, wie Verf. ausführlich darlegt,
keine Anhaltepunkte dafür, dafs fich in ihnen die Verfolgung
wiederfpiegelt. Die Schneckenburger-Baur'fche
Anficht, dafs die römifche Volksfage von der Wiederkunft
Nero's auf die Chriften zurückgehe und bei diefen
unter dem Eindruck der Vorftellung, dafs Nero der Anti-
chrift fei, entftanden fei, wird energifch zurückgewiefen.

Seine Refultate hat Arnold p. 114 ff. überfichtlich
zufammengefafst. Dankenswerth ift der zinkographifche
Abdruck einer Photographic der Stelle Tac. Ann. XV
44 aus dem Mediceus II. Ein Anhang vertheidigt diefe
Stelle gegen den Verdacht, die Erwähnung des Pilatus
beruhe auf chriftlicher Interpolation. Leider ift der Druck
durch viele, freilich unwefentliche, Verfehen entftellt.

Giefsen. Guftav Krüger.

Kaufmann, Georg, Die Geschichte der deutschen Universitäten
. 1. Bd.: Vorgcfchichtc. Stuttgart, Cotta, 1888.
pohrt ift, dafs die Dispofition des Abfchnittes eine klare ,YV „ _ ~ M „

nnH iihprfirl-it-lirhP ift rLf« p« Hie Hranrlftiftnncr und nirht ! 1AV> 442 ^- gr- »•) ™. 8. -

und überfichtliche ift, dafs es die Brandftiftung und nicht

das religiöfe Bekenntnifs war, welches den Chriften zur j Seit Savigny's Gefchichte des römifchen Rechts im

Laft gelegt wurde. Die weitere hiftorifch- kritifche Betrachtung
der Darftcllung des Tacitus ergiebt, dafs, von
rhetorifchen Uebertrcibungen abgefehen, der Bericht des
römifchen Hiftorikers zu Verdächtigungen keinen Anlafs
giebt, dafs man fchon zu Nero's Zeit die Chriften von

Mittelalter, deren 3. Bd. u. a. die Univerfitäten ziemlich
ausführlich behandelt, war in Deutfchland für die Auffindung
, fclbftändige, weitblickende und kritifche Er-
forfchung und Ausbeutung der Quellen für die ältere
Gefchichte der Hochfchulen im Grunde wenig Bedeutenden
Juden unterfcheiden konnte, und kein Grund vor- j des gefchehen, fo wenig es auch an hiftorifchen Specialliegt
, in der Neronifchen Verfolgung etwas Anderes zu j abhandlungen in diefem Gebiete in dem halben Jahrhun-
fehen, als wozu Tacitus fie ftempelt: eine Chriltcnver- I dert, das feit dem Erfcheinen der Savigny'fchen Arbeit

folgung, die lediglich aus Opportunitätsrückfichtcn unternommen
wurde. Zur weiteren Sicherftellung diefes Re-
fultats hat Verf. einen Abfchnitt über den heidenchrift-
lichen Charakter der römifchen Gemeinde beigefügt.

verftrichen ift, gefehlt hatte. Unter den letzteren verdient
namentlich Paulfen's Abhandlung über ,die Gründung
der deutfehen Univerfitäten im Mittelalter' (in Sy-
hift. Zeitfchr. Bd. 45) Erwähnung. Um fo mehr

Mir fcheinen die Nachweife des Verfaffers völlig ge- wurde Heinrich Denifle's durch Herbeiziehung vieler,
lungen zu fein. Insbefondere wird der ausgezeichnet auch ungedruckter Documente fowie durch kritifche Be-
forgfältig gearbeitete philologifche Theil die Zweifel an ; nutzung derfelbcn ausgezeichnetes ausführliches Werk
der Tacitusltelle wohl dauernd verftummen machen. Ich I über ,die Univerfitäten des Mittelalters bis 1400', von
erwähne dazu, dafs Verf. den Satz von auetor — celebran- | welchem 1885 der erftc Band erfchien, mit Beifall auf-
turque als parenthetifche Erklärung fafst. — Fateri, das genommen; und da wir noch unter dem Eindrucke des
bei Tacitus 32 Mal vorkommt, wird von ihm nie in der I plötzlich aufgegangenen Lichtes ftehen, welches Denifle
Bedeutung, fich zu einer religiöfen oder philofophifchen nach langer Nacht verbreitet hat, fo könnte es uns überRichtung
oder Partei bekennen, gebraucht (dafür ,pro- j rafchen, dafs nun fchon wieder ein Anderer eine aus-
Jiteri' oder ,aemularil). Es ift auch nicht richtig, dafs, j fuhrliche Urgefchichte der Univerfitäten uns darbietet.

In dem vorliegenden 1. Bde. des Kaufmann'fchen Werkes
ift nämlich von der Gefchichte der deutfehen Univerfitäten
(deren umfaffende monographifche Behandlung
ja von vornherein auch nach Denifle den Verf. legiti-
miren würde) noch wenig die Rede; derfelbe enthält nur
die Vorgefchichte diefer. Indeffen Ref. ift weit davon
entfernt, fei es diefe breite und tiefe Fundamentirung
der Gefchichte der deutfehen Univerfitäten, fei es die
neue Bearbeitung der fchon von D. behandelten Partien
dem Verf. zu verübeln. Es war in der That nicht möglich
, Wefen und Bedeutung der nach Deutfchland über-

wenn das Geftändnifs der Brandftiftung gemeint fei,
,confessi erant' ftehen muffe. Vielmehr liegt fchon in
fateri das erzwungene Geftändnifs {Cicero pro Caec. (j:
confitetur atque ita confitetur, ut non so/um fateri, sed eti-
am profitcri videatur.) — Das odiutn generis hutnani fafst
A. als ,principiellen Widerftand gegen die römifche Staats-
omnipotenz'. Diefe Annahme fcheint mir nicht genügend
begründet. Der Ausdruck dürfte eher mit den Befchul-
digungen, die den Chriften vom Volke gemacht wurden,
in Verbindung zu fetzen fein. — Die Vertreter der
Gibbon-Schiller'fchen Anficht, dafs die Verfolgung nur