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Ausgabe:

1888

Spalte:

546-548

Autor/Hrsg.:

Werckshagen, C.

Titel/Untertitel:

Luther und Hutten 1888

Rezensent:

Kippenberg, Otto

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das Opfer Chrifti alles das nicht ift, was das Opfer im |
Alten Teftament war. — Ganz und gar nichts aber gegen I
R. und für den Verf. beweift deffen Berufung auf den
Gebrauch anderer dem Alten Teftament entnommenen ,
Begriffe des Neuen Teftaments, wie z. B. des göttlichen i
Vaternamens und der Gottcskindfchaft, die im Alten Tefta- '
ment gebunden an das ifraelitifche Volk im Neuen Tefta- I
ment für die einzelnen Gläubigen in Gebrauch treten. I
Das ift allerdings der Fall, aber ganz in demfelben Sinn ]
wie bei R. auch die Rechtfertigung auf die Einzelnen i
bezogen wird, nämlich fo, dafs diefe fich dabei in die !
Gemeinde der Gläubigen einrechnen. Wenn wir im Herrn- j
gebet Gott als unfern Vater anrufen, fo thun wir das j
als Glieder der Gemeinde. Und im Begriff der Gottes-
kindfehaft fafst Paulus wefentlich die Güter zufammen, |
welche wir als Erben der Verheifsung des abrahamiti- j
fchen Bundes, als das Ifrael nach dem Geifte ge-
niefsen. — Wir berühren noch Eins. Verf. aeeeptirt für
feine Auffaffung die von Pfleiderer dargebotene Formel, ;
dafs die Rechtfertigung nicht fchon unmittelbar in Chrifti
Tod für alle wirklich vollzogen, fondern nur der Möglichkeit
nach für alle gegeben ift (S. 98). Wir leugnen, j
dafs damit ein Ncuteftamentlicher Gedanke präcis ausgedrückt
ift. Es handelt fich hier wefentlich um Paulus.
Für ihn aber ift die Rechtfertigung auf Grund des Todes i
Chrifti nicht eine Möglichkeit, fondern fie ift mit dem
Werk Chrifti in Wirklichkeit vorhanden, unabhängig
von jedem fubjectiven Bezeigen. Fragen wir dann, wo j
und wie diefe Wirklichkeit vorhanden ift, fo ift im Sinne !
des Apoftcls nur die Antwort denkbar: fie ift vorhanden
da wo Chriftus verkündigt und bekannt wird, wo man
,aus dem Glauben' an Chriftus ift. Wir wüfsten das
kurz nicht anders auszudrücken als im Sinne von Ritfehl:
Die Rechtfertigung ift vorhanden in der Gemeinde der
Gläubigen.

Ulm nD. A. Bilfingen

Reville, Jean, Die Religion zu Rom unter den Severen, mit

Genehmigung des Verfaffcrs überfetzt von Lic. Dr. j
Guft. Krüger. Leipzig, Hinrichs, 1888. (X, 296 S.
gr. 8.) M. 6. —

Die von mir in diefer Zeitung 1886 Nr. 12 angezeigte
Darfteilung von Reville ift durch eine ausgezeichnete
Ueberfetzung, die fich wie ein Original lieft, in unfere
deutfehe kirchenhiftorifche Literatur aufgenommen. Wir
find Dr. Krüger zum beften Danke verpflichtet; denn
nun wird hoffentlich ein Werk zahlreiche Lefer unter uns
finden, welches wie kein anderes geeignet ift, über die
Bedingungen, unter denen der Katholicismus entltanden
ift, aufzuklären. Ich möchte es geradezu ,Vorhalle des j
Katholicismus' nennen und es in der Hand eines jeden
Studirenden der Kirchengefchichte fehen. Es ift feit langer |
Zeit üblich, den Darftellungen der Kirchengefchichte eine
Skizze des .Heidenthums'voranzufchicken. Aber in diefer
Skizze pflegt man von Jupiter und Juno und wiederum
von Sokrates und Plato zu handeln oder planlos bald
diefes, bald jenes anzuführen.

Möge fich dem gegenüber der Gebrauch diefes Buches
einbürgern 1

Innerhalb der Kirchengefchichte kommt vor Allem
das Heidenthum in Betracht, wie es fich feit den Tagen
Hadrian's entwickelt hat, und am wichtigften ift die End- 1
geftalt, die es feit dem Ausgang des 2. Jahrhunderts angenommen
hat. Ueber diefe wird man aber in dem vor-
ftehenden Buche in ausgezeichneter Weife belehrt und
lernt aufserdem einen geiftvollen Schriftfteller kennen,
von dem man fich gerne unterhalten läfst. Manches hätte ]
der Verf. wohl kurzer fagen können; aber auch dort wo
er breit ift, ift er nicht langweilig.

Marburg. A. Harnack.

Wreschner, Dr. Leop., Samaritanische Traditionen, mit

getheilt und nach ihrer gefchichtlichen Entwickelung
unterfucht. Berlin, Mayer & Müller, 1888. (XXXI,
64 S. gr. 8). M. 3.- '

Der Verfaffer beginnt mit einem Ueberblick über
die religionsgefchichtliche Entwickelung der Samaritaner,
wobei es auffällt, dafs er fich in Bezug auf die Nachrichten
über den gegenwärtigen Beftand der Sekte (S. V .
bei dem beruhigt, was Petermann darüber bereits 1856
mitgetheilt hatte und dafs erS. XVII ohne Weiteres das
ungünftige Urtheil Hengftenberg's über die Samaritaner
nachfehreibt. Man follte doch zweierlei nicht vergehen:
1) dafs es die jüdifche Engherzigheit war, welche die
Samaritaner zurückftiefs und damit den ganzen Zwie-
fpalt verfchuldete und 2) dafs man von den Samari-
tanern doch wahrlich nicht verlangen konnte, dafs fie
um eben diefer Juden willen die Leiden eines Krieges
ertragen follten, der fie gar nichts anging. Im Uebrigen
aber ftimmen wir dem Verf. darin bei, dafs die Samaritaner
fich als religiös völlig unproduetiv erwiefen haben.
Sie lehnen fich beftändig an jüdifche Traditionen an,
früher pharifäifche und fadduzäifchc, fpäter karäifche,
und es beruht auf Täufchung, wenn man bei ihnen irgend
welche ältere Gefetzesüberlieferungen vermuthen will. Sie
find fo wenig original, dafs fie nicht einmal gegen muham-
medanifche Einwirkungen völlig ficher erfcheinen, wofür
der Verf. S. XIV—XVI interefiantc Belege beibringt. —
Der zweite Theil der Einleitung der vorliegenden Schrift
geht fodann S. XVII—XXXI auf den famaritanifchen Ge-
fetzeslehrer und Polemiker gegen das Judenthum Mu-
nagga (aus dem zwölften Jh.( näher ein, über deffen
Schriften der Verf. in einer fehr werthvollen biblio-
graphifchen Abhandlung fich verbreitet. Insbefondere
giebt er eine genauere Inhaltsangabe des zweiten allein
erhaltenen Theilcs der Schrift ,über die Streitfragen
zwifchen Juden und Samaritanern', worauf dann noch
S. I ff. nähere Mittheilungen mit wörtlicher Ueberfetzung
wichtiger Stellen aus derfelben (aus cap. 4—7. 12. 14. 15. 18)
erfolgen. Unterhalb des Textes itt jedesmal der ara-
bifche Wortlaut der mitgetheilten Ueberfetzung gegeben,
wobei der Verf. eine tüchtige fprachliche Bildung, gute
Methode in der Behandlung textkritifcher Fragen und
eine genaue Kcnntnifs der hier einfchlagenden Literatur
an den Tag legt. Wie fehr manches früher über Mu-
nagga Mitgetheilte der Nachprüfung bedarf, kann man
befonders aus S. 8 f. erfehen, vgl. auch das S. XXX f.
über die Bcfchaffenheit der Berliner Handfchrift Gefagte.
— Es wäre fehr erwünfeht, von dem Verf. noch Weh
teres über famaritanifche Literatur erfahren zu dürfen.

Jena C. Siegfried.

Werckshagen. Hülfspred. < .. Luther und Hutten. Eine
hiftorifche Studie über das Verhältnis Luther's zum
Humanismus in den Jahren 1518—1520. Mit einem
Vorwort von Prof. W. Bender in Bonn. Wittenberg,
Herrofe Verl., 1888. (VII, 94 S. gr. 8.) M. 1.50.

Um den Einflufs des zeitgenöffifchen Humanismus
auf Luther, befonders den Hutten's und Crotus' nach-
zuweifen und im Einzelnen genauer zu begründen, führt
uns der Verfaffer in feinem Schriftchen den Entwicklungsgang
des Reformators von 1517—21 in fünf Ab-
fchnitten vor. In dem erften ilt Luther noch weit entfernt
von den Bahnen Hutten's, doch allmählich, fchon
in dem zweiten, noch mehr in dem dritten nähert er fich
ihnen, um in dem vierten kühn die engen theologifchen
Grenzen durchbrechend, mit dem deutfehen Ritter uner-
fchrocken Schulter an Schulter zu kämpfen. Doch des
Lebens Frühling währt nur kurze Zeit. Schon in der
fünften Periode wendet fich Luther Holz von Hutten,
um ihm auf ewig Valet zu fagen. Dies der Inhalt der
Schrift im Grofsen.

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