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Ausgabe:

1888 Nr. 17

Spalte:

431

Autor/Hrsg.:

Braasch, Aug. Heinr.

Titel/Untertitel:

Die Wahrheit des Christenthums 1888

Rezensent:

Hartung, Bruno

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431

Theologifche Literaturzeitung. 1888. Nr. 17.

432

Mit einer apologetifchen Darfteilung des Lebens Jefu,
feiner Lehre und feines Werkes, wie feiner Perfönlich-
keit fchliefst der zweite Band ab, der alfo fchon in das
Innerfte der chriftlichen Glaubenslehre hineinweift. Darum
wird erft nach Vollendung des gefammten Werkes auch
über diefen zweiten Theil ein abfchliefsendes Urtheil gewonnen
werden können.

Man wird bei dem Werke eines katholifchen Theologen
, das mit bifchöflicher Approbation erfcheint, von
vornherein nicht annehmen, dafs von dem römifchen
Lehrbegriff abgewichen wird; doch ift, wie fchon ge-
fagt, die Haltung desfelben gegenüber dem Proteftan-
tismus, felbft den Reformatoren eine durchaus anftändige.
Grofse Abfchnitte könnten dem Inhalt nach ebenfo von
Proteftanten gefchrieben fein. Freilich die rationalifirende
Aengftlichkeit gegenüber den Sätzen der Tradition und
der Kirchenlehre, die etwa gefährdet fein könnten, die
uns wunderlich erfcheinende Berufung auf Entfcheidun-
gen von Concilien auch in Dingen der fog. natürlichen
Religion etwa, welche zum Erweis ihrer Chriftlichkeit
diefes Zeugnifses wahrlich nicht bedürfen, laffen auch
darin den Katholiken erkennen. Und was von den meiften
apologetifchen Arbeiten gilt, dafs fie vielleicht den Gläubigen
ftärken, aber den Ungläubigen fchwerlich gewinnen,
das mufs auch von diefem weitfchichtig angelegten und
gerade in feinen theologifchen Abfchnitten viel zu breit
gefchriebenen Werk behauptet werden.

Leipzig. Härtung.

Braaseh, Aug. Heim., Die Wahrheit des Christenthums.

Jena, Dabis, 1887. (297 S. 8.) M. 3.—

Der Titel des Buches lautet allgemein und fo will er
verftanden werden. Wer in der Erörterung einzelner
apologetifcher Fragen oder in der Vertheidigung diefes
oder jenes Dogma's die Aufgabe der chriftlichen Apologetik
fucht, wird fich in demfelben enttäufcht fühlen.
Der Verfaffer fteht nicht auf dem Boden des kirchlich
dogmatifchen Chriftenthums, aber die fchöne Zeichnung
des fündenlofen Lebensbildes Jefu, deffen Auferftehung
ihm als Thatfache feftfteht, wie der Entftehung der
apoftolifchen Gemeinde, beweifen es, wie die Perfön-
lichkeit Jefu in dem Mittelpunkt feiner Gedanken fteht.
Aus der Betrachtung der Welt — damit fängt er ent-
fprechend dem erften Artikel des Glaubensbekenntnifses
an —, der natürlichen und der fittlichen, erwächft der
Glaube an Gott, aber das Reich des Sittlichen müffe
fich im fortwährenden Kampf mit der Sünde, diefer
Macht, welche nicht aus Gott ift, bewähren,. Und nur
zugleich im religiöfen Fortfehritt, und diefer Fortfehritt
führt über Heidenthum und Judenthum zu Chrifto und
zum Chriftenthum hin, kann der Kampf entfehieden
werden. ,Chrifti Wohlthaten, im Glauben an den Gekreuzigten
erfafst, verklären die Welt'. Die Gemein-
fchaft des von Chrifto ausgegangenen religiöfen Lebens
in feiner Erfcheinung ift die Kirche, auch die katholifche
trotz ihrer Irrthümer, befonders aber die evangelifche,
weil bei ihr trotz aller Schwächen die leitenden Gedanken
die richtigen find. In Wort, Gottesdienft, Sacra-
ment übt die Kirche ihr Friedensamt, unabläffig, bis zur
Vollendung der Dinge. Die Sehnfucht nach diefer
letzteren ift dem Chriften ebenfo nothwendig, wie die
Erfüllung folcher Sehnfucht im ewigen Leben ihm ge-
wifs ift.

Nur feiten in polemifcher Auseinanderfetzung mit
anderen entgegengefetzten Gedanken, in fchöner Sprache,
meift in pofitiver, gedrängter Ent Wickelung wird
uns dies alles vorgeführt. Das Buch kann manchem
Suchenden unter den Gebildeten ein Wegweifer zur
Wahrheit werden.

Leipzig. Härtung.

j Engelhardt, Lifa v., Kinderandachten für alle Sonn- und
Festtage des Jahres. Mit Vorwort von Prof. Dr. Alex,
v. Oettingen. Bielefeld, Velhagen & Klafing, 1888.
(X, 410 S. gr. 8.) M. 3.50; geb. M. 4.—

Was find Kinderandachten? Es find nicht Kate-
chefen, denn nicht Belehrung in fchulmäfsiger Form ift
ihr Zweck; den Unterricht in der Schule fetzen fie voraus
. Sie find nicht Predigten, die durch Form und Inhalt
den Kindern über die Köpfe weggehen. Es find
Andachten, für die Sonn- und Fefttage des Jahres be-
ftimmt, von denen Grofs und Klein etwas haben foll,
denn auch für die Grofsen, zumal das Gefinde, find die
meiften Andachtsbücher viel zu hoch, als dafs jedes
etwas davon haben könnte. Wer nun die vielbefprochene
Frage, ob für die Kinder aufserhalb der Schule und des
öffentlichen Gottesdienft.es etwas zu ihrer Erbauung ge-
fchehen folle, bejaht, — Verf. bejaht fie entfehieden —,
der wird auch trotz des Ueberfluffes an afketifcher
Literatur ,Kinderandachten' nicht für überflüffig halten.
Denn wohl foll Predigt, wie Andachtsbuch kindlich zu
reden fuchen, aber fchon der Inhalt mufs manches
bringen, was für das kindliche Alter kein Intereffe hat,

| die Form aber kann unmöglich dem Verftändnifs des
Kindes in allen Dingen genügen.

Jede Andacht, mit einem Gebet beginnend, mit
einem Lied fchliefsend, hat eine biblifche Gefchichte
zum Gegenftand, während der Fefthälfte des Kirchenjahres
aus dem neuen, während der Trinitatiszeit aus
dem alten Teftament. Vielleicht ift das alte Teftament,

j zumal die Gefchichte Jofeph's, im Verhältnifs zu fehr bevorzugt
, fo dafs manches im neuen Teftament, z. B. die
Leidensgefchichte, zurücktritt. Doch es ift ja nur ein
einzelner Jahrgang. Aufserdem find die Verlefungen aus
dem alten Teftament hier und da zu lang für die kleine
Gemeinde. Vortrefflich dagegen ift die Behandlung:
nichts von der Süfslichkcit, mit der man die Kinder oft
zu gewinnen fucht, fondern alles nüchtern, klar, warm,
intereffant, auch wo kleine Gefchichtchen eingefügt find,
entfernt von aller Manier. Die Kunft des Erzählens,
dafs man fagt, wie es gewefen ift, verlieht die Verfafferin
und ebenfo die Kunft der Anwendung, die fich unge-
fucht aus lebendiger Verfetzung in die Gefchichte und
ihre Perfönlichkeiten ergiebt.

Die befte Kritik derartiger Bücher ift der Gebrauch.
Wo können diefe ,Kinderandachten' gebraucht werden?
Reifere Kinder werden fchon von der Leetüre etwas
haben. In Hausandachten, zumal wo keine Kirche am
Ort ift, werden fie auch den Grofsen genug bieten. Für
Kinder müfsten fie dann mehr noch, als Verfafferin dies
gethan hat, mit Fragen durchfetzt werden. Pur Kinder-
gottesdienfte mit Gruppenfyftem werden fie den Lehrenden
manchen Fingerzeig geben. Man verbuche es
nur, und dasgünftige Urtheil, welches Alex, von Oettingen .
in der Vorrede ausfpricht und welches Ref. durchaus be-
ftätigen kann, wird fich ficherlich rechtfertigen.

Leipzig. Härtung.

Rieker, Diak. Karl, Die evangelische Kirche Württembergs
in ihrem Verhältnis zum Staat. Ein kirchenrechtlicher
Verfuch. Ludwigsburg, Neubert, 1887. (VII, 151 S. 8.)
M. 2.—

In forgfältiger, durchaus fachlicher Art, klar und
verftändlich, ohne aprioriftifche Conftructionen über das
,richtige' Verhältnifs von Kirche und Staat, fondern
durchaus vom Boden des geltenden Rechts und feiner
gefchichtlichen Plntftehung aus fucht der Verf., hierin alfo
eine erfreuliche Ausnahme unter den Theologen und
praktifchen Geiftlichen, im erften Theil feiner Arbeit zu
beftimmen: das Wefen des landesherrlichen Kirchenregiments
, das Verhältnifs von Kirchen- und Staats-